Im Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung. Die Zäsur der 1960er und 1970er Jahre für die transatlantische Europadebatte.

Im Mittelpunkt der Analyse steht das trilaterale Beziehungsgeflecht zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und den USA nach dem Zweiten Weltkrieg, weil sich in ihm paradigmatisch die verschiedenen Etappen und unterschiedlichen Facetten des amerikanisch-westeuropäischen Verhältnisses dieser Zeit spiegeln und sich damit auch jenes Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung ausloten lässt, in dem die ökonomische, politische und soziokulturelle Prägung der Westeuropäer nach 1945 stand. Dabei markieren die 1960er und 1970er Jahre – so die These – eine entscheidende Zäsur sowohl in den transatlantischen Beziehungen als auch – damit zusammenhängend – für den westeuropäischen Integrationsprozess sowie das Selbstverständnis der Westeuropäer, insofern als sich damals jene doppelte Ambivalenz herausbildete, die bis heute prägend geblieben ist. [...]

Im Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung. Die Zäsur der 1960er und 1970er Jahre für die transatlantische Europadebatte

Von Reiner Marcowitz

Im Mittelpunkt der Analyse steht das trilaterale Beziehungsgeflecht zwischen der Bundes­republik Deutschland, Frankreich und den USA nach dem Zweiten Weltkrieg, weil sich in ihm paradigmatisch die verschiedenen Etappen und unterschiedlichen Facetten des amerikanisch-westeuropäischen Verhältnisses dieser Zeit spiegeln und sich damit auch jenes Spannungsver­hältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung ausloten lässt, in dem die ökonomische, politische und soziokulturelle Prägung der West­europäer nach 1945 stand. Dabei markieren die 1960er und 1970er Jahre – so die These – eine entscheidende Zäsur sowohl in den transatlantischen Beziehungen als auch – damit zusammenhängend – für den westeuro­pä­i­schen Inte­grationsprozess sowie das Selbst­ver­stän­dnis der Westeuropäer, insofern als sich damals jene doppelte Ambivalenz herausbildete, die bis heute prägend geblieben ist: Erstens ein wachsendes Bewusstsein der eigenen Stärke, aber gemischt mit der Einsicht in die andauernde Abhängigkeit von den USA; zweitens die zunehmende Diskrepanz zwischen einer erfolg­reichen operativen Europapolitik und einer unübersehbaren Europaskepsis in größeren Tei­len der Bevölke­rung.

Pourquoi placer la relation triangulaire France – République fédérale d’Allemagne – Etats-Unis après la Seconde Guerre mondiale au centre de l’analyse ? Parce que s’y reflètent de façon paradigmatique les étapes et les diverses facettes du lien qui se noue entre les Etats-Unis et l’Europe occidentale à cette époque et qu’elle permet par conséquent de mettre à jour le faisceau d’influences parfois contraires dans lequel les Euro­péens de l’Ouest sont pris après 1945 entre américanisation, européanisation et occi­dentalisation de leur vie économique, politique et socioculturelle. Dans cette évolu­tion, les années 1960 et 1970 ont constitué, d’après l’auteur, une césure décisive tant pour les relations transatlantiques que pour l’intégration européenne – les deux étant liés – mais aussi dans l’image que les Européens de l’Ouest ont d’eux-mêmes. En effet, c’est à partir de là que s’est cristallisée une double ambivalence qui est restée marquante jusqu’à maintenant : premièrement une conscience progressive de leur force mais tempé­rée par la prise de conscience d’une dépendance durable vis-à-vis des Etats-Unis ; deuxièmement un fossé croissant entre une politique européenne effective, qui est réussie, et un euroscep­ticisme diffus dans de larges franges de la population.

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Im 20. Jahrhundert sind sich Europa und die USA sukzessive näher gerückt – politisch, ökonomisch und kulturell: Bereits nach dem Ersten Weltkrieg spielten die Vereinigten Staaten ungeachtet ihres vordergründigen Rückzugs aus den politischen Verpflichtungen der Pariser Nachkriegsordnung eine wichtige Rolle als ökonomische Vormacht auf dem alten Kontinent, insbesondere bei der zentra­len Frage nach der Abwicklung der alliierten Kriegskredite und der deutschen Reparationen.[1] Überdies verbreiteten sich Tendenzen amerikanischen Gesellschafts­lebens, Wirtschaftsgebarens und der amerikanischen Populärkultur nun erstmals zumindest in größeren Teilen West- und Mitteleuropas. Gleichzeitig kontrastierte die positive Aufnahme ökonomischer Rationalisierungstechniken im Zeichen von Taylorismus und Fordismus sowie die starke Rezeption amerikani­scher Unterhaltungsformen – Filme, Sportereignisse und Tanzstile – verstärkt auch mit deutlichen Antipathien gegenüber dem American way of life, seiner vermeintlichen Kulturlosigkeit, Oberflächlichkeit und Vulgarität sowie der Angst vor einer „Amerikanisierung Europas“. Dieser Januskopf von Anziehung durch ein attraktives Fortschrittsmodell einerseits und Abstoßung aufgrund eines Gefühls vermeintlicher ideeller Überlegenheit andererseits sollte ein Charakteristi­kum des durchgehend ambivalenten Verhältnisses der meisten Europäer zu den USA im 20. Jahrhundert werden, und er prägt das transatlanti­sche Verhältnis letztlich bis heute.

Davon war auch jene Phase intensivster Verschmelzung amerikanischer und europäischer Geschichte in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg nicht frei.[2] Mit dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland 1945 war gleichzeitig das Verhältnis zwischen dem alten und dem neuen Kontinent ent­schieden: Das finis Germaniae bedeutete auch ein finis Europae, das Ende der gut drei Jahrhunderte dauernden direkt oder indirekt beherrschenden Stellung Europas in der Welt und den Verlust seiner machtpolitischen Handlungsautonomie.[3] Das war bereits in der Zwischenkriegszeit absehbar gewesen, wurde indes damals noch durch den vordergründigen amerikanischen Rückzug vom Kontinent sowie Lenins und Stalins spiegelbildliche Konzentration auf den Aufbau des Sozialis­mus „in einem Land“, also den sowjetischen Verzicht auf einen Export der Okto­berrevolution und eine territoriale Expansion, kaschiert. Dadurch konnten die traditionellen europäischen Großmächte noch einmal „eine Politik des ‚Als-ob’“[4] praktizieren, also so tun, als ob sie noch jene dominierende weltpolitische Bedeu­tung wie vor 1914 besäßen. Im Gegensatz zur Zwischenkriegszeit war der macht­politische Abstieg Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und der Verlust seiner Rolle als „Vor­macht der Welt“ (Theodor Schieder) unübersehbar. Ausge­löst durch den „Zivilisationsbruch“ (Dan Diner) der nationalsozialistischen Herr­schaft war Europa nun geradezu „ver­zwergt“ (Arnold Toynbee); es hatte sich als ein eigen­ständiger Faktor aus der Weltpolitik verabschiedet, und zwei außereuro­päische Großmächte – die USA und die Sowjetunion – bestimm­ten fortan die Geschicke des alten Kontinents.

Letztlich standen alle europäischen Staaten vor einem Scherbenhaufen – vor allem materiell und politisch, letztlich aber auch kulturell und moralisch: Die einen – die deutsch geführten „Achsenmächte“ –, weil sie den verbrecherisch vom Zaun gebrochenen Krieg verloren hatten, die anderen – die zur „Anti-Hitler-Koa­lition“ gehörenden –, weil sie den Krieg zwar gewonnen hatten, aber dies nur mit Hilfe von USA und Sowjetunion sowie, mit Ausnahme Großbritanniens, nach der vorangegangenen demütigenden Erfahrung von eigener rascher Niederlage und langjähriger deutscher Besatzungsherrschaft mit teilweiser Kollaboration. Die in der zwei­ten Hälfte der 1940er Jahre einsetzenden Zwänge des Kalten Krieges trugen das ihre dazu bei, diese Machtverhältnisse weiter zu zementieren: Europa zerfiel in zwei gänzlich unterschiedliche Integrationsräume – im Westen ein amerikanisch geführtes „Empire by invitation“ (Geir Lundestad) neuen Zu­schnitts, das auf der freiwilligen Orientierung der kleineren Partner an der attrak­tiven Vormacht USA sowie auf der Überzeugungskraft der bald offensicht­lichen kulturellen, ökonomischen und politischen Vorteile dieses Systems beruhte; im Osten hingegen eine klassische sowjetische Hegemonie, die auf massiver militäri­scher Kontrol­le, politischen Pressionen und wirtschaftlicher Abhängigkeit be­ruhte.

Dieser Prozess der engen politischen, ökonomischen und kulturellen Verbin­dung jeweils eines Teils Europas mit einer außereuropäischen Vormacht soll im Folgenden näher für das transatlan­tische Verhältnis untersucht werden. Dabei konzentriert sich die Analyse auf das trilaterale Beziehungsgeflecht zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und den USA, weil sich in ihm paradig­matisch die verschiedenen Etappen und unterschiedlichen Facetten des amerika­nisch-westeuropäischen Verhältnisses nach 1945 spiegeln und sich damit auch jenes Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westerni­sie­rung ausloten lässt, in dem die politische und soziokulturelle Prägung der Westeu­ropäer nach 1945 stand. Dabei muss der deutsch-französisch-amerikani­sche Trilateralismus dieser Zeit stärker als in vergangenen Jahrzehnten im Zu­sammen­hang gesehen werden – nicht als ein einfaches Dreiecksverhältnis, sondern sozu­sagen als eine ménage à trois, ein interdependentes Beziehungs­geflecht, innerhalb dessen eine Veränderung zwischen zwei Partnern gleichzeitig auch ein neues Verhältnis zum dritten Partner impliziert, was analytisch stärker als bisher nach einer multilateralen Perspektive – statt der bisher dominierenden bilateralen – verlangt. Der zeit­liche Schwerpunkt liegt dabei wiederum auf den 1960er und 1970er Jahren, die – so die The­se des Aufsatzes – sowohl eine wich­tige Zäsur in den transatlantischen Beziehungen als auch – damit zusammenhän­gend – für den westeuropä­i­schen Inte­grationsprozess sowie das Selbst­ver­stän­dnis der Westeuropäer markierten. Zur Begründung dieser These soll zunächst ein Blick zurückgeworfen werden – auf die 1950er Jahre – (1), dann wird eine Moment­auf­nahme der 1960er Jahre gemacht (2) und schließlich noch die Per­spektive der 1970er Jahre einbezogen (3).

I.

In den 1950er Jahren deckten sich die Interessen der westeuropäischen Staaten zu­mindest weitgehend mit denen der USA – ideologisch, politisch, ökono­misch und letztlich auch kulturell. Diese Feststellung klingt vordergründig plaka­tiv und simplifizierend, lässt sich jedoch leicht begründen: Zum einen muss man dieses Jahrzehnt in seiner Entwicklung sehen, und dann ist offensichtlich, dass Westeuropa und die USA einan­der im frag­lichen Zeitraum und in den genannten Bereichen eher näher als ferner rückten. Zum anderen gab es hier zweifellos län­derspezifische Unterschiede, die sich aus der jeweiligen Erfahrung von Kriegs­ende und frü­her Nachkriegszeit ergeben: Natürlich stellte sich die ideel­le und materielle Nähe zwischen der besiegten Bundesrepublik und der attraktiven Sie­germacht USA in den 1950er Jahren leichter her als zwischen der Quasi-Sieger- und zumindest nach eigenem Verständnis andauernden Groß-, ja Weltmacht Frank­reich mit ihrem konkurrierenden politisch-ideellen Führungsanspruch und den Vereinigten Staaten. Hierbei muss allerdings einschränkend festgestellt wer­den, dass selbst jede positive Amerika-Rezeption – auch jene in Westdeutschland – nie eine simple „Amerikanisierung“ bedeutete, sondern immer „einem Germani­sierungs- (Ein­deut­schungs-) bzw. Europäisierungsprozess der Amerikanismen“[5] gleichkam. Die Akkultu­ration war ein Prozess aktiver Verarbeitung und nicht einfach passiver Übernahme. Gleichzeitig lehrt uns die Sozialpsychologie noch, dass Fremdbilder, die Abgrenzung von an­de­ren nicht nur ei­ne wichtige Voraus­setzung für die Konstituierung unseres Selbstbildes sind, sondern auch dass sie mehr über uns aussagen als über unser re­a­les Gegenüber.[6] Auf unseren Fall angewendet, be­deu­tet dies: Die unterschiedliche Perzeption der USA in den ersten beiden Nachkriegsjahr­zehn­ten offenbart uns mehr über die französische und die westdeutsche Gesell­schaft als über die amerikanische; Fran­zosen wie Westdeut­schen dienten die USA jeweils als Projektionsflä­che eigener Bedürfnisse und Visionen.

In der Bundesrepublik Deutschland ermöglichte die weitgehende Orientierung am amerikanischen Vorbild die Abwendung von einer kontaminierten Vergan­genheit und die Hin­wendung zum verheißungsvollen Westen; in Frankreich ver­suchte man hingegen durch eine deutliche­re Distanzierung von den USA die eigene natio­nale Identität gerade zu bewah­ren. Allerdings war Anfang der 1950er Jahre die Einstellung zu den Vereinigten Staaten – vor allem in den Eliten – in beiden Ländern zunächst übereinstimmend ambivalent. Die USA erschienen gleichermaßen als ein Vorbild wie als eine Bedrohung, und die ihnen im Positiven wie im Negativen zugeschriebenen Eigen­schaften entsprachen noch weitgehend den Stereotypen im Europa der Zwischen­kriegs­zeit: Einerseits erschien Nordame­rika als ein Land des technischen Fort­schritts, des materiellen Reich­tums und der militärischen Stärke; andererseits zeichnete es angeblich Kulturlo­sig­keit, Mate­ria­lis­mus und Vermassung aus. Insofern waren die USA für Franzosen wie Westdeut­sche glei­cher­maßen eine Bedro­hung wie eine Verhei­ßung, und diese wider­sprüchliche Wahrnehmung war wohl auch im restlichen Westeuropa ver­breitet. Das spricht methodisch dafür, Phänomene wie Amerikanisierung oder Antiamerikanismus weniger national als vielmehr im transnationalen Vergleich zu untersuchen. Allerdings wird dann auch offensichtlich, dass das konkrete Mischungs­verhältnis der durchaus gemeinsamen Stereotypen wiederum je spezifi­sche nationale Variationen aufweist: Während in der Bundesrepublik in den 1950er Jahren das Verheißungsvol­le das Beängstigende zunehmend überla­ger­te, war es in Frank­reich eher umgekehrt.

Ungeachtet solcher Differenzen rückten Westeuropäer und Amerikaner ein­ander aber in den 1950er Jahren in dem Maße immer näher, wie die Einigung West­europas als wich­tiger Teil einer transatlantischen Sicherheitsarchitektur zum gemeinsamen außenpolitischen Ziel wurde. Die USA avancierten geradezu zum Paten der westeuropäi­schen Integration, denn dieses Projekt fügte sich nahtlos ein in die amerikani­sche Strategie einer ökono­mi­schen und poli­tischen Sta­bili­sierung Westeuropas, dessen ideologischer Immunisierung gegenüber der sowjetischen Heraus­forderung sowie last but not least – im Sinne einer „Doppeleindämmung“ (Wolfram F. Hanrieder) – der Einbindung und Entschärfung des (west-)deutschen Potentials.[7] Auch ökono­misch kam es in den 1950er Jah­ren zur immer stärkeren Ver­flechtung. Das bald einsetzende starke westeuropäische Wirt­schafts­wachstum wurde von den Amerikanern zunächst kei­nes­wegs gefürchtet, sondern geradezu begrüßt, weil dadurch die „Dollarlücke“ geschlossen wurde und die West­eu­ropäer endlich ihre Importe aus den USA selber bezahlen konn­ten.[8] Von dieser Entwick­lung profitierten alle westeuropäischen Staaten, vor allem aber Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland: Die Franzosen sicherten sich einen zeitgemäßeren und damit dauerhafteren Einfluss auf die west­deutsche Wirtschaft, folglich auch politische und militärische Garantien für den Fall eines weiteren deutschen Er­starkens, beides wiederum wichtige Voraussetzungen für „la confirmation de la position de leader sur le continent“[9] und damit für die Rolle des wichtigsten Junior­partners des „externen Föderators“ USA.

Eine solche privilegierte Position blieb der Bundesrepublik ungeachtet ihrer geostrategischen Bedeutung und ihres ökonomischen und politischen sowie bald auch militärischen Potentials wegen ihrer historischen Belastungen und ihres deutschlandpolitischen Sonderstatus noch lange verwehrt. Dennoch erwies sich diese Entwicklung auch für die Westdeutschen als vorteilhaft:[10] Sie erhielten nicht nur einen starken militärischen Schutz gegen einen etwaigen sowje­tischen Angriff und die Zusage einer internationalen Unterstützung für ihren gesamtdeutschen Alleinvertretungsanspruch, sondern sie gewannen auch in dem Maße ihre Souve­ränität zu­rück, wie sie bereit waren, Tei­le davon zu­gunsten des neuen gemeinsa­men Ideals einer su­pra­nationalen Einigung Westeuropas wieder abzugeben. Letzteres ermöglichte ihnen zusätzlich noch, sich der schönen „Überzeugung hin­[zu]geben, dass man zugleich ein ‚guter Europäer’ und ein ‚guter Deutscher’ sein [könne]“.[11] Gleich den übrigen Westeuropäern profitierte schließlich die Bundesre­publik ebenfalls von den positiven wirtschaftlichen Effekten – Rationali­sierung, Leistungssteigerung und Wirtschaftsexpansion – der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch wenn sich hier nicht alle Hoffnungen er­füllten.

Damit einhergehend verlor insbesondere in Westdeutschland das zunächst noch bestehende „kulturelle Eigenbewusstsein in seiner scharf akzentuierten Distanz zum europäisch-atlanti­schen Westen“[12] zunehmend an Bedeutung. Die negativen Amerika-Stereotype aus der Zwischenkriegszeit und dem „Dritten Reich“ schliffen sich im Laufe der 1950er Jahre wenn nicht gänzlich, so doch stark ab, zumal die politische sowie wirtschaftliche Integration und Verflechtung hier auch von einem erfolgreichen amerikanischen Kulturtransfer begleitet wurde. Dieser ging in der frühen Nachkriegszeit von den „Amerikahäusern“ aus und mündete Mitte der 1950er Jahre in eine medial breit gestreute „Propaganda für die westliche Moderne“[13], wenngleich die Vorstellung einer uniformen „euroamerikani­schen Zivilisation“[14] sicher zu harmonisierend ist. Hinzu kam die unmittelbare Kenntnis der USA und der Nordamerikaner im Zuge von akademi­schen Austauschprogrammen, beruflichen Kontakten und persönli­chen Besuchen. Dies führte dazu, dass sich insbesondere die jüngere Generation immer mehr gegen­über amerikanischen Moden, Musik und Lebensstilen öffnete und andau­ernde Vorbehalte von Älteren sowie Vertretern politischer Gruppierungen am rechten Rand des Parteienspek­trums sich auf einen letztlich machtlosen Kultur­dünkel oder sogar schlichte Resignation beschränkten.[15]

In Frankreich hielt sich die Ambivalenz hingegen länger:[16] Einerseits signali­sierten die Meinungs­um­fra­gen der 1950er Jahre ebenfalls eine überwie­gend positive Einstel­lung zu den USA; amerikanischer Lebensstandard und Wohnkom­fort wurden angesichts der andauernden eigenen materiellen Einschränkungen von vielen Franzosen bewundert, und amerikanische Musik- und Tanzstile erfreuten sich auch hier bei jungen Leuten großer Beliebtheit. Andererseits blieben die USA vor allem für die französischen Eliten letztlich ein unge­lieb­ter Verbündeter: Wenn die meisten West­deutschen die Ame­ri­kaner bereits bald nach Kriegsende als „freundliche Fein­de“[17] empfan­den, so sahen zumindest etliche Angehörige der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Führungsgruppen in Frankreich sie auch noch Ende der 1950er Jahre als „feindliche Freunde“ an und wehrten sich stärker als ihre östlichen Nachbarn gegen die sich abzeichnende politische Hege­monie, aber auch eine ökonomische oder kulturelle Dominanz der USA. Die Grün­de hierfür lagen bereits in den Friktionen während des Zweiten Weltkriegs zwischen Roosevelt-Administration und französischer Widerstandsbewegung – die wiederum an Enttäuschungen und Ressentiments der Zwischenkriegszeit anknüpften –, dann in den deutschlandpolitischen Divergenzen während der frü­hen Nachkriegszeit und zuletzt auch im amerikanischen Drängen auf eine franzö­sische De­ko­lonisation.

Ein solches Motivbündel verband eine heterogene politische Allianz, die von den Kommunisten bis zu den Gaullisten reichte, in ihrer latenten oder manifesten Amerikakritik. Diese wiederum motivierte den letztlich vergeblichen – und wie eine Donquichotterie anmutenden – Kampf von PCF, Pariser Intellektuellen, französischen Wirtschaftsverbänden und verschiedenen Regierungen der IV. Republik gegen die Herstellung von Coca-Cola im eigenen Land.[18] Sie mochte aber auch die Tatsache erklären, dass die Einsicht in die Notwendigkeit einer amerikanischen Truppenpräsenz in Frankreich deutlich geringer war als in ande­ren westeuropäischen Ländern.[19] Folglich bleibt für die 1950er Jahre festzuhalten: Die wachsende Nähe im deutsch-amerikani­schen Verhält­nis­ kontrastierte mit einer größeren emotionalen und politischen Distanz im franzö­sisch-amerikani­schen Verhältnis. Insofern waren die amerikanisch-französischen Spannun­gen in der Zeit nach 1958 nicht etwas qualitativ Neues, allenfalls spitzten sie einen be­reits vorher bestehenden laten­ten Gegensatz noch einmal dramatisch zu. Eben­so er­klär­ten sich die Meinungsunterschiede in den deutsch-französischen Be­ziehungen der 1960er Jahre wesentlich vor dem Hintergrund der unterschiedli­chen Perzeption der USA, wie sie sich bereits in den späten fünfziger Jahren abgezeichnet hatte.

II.

Im Laufe der 1960er Jah­re wurde die gewachsene Interessenidentität von Amerikanern und Westeuropäern stark relativiert: politisch durch sicherheits- und verteidigungspolitische Divergen­zen sowie die Konkurrenz zweier unterschiedli­cher Euro­pa­konzepte; ökonomisch durch die wachsende Kon­kurrenz zwischen den USA und der EWG; ideologisch-kulturell durch die zunehmende Ent­frem­dung der Westeuropäer von ihrem bisherigen amerika­nischen Vorbild. Dabei begannen die Divergenzen tendenziell bereits seit Mitte der 1950er Jahre – also schon in der Phase eines vermeintlichen transatlantischen Honeymoons –, zu­nächst bedingt durch Veränderungen des strategischen Gleichgewichts zwischen den USA und der Sowjet­union.[20] Spätestens der „Sputnik-Schock“ signalisierte den NATO-Verbündeten 1957, dass die Sowjetunion nunmehr in der Lage war, auch amerikanisches Territorium unmittelbar zu bedrohen. Damit war die bishe­rige amerikanische Sicherheitsgarantie für Westeuropa nach­drücklich in Frage gestellt. Strategische Umorientierungen der USA lösten bei den westeu­ropäischen Verbündeten aber immer Verunsicherung aus, so schon 1956, als der Radford-Plan publik wurde, der einen größeren Truppenabzug und eine Stärkung der nuk­learen Kompo­nente der NATO vorsah.

Gleichzeitig veränderte sich die Machtbalance zwischen den USA und West­europa zumindest sektoral:[21] 1957/58 und 1959/60 erlebten die USA ihre erste Nachkriegsrezession, die mit einem erheblichen Dollar-Abfluss nach Westeuropa, bedingt durch die starke Präsenz amerikanischer Truppen und deren Konsumver­halten, einherging. Zusätzlich stellte sich 1959 zumindest bei den Konsumgütern erstmals ein Handelsdefizit ein. Damit schienen die USA ihre dominante Stellung in der Weltwirtschaft zu verlieren, und das weltweite Vertrauen in den Dol­lar als Weltreservewährung begann zu schwinden; es zeichnete sich „the long slow ebbing of hegemony“[22] ab, ein Prozess, der im folgenden Jahrzehnt noch an Dyna­mik gewinnen sollte. Gleichzeitig entstand damit ein gefährlicher Streitpunkt in den amerikanisch-europäischen Beziehungen, denn alle US-Regierungen ver­langten seit Ende der 1950er Jahre von ihren west­europäischen Verbündeten einen Beitrag zum Ausgleich der amerikanischen Handels- und Zahlungsbilanz, indem sie ihre eigenen Verteidigungsausgaben erhöhten sowie verstärkt amerikanische Rüstungsgüter kauften und damit die USA finanziell entlasteten. Widrigenfalls – so die versteckte und manchmal sogar offene Drohung – müssten amerikanische Soldaten ab­gezogen werden. Das wiederum alarmierte insbesondere die Bundes­republik Deutschland, die aufgrund ihrer geostrategischen Lage am stärksten an der militärischen Präsenz der USA in Westeuropa interessiert war.

Insofern war Charles de Gaulle nicht die Ursache der transatlantischen Span­nungen der 1960er Jahre, son­dern nur deren besonders sensibler Seismograph, der die eingetretenen Veränderungen deutlicher als andere anzeigte.[23] Seine selbstbe­wusste Politik der Grandeur, die Westeuropa unter französischer Führung zum gleichberechtigten Partner der USA machen woll­te, reflektierte lediglich die mittlerweile eingetretenen realen Verschiebungen und mentalen Veränderungen im transatlantischen Verhältnis; allenfalls spitzte er die bereits bestehenden Span­nungen weiter zu: Westeuropa wurde den Amerikanern jetzt zunehmend zu stark. Das Interesse an einer stabilen und prosperierenden europäischen Einflusssphäre und die For­derung nach einem burden-sharing im Kampf gegen den welt­weiten Kom­mu­nismus konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle amerikanischen Nachkriegsregierungen eine Hegemonie, wenngleich eine „wohlwollende“, an­strebten und die Westeuro­päer nie als gleichberechtigte Partner ansahen. Doch spätestens Anfang der 1960er Jahre entglitt ihnen zunehmend die Kontrolle über die Verbündeten. Dies lag zum einen daran, dass de Gaulle sein Land unab­hängi­ger von amerikanischem Ein­fluss machen wollte. In­des wäre dies keine so große Herausforderung für die amerikanische Vor­herr­schaft gewe­sen, wenn sich nicht zum anderen die bisherige transatlantische Interessenidentität zumindest im Be­reich von Sicherheit und Ökono­mie stark verändert hätte: militärisch durch den endgültigen amerikanischen Strategiewechsel von der massive retaliation zur flexible res­ponse und wirtschaftlich aufgrund der nunmehr unübersehbaren Konkurrenz zwischen EWG und USA, die zu gegenseitigen Handelsbeschrän­kungen führte.

Diese Gegensätze mündeten Anfang/Mitte der 1960er Jahre in die Kontro­verse über zwei transatlantische Kooperationsmodelle, aber auch über zwei „Euro­visionen“ (Ute Fre­vert), die gleichzeitig Ausdruck „der Rivalität konkurrie­ren­der Hegemonialambitionen“[24] waren:[25] hier der „Grand Design“ des amerikani­schen Präsi­den­ten John F. Kennedy mit dem Ziel einer stabilen transatlantischen Brücke – der ei­ne Pfeiler die USA, der andere Pfeiler ein integriertes Westeuropa, einschließlich Groß­bri­tan­niens, das mittels einer „Mul­ti­lateralen Atomstreit­macht“ auch Zugang zu ameri­kani­schen Atom­spreng­köpfen erhalten soll­te, beide durch ein festes ideologisches, politisches und wirtschaftliches Band verbunden; dort de Gaulles „Europe européenne“, ein geeintes West­europa ohne England, mit den USA eng verbündet, doch gleichzeitig auch von ihnen unabhängig, nicht zuletzt durch die Fähigkeit zur atomaren Selbst­verteidigung, wie sie Frankreich mit der Force de frappe vorexerzierte. Der Kampf der Köpfe – auf der einen Seite der junge charisma­ti­sche Kennedy, auf der anderen Seite der alte, aber auf seine eigene Weise nicht minder mediale de Gaulle – und der Konzepte – „Atlantische Partnerschaft“ vs. „Europäisches Europa“ – machte die von den USA wie Frank­reich gleichermaßen heftig um­worbe­ne Bundes­re­publik Deutschland zum politisch-propagan­distischen Schlachtfeld; dramaturgische Höhepunkte waren die Staatsbesuche des amerikanischen und des französischen Protagonisten in der Bundesrepublik: de Gaulles Reise im September 1962 und Kennedys Deutsch­landaufenthalt im Juni 1963.

Letztlich trugen beide Großereignisse ungeachtet der impliziten Rivalität der ausländischen Gäste dazu bei, „dass die Westdeutschen zu einer emotional gesät­tigten und über politische Inszenierungen vermittelten Vergemeinschaftung mit dem Westen fanden“[26] und die bisherige politische, militärische, wirtschaftliche und kulturelle Westbindung damit auch emotional in der kollektiven Psyche der Westdeutschen verankert wurde: „Die Westbindung wurde […] als politische Grundmentalität erst über den Erfolg symbolischer Politik […] besiegelt. [Sie] gipfelte in den Besuchen von de Gaulle und Kennedy in Deutschland 1962 und 1963. Diese Besuche boten Inszenierungen von Politik, die unter Einsatz einer ausgeklügelten Bühnendramaturgie die transnationalen Bindungen der Bundesre­publik als sinnliches Erleben sichtbar mach­ten. Die Inszenierungen banden die gesamte Bevölkerung ein und transzendierten Generations-, Geschlechter- und soziale Grenzen. Sie harmonisierten für Momente die politischen Strategien und das Volk“.[27] Zunächst aber kam es in der westdeutschen Innenpolitik zum Grund­satzstreit zwi­schen „Atlantikern“ und „Gaulli­sten“, also einer tiefgreifenden Auseinanderset­zung über eine klare Option für die USA und deren „Politik der Zernierung des Generals“[28] einerseits oder aber eine bessere Ausbalancierung des Trilateralismus USA-Frank­reich-Bundesrepublik durch eine verstärkte bilaterale deutsch-fran­zö­sische Zusammen­ar­beit ungeachtet der pro­vo­zie­renden Positionen de Gaulles in der Europa-, NATO- und Ostpolitik andererseits.[29] Dieser wurde nicht nur auf der politischen Ebene, son­dern auch in den Medien aus­ge­tragen und polarisierte damit die öffent­li­che Meinung in der Bundesrepublik. Indes zeitigte er keine kon­struk­tiven Ergebnisse, sondern endete in einem Patt: Weder der Grand Design noch das Kon­zept eines Europe euro­pé­en­ne ließen sich durchsetzen – und damit war auch die Zeit der großen politischen Europaprojekte vorbei, zumal über dem Disput zwischen „Atlantikern“ und „Gaullisten“ in Westeuropa 1962 die Idee einer Europäischen Politischen Union in Form der Fouchet-Pläne scheiterte.[30]

Trotz der ökonomischen und politischen Kontroversen im transatlantischen Verhältnis verstärkte sich in den 1960er Jahren sowohl in Frankreich als auch in Westdeutschland im kulturell-materiellen Bereich zunächst der Trend zur Ausrichtung an amerikanischen Vorbil­dern eher noch, wie ein Blick auf Massenkon­sum und Populärkultur, aber auch Unternehmens­tech­ni­ken zeigt:[31] Essgewohnhei­ten, Kleidung, Unter­hal­tungs­stile glichen sich ebenso stark an wie Management- und Produktionsverfahren. Allerdings wuchsen in demselben Zeit­raum an­ge­sichts von Rassendiskriminierung und Vietnamkrieg auch die Vorbehalte gegenüber der politischen Kultur der USA. In der 68er Revolte kulmi­nier­te diese Ent­wick­lung.[32] Diese stu­dentische Protestbe­we­gung war einerseits nicht nur ein inneramerikani­sches, sondern auch ein durchaus westeuropäisches Phänomen, andererseits gab es auf dem europäischen Kontinent gravierende nationale Unterschiede: In Frank­reich steht die „Chiffre 1968“[33], anders als in der Bundes­re­publik, weniger für den Kampf gegen den ame­ri­ka­ni­schen Vietnam­krieg – ein Thema, das de Gaulles ent­sprechende Kritik neu­tralisierte – , als vielmehr für ein Aufbegehren gegen ein als unzeitge­mäß empfundenes Gesell­schafts- und Staats­mo­dell. Während man in Paris protestierte: „Dix ans, ça suffit“, wurde in West-Berlin, Frankfurt und ande­ren westdeutschen Großstädten skandiert: „Ho-Ho-Ho-tschi-minh“!

In der Bundesrepublik Deutschland geriet das Vietnam-Thema zum entschei­denden Kristallisa­tions­punkt einer heterogenen Protestallianz. Diese belegte erstmals wieder einen virulenten Antiame­ri­kanis­mus – allerdings nicht mehr jenen traditionellen rechten, der in den 1950er Jahren erfolgreich an den Rand gedrängt worden war, sondern dieses Mal einen linken, von Vertretern einer Generation, die ansonsten wesentlich durch die Westernisierung der Bundesrepu­blik geprägt wor­den war und sich noch in ihrem Protest an amerikanischen Vorbildern orien­tierte. Dies erlaubt den paradoxen Be­fund, dass 1968 für eine Entwicklung „mit Amerika gegen Amerika“ (Philipp Gassert) oder für eine „antiamerikanische Verwestlichung“ (Christian Schwaabe) steht. Deshalb bewirkten die Aktionen der 68er letztlich auch, dass sich die Ge­sellschaft der Bundesrepublik noch stärker als bisher den plurali­sti­schen west­li­chen Demokratien – einschließlich den USA – anglich.

Unübersehbar ist, dass in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre „das Ende der langen Krise des europäischen Selbstverständnisses“[34] – die mit dem Ersten Welt­krieg begonnen hatte – durch eine „Rückkehr des europäischen Selbstvertrauens“ eingeleitet wurde.[35] Es begann so etwas wie ein westeuro­päischer Emanzipa­tions­prozess von den USA und die Ent­ste­hung eines selbstbewuss­ten Europa: Die Einsicht in die Schattenseiten des amerikanischen Modells – die ja durchaus schon in früheren Zeiten bestanden hatte – verband sich erstmals mit dem Gefühl, dass die sektorale Überle­genheit der USA nicht uneinholbar sei. Von die­ser Entwicklung zeugen paradoxerweise gerade zwei Bücher aus der Zeit, die sich vordergründig wie Kassandra-Rufe und Krisensze­na­rien lesen: in der Bun­desrepublik Franz Josef Strauß’ 1966 erschienener „Entwurf für Europa“[36], in Frankreich die ein Jahr später veröffentlichte Streitschrift Jean-Jacques Servan-Schreibers „Le Défi américain“[37] – ein Bestseller, der sich binnen weniger Mona­te eine Million Mal verkaufte.

Der CSU-Vorsitzende Strauß war bereits in den Jahren zuvor als einer der prominentesten „Gaul­listen“ und scharfer Kritiker der amerikanischen Außen-, insbesondere Entspannungspolitik hervorgetreten, weil sein Denken „auf den Kategorien militärisch definierter Machtver­hältnisse [basierte]“.[38]Er warf den Amerikanern vor, sich zumindest leichtfertig, wenn nicht sogar vorsätzlich zu Komplizen der Sowjetunion zu machen und eine Doppelhegemonie begründen zu wollen, weswegen sie an der politischen, aber auch militärischen – vor allem: ato­maren – Impotenz ihrer europäischen Verbündeten interessiert seien. Dies schien ihm ihr Drängen auf den Beitritt der europäischen Verbündeten zum mit der Sowjetunion ausgehandelten Teststopp-Abkommen von 1963 besonders ein­drucksvoll zu belegen. Dementsprechend beklagte Strauß in seinem Buch von 1966 vor al­lem die außen- und ver­tei­di­gungs­po­li­ti­sche Abhängigkeit Westeuropas von den USA. Dadurch seien die transatlantischen Beziehungen „lediglich ein pseudo-zweiseitiges System“[39], nicht aber „ein wirkliches Partnerschaftsver­hältnis“[40], und den europäischen Verbündeten der USA drohe zumindest langfris­tig, „als schöpferische Kräfte aus der Weltgeschichte aus[zu]scheiden“[41] und „eine wohlhabende Kolonie, von Amerika und Russland wechselseitig garantiert“[42] zu werden. Dieser Gefahr entgehe man nur durch eine Emanzipation: „Europäische Politik darf daher nicht länger mehr eine Funktion der amerikanischen Sicher­heitspolitik bleiben, die von einer anderen Interessenlage als der unseren bestimmt wird“.[43]

Der linksliberale Publizist Servan-Schreiber, Mitbegründer und zeitweise Herausgeber des französischen Nachrichtenmagazins „L’Express“, verwies hin­gegen auf die stei­gen­den Direktinvestitionen der USA auf dem Kontinent, die den West­europäern mittel- und langfristig eigene Entwicklungsfortschritte in strate­gisch wich­tigen Berei­chen wie dem Flugzeugbau, der Informa­tionstechnik und der Kernenergie verbauten: „Wenn wir das ungehinderte Einströmen amerikani­scher Investitionen unter den gegebenen Verhältnissen zulassen, so bringen wir die europäische Industrie, vor allem ihren technisch und wissenschaftlich leis­tungsfähigsten, also für die Zukunft wichtigsten Teil in eine Lage, in der ihr nichts übrigbleibt, als die Rolle eines Zulieferers zu spielen. Wir verurteilten Europa selbst zu einer Satellitenexistenz“.[44] Damit griff Servan-Schreiber geschickt ein Thema auf, das seit einigen Jahren lebhaft diskutiert wurde:[45] Bereits im Oktober 1966 hatte Robert Marjolin, der Vizepräsident der EWG-Kommis­sion, namens des Ausschusses für mittelfristige politische Entwicklung der Gemeinschaft ge­warnt, der EWG drohe gegenüber den USA eine „kumulative Unterentwick­lung“[46], und ähn­liche Sorgen äußerten auch andere prominente westeuropäische Politiker, wie der ita­lienische Außenminister Amintore Fanfani, der französische Oppositionspolitiker Gaston Defferre oder der britische Premierminister Harold Wilson.[47] Tatsächlich hatte sich die Zahl amerikanischer Unternehmen in Westeu­ropa binnen anderthalb Jahrzehnten vervierfacht: 1950 gab es 1.000 US-Filialen, 1966 über 4.000.[48]

Doch unabhängig davon, ob die Befürchtungen und Unterstellungen von Servan-Schreiber und Strauß tatsächlich zutrafen, entscheidendend war, dass letztlich beide Autoren die beklagte Entwicklung für reversibel erachteten, wenn Westeuropa sich endlich in Form eines „europäischen Bundesstaates“[49] stärker einigte. Insbesondere der letzte Satz in Servan-Schreibers Buch verdeutlicht des­sen appel­la­tiv-kämpferischen Cha­rak­ter: „Deshalb ist es auch kein Buch der Geschichte, sondern, mit ein bisschen Glück, ein Buch der Tat“.[50] Insofern wäre es auch völlig falsch, beiden Autoren Antiamerikanismus zu unterstellen: Selbst die Kassandrarufe des scharfen Kritikers der US-Außen- und Sicherheitspolitik, Franz Josef Strauß, prägte „nicht irrationaler Anti-Amerikanismus […], sondern ein Pro-Europäismus – bestehend aus Kooperation, Fusion und Integration in geeigneter Dosierung und pragmatischer Anwendung“[51] mit dem Ziel der „Verei­nigten Staa­ten von Europa“, die „eine gleichberechtigte Partnerschaft zu den Vereinigten Staaten von Amerika“ pflegen sollten.[52] Allerdings sollte sich der bemerkenswerte europapolitische Elan, jene Aufbruchstimmung, die sich Mitte der 1960er Jahre in den Büchern von Strauß und Servan-Schreiber spiegelbildlich für ein generelles neues westeuropäisches Selbstbewusstsein gegenüber dem lange Zeit übermächti­gen Hege­mon USA artikulierte, in den 1970er Jah­ren wieder sehr schnell ver­flüchtigen.

III.

Die transatlantischen Spannungen der 1960er Jahre mündeten im folgenden Jahr­zehnt in eine Normalisie­rung der ménage à trois Bundesrepublik – Frankreich – USA.[53] Die westdeutsche Seite prägte nun eine starke, vielleicht über­fällige Desillusionierung, die französische Wahrnehmung eine sachlichere Aus­ein­ander­set­zung mit den Stärken und Schwächen der USA, beide zusammen eine zumindest „maßvolle De-Ideologisierung“.[54] Gleichzeitig wandel­te sich die europapoliti­sche Rolle der USA: Diese misstrauten der westeuropäischen Einigung nun end­gültig. Das ökonomisch und politisch rekonstruierte Westeuropa wurde jetzt noch stärker als in den 1960er Jahren als ein wirtschaftlicher Konkurrent, aber auch als ein eigenmächtiger politischer Akteur auf der internationalen Bühne empfunden, den man nicht zu stark und unabhängig werden lassen durfte. Deut­lichstes Symptom des relativen Machtverlusts der USA gegenüber Westeuropa waren das amerikanische Zahlungsbilanzdefizit von 1970 in Höhe von 10,7 Milli­arden Dollar und ein Handelsbilanzdefizit, das sich 1971 auf 2,9 Milliarden Dollar belief.[55] Diese Entwicklung provozierte einen stärkeren amerikanischen Protektio­nismus, für den jenes Wirtschaftsprogramm stand, welches der damalige amerika­nische Präsident Richard Nixon im August 1971 verkündete und das bei den Verbündeten der USA den „Nixon-Schock“ auslöste, zumal der US-Präsident nun auch formell die Goldeinlösungsgarantie für Dollars aufhob und damit die Kon­vertibilität der amerikanischen Währung beseitigte. Parallel hierzu mehrten sich jene Stimmen im amerikanischen Kongress, die im Zeichen eines „Marshallplan-Syndroms“ den Westeuropäern Undankbarkeit vorwarfen. Letztlich signalisier­ten diese Entwicklungen einen deutlichen Machtverlust der USA: „Schwindende Exportfähigkeit, wachsende Inflation und Verlagerung wirtschaftlicher Energien nach Übersee sowie Einbuße und Verlust der Golddeckung der Währung sind in der Geschichte typische Kennzeichen schwindenden imperialen Einflusses. Auch die Jahre 1971/72 markierten einen solchen Scheitelpunkt in der amerikanischen Außenpolitik“.[56] Zudem beeinträchtigte die tiefgreifende kollektivpsychologische Verunsicherung der Amerikaner durch das Vietnam- und Watergate-Debakel auch die kulturelle und politische Führungsrolle der USA auf dem europäischen Kon­tinent.

Daraus resultiert für die 1970er Jahre ein widersprüchliches Bild: Vorder­gründig schienen die USA Anfang des Jahrzehnts noch einmal an ihre aktive Rolle als „externer Föderator“ Europas aus den 1950er Jahren anknüpfen zu wol­len, indem Sicherheitsberater Henry Kissinger in einer Rede auf der Jahreskonfe­renz der Redakteure der Associated Press im Hotel Waldorf-Astoria in New York am 23. April 1973 ein „Jahr Europas“ proklamierte.[57] Das schien den offensichtli­chen Interessen- und Machtveränderungen im transatlantischen Verhältnis Rech­nung zu tragen: „Nachdem Europa wirtschaftlich stark geworden und sich politisch vereinigt hatte, konnte eine atlantische Zusammenarbeit kein amerikani­sches Unternehmen mehr sein, bei dem Konsultationen in erster Linie amerikani­sche Vorstellungen zum Inhalt hatten. Jetzt mussten gleichberechtigte souveräne Kräfte einen gemeinsamen Mittelpunkt finden; es musste zu einer konkreten und nicht nur zu einer vermeintlichen Partnerschaft kommen“.[58] Tatsächlich mutete die amerikanische Initiative die europäischen Regierungen aber weniger wie ein konstruktiver Anstoß zum stärkeren politischen Zusammenschluss Westeuropas an, als vielmehr wie eine ironische Anspielung auf die politische Impotenz der EG-Staaten und deren andauernde Abhängigkeit von politischen Vorgaben aus den USA: „Kissinger und Nixon, in dessen Auftrag er sprach, zielten also prak­tisch auf die Einbindung der entstehenden Regionalmacht Europa in die Global­politik der Weltmacht USA und auf die Unterordnung der EG unter die Atlanti­sche Allianz“.[59] Dieser Verdacht schien umso plausibler, als ja bekannt war, dass die amerikanische Administration mittlerweile der bündnispolitischen Zuverläs­sigkeit einiger westeuropäischer Länder misstraute, vor allem jener der Bundesre­publik Deutschland wegen der selbstbewussten „Neuen Ostpolitik“ der Regierung Brandt-Scheel.[60] Überdies sollten die wirtschaftlich erstarkten EG-Staaten nun stärker zur Kasse gebeten werden – um sich die Schutzgarantie der USA zu er­halten und um der finanziell angeschlagenen Hegemonialmacht auch zukünftig ein weltpolitisches Engagement zu ermöglichen.

Letztlich scheiterte der amerikanische Vorschlag einer „neue[n] Atlantik-Charta“[61] am Widerstand der Europäer, die nicht mehr länger den amerikanischen Juniorpartner abgeben, sondern gleichberechtigte Verbündete der USA sein woll­ten. Auch deswegen spielte Amerika in den fol­genden Jahren in Westeuropa eher eine Rolle als „externer Föderator“ ex negativo: Nicht mehr die entschlossene Anleitung durch die übermächtige Vormacht USA beflügelte die Euro­päische Gemeinschaft, sondern die Enttäuschung über eine Weltmacht, die aus europäi­scher Per­spektive nicht länger bereit oder in der Lage schien, ihre Verantwortung zu übernehmen.[62] Da­mit verschob sich die in den 1950er und auch in den 1960er Jahren noch weitgehend asym­me­trische Beziehung zwischen Nordamerikanern und Westeuropäern in den 1970er Jahren hin zur gegenseitigen sektoralen Abhän­gigkeit – der Westeuropäer von den Amerikanern auf mi­li­tärischem Gebiet und der Amerikaner von den Westeuropäern in wirtschaftlichen Belangen. Insofern kann man von einer stärkeren „Interdependenz der Interdependenzen“[63] sprechen.

Gleichzeitig durchlief auch die westeuropäische Integration eine ambivalente Phase. Zunächst verbuchte sie große Fortschritte: Am 1. Januar 1973 erfolgte die Norderweiterung der Europäischen Gemeinschaft durch die Aufnahme Großbri­tanniens, Irlands und Dänemarks.[64] Insbesondere der englische Beitritt war eine alte Forderung aller westeuropäischen Regierungen mit Ausnahme der französi­schen gewesen. Die britische Abwesenheit hatte ihnen immer geradezu als ein Geburtsfehler der EWG gegolten. Der traditionsreiche britische Parlamentarismus schien allen das demokratische Potential der Gemeinschaft zu stärken. Überdies glaubten die Anhänger eines britischen Beitritts, dass eine solche Erweiterung der Gemeinschaft den Supranationalismus weiter vorantreiben würde. Insbesondere die kleineren Mitgliedstaaten er­hoff­ten sich zusätzlich auch ein Gegengewicht zur etwaigen deutsch-französischen Dominanz und eine Garantie für eine feste trans­atlantische Verbindung der EG mit den USA. Zweimal – 1961 und 1967 – hat­ten britische Regierungen einen Aufnahmeantrag gestellt, beide Male hat­te der französische Staatspräsident de Gaulle ein Veto eingelegt. Erst sein Rücktritt im Frühjahr 1969 machte den Weg frei für Verhandlungen, die dann 1973 zum Er­folg führten. Parallel hierzu erfuhr der in den 1950er Jahre begonnene Prozess einer zunehmenden soziokul­tu­rel­len und sozioöko­nomischen Ver­flech­tung West­europas – mittels Kapital- und Waren­strö­me, durch Migration, aufgrund identi­scher Konsumgewohnheiten und Modestile ebenso wie durch die gegenseitige Befruchtung von Kunst und Wissen­schaft – nun seinen eigentlichen Durchbruch:[65] Wie niemals zuvor in ihrer Geschichte glichen sich die Westeuropäer in den 1970er Jahren einander an – ideell und materiell.

Zudem schienen die EG-Staats- und Regierungschefs sowie ihre Minister jetzt endlich erkannt zu haben, dass die Gemeinschaft nicht nur technokratischer Rege­lungen, sondern auch eines ideellen Unterbaus bedurfte. Dementsprechend rekur­rierten ihre Stellungnahmen in den 1970er Jahren – bezeichnenderweise erstmals in einer Erklärung der EG-Staats- und Regierungschefs auf der Kopen­hagener Gipfelkonferenz vom 14./15. Dezember 1973, mit der jeder amerikani­sche Vor­machtanspruch zurückgewiesen wurde – wiederholt auf die gemeinsame Identität und Wertebasis ihrer Staaten:[66] Die entsprechenden Verlautbarungen „sprachen nun nicht mehr nur vom Agrarmarkt und seinen Subventionen, sondern auch von ‚europäischer Iden­tität’, von ‚geistigen Werten’ und ‚gemeinsamer Lebensauffas­sung’. Sie zitierten ‚den Europagedanken’, ‚die Grundsätze der Demokratie’ und die ‚Wahrung des Rechts und der Men­schenrechte’ als gemein­sames Band und Vermächtnis, das ‚dem Wunsch der demokratischen Völker Europas entspreche’. Sie ergriffen symbol- und kulturpolitische Initiativen, um die ökonomisch-politi­sche Schlagseite der EG auszubalancieren und deren Anse­hen in den Medien und in der Bevölkerung zu erhöhen“.[67] Das war ein durchaus begrüßenswerter Ver­such, dem europäischen Projekt, das im öffentlichen Be­wusstsein wie in der operativen Politik mittlerweile gänzlich auf eine ökonomi­sche Zweckgemein­schaft reduziert schien, eine immaterielle Basis sowie eine programmatische Perspektive und damit eine neue Legitimität zu verschaffen, obwohl es offen­sichtlich ein schwieriges Unterfangen war, Werte zu benennen, die genuin euro­päisch waren, und nicht zu einem transatlantischen und teilweise sogar globalen Wertekanon gehörten. Immerhin beinhaltete das Bekenntnis zur spezifisch euro­päischen Iden­tität auch den Anspruch, „als ein eigenständiges, unverwechselbares Ganzes aufzutreten“ und zukünftig den USA zwar „im Geiste der Freundschaft“, doch auch „auf der Grundlage der Gleichberechtigung“ und eingedenk „der welt­politischen Verpflichtungen“ der EG gegen­über­zutreten.[68]

Doch ungeachtet dieser vordergründig positiven Entwicklungen in Westeuropa standen die 1970er Jahre sehr bald schon vor allem für europapolitische Stagnation: Der Jom-Kippur-Krieg im Herbst 1973 zeigte die machtpolitische Impotenz der Westeuropäer, die keinen Einfluss auf das nahöstliche Geschehen nehmen konnten und überdies bald Opfer politischer Erpressung durch die restrik­tive Erdölförderpolitik der arabischen Staaten wurden. Spätestens als sich Ende des Jahrzehnts ein neuer Kalter Krieg ergab, erwies sich erneut, dass „[d]ie Be­wahrung der europäischen Identität […] [weiterhin] vom amerikanischen Schutz abhing“.[69] Zu diesem Zeitpunkt war überdies schon längst klar, dass die erhoffte Initialzündung für die weitere Integration der EG durch den britischen Beitritt getrogen hatte. Im Gegenteil: Seit Mitte der 1970er Jahre stagnierte der Ausbau der Institutionen, es mangelte an außenpolitischer Koordination, und die Ausga­ben des hochsubventionierten Agrarmarkts blockierten auch zunehmend die finan­ziellen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft. Kurzum: Es ver­breitete sich das Gefühl einer tiefen „Eurosklerose“. Damit verbun­den war ein immer größe­rer Gegensatz zwi­schen der operativen westeuropäischen Einigungspolitik einerseits und der ge­sellschaft­li­chen Debatte über Euro­pa und Europapolitik ande­rerseits. Die fortschrei­tende soziokulturelle und sozioökonomische Konvergenz der westeuropäischen Ge­sell­schaf­ten ging mit einer zunehmenden Ent­frem­dung von den operativen europapolitischen Entschei­dun­gen und deren Trägern einher.

Am Ende des Jahrzehnts herrsch­te nicht nur eine starke Ernüchterung in der Politik vor, sondern auch und gerade in der Bevöl­kerung. Dies relativiert das er­wähnte neue Selbstvertrauen der Westeuropäer gegenüber den USA seit den 1960er Jahren. Tatsächlich prägen die siebziger Jahre zwar keine Rück­kehr zum alten europäischen Min­der­wer­tig­keits­kom­plex, aber doch eine starke Desillu­sio­nierung und ein aus­ge­spro­che­nes Krisen­be­wusst­sein: Desillusionierung angesichts des Scheiterns aller Hoff­nungen auf einen ent­schei­den­den europapolitischen Durchbruch – ein Gefühl, das un­geachtet der Dyna­mik des Integrationsprozesses in den 1990er Jahre bis heute an­dauert. Diese europapolitische Enttäuschung ging zudem in den 1970er Jah­ren angesichts der neu­en Weltwirt­schafts­krise mit einem allgemeinen Krisenbewusst­sein sowie tief­greifenden Zwei­feln an den politischen und ökonomischen Handlungs-­ und Steuerungsmög­lich­keiten moderner Indu­strie­staaten ein­her. An die Stelle der kurzzeitigen selbstbewussten Hoffnung auf ein „Ende aller Krisen“[70] Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre trat nun gerade wieder eine gesteigerte Wahrnehmung der eigenen Schwäche. Auch die­se Ent­wicklung hält letzt­lich bis heute an und begründet die Skep­sis vieler Menschen gegenüber den europäischen Institutionen und Regelungsmechanismen. Insofern sollte allein schon die Aktualität dieser vergangenen Entwicklungen ihre tiefere Erforschung nahe legen.

Allerdings sind diese Zusammenhänge bis heute nicht ausreichend untersucht worden. Ein ent­sprechendes Forschungsdesign verlangte, die Sphä­re der operativen Europapolitik mit jener der soziokulturellen und sozioökonomischen Anglei­chung der westeuropäischen Gesellschaften sowie mit dem Bereich der gesell­schaft­lichen Europadebatte zu ver­zahnen. Dem steht aber eine mittlerweile stark zersplitterte europäische Integrationsforschung entgegen:[71] Die­se ver­folgt ent­weder einen klassischen integrationsgeschichtlichen Ansatz oder sie konzen­triert sich auf sozialhistorische Konvergenzprozesse sowie seit einiger Zeit auch auf ideen- und kulturgeschichtliche Identitätsdiskurse. Tat­sächlich müssten diese unterschiedlichen Berei­che zusammen betrachtet werden – sozusagen als kommu­nizierende Röhren und mit dem Ziel einer histoire totale der westeuropäischen Integration –, um komplexe Phänomene wie Eu­ropabewusstsein oder Europäisie­rung nationaler Ge­sellschaften zu erfassen.

Zudem müsste der europäische Integrationsprozess nicht wie bisher überwie­gend statisch, son­dern eher als eine dynamische Ent­wicklung be­griffen werden.[72] Dann würde die sukzessive Über­formung und Umformung des klas­si­schen einzelstaatlichen Interesses, dessen Transfor­mation in die Einsicht der Notwen­digkeit europäischer Lösungen für interna­tionale Pro­bleme deutlich werden. Erinnert sei in diesem Zusam­men­hang an Max Webers Feststellung über die Wechsel­be­ziehung von „Interessen“ und „Ideen“: „Inter­essen (mate­rielle und ideelle), nicht: Ideen, be­herr­schen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die ‚Weltbilder’, wel­che durch ‚Ideen’ geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte“.[73] Dieser Prozess der multi- und supranationalen „Rückkopp­lungsprozesse in die nationalen Systeme“ ist noch ein wesentliches Desiderat der Forschung.[74] Überdies hat die Untersuchung der zivilgesellschaftli­chen Debatte über Europa und die (west-)europäische Einigung nach 1945/50 erst langsam be­gonnen, obwohl eine Klärung der Frage nach der Einstellung der Bevölkerung in Westeuro­pa zur Integration ihrer Länder, also eine Rezeptionsge­schichte Europas und der (west-)eu­ro­päi­schen Integration, die über den engen Kreis der politischen Eliten hinausgeht, allein schon unabdingbar ist, um die Handlungsspielräume europäischer Einigungspolitik ermessen zu kön­nen.

Hierbei kann dem Histo­ri­ker auch ein Blick in die Politikwissen­schaft nut­zen:[75] Zumindest ein Zweig der politologischen Integrationsforschung hat sich nämlich in den letzten Jahren, an­knüpfend an den älteren neofunktionalistischen Ansatz von Ernst B. Haas[76], der Europeanization zuge­wandt – jener der Institutio­nen (institutionelle E.) wie jener der Individuen (soziologische E.).[77] Indes kann dieser begrüßenswerte Ansatz in der Forschungspraxis nicht gänzlich befriedigen: Erstens sind die einschlägigen Arbeiten sehr statisch ge­hal­ten und vermitteln in der Regel nur präsentistische Moment­aufnahmen. Zweitens können selbst jene Studien nicht wirklich überzeugen, die weiter in die Vergangenheit zurück­reichen und damit grund­sätzlich anerkennen, dass Europäisierungsprozesse gleich anderen Verän­derungen von kol­lektiver Mentalität und politischem Habitus langfristige Prozesse mit graduellen Veränderun­gen darstellen. Sie systematisieren nämlich allzu schnell unterschiedliche – nationale – Gra­de von Europäisierung und stellen dabei auch die komplexe Genese der „Ger­man European­ness“[78] ebenso wie die fälschlicherweise oft nur kontrastiv hierzu interpretierte französische Europare­zeption allzu bruchlos und kontinuierlich dar, ohne dies durch eine ver­tiefte em­pi­rische Untersuchung wirklich zu belegen. Drittens konzentriert sich selbst der soziologische An­satz mehrheitlich auf bürokratische Eliten und vernachlässigt größere gesellschaftliche Grup­pen.

Ungeachtet dieser Einwände lässt sich von dieser politikwissenschaftlichen Forschungsrichtung jedoch methodisch durch­aus einiges lernen für eine noch aus­stehende historisch-ge­ne­ti­sche Längs­schnittanalyse der Europäisierung der am Integrationsprozess beteiligten nationalen Gesell­schaften nach dem Zweiten Weltkrieg. „Europäisierung“ meint hier sowohl das sich wan­delnde Verständnis von dem, was „Europa“ jeweils bedeutet – geographisch, kulturell, politisch –, als auch die zunehmende Ausrichtung am in der transatlantischen Allianz eingebet­teten Ver­bundsystem Westeuropa sowie die immer stärkere Adaption von dessen politischen, kulturellen und zivi­li­satorischen Standards. Hiervon ließen sich auch neue Er­kennt­nis­se für die starke „Ame­ri­­ka­ni­sierungs“- und „Westernisie­rungs“-Forschung der letzten Jahre er­war­ten.[79] Diese blen­det näm­lich bisher sowohl weitge­hend aus, inwiefern das jeweilige Ame­rikabild auf die Haltung zur europäi­schen Einigung einwirkte, als auch, inwieweit das sich verändernde Europabild in den beteiligten Ländern den Prozess der Verwestlichung beein­fluss­te – sei es vermittelnd (der [West-]Europabezug als Brücke in den ansonsten weiterhin frem­den „amerikanischen Westen“), vielleicht sogar ver­stärkend (die [west-]europäi­sche Inte­gra­tion als kongenialer Teil genereller Westbindung) oder doch eher brem­send (das „abendlän­dische“ Europa als Gegenbild zum „Westen“).

Folglich ist es gerade mit Blick auf Westdeutschland ein Desiderat, den eigen­ständigen Wert des Europabezugs für die sich herausbildende Identität der Bun­desrepublik Deutschland wie auch den genuin europäischen Anteil an dem von Westernisierungsforschern für den Zeitraum bis Anfang der 1970er Jahre konsta­tierten Prozess der „westeuropäisch-atlantische[n] Homogenisierung öko­nomi­scher, politischer und sozialer Wertvorstellungen“[80] zu eruieren.[81] Ebenso wäre die Tragfähigkeit des finalistischen Interpretaments von Deutschlands „langem Weg nach Westen“[82] zu überprüfen, indem das mentale und politische Spannungsverhält­nis zwischen hergebrachter nationaler Ausrichtung und neuer transnationaler Orientierung ausgelotet würde. Dabei müssten gerade die Ambi­valenzen, Brüche und Grenzen des transnationalen Bezugs berücksichtigt werden. Die Einbeziehung des in vielerlei Hinsicht unterschiedlichen Frankreich in dieses Analysemodell gäbe der Untersuchung zusätzliche methodische Tiefenschärfe und erhöhte die Validität ihrer Ergebnisse, weil sie paradigmatisch konvergente wie divergente Adaptionsmuster und Verarbeitungstechniken Amerikas in West­europa offenbarte. Damit verschaffte ein solches Forschungsdesign sowohl wei­tere Informationen über das tatsäch­lich erreichte Maß an ideeller und materieller Konvergenz auf dem Kontinent als auch größere Klarheit im Hinblick auf das facet­tenreiche Beziehungsgeflecht zwischen Deutsch­land, Frankreich und den USA. Dies wiederum scheint umso wichtiger, als jener Trilateralismus nicht nur die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts stark geprägt hat, sondern in Form einer ebenso interdependenten wie partiell konfliktreichen ménage à trois wohl auch im 21. Jahrhun­dert noch von großer Bedeutung für die Entwicklung der transatlanti­schen Beziehungen sein wird.



[1] Zu den amerikanisch-europäischen Beziehungen in der Zwischenkriegszeit vgl. Maier, Charles S., Between Taylorism and Technocracy. European ideologies and the Visions of indus­trial productivity in the 1920s, in: Journal of Contemporary History 5 (1970), Nr. 2, S. 27-61; Leffler, Martin P., The Elusive Quest. America’s Pursuit of European Stability and French Security, 1919-1933, Chapel Hill 1979; Costigliola, Frank, Awkward Dominion. American Political, Economic, and Cultural Relations with Europe, 1919-1933, Ithaca 1984; Girault, René; Frank, Robert (Hg.), Turbulente Europe et nouveaux mondes 1914-1941, Paris 1988 und Forndran, Erhard, Die Vereinigten Staaten von Amerika und Europa. Erfahrungen und Perspektiven transatlantischer Beziehungen seit dem Ersten Weltkrieg, Baden-Baden 1991. Zu den deutsch-amerikanischen und amerikanisch-französischen Beziehungen in dieser Zeit vgl. zusätzlich Link, Werner, Die amerikanische Stabilisierungspolitik in Deutschland 1921-1932, Düsseldorf 1970; Krüger, Peter, Die Außenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1985; Berg, Manfred, Gustav Stresemann und die Vereinigten Staaten von Ame­rika. Weltwirtschaftliche Verflechtung und Revisionspolitik 1907-1929, Baden-Baden 1990; Lüdtke, Alf; Marßolek, Inge; von Saldern, Adelheid, Traum und Alptraum im Deutschland des 20. Jahrhunderts, in: Dies. (Hg.), Amerikanisierung. Traum und Alptraum im Deutsch­land des 20. Jahrhunderts (Transatlantische Historische Studien, Bd. 6), Stuttgart 1996, S. 7‑33, Doering-Manteuffel, Anselm, Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert, Göttingen 1999, S. 20-34; Junker, Detlef, Einleitung: Politik, Sicherheit, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft: Dimensionen transatlantischer Bezie­hungen, in: Ders. (Hg.), Die USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges 1945-1990. Ein Handbuch, Bd. 1 (1945-1968), 2. Aufl., Stuttgart 2001, S. 17‑56 und Klautke, Egbert, Unbegrenzte Möglichkeiten. „Amerikanisierung“ in Deutschland und Frankreich (1900-1933) (Transatlantische Historische Studien, Bd. 14), Stuttgart 2003. Speziell zum Verhältnis des „Dritten Reichs“, in dem die antiamerikanischen Ressentiments Staatsdoktrin wurden, zu den USA vgl. Gassert, Philipp, Amerika im Dritten Reich. Ideologie, Propaganda und Volksmeinung (Transatlantische Historische Studien, Bd. 7), Stuttgart 1997. Zur Heraus­bildung antiamerikanischer Ressentiments in Europa vgl. überdies Kroes, Rob; van Rossem, Maarten (Hg.), Anti-Americanism in Europe, Amsterdam 1986; Lacorne, Denis; Rupnik, Jacques; Toinet, Marie-France (Hg.), The Rise and Fall of Anti-Americanism. A Century of French Perception, New York 1990; Schwaabe, Christian, Antiamerikanismus. Wandlungen eines Feindbildes, München 2003 und Scholtyseck, Joachim, Anti-Amerikanismus in der deutschen Geschichte, in: Historisch-Politische Mitteilungen 10 (2003), S. 23-42.

[2] Überblicke zu den Beziehungen zwischen den USA und (West-) Europa nach 1945 bieten Grosser, Alfred, Das Bündnis. Die westeuropäischen Länder und die USA seit dem Krieg, München 1982 und Lundestad, Geir, The United States and Europe since 1945. From „Empire by Invitation“ to Transatlantic Drift, Oxford 2003.

[3] Soutou, Georges-Henri, La Guerre des Cinquante Ans. Les relations Est-Ouest 1943-1990, Paris 2001, S. 19-49; Dülffer, Jost, Europa im Ost-West-Konflikt 1945-1991 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 18), München 2004, S. 7-17. Vgl. Marcowitz, Reiner, Von der Diplomatiegeschichte zur Geschichte der internationalen Beziehungen. Methoden, Themen, Perspektiven einer historischen Teildisziplin, in: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte, Bd. 32/3 (2005), S. 75-100 (98f.).

[4] Hillgruber, Andreas, Der historische Ort des Ersten Weltkrieges, in: Ders., Die Zerstörung Europas. Beiträge zur Weltkriegsepoche 1914-1945, Berlin 1988, S. 103-118 (115).

[5] Gassert, Philipp, Amerikanismus, Antiamerikanismus, Amerikanisierung. Neue Literatur zur Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte des amerikanischen Einflusses in Deutschland und Europa, in: Archiv zur Sozialgeschichte 39 (1999), S. 531-561 (532). Vgl. dazu mit Blick auf Westeuropa insgesamt Pells, Richard, Not like us. How Europeans have loved, hated, and transformed American culture since World War II, New York 1997 und mit einem besonde­ren Schwerpunkt auf Westdeutschland Doering-Man­teuffel, Anselm, Wie westlich sind die Deutschen?, S. 11f. und Schildt, Axel, Vom politischen Programm zur Populärkultur. Ameri­kanisierung in Westdeutschland, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 1: 1945-1968, S. 955-965 bzw. im Hinblick auf Frankreich Kuisel, Richard, Seducing the French. The Dilem­ma of Americanization, Berkeley 1993; Hüser Dietmar, Kultur-Transfer-Vergleich. Zur Amerikanisierung in Frank­reich und Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Miard-Delacroix, Hélène; Hudemann, Rainer (Hg.), Wandel und Integration. Deutsch-franzö­sische Annäherungen der fünfziger Jahre/Mutations et intégration. Les rapprochements franco-allemands dans les années cinquante, München 2005, S. 397-417 und Marcowitz, Reiner (Hg.), Natio­nale Identität und transnationale Einflüsse. Amerikanisierung, Europäisie­rung, Globalisierung in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg/Identité nationale et influen­ces transnationales. Américanisation, européanisation, mon­dialisation – le cas de la France après la Seconde Guerre mondiale, München 2007 (im Druck).

[6] Iriye, Akira, Culture and Power: International Relations as Intercultural Relations, in: Diplomatic History 3 (1979), S. 115-128; Neumann, Iver B., European Identity, EU-Expan­sion, and the Integration/Exclusion Nexus, in: Alternatives. Social Transformation and Humane Governance 23 (1998), S. 397-416 (398f.).

[7] Zur wichtigen „Paten“-, ja „Hebammenrolle“ der USA bei der deutsch-französischen Verständi­gung und der westeuropäischen Einigung vgl. – mit unterschiedlichen Akzentset­zungen – Neuss, Beate, Geburtshelfer Europas? Die Rolle der Vereinigten Staaten im europäischen Integrationsprozess 1945-1958, Baden-Baden 2000; Knapp, Manfred, Transat­lantische Europapolitik im Loyalitätsspagat, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 1: 1945-1968, S. 202-212; Krüger, Dieter, Sicherheit durch Integration? Die wirtschaftliche und politische Integration Westeuropas 1947 bis 1957, München 2003 und Lundestad, United States. Die Gegenthese, dass ge­rade „dissatisfaction with America affected […] the European integration process“, versucht Trachtenberg, Marc (Hg.), Between Empire and Alliance. America and Europe during the Cold War, Lanham 2003, S. VII zu belegen. Hiergegen ist zum einen einzuwenden, dass ja selbst diese These zumindest indirekt ebenfalls einen, wenn­gleich negativen, amerikanischen Einfluss impliziert. Zum anderen ist dieser aber wohl weni­ger für die westeuropäischen Integrationsfortschritte in den 1950er Jahren ausschlaggebend gewesen – als es, ungeachtet zweifellos vorhandener europäischer Selbstbehauptungsbestre­bungen, doch eine weitgehende Interessenidentität zwischen Amerikanern und Westeuropä­ern gab –, sondern prägte, wenn man ihn überhaupt so plakativ unterstellen will, eher die Phase zunehmender transatlantischer Entfremdung – bedingt durch strategische Divergenzen und ökonomische Rivalitäten – seit den 1960er Jahren, kulminierend im „Europa der zweiten Generation“ (Knip­ping, Franz; Schönwald, Matthias [Hg.], Aufbruch zum Europa der zwei­ten Generation. Die europäische Einigung 1969-1984, Trier 2004) seit 1969.

[8] Maier, Charles S., The Politics of Productivity. Foundations of American International Economic Policy after World War II, in: International Organizations 31 (1977), S. 607-633; Buchheim, Christoph, Von der aufgeklärten Hegemonie zur Partnerschaft. Die USA und Westdeutschland in der Weltwirtschaft 1945-1968, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 1: 1945-1968, S. 401-423. Zudem blieb zumindest im Falle der Bundesrepublik Deutschland „die strukturelle Asymmetrie gegenüber dem Dollarraum“ zunächst erhalten: Bis Mitte der 1960er Jahre machten Importe aus den USA durchschnittlich 12-15 % der jährli­chen Gesamteinfuhren der Bundesrepublik aus, während die entsprechenden westdeutschen Exporte bei 6-7 % und damit sogar in etwa auf dem Stand von vor dem Ersten Weltkrieg stagnierten (Neebe, Reinhard, Optionen westdeutscher Außenwirtschaftspolitik 1949-1953, in: Herbst, Ludolf; Bührer, Werner; Sowade Hanno [Hg.], Vom Marshallplan zur EWG. Die Ein­gliederung der Bundesrepublik Deutschland in die westliche Welt [Quellen und Darstel­lungen zur Zeitgeschichte, Bd. 30], München 1990, S. 163-202 [195]).

[9] Jean Monnet an Robert Schuman am 09.09.1950, zit. nach Trausch, Gilbert, Der Schuman-Plan zwischen Mythos und Realität. Der Stellenwert des Schuman-Planes, in: Hudemann, Rainer; Kaelble, Hartmut; Schwabe, Klaus (Hg.), Europa im Blick der Historiker (HZ. Bei­heft NF, Bd. 21), München 1995, S. 105-128 (116 Anm. 30).

[10] Grabbe, Hans-Jürgen, Unionsparteien, Sozialdemokratie und Vereinigte Staaten von Amerika 1945-1966 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 71), Düsseldorf 1983, S. 179-255; Cooney, James A.; Craig, Gordon A.; Schwarz, Hans-Peter; Stern, Fritz (Hg.), Die Bundesrepublik Deutschland und Amerika. Politische, soziale und wirtschaftliche Beziehungen im Wandel, Stuttgart 1985; Rupieper, Hermann-Josef, Der besetzte Verbündete. Die amerikanische Deutschlandpolitik 1945-1955 (Studien zur Sozial­wissenschaft, Bd. 95), Opladen 1991; Schwarz, Hans-Peter, Die Eingliederung der Bundesre­publik in die westliche Welt, in: Herbst; Bührer; Sowade (Hg.), Marshallplan, S. 593-612; Mai, Gunther, Osthandel und Westintegration 1947-1957. Europa, die USA und die Entste­hung einer hegemonialen Partnerschaft, in: ebd., S. 203-226; Neebe, Optionen; Hanrieder, Wolfram F., Deutschland, Europa und Amerika. Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949-1994, 2. völlig überarb. u. erw. Aufl., Paderborn 1995; Pommerin, Reiner (Hg.), The American Impact on Postwar Germany, Providence 1995; Erker, Paul, „Amerika­nisierung“ der westdeutschen Wirtschaft? Stand und Perspektiven der Forschung, in: Jarausch, Konrad; Siegrist, Hannes (Hg.), Amerikanisierung und Sowjetisierung in Deutschland 1945-1970, Frankfurt am Main 1997, S. 137-145; Schröter, Harm G., Zur Über­tragbarkeit sozialhistorischer Konzepte in der Wirtschaftsgeschichte. Amerikanisierung und Sowjetisierung in deutschen Betrieben 1945-1975, in: ebd., S. 147-165; Schildt, Axel; Sywottek, Arnold (Hg.), Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre, Bonn 1998; Schildt, Axel, Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft in den 50er Jahren, München 1999; Kleinschmidt, Christian, Der produktive Blick. Wahrnehmung amerikanischer und japanischer Management- und Pro­duktionsmethoden durch deutsche Unternehmer 1950-1985 (Jahrbuch für Wirtschaftsge­schichte, Beiheft, Bd. 1), Berlin 2002. Einen entscheidenden Impuls für diesen Prozess der westeuropäischen Integration gab der Schuman-Plan von 1950 (zum aktuellen Forschungs­stand vgl. Marcowitz, Reiner, Idealistische Aussöhnung oder realistisches Machtkalkül? Eine (Forschungs-)Bilanz der Frank­reichpolitik Konrad Adenauers 1949-1963, in: Schwabe, Klaus [Hg.]: Kon­­rad Adenauer und Frankreich 1949-1963. Stand und Perspektiven der Forschung zu den deutsch-französischen Beziehungen in Politik, Wirtschaft und Kultur [Rhöndorfer Ge­sprä­che, Bd. 21]. Bonn 2005, S. 24-29).

[11] Hanrieder, Deutschland, S. 252.

[12] Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen?, S. 72f.

[13] Schildt, Axel, Die USA als „Kulturnation“. Zur Bedeutung der Amerikahäuser in den 1950er Jahren, in: Lüdtke; Marßolek; von Saldern (Hg.), Amerikanisierung, S. 257-269 (267). Vgl. Lüdtke, Alf; Marßolek, Inge; von Saldern, Adelheid, Amerikanisierung. Traum und Alptraum im Deutschland des 20. Jahrhunderts, in: ebd., S. 7-33; Trommler, Frank, Neuer Start und alte Vorurteile. Die Kulturbeziehungen im Zeichen des Kalten Krieges 1945-1968, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 1: 1945-1968, S. 567-591 und den Beitrag von Hüser, Dietmar, „Rock around the clock“. Überlegungen zu amerikanischer Populärkultur in der französischen und westdeutschen Gesellschaft der 1950er und 1960er Jahre im vorliegenden Band.

[14] Derart kritisch zu diesem Begriff bereits Améry, Jean, Geburt der Gegenwart. Gestalten und Gestaltungen der westlichen Zivilisation seit Kriegsende, Olten 1961, S. 298.

[15] Scholtyseck, Anti-Amerikanismus, S. 30-32; Schwaabe, Antiamerikanismus, S. 110-156; Ermarth, Michael, ‚Amerikanisierung’ und deutsche Kulturkritik 1945-1965. Metastasen der Moderne und hermeneutische Hybris, in: Jarausch; Siegrist (Hg.), Amerikanisierung, S. 315‑334; Gassert, Philipp, Gegen Ost und West: Antiamerikanismus in der Bundesrepublik, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 1: 1945-1968, S. 944-954.

[16] Rémond, René, Frankreich im 20. Jahrhundert. Erster Teil: 1918-1958 (Geschichte Frank­reichs, Bd. 6/1), Stuttgart 1994, S. 623-625; Milza, Pierre, Anti-Américanisme, in: Sirinelli, Jean-François (Hg.), Dictionnaire historique de la vie politique française au XXe siècle, Paris 1995, S. 29-33; Kuisel, French, S. 15-130; Hüser, Dietmar, Struktur- und Kulturge­schichte französischer Außen- und Deutschlandpolitik im Jahre 1945. Für eine methodenbewusste Geschichte der internationalen Beziehungen, in: Historische Mitteilungen 16 (2003), S. 155‑170; Grosser, Alfred, Frankreich und seine Außenpolitik 1944 bis heute, München 1989, S. 27-176; Ders., Bündnis, S. 20-30, 43-51, 111-116 und 185-218; Hüser, „Rock around the clock“; Marcowitz (Hg.): Identität. In diesem Zusammenhang sind aber auch die bisherigen Ergebnisse des interdisziplinären und internatio­nalen Forschungsverbun­des UMR 8138 „Identités, Relations Internationales et Civilisations de l’Europe“ des CNRS und der Universitäten Paris I und Paris IV unter der Leitung zunächst von René Girault und mittlerweile von Robert Frank relevant (vgl. als aktuelle Zwischenbilanzen Frank, Robert [Hg.], Les identités européennes au XXe siècle. Diversités, convergences et solidarités, Paris 2004, UMR IRICE, Bilan et perspectives (2002-2009), o.O. o.J. und Dülffer, Europa, S. 154).

[17] Oberreuter, Heinrich; Weber, Jürgen (Hg.), Freundliche Feinde? Die Alliierten und die Demokratiegründung in Deutschland, München 1996.

[18] Kuisel, French, S. 37-69.

[19] Grosser, Bündnis, S. 220 zitiert eine Umfrage vom November 1957, der zufolge sich nur 26 % der befragten Franzosen für den Verbleib amerikanischer Soldaten in Frankreich ausspra­chen, während es in der Bundesrepublik Deutschland 66 %, in Großbritannien 56 % und in Italien immerhin noch 46 % waren, welche die amerikanische Truppenpräsenz in ihrem Land begrüßten.

[20] Steinhoff, Johannes; Pommerin, Reiner, Strategiewechsel: Bundesrepublik und Nuklearstrate­gie in der Ära Adenauer-Kennedy (Internationale Politik, Bd. 30/1), Baden-Baden 1992.

[21] Larres, Klaus, Eisenhower, Dulles und Adenauer. Bündnis des Vertrauens oder Allianz des Misstrauens? (1953-1961), in: Ders.; Oppelland, Torsten (Hg.), Deutschland und die USA im 20. Jahrhundert. Geschichte der politischen Beziehungen, Darmstadt 1997, S. 119-150. Vgl. Hacke, Christian, Zur Weltmacht verdammt. Die ame­rikanische Außenpolitik von J. F. Kennedy bis G. W. Bush, München 2001, S. 89 und Daum, Andreas W., Kennedy in Berlin. Politik, Kultur und Emotionen im Kalten Krieg, Paderborn 2003, S. 25f.

[22] McCormick, Thomas J., America’s Half-Century. United States Foreign Policy in the Cold War, 2. Aufl., Baltimore 1995, S. 125. Vgl. Conze, Eckart, Hegemonie durch Integration? Die amerikanische Europapolitik und ihre Herausforderungen durch de Gaulle, in: VfZ 43 (1995), S. 297-340.

[23] Zur französischen Außenpolitik in der Zeit der Staatspräsidentschaft Charles de Gaulles vgl. Grosser, Frankreich, S. 177-284; Bozo, Frédéric, Deux Stratégies pour L’Europe. De Gaulle, les États-Unis et l’Alliance atlantique 1958-1969, Paris 1996 und Vaïsse, Maurice, La gran­deur. Politique étrangère du général de Gaulle 1958-1969, Paris 1998 sowie Lucas, Hans-Dieter, Europa vom Atlantik bis zum Ural? Europapolitik und Europadenken im Frankreich der Ära de Gaulle (1958-1969), Bonn 1992.

[24] Conze, Eckart, Hegemoniale Selbstbehauptung oder partnerschaftliches Gleichgewicht? Frankreich als Pro­blem der deutsch-französischen Beziehungen 1945-1990, in: GWU 7/8 (2000), S. 449-463 (451).

[25] Grosser: Bündnis, S. 259-269 und 293-304; Costigliola, Frank, The Failed Design: Kennedy, de Gaulle, and the Struggle for Europe, in: Diplomatic History 8 (1984), S. 227-251; Conze, Eckart, Die gaullistische Herausfor­derung. Deutsch-französische Beziehungen in der ameri­kanischen Europapolitik, München 1995; Ders., Hegemo­nie durch Integration? Die amerika­nische Europapolitik und ihre Herausforderungen durch de Gaulle, in: VfZ 43 (1995), S. 297‑340.

[26] Daum, Kennedy, S. 191.

[27] Ebd., S. 192.

[28] Luchsinger, Fred, Bericht über Bonn. Deutsche Politik 1955-1965, Zürich 1966, S. 343f.

[29] Hierzu vgl. Grabbe, Unionsparteien, S. 321-351, 404-427, 468-489; Hildebrand, Klaus, Von Erhard zur Großen Koalition 1963-1969, Stuttgart 1984, S. 99-111, 170-187; Soutou, Georges-Henri, L’alliance incertaine. Les rapports politico-stratégiques franco-al­le­mands 1954-1996, Paris 1996, S. 203-309; Marcowitz, Reiner, Option für Paris? Unionsparteien, SPD und Charles de Gaulle 1958-1969 (Studien zur Zeitgeschichte, Bd. 49), München 1996, S. 177-259; Ders., Aussöhnung, S. 23f.; Lappenküper, Ulrich, Die deutsch-französischen Bezie­hungen 1949-1963. Von der „Erbfeindschaft“ zur „Entente Elémentaire“, 2 Bde. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 49), München 2001, Bd. 2, S. 1782-1821; Oppelland, Torsten, Gerhard Schröder. Politik zwischen Staat, Partei und Konfession (For­schungen und Quellen zur Zeit­geschichte, Bd. 39), Düsseldorf 2002, S. 562-583; Conze, Eckart, Staatsräson und nationale Interessen. Die „Atlantiker–Gaullisten“-Debatte in der westdeutschen Politik- und Gesellschafts­geschichte der 1960er Jahre, in: Lehmkuhl, Ursula; Wurm, Clemens A.; Zimmermann, Hubert (Hg.), Deutschland, Großbritannien, Amerika. Poli­tik, Gesellschaft und Internationale Geschichte im 20. Jahrhundert. Festschrift für Gustav Schmidt zum 65. Geburtstag, Stuttgart 2003, S. 197-226 und Granieri, Ronald J., The Ambi­valent Alliance. Konrad Adenauer, the CDU/CSU, and the West, 1949-1966 (Monographs in German history, vol. 9), New York 2003, S. 150-227. Zu aktuellen Analogien vgl. Oppelland, Torsten, Alte und neue Atlantiker-Gaullisten-Kontroversen, in: Historisch-Poli­ti­sche Mittei­lungen 11 (2004), S. 341-350.

[30] Kramer, Esther, Europäisches oder atlantisches Europa? Kontinuität und Wandel in den Verhandlungen über eine politische Union 1958-1970, Baden-Baden 2003.

[31] Schönhoven, Klaus, Aufbruch in die sozialliberale Ära. Zur Bedeutung der sechziger Jahre in der Geschichte der Bundesrepublik, in: GG 25 (1999), S. 123-145; Schildt, Axel; Siegfried, Detlef; Lammers, Karl Christian (Hg.), Dynamische Zeiten. Die 60er in den beiden deutschen Gesellschaften, Hamburg 2000; Grosser, Bündnis, S. 304-308; Rémond, René, Frankreich im 20. Jahrhundert. Zweiter Teil: 1958 bis zur Gegenwart (Geschichte Frankreichs 6/2), Stuttgart 1995, S. 444-469; Kuisel, French, S. 131-153, 185-211.

[32] Grosser, Bündnis, S. 329-347; Fink, Carole; Gassert, Philipp; Junker, Detlef (Hg.), 1968. The World Transformed, Cambridge 1998; Gilcher-Holtey, Ingrid, Die 68er Bewegung. Deutsch­land-Westeuropa-USA, München 2001; Dies. (Hg.), 1968 – Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft (GG, Sonderheft, Bd. 17), Göttingen 1998; Leggewie, Claus, 1968 – Ein transatlantisches Ereignis und seine Folgen, in: Junker (Hg.), USA und Deutsch­land, Bd. 2: 1968-1990, S. 632-643; Gassert, Philipp, Mit Amerika gegen Amerika. Antiame­rikanis­mus in Westdeutschland, in: ebd., S. 750-760; Schwaabe, Antiamerikanismus, S. 157‑167; Scholtyseck, Anti-Ame­rikanismus, S. 35-38.

[33] Claussen, Detlev, Chiffre 1968, in: Assmann, Jan u.a. (Hg.), Revolution und Mythos, Frankfurt am Main 1992, S. 219-229.

[34] Kaelble, Hartmut, Europäer über Europa. Die Entstehung des europäischen Selbstverständnis­ses im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2001, S. 218-245 (240). Vgl. Ders., Euro­päische und nationale Identität seit dem Zweiten Weltkrieg, in: von Kieseritzky, Wolther; Sick, Klaus-Peter (Hg.), Demokratie in Deutschland. Chan­cen und Gefährdungen im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999, S. 394-419.

[35] Ders., Europäer, S. 219. Vgl. auch Pells, Not like us, S. 314f.

[36] Strauß, Franz-Josef, Entwurf für Europa, Stuttgart 1966 (Eine erw. Version erschien zwei Jahre später: Herausforderung und Antwort. Ein Programm für Europa, Stuttgart 1968). Vgl. Eisner, Erich, Das europäische Konzept der CSU. Die gesamteuropäischen Ordnungsvorstel­lungen der Christlich-Sozialen Union, Meisenheim am Glan 1975 und Krieger, Wolfgang, Franz Josef Strauß. Der barocke Demokrat aus Bayern, Göttingen 1995, S. 55-60.

[37] Servan-Schreiber, Jean-Jacques, Le Défi américain, Paris 1968. Hierzu vgl. Kuisel, French, S. 154-184. Im Folgenden wird aus der deutschen Übersetzung zitiert, für die Franz Josef Strauß bezeichnenderweise ein Vorwort schrieb: Die amerikanische Herausforderung, Hamburg 1968.

[38] Krieger, Strauß, S. 58.

[39] Strauß, Entwurf, S. 115.

[40] Ebd.

[41] Ebd., S. 10.

[42] Ebd., S. 125.

[43] Ebd., S. 8.

[44] Servan-Schreiber, Herausforderung, S. 47.

[45] Grosser, Bündnis, S. 304-329.

[46] Zit. nach ebd., S. 305.

[47] Ebd.

[48] Ebd., S. 309.

[49] Servan-Schreiber, Herausforderung, S. 188.

[50] Ebd., S. 281.

[51] Zit. nach Krieger, Strauß, S. 59.

[52] Strauß, Entwurf, S. 7.

[53] Grosser, Bündnis, S. 361-439; Link, Werner, Außen- und Deutschlandpolitik in der Ära Brandt 1969-1974, in: Bracher, Karl Dietrich; Jäger, Wolfgang; Link, Werner, Republik im Wandel 1969-1974. Die Ära Brandt (Geschich­te der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 5/1), Stuttgart 1986, S. 163-282; Ders., Außen- und Deutschlandpolitik in der Ära Schmidt 1974-1982, in: Jäger, Wolfgang; Link, Werner, Republik im Wandel 1974-1982. Die Ära Schmidt (Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 5/2), Stuttgart 1986, S. 275-432; Dittgen, Herbert, Die Ära der Ost-West-Verhandlungen und der Wirtschafts- und Währungskrisen (1969-1981), in: Larres; Oppelland (Hg.), Deutschland, S. 178-203; Kuisel, French, S. 212‑230; Schmidt, Gustav, Europa und die Welt. Transatlantische Beziehungen und „Dritte Welt“ in den 1970er Jahren, in: Knipping; Schön­wald (Hg.), Aufbruch, S. 94-113.

[54] Arenth, Joachim, Die Bewährungsprobe der Special Relationship. Washington und Bonn (1961-1969), in: Larres; Oppelland (Hg.), Deutschland, S. 151-177 (171). Vgl. Kuisel, French, S. 212-230 und Pells, Not like us, S. 316f.

[55] Hacke, Weltmacht, S. 160f. Vgl. Dittgen, Ära, S. 189.

[56] Hacke, Weltmacht, S. 161.

[57] Grosser, Bündnis, S. 372-388; Link, Außen- und Deutschlandpolitik in der Ära Brandt, S. 244-257; Dittgen, Ära, S. 187f.; Kissinger, Henry A., Memoiren 1973-1974, Teil 1, München 1982, S. 185-277.

[58] Ebd., S. 190.

[59] Link, Außen- und Deutschlandpolitik in der Ära Brandt, S. 246.

[60] Niedhart, Gottfried, Der alte Freund und der neue Partner. Die Bundesrepublik und die Supermächte, in: Junker (Hg.), USA und Deutschland, Bd. 2: 1945-1990, S. 46-55; Ders., Deutsch-amerikanische Beziehungen in der An­fangsphase der sozial-liberalen Ostpolitik und Differenzen in der Perzeption der Sowjetunion, 1969/70, in: Berg, Manfred; Gassert, Philipp (Hg.), Deutschland und die USA in der Internationalen Geschichte des 20. Jahrhunderts (Transatlantische Historische Studien, Bd. 18), Stuttgart 2004, S. 505-520. Vgl. auch den Beitrag von Niedhart, Ost-West-Entspannung aus amerikanischer, deutscher und französi­scher Sicht im vorliegenden Band.

[61] Kissinger, Memoiren 1973-1974, Teil I, S. 219.

[62] Vgl. Thiemeyer, Guido, From Convertibility to the Werner-Plan. Changing World Economic Structures as Incentives for European Monetary Integration 1958-1969, in: Perron, Régine (Hg.), The Stability of Europe. The Common Market. Towards European Integration of Indus­trial and Financial Markets? (1958-1968), Paris 2004, S. 161-178; Ders., Helmut Schmidt und die Gründung des Europäischen Währungssystems 1973-1979, in: Knipping; Schönwald (Hg.), Aufbruch, S. 245-268; Loth, Wilfried, Deutsche Europapolitik von Helmut Schmidt bis Helmut Kohl, in: ebd., S. 474-488 und Schulz, Matthias, Vom ‚Atlantiker’ zum ‚Europäer’? Helmut Schmidt, deutsche Interessen und die europäische Einigung, in: König; Schulz (Hg.), Bundesrepublik Deutschland, S. 185-220.

[63] Knapp, Manfred, Politische und wirtschaftliche Interdependenzen im Verhältnis USA–(Bundes­republik) Deutschland 1945-1975, in: Ders.; Link, Werner; Schröder, Hans-Jürgen; Schwabe, Klaus, Die USA und Deutschland 1918-1975. Deutsch-amerikanische Beziehungen zwischen Rivalität und Partnerschaft, München 1978, S. 153-219 (212).

[64] Müller-Roschach, Herbert, Die deutsche Europapolitik 1949-1977. Eine politische Chronik (Europäische Schrif­ten des Instituts für Europäische Politik, Bd. 55), Bonn 1980, S. 217-456; Rödder, Andreas, Die Bundesrepublik Deutschland 1969-1990 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 19A), München 2004, S. 4-8; Dülffer, Europa, S. 48-50; Wilkens, Andreas, Willy Brandt und die europäische Einigung, in: König; Schulz (Hg.), Bundesrepublik Deutschland, S. 167-184; Hiepel, Claudia, Willy Brandt, Georges Pompidou und Europa. Das deutsch-französische Tandem in den Jahren 1969-1974, in: Knipping; Schönwald (Hg.), Auf­bruch, S. 28-46; Clemens, Gabriele, Der Beitritt Großbritanniens zu den Europäischen Gemein­schaften, in: ebd., S. 306-328.

[65] Kaelble, Hartmut, Auf dem Weg zu einer europäischen Gesellschaft. Eine Sozialgeschichte Westeuropas 1880-1980, München 1987; Ders., Nachbarn am Rhein. Entfremdung und An­näherung der französischen und deutschen Gesellschaft seit 1880, München 1991.

[66] Krüger, Peter, Europabewusstsein in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Hudemann; Kaelb­le; Schwabe (Hg.), Europa, S. 31-53 (52); Frevert, Ute, Eurovisionen. Ansichten guter Europäer im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main, 2003, S. 159; Constantinesco, Vlad, Le rôle du Conseil européen dans la formation d’une identité euro­péenne, in: Bitsch, Marie-Thérèse; Loth, Wilfried; Poidevin, Raymond (Hg.), Institutions euro­péennes et identités européennes (Organisation internationale et relations internationales, vol. 41), Brüssel 1998, S. 435-447. Vgl. Riondel, Bruno, Affirmation du Parlement européen et émergence d’une identité européenne, des années soixante à nos jours, in: ebd., S. 295-306.

[67] Frevert, Eurovisionen, S. 159. Vgl. Constantinesco, Rôle, S. 439-443.

[68] Grundsatzerklärung der EG-Staats- und Regierungschefs auf der Gipfelkonferenz von Kopenhagen vom 13./14.12.1973, in: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundes­regierung, Nr. 165 vom 18.12.1973.

[69] Link, Außen- und Deutschlandpolitik in der Ära Brandt, S. 257.

[70] Metzler, Gabriele, Am Ende aller Krisen? Politisches Denken und Handeln in der Bundesrepu­blik der sechziger Jahre, in: HZ 275 (2002), S. 57-103; Dies., Konzeptionen poli­tischen Handelns von Adenauer bis Brandt. Po­litische Planung in der pluralistischen Gesellschaft, Paderborn 2005, S. 347-418; Szöllösi-Janze, Margit, Wis­sensgesell­schaft – ein neues Konzept zur Er­schließung der deutsch-deutschen Zeitgeschichte?, in: Hockerts, Hans Gün­ter (Hg.), Koordinaten deutscher Geschichte in der Epoche des Ost-West-Konflikts, München 2004, S. 277-305 (292-299); Nützenadel, Alexander, Stunde der Ökonomen. Wis­senschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949-1974 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 166), Göttingen 2005, S. 307-352. Für die entsprechende Debatte auf transnatio­naler westlicher Ebene vgl. Schmidt-Gernig, Alexander, Scenarios of Europe’s Future – Western Future Studies of the Sixties and Seventies as an Example of a Transnational Public Sphere of Experts, in: Journal of European Integration History 8 (2002) Nr. 2, S. 69-90.

[71] Hilfreiche Schneisen in dieses disparate Forschungsfeld schlagen Loth, Wilfried, Beiträge der Geschichtswissenschaft zur Deutung der Europäischen Integration, in: Ders.; Wessels, Wolfgang (Hg.), Theorien europäischer Integration (Grundlagen für Europa, Bd. 7), Opladen 2001, S. 87-106; Dülffer, Jost, Europäische Zeitgeschichte – Narrative und historiographische Perspektiven, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Aus­gabe 1 (2004), H. 1, URL: http://www.zeithistorische–forschungen.de/16126041-Dülffer-1-2004; Ders., Europa, S. 149-160 und 174-183; Kaiser, Wolfram, Vom Staat zur Gesellschaft? Zur Historiographie der europäischen Integration, in: Geschichte in Wissenschaft und Unter­richt 55 (2004), S. 663-679 und König, Mareike; Schulz, Matthias, Die Bundesrepublik Deutschland und die europäische Einigung: Trends und Kontroversen der Integrationshisto­riographie, in: Dies. (Hg.), Die Bundesrepublik Deutschland und die europäische Eini­gung 1949-2000. Politische Akteure, gesellschaftliche Kräfte und internationale Erfahrungen, Stuttgart 2004, S. 15-36.

[72] An diesem Manko krankt vor allem die in den 1980er Jahre geführte, aber bis heute nicht wirklich entschiedene Kontroverse zwischen „Idealisten“ und „Realisten“ in der geschichts­wissenschaftlichen Integrationsforschung: Beide Interpretationen der westeuropäischen Integration – hier idealistische Überzeugungen, dort realistisches Kosten-Nutzen-Kalkül – verab­solutieren nicht nur ihre jeweiligen Quellenbestände, sondern liefern auch gleichermaßen nur – wenngleich unterschiedliche – Momentaufnahmen der Genese der Integrationspolitik in den frühen 1950er Jahren, ohne deren weitere Dynamik zu erfassen (vgl. Loth, Beiträge, S. 91-96; Dülffer, Europa, S. 150-152; Kaiser, Staat, S. 664-668 und Marcowitz, Aussöhnung, S. 29-36).

[73] Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen, in: Ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I, 9. Aufl., Tübingen 1988, S. 252. Vgl. hierzu Lepsius, M. Rainer, Inte­ressen und Ideen. Die Zurechnungsproblematik bei Max Weber, in: Ders., Interessen, Ideen und Institutionen, Opladen 1990, S. 31-43 sowie überdies – zur ak­tuellen Debatte über die Rolle von Ideen in den Internationalen Beziehungen – Jachtenfuchs, Markus, Ideen und inter­nationale Beziehungen, in: Zeitschrift für internationale Beziehungen 2 (1995), S. 417-442.

[74] Schwarz, Hans-Peter, Fragen an das 20. Jahrhundert, in: VfZ 48 (2000), S. 1-36 (13).

[75] Zur politikwissenschaftlichen Integrationsforschung vgl. Schumann, Wolfgang; Müller, Ragnar, Integration als Problem internationaler Geschichte, in: Loth, Wilfried; Osterhammel, Jürgen (Hg.), Internationale Geschichte. Themen-Ergebnisse-Aussichten (Studien zur inter­nationalen Geschichte, Bd. 10), München 2000, S. 331-356; Wessels, Wolfgang, Politikwis­senschaftliche Beiträge zur Integrationswissenschaft. Vielfalt und Einklang, in: Loth; Wessels (Hg.), Theorien, S. 19-34 und O’Neill, Michael, The Politics of European Integration. A Reader, London 1996.

[76] Ernst B. Haas unterstellte bereits einen „europäischen“ Lernprozess (vgl. seinen Klassiker: The Uniting of Eu­rope, London 1958), wenngleich sein funktionalistischer Ansatz die Zwangsläufigkeit des spill-over vom wirt­schaftlichen auf den politischen Integrationsprozess überschätzte (vgl. Wessels, Beiträge).

[77] Vgl. pars pro toto Bach, Maurizio (Hg.), Die Euro­päi­sie­rung na­tio­na­ler Gesellschaften, Opladen 2000; Green Cowles, Maria; Caporaso, James; Risse, Thomas (Hg.), Trans­­for­ming Europe. Europeanization and Domestic Change, Ithaca 2001; Marcus­sen, Martin; Ris­se, Tho­mas; Engelmann-Martin, Da­niela; Knopf, Hans Joachim; Roscher, Klaus, Constructing Europe? The evo­lution of French, British and Ger­man nation state identities, in: Journal of European Public Policy 6 (1999), S. 614-633; Risse, Thomas; Engelmann-Martin, Daniela, Identity Politics and European Integration. The Case of Germany, in: Pagden, Anthony (Hg.), The Idea of Europe. From Antiquity to the European Union, Cam­bridge 2002, S. 287-316; Ris­se, Thomas; Maier, Matthias L. (Hg.), Europeanization, Col­lec­tive Identities and Public Discourses. Draft Final Report, o. O. 2003 und Olsen, John P., The Many Faces of Europeanization (ARENA Wor­king Papers, WP 01/2), o.O o.J.

[78] Risse, Thomas, A European Identity? Europeanization and the Evolution of Nation-State Identities, in: Cowles; Ca­poraso; Risse (Hg.), Europe, S. 198-216 (214).

[79] Vgl. zur Westernisierungsdebatte Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen? und Schildt, Axel, An­kunft im Westen. Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 1999, Kritik an diesem Forschungsansatz übt Gassert, Philipp, Die Bun­desrepublik, Europa und der Westen. Zu Verwestlichung, Demokratisierung und einigen komparatistischen Defiziten der zeithistorischen Forschung, in: Baberowski, Jörg; Conze, Eckart; Gassert, Philipp; Sabrow, Martin, Geschichte ist immer Gegenwart. Vier Thesen zur Zeitgeschichte, München 2001, S. 67-89.

[80] Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen?, S. 134.

[81] Die Feststellung gilt trotz der jüngst erschienenen Studie von Conze, Vanessa, Das Europa der Deutschen. Ideen von Europa in Deutschland zwischen Reichstradition und Westorientie­rung (1920-1970) (Studien zur Zeitgeschichte, Bd. 69), München 2005, die zwar einen wich­tigen Beitrag zur deutschen Ideengeschichte im fraglichen Zeitraum leistet, indes die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg auf­grund des weiten Unter­su­chungs­zeit­raums notgedrungen nicht umfassend behandeln kann und überdies für diese Jahre zwar die Binnen­struktur der einschlägigen westdeutschen Organisa­tio­nen und Zusammenschlüsse – „Abendland-Bewe­gung“ und „Europa-Union Deutsch­land e.V.“ –, nicht aber deren Wirkungs­geschichte und damit die Rezeption des Europagedankens in breiten Bevölkerungsschichten untersucht.

[82] Winkler, Heinrich August, Der lange Weg nach Westen, 2 Bde., Bd. 1: Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik, München 2000; Bd. 2: Deutsche Geschichte vom „Dritten Reich“ bis zur Wiedervereinigung, München 2000.

Für das Themenportal verfasst von

Reiner Marcowitz

( 2007 )
Zitation
Reiner Marcowitz, Im Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung. Die Zäsur der 1960er und 1970er Jahre für die transatlantische Europadebatte, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2007, <www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1395>.
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