Das verlorene Geschlecht. Zur Kastration von Sexualstraftätern seit 1945

Deutschland ist neben der Tschechischen Republik eines von wenigen Ländern Europas, in dem die chirurgische Kastration (Orchiektomie) im Rahmen der Behandlung von Sexualstraftätern bis heute per Gesetz erlaubt ist. Erlassen wurde das Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (KastrG) im August 1969; Anwendung fand die Orchiektomie seitdem nur selten, nicht zuletzt, weil chemische, hormonelle und psychotherapeutische Behandlungsmethoden zunehmend an Bedeutung gewannen. Dennoch: Dass die Bundesrepublik die chirurgische Kastration für Sexualstraftäter überhaupt anbietet, wurde im August 2010 vom Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) beanstandet.

Das verlorene Geschlecht. Zur Kastration von Sexualstraftätern seit 1945[1]

Von Annelie Ramsbrock

Deutschland ist neben der Tschechischen Republik eines von wenigen Ländern Europas, in dem die chirurgische Kastration (Orchiektomie) im Rahmen der Behandlung von Sexualstraftätern bis heute per Gesetz erlaubt ist. Erlassen wurde das Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden(KastrG) im August 1969; Anwendung fand die Orchiektomie seitdem nur selten, nicht zuletzt, weil chemische, hormonelle und psychotherapeutische Behandlungsmethoden zunehmend an Bedeutung gewannen.[2] Dennoch: Dass die Bundesrepublik die chirurgische Kastration für Sexualstraftäter überhaupt anbietet, wurde im August 2010 vom Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe(CPT) beanstandet. Die Delegierten formulierten ihre „grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendung der chirurgischen Kastration als Mittel der Behandlung von Sexualstraftätern“, nachdem sie routinemäßig verschiedene deutsche Gefängnisse besucht und sich über die Umstände der Kastration informiert hatten. Nicht nur, dass die Operation als eine „verstümmelnde“ und „erniedrigende Behandlung“ bewertet wurde, die nicht den internationalen „Behandlungsstandards für die Behandlung erwachsener Sexualstraftäter“ entspreche. Auch wurde zu bedenken gegeben, dass der Eingriff „irreversible körperliche Folgen“ habe; schließlich nehme er „einer Person die Fähigkeit, sich fortzupflanzen“ und könne zu „schwerwiegenden körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen führen.“ [3]

Der sich daraus ergebenden Empfehlung des Europarates an die Bundesrepublik Deutschland, „die Anwendung der chirurgischen Kastration im Rahmen der Behandlung von Sexualstraftätern in allen Bundesländern einzustellen“, kam die Bundesregierung bis heute nicht nach.[4] Stattdessen verfasste sie ihrerseits eine Stellungnahme, in der sie erklärte, dass die Kastration von Sexualstraftätern keine Strafe und auch keine erniedrigende Behandlung sei, sondern der „Heilung oder zumindest Linderung von schwerwiegender Krankheiten, seelischen Störungen oder Leiden, die mit dem abnormen Geschlechtstrieb des Betroffenen zusammenhängen“ diene.[5]

Die Frage danach, wie die chirurgische Kastration von Sexualstraftätern zu bewerten ist – als Strafe oder Therapie – wird nicht erst seit dem 21. Jahrhundert gestellt. Vielmehr setzten sich zahlreiche europäische Länder und auch die USA seit dem frühen 20. Jahrhundert mit diesem Problem auseinander. Der Gesetzgebung in Westdeutschland gingen fast zwei Jahrzehnte andauernde Debatten über die physischen und psychischen Folgen einer Kastration voraus, an denen sich Juristen ebenso beteiligten wie Mediziner und Psychologen. Aus heutiger Sicht erscheinen ihre Argumente, die größtenteils in die Begründung zum Kastrationsgesetz eingegangen sind, vor allem deshalb interessant, weil sie geeignet sind, um ein wesentliches Anliegen der noch verhältnismäßig jungen Geschichte der Männlichkeiten aufzugreifen, nämlich „historisch zu zeigen, was wann Männer zu Männern gemacht hat“ und damit „die Uneindeutigkeit des Mannseins“ bzw. „die historische Eingebundenheit verschiedener Formen des Mannseins in ganze Ensembles von Zuschreibungen“ herauszuarbeiten.[6] Fragen nach dem Für und Wider die Kastration waren eng mit Fragen nach Männlichkeit verbunden, vor allem mit der Frage, inwieweit der Verlust der Hoden die männliche Sexualität und damit einhergehend die Fremd- und Selbstwahrnehmung der Betroffenen als Mann beeinflusse.

Fragen nach den Grundlagen geschlechtlicher Identitätsbildung sind auf einer wissenstheoretischen Ebene längst gestellt und auch beantwortet worden. Nicht biologische Unterschiede zwischen Frauen und Männern seien ursächlich für Rollenbilder und Selbstwahrnehmungen oder für soziale Hierarchien und Ausschlussmechanismen, sondern die jeweiligen Schlussfolgerungen, die daraus gezogen würden.[7] Am konsequentesten (und auch streitbarsten) hat diesen Aspekt wohl Judith Butler verfolgt in ihrem vieldiskutierten Buch Das Unbehagen der Geschlechter. Darin spricht sie sich gegen eine Trennung von sex und gender als dem natürlichen und sozialen Geschlecht aus, weil selbst die biologische Geschlechterdifferenz nichts Vor-Soziales sei, sondern durch Normen konstituiert. Auch das vermeintlich natürliche Geschlecht, so Butler, werde durch den Diskurs der (Zwangs-)Heterosexualität konstituiert, dem wiederum auf der sogenannten heteronormative Matrix gründe. Diese Matrix beschreibt eine binäre Geschlechterordnung, innerhalb derer eine Kohärenz zwischen Geschlechtskörper, sozialem Geschlecht und sexueller Orientierung (Begehren) angenommen wird, was meint, dass ein biologisch als Mann identifizierter Mensch sich (vermeintlich) männlich verhält und eine weibliche Partnerin begehrt. Das sei aber keineswegs ‚natürlich’, so Butler, sondern Ergebnis gesellschaftlichen Ordnungsdenkens.

Wenngleich Butler für ihren radikalen Konstruktivismus häufig kritisiert worden ist – tatsächlich hat sie die Materialität des biologischen Geschlechts nie verneint, sondern lediglich postuliert, dass aufgrund der sozialen Wirkmächtigkeit des heteronormativen Modells jeder Mensch zwangsläufig Mann oder Frau sein müsse. „Es gibt kein Ich“, erklärt sie, „vor der Annahme eines Geschlechts“[8]. Folgt man ihrer Denkfigur, dass jeder Versuch „zur Materie als etwas dem Diskurs Vorgängigen zurückzukehren“ mit der Einsicht endet, „daß Materie vollständig erfüllt ist mit abgelagerten Diskursen um das biologische Geschlecht und Sexualität“[9], so lässt sich daran die Frage anschließen, inwieweit sich diese Diskurse verändern, wenn in die Materie eingegriffen wird, im Fall der Kastration: wenn die Keimdrüsen als biologisches Substrat des männlichen Geschlechts entfernt werden.

Welche Konsequenzen die Entfernung der Hoden auf die Geschlechtsidentität der Betroffenen haben würde, war eine Frage, die die Debatten über das Für und Wider ein Kastrationsgesetz wesentlich bestimmte und den Gesetzesentwurf inhaltlich prägte. Da diese Frage eng mit rechtsstaatlichen und medizinischen Erwägungen der 1960er- und 1970er-Jahre verbunden war, wird es darum im ersten Teil dieses Beitrags gehen. Anschließend wird diskutiert, was „Mannsein“ im zeitgenössischen juristischen und psychiatrischen Diskurs ausmachte, und welche Bedeutung den männlichen Keimdrüsen als Bestandteil des biologischen Geschlechts dabei zukam. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, inwieweit die kastrierten Männer selbst eine Wahrung oder einen Wandel ihrer Geschlechtsidentität proklamierten.


I. Eine Frage des Rechts: die Kastration als Therapie der „Perversion“

Seit die Kastrationen als Behandlungsmethode für Sexualstraftäter im frühen 20. Jahrhundert erstmals diskutiert wurden, stellte sich die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit dem gesellschaftlichen Selbstverständnis und der physischen Integrität des Einzelnen.[10] Während manche Juristen die Kastration „als letztes Mittel gegen die gewohnheitsmäßigen Sittlichkeitsverbrecher“[11] einführen wollten, betrachteten andere diesen Eingriff als eine „barbarische Strafe“[12]. Er bringe eine „erhebliche seelische Belastung für das Ehrgefühl“ mit sich, zudem die „Unfähigkeit eine Familie zu gründen“[13]. Inwieweit diese Folgen aber schwerer wiegen würden als der möglicherweise lebenslange Verlust der Freiheit (was oftmals alternativ gedacht wurde),[14] blieb unter Experten offen, weshalb es in der Weimarer Republik nicht mehr zu einer rechtlichen Regelung für die Kastration von Sexualstraftätern kam.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde sowohl die freiwillige Kastration als auch die Zwangskastration gesetzlich eingeführt. Die Zwangskastration regelten die Vorschriften zur„Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher“, die in das sogenannte „Gewohnheitsverbrechergesetz“ vom November 1933 aufgenommen worden waren.[15] Die freiwillige Kastration wurde hingegen durch das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN) vom 14. Juli 1933 geregelt. Demnach konnte ein Mann kastriert werden, wenn dies „nach amts- oder gerichtsärztlichen Gutachten erforderlich ist, um ihn von einem entarteten Geschlechtstrieb zu befreien“ und er dazu seine Einwilligung gegeben hatte.[16] Gesetze, die Kastrationen auf freiwilliger Basis regelten, waren auch in anderen europäischen Ländern erlassen worden, etwa in Dänemark im Jahr 1929 oder in Norwegen und Schweden 1934. In der Schweiz und den Niederlanden konnten sich Sexualstraftäter ebenfalls kastrieren lassen, allerdings erließen beide Länder keine entsprechenden Gesetze.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hoben die Alliierten mit der Kontrollratsdirektive Nr. 11/1946 zwar die Möglichkeit der „zwangsweisen Entmannung“ im „Gewohnheitsverbrechergesetz“ auf,[17] ließen das Erbgesundheitsgesetz aber bestehen. Von amerikanischer Seite wurde lediglich eine Suspendierung der Vorschriften angeregt, woraufhin einige deutsche Länder eigene Regelungen trafen. So wurde das Gesetz in Thüringen am 20. August 1945 aufgehoben, in Bayern am 20. November 1945, in Hessen wurde am 16. Mai 1946 verfügt, das Gesetz bis auf weiteres nicht mehr anzuwenden und Württemberg-Baden setzte das Gesetz durch ein am 24. Juli 1946 erlassenes weiteres Gesetz aus. Die sowjetische Besatzung befahl schließlich am 8. Januar 1946 die Aufhebung des Gesetzes in ihrer gesamten Zone. Dagegen erließ die englische Besatzung am 28. Juli 1947 eine Verordnung über die Wiederaufnahme von Erbgesundheitsverfahren. Da es aber keine Erbgesundheitsgerichte mehr gab, wurde das Gesetz praktisch auch hier nicht mehr angewendet. Nach 1949 wurde es in DDR vollständig aufgehoben, in einzelnen Ländern der Bundesrepublik galt es hingegen in Teilen fort, sofern das Grundgesetz davon nicht berührt wurde.

Insbesondere in jenen Bundesländern, die das Erbgesundheitsgesetz abgeschafft hatten, beurteilten Ärzte die Rechtslage als „unbefriedigend“ und „undurchsichtig“, weil die Zulässigkeit von Kastrationen hier nach dem Strafgesetzbuch beurteilt wurde.[18] In diesem Sinne waren sie nach §226 StGB zunächst als „schwere Körperverletzung“ zu bewerten, für die der behandelnde Arzt – theoretisch – mit einer Haftstrafe belangt werden konnte. Dass dem praktisch nicht so war, lag wiederum daran, dass das Strafgesetzbuch den Tatbestand der Körperverletzung mit Einwilligung (§228) kannte, wonach nur dann rechtswidrig gehandelt wurde, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die „guten Sitten“ verstoße. Da die Frage nach den guten Sitten eine Generalklausel war, die dem erkennenden Richter einen gewissen Interpretationsspielraum ließ, verweigerten viele Ärzte aus Angst vor einer möglichen Strafe die Kastration aus kriminalpolitischen Erwägungen heraus vorzunehmen.

Auf dem Weg zu einem Bundesgesetz, das Klarheit schaffen sollte, waren verschiedene Fragen zu klären, von denen die nach dem Wesen der Freiwilligkeit eine grundlegende war. Im Kern der Debatte standen Bedenken, inwieweit die Einwilligung eines Häftlings aufgrund des besonderen Gewaltverhältnisses, in dem er sich befindet, überhaupt als freiwillig bewertet werden könne? Während England die freiwillige Kastration nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Hinweis abgeschafft hatte, dass von einer tatsächlichen Freiwilligkeit unter den Bedingungen des Freiheitsentzugs nicht ausgegangen werden könne,[19] argumentierte die Bundesregierung anders. Es sei zwar richtig, dass der Betroffene, der sich im Strafvollzug befindet, in einer Zwangslage sei. Doch sei das Leben insgesamt von Zwangslagen geprägt, unter denen Entscheidungen getroffen werden müssten. Insofern könne es bei einer rechtlichen Bewertung, ob die Einwilligung freiwillig sei, nicht allein darauf ankommen, dass der Betroffene zwischen zwei Übeln zu wählen habe. Unfreiwillig wäre die Entscheidung des Betroffenen nur dann, wenn der Staat dessen Zwangslage herbeigeführt hätte, um dadurch die Einwilligung zur Kastration zu erzwingen. Das sei aber in Westdeutschland nicht der Fall. Hier liege der Grund für den Freiheitsentzug allein darin, dass der Betroffene eine rechtswidrige Tat begangen habe.[20]

Vor dem Hintergrund dieser Problemlagen und den anders lautenden Argumenten europäischer Nachbarländer, wurde schließlich als Gesetzesvorlage beschlossen, dass die Einwilligung des inhaftierten Straftäters, um strafrechtlich erheblich zu sein, gegenüber derjenigen Person erfolgen müsse, die den Eingriff vornimmt, also gegenüber dem behandelnden Arzt. Damit hatte ein Straftäter die Möglichkeit, falls er eine Einwilligung gegenüber einer Gutachterstelle abgegeben hatte, diese gegenüber dem behandelnden Arzt zu widerrufen. Als weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung wurde die vorherige Aufklärung des Betroffenen über die zu erwartenden physischen und psychischen Folgen des Eingriffs festgeschrieben. Überlegungen, die freiwillige Kastration zudem von der Einwilligung der Ehefrau abhängig zu machen, wurden ebenso angestellt (Beispiel hierfür war Schweden), aber nicht in den bundesdeutschen Gesetzentwurf übernommen.

Dass mit der Kastration die „Beseitigung der Zeugungsfähigkeit“, eine „körperliche Verstümmelung“ und auch eine „mögliche Veränderung der Persönlichkeit“ einhergehen würden, war den Verantwortlichen durchaus bewusst, weshalb sich die Frage stellte, inwieweit der Eingriff, selbst wenn er freiwillig gewählt war, mit der Verpflichtung des Staates die Menschenwürde zu achten, zu vereinbaren sei. Nach längeren Verhandlungen entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil von 1963, dass die Kastration nur mit der Menschenwürde zu vereinbaren sei, wenn der Betroffene unter einer „krankhaften seelischen Störung“ oder einer „seelischen Abartigkeit“ leide, die für seine Taten verantwortlich seien.

Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass das rechtswidrige Verhalten von Sexualstraftätern pathologisiert wurde. Dabei griffen Ärzte auf ein Krankheitsbild zurück, das seit dem späten 19. Jahrhundert immer wieder bemüht worden war, um sämtliche Formen von Sexualität zu deklassieren, die vom heteronormativen Ideal abwichen: die „Psychopathia sexualis“[21], kurz: die Perversion.[22] Wie Vorstellungen des Normalen und Pathologischen überhaupt, sind auch Vorstellungen des Perversen historisch wandelbar. Sie sind, im Anschluss an Foucault, in höchstem Maße konstruiert, wobei gilt, dass die Durchsetzung ‚richtiger’ Sexualität über die Konstruktion ‚perverser’ Sexualität funktioniert. Im Lichte der sich andeutenden „sexuellen Revolution“ seit den 1960er-Jahren wurde die Perversion auch in Westdeutschland neu gedacht und zunehmend mehr als Ausdruck einer Krankheit begriffen.[23] Wegweisend, auch für die Begründung des Kastrationsgesetzes, wurde dabei die sogenannte „Perversionstheorie“ des Hamburger Sexualforschers Hans Giese.[24] Demnach war nicht jede Form der Sexualität, die von der idealtypischen „Vorstellung vom heterosexuellen Vollzugsakt facies ad faciem“ abwich als „perverses Verhalten“ zu bewerten, sondern lediglich jene, die sich analog zu einer Suchterkrankung beschreiben ließ. Konkret bedeutete das, dass die Betroffenen sexuelle Reize „nach dem Wirkmechanismus der bedingten Reflexe“ beantworteten und ihrer Sexualität weitgehend ausgeliefert seien. Hinzu käme ein „Verfall an Sinnlichkeit“, eine „zunehmende Frequenz“ sexueller Betätigung mit einer „abnehmenden und schließlich erlöschenden Satisfaktionsfähigkeit“. Daraus wiederum folge ein zunehmendes Verlangen nach sexueller Betätigung, wobei der Partner häufig und vollkommen wahllos gewechselt werde, weil es auf die Herstellung einer emotionalen Beziehung nicht ankomme. Eine „echte sexuelle Perversion“ bewertete Giese dementsprechend als „eine mit naturwissenschaftlichen Methoden nachweisbare schwere Erkrankung“, die dem Betroffenen die „Steuerungsmöglichkeiten“ seines Verhaltens weitgehend aus der Hand nehme. Eine Kastration versprach durch die mit ihr einhergehende Verminderung des Triebes den „perversen Zirkel“ aufzubrechen und dem kastrierten Mann wieder Autonomie über sein (sexuelles) Handeln zu geben.[25]

Wenngleich die operative Entfernung der Hoden nicht als einzige Möglichkeit gesehen wurde, als pervers markiertes Sexualverhalten zu verändern, sondern ebenso chemische, hormonelle und auch psychotherapeutische Behandlungsmethoden diskutiert wurden, schien allein die Kastration den Sexualtrieb nachhaltig beeinflussen zu können und, wie ein Kriminologe es formulierte, die „sexuelle Perversität“ in eine „sexuelle Soziabilität“ zu verwandeln.[26] Eine groß angelegte empirische Studie von 1963 schien diese Annahme zu belegen.[27] Demnach lag die Rückfallquote (also die Anzahl der Männer, die nach Verbüßung ihrer Strafe erneut wegen eines Sexualdeliktes verurteilt wurden) bei kastrierten Sexualstraftätern in Westdeutschland bei 2,8 Prozent, während sie bei nicht-kastrierten (oder anders behandelten) mit 39 Prozent angegeben wurde.[28] Dass Dänemark, Finnland, die Niederlande, Norwegen, Schweden und die Schweiz vergleichbare Zahlen vorlegten, sprach aus kriminalpolitischer Sicht zudem noch für die Anwendung der chirurgischen Kastration und die Schaffung eines entsprechenden Gesetzes.[29]

Am 15. August 1969 wurde das bundesdeutsche Kastrationsgesetz schließlich erlassen. „Die Kastration durch einen Arzt“, so hieß es dort, „ist nicht strafbar, wenn die Behandlung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei dem Betroffenen schwerwiegende Krankheiten, seelische Störungen oder Leiden, die mit seinem abnormen Geschlechtstrieb zusammenhängen, zu verhüten, zu heilen oder zu lindern.“ Darüber hinaus sei sie auch „dann nicht als Körperverletzung strafbar, wenn bei dem Betroffenen ein abnormer Geschlechtstrieb gegeben ist, der nach seiner Persönlichkeit und bisherigen Lebensführung die Begehung rechtswidriger Taten [...] erwarten lässt und die Kastration [...] angezeigt ist, um dieser Gefahr zu begegnen und damit dem Betroffenen bei seiner künftigen Lebensführung zu helfen“.[30]

Dass sich das Gesetz ausschließlich an Männer wandte, war zunächst nicht selbstverständlich. Denn der hierfür entscheidende Wortlaut des Gesetzes, dass bei der freiwilligen Kastration „die Keimdrüsen eines Mannes absichtlich entfernt“ werden, war im ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 8. Januar 1969 noch nicht zu lesen gewesen.[31] Erst der Sonderausschuss für die Strafrechtsform hatte in Absprache mit dem Gesundheitsausschuss den Zusatz „eines Mannes“ in den Gesetzestext eingebracht und diesen Schritt damit begründet, dass der Entwurf mangels Nennung eines Geschlechtes auch den entsprechenden Fall bei der Frau umfasse, dies der Sache aber nicht zuträglich sei. Zwar sprach man Frauen „eine abnorme Triebhaftigkeit“ nicht ab. Doch erklärten Kriminologen zugleich, dass Frauen meist keine Sexualstraftaten begingen. Und selbst wenn sie es täten, könnte eine Kastration dieses Verhalten nicht unterbinden, weil der weibliche Sexualtrieb nicht in den Keimdrüsen lokalisiert sei. „Nach den soweit übereinstimmenden gutachterlichen Äußerungen der vom Sonderausschuß gehörten Sachverständigen“, hieß es konkret, sei man schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass „die Entfernung oder Ausschaltung der ‚Keimdrüsen’ einer Frau zur Aufhebung oder Minderung der Dynamik ihres Geschlechtstriebes ungeeignet und geradezu verfehlt“ wäre, „da die von den Ovarien produzierten Hormone keine steigernde, sondern allenfalls eine neutralisierende Wirkung auf die Libido der Frau haben.“[32] Inwieweit der weibliche Sexualtrieb vermindert werden könne, wurde in diesem Zusammenhang nicht weiter diskutiert; zu eng waren Sexualstraftaten als spezifische Form der Macht über andere an Vorstellungen von Männlichkeit gebunden.


II. Eine Frage der Perspektive: „Entmannung“, „Vermännlichung“ und „Mannsein“

Medizinische und rechtliche Fragen spielten zwar eine wesentliche Rolle auf dem Weg zu einem Kastrationsgesetz, doch wurde auch diskutiert, inwieweit die Geschlechtsidentität der Betroffenen durch den Verlust der Hoden beeinflusst würde. Relevant war auch diese Frage vor dem Hintergrund der Menschenwürde, zu der, wie der Gesetzgebungsprozess zeigt, das Recht auf eine Geschlechtsidentität zählte. Zur „Würde des Menschen“, so der Entwurf, gehöre „auch seine Eigenschaft, Mann oder Frau zu sein“, womit sich die Verantwortlichen innerhalb des binären Geschlechtersystems bewegten. Weiter erklärten sie, dass „die Kastration die geschlechtliche Identität des Betroffenen als Mann unberührt“ lasse und deshalb der Begriff „Entmannung“, der in der nationalsozialistischen Gesetzgebung ebenso verwendet worden war wie in der Fachliteratur der frühen Bundesrepublik, vermieden werden müsse.[33] Wenngleich dem Mann mit den Hoden ein wesentlicher Teil seiner inneren Geschlechtsorgane genommen wurde, er nicht mehr im Stande war Spermien auszubilden und nur noch bedingt Testosteron, wurde die Kastration im Expertendiskurs nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität gedacht. Warum dem so war, ist dem Entwurf ebenfalls zu entnehmen. Der Eingriff, hieß es in der Begründung, „stellt auf die Auswirkungen eines abnormen Geschlechtstriebes, nicht auf den Geschlechtstrieb selbst ab. Denn die Kastration wirkt nur auf die Stärke eines abnormen Triebes ein. Sie hebt nicht seine Normabweichung auf; insbesondere vermag sie nicht seine Richtung zu ändern“.[34] „Mannsein“ wurde hier also nicht über die Anwesenheit der Keimdrüsen, der Fähigkeit sich fortzupflanzen und die Intensität des Sexualtriebs gedacht, sondern über die sexuelle Orientierung – das Begehren – wie es in dem heteronormativen Geschlechtermodell heißt.

Während die Hoden als Bestandteil der inneren Geschlechtsorgane nicht mit der Geschlechtsidentität eines Mannes zusammen gedacht wurden, kam den äußeren Geschlechtsmerkmalen in dieser Hinsicht eine weitaus größere Bedeutung zu. Nicht zufällig wurde das Mindestalter für Kastrationen auf 25 Jahre festgelegt: „Die nach Abschluss der Pubertät vorgenommene Kastration eines Mannes“, erklärte die Begründung zum Gesetzesentwurf, „beeinflusst niemals die Stimmhöhe und nur selten die Muskelkraft“.[35] Auch, so ließe sich ergänzen, kann eine Kastration im Erwachsenenalter nicht mehr den Körperwuchs, den Haarwuchs, die Muskelbildung und die Verknöcherung beeinflussen. Der sogenannte ‚eunuchoide’ Körperbau, wie er bei präpubertären Hodenschäden oder einer Hodenentfernung zu erwarten ist, sollte also unter allen Umständen als Folge der Kastration verhindert werden, was deutlich macht, welche Bedeutung der Anatomie eines Mannes für die Wahrnehmung seiner Geschlechtsidentität zugeschrieben wurde.

Als wesentlich für die Frage nach dem Verhältnis von biologischen Geschlechtsmerkmalen und der Geschlechtsidentität eines Mannes wurde also letztlich das Bild angenommen, das die Betroffenen in der Öffentlichkeit hinterließen. Die geringe Selbstmordrate nach Kastrationen wurde etwa darauf zurückgeführt, dass der Eingriff „der Öffentlichkeit verborgen bleibt“.[36] Auf Wunsch konnten den betroffenen Männern sogar Hodenprothesen eingesetzt werden, die den Eingriff nicht einmal mehr erahnen ließen. Solche Angebote bedeuteten im Umkehrschluss, dass die (vermeintliche) Anwesenheit von Hoden für die Wahrnehmung der männlichen Geschlechtsidentität höher bewertet wurde als die biologische Funktion dieses Organs, was auch den Zeitgenossen bewusst war. Denn nicht zufällig wurden solche rein kosmetischen Prothesen im Anschluss an Erving Goffmans Überlegungen zur sozialen Bedeutung der (Un-)Sichtbarkeit von körperlichen Stigmata bei der alltäglichen Interaktion als „Stigma-Management“ bezeichnet. Die kastrierten Männer, so die Begründung, müssten damit keinerlei Einschränkungen bei der Zeigbarkeit ihres Körpers hinnehmen.[37]

Der Zusammenhang von (anatomischen) Geschlechtsmerkmalen und Geschlechtsidentität war ein Aspekt, der im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses diskutiert wurde. Ein anderer waren die „postoperativen seelischen Reaktionen“, mit denen sich Psychiater und Psychologen befassten. Leitend war für sie die Frage, ob sich „allgemeingültige Entwicklungsverläufe von der Sexualperversität zur Sexualsoziabilität destillieren lassen“, mit anderen Worten, „wann ein abnormer Sexual-Delinquent nach der Entmannung als geheilt angesehen werden kann“?[38] Ein „Fall freiwilliger Entmannung“, wie er 1964 in der Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform von einem habilitierten Psychologen im Strafvollzugsdienst als paradigmatisch für viele andere beschrieben wurde, schien hier eine Antwort zu liefern.[39]

Der Proband war ein 35-jähriger Diakon, der sich, wie es in dem Artikel hieß, ständig „homosexuell betätigt und selbstbefriedigt“ hatte. Es habe nichts gegeben, „was er nicht kannte und jedesmal bis zum Exzeß ausführte“. An der Sodomie sei er „gerade noch vorbeigekommen“. Er habe „lediglich die Katzen und Hunde eines Pfarrers mit ins Bett genommen und sich ‚daran aufgegeilt’“. Darüber hinaus aber habe er „Unzucht“ mit einem 14-jährigen Jungen begangen, weshalb er schließlich zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Von der Kastration erhoffte sich der behandelnde Psychiater eine „Umstrukturierung der Persönlichkeit“, die wiederum dafür sorgen sollte, dass der Diakon künftig keinerlei Sexualstraftaten mehr begehen würde.

Die ‚Umstrukturierung der Persönlichkeit’ wurde in dem Artikel als „Vermännlichung“ bezeichnet, was offenbar nicht im Widerspruch zum Begriff der „Entmannung“ stand, wie er im Titel des Beitrags zu lesen war. Während der Begriff der „Entmannung“ hier auf die biologischen Geschlechtsmerkmale bezogen wurde, sprach „Vermännlichung“ die Verhaltensweisen des Patienten an. Der „Hauptzug seines Wesens“, schrieb der Psychiater über seinen Patienten, sei vor dem Eingriff von einer „ausgesprochenen Kindlichkeit (Infantilismus)“ gekennzeichnet gewesen. In „frappierender Weise stach sein Verhalten von dem eines reifen Mannes ab. Es war das eines 6- bis 8-jährigen Kindes“. Männlichkeit wurde hier also nicht binär zu Weiblichkeit gedacht, sondern vielmehr zu Kindlichkeit und damit als Resultat einer sozialen auf die Verhaltensweisen einer Person bezogenen Entwicklung. Das Geschlechtersystem der heterosexuellen Matrix, innerhalb derer sich das Denken der Verantwortlichen im Wesentlichen bewegte, war hier also verlassen worden in dem Sinn, dass unmännlich nicht gleich weiblich bedeutete, sondern sozial unreif, was wiederum zur Erklärung des sexuell ‚abnormen’ Verhaltens diente.

Der Psychiater empfahl dem Patienten eine Kastration, dieser willigte ein und der Eingriff wurde schließlich durchgeführt. Anschließend sollte der „Aufbau seiner [des Patienten A.R.] Persönlichkeit“ stattfinden, womit der Arzt die Ausbildung einer Identität meinte, die nicht-kindlich, sondern männlich konnotiert war. Dass Arzt und Patient aber durchaus verschiedene Vorstellungen davon hatten, was eine männliche Identität sei, macht vor allem die Selbstbeschreibung des Patienten deutlich. Denn dieser empfand die Tatsache, dass er nach der Operation „kaum noch sexuelle Wünsche“ hatte, als „beträchtliche Minderung seiner Persönlichkeit“ und damit auch seiner Männlichkeit. So beschrieb er sich selbst als „Krüppel“, bezeichnete seine Genitalgegend als „Friedhof“ und bedauerte, nun keine Kinder mehr zeugen zu können. Er lebe im „Bewußtsein seiner männlichen Unvollkommenheit“, was letztlich zeigt, dass er seine Selbstwahrnehmung als Mann eng mit seinem biologischen Geschlecht (hier: den Hoden) und der Intensität seines Sexualtriebs verknüpfte.

Während der Patient sich als ‚entmannt’ beschrieb, sprach der Psychologe von einer „auffallenden Vermännlichung“, die er nach dem Eingriff bei seinem Probanden beobachtet habe. „Wo er früher in beinahe kindlich einfältiger Weise ‚gut zu sein’ trachtete, so ‚ist’ er es jetzt in männlich-bewußter Entscheidung.“ Auch warte er „nicht mehr blind auf Gnade von Gott“, sondern suche „im Vollgefühl seiner sittlichen Verantwortung“ bewusst nach Anerkennung, was bezeuge, dass er sich „stark vermännlicht“ habe. Eine „Intelligenzuntersuchung“ fünf Monate nach dem Eingriff diente dem Psychologen als zusätzlicher „exakter Nachweis“ einer „Vermännlichung“. Der Test habe einen „Leistungszuwachs“ in den Bereichen „anschauliches Denken, abstraktes Denken, begriffliches Denken, Rechnen, Formen ansehen, räumliche Vorstellungen und Merkfähigkeit“ ergeben, was als „positive Umstrukturierung“ der „intellektuellen Gesamtperson“ bewertet wurde. Auch habe seine Schrift sich verändert. „Die kindliche Naivität“ sei daraus innerhalb eines Jahres verschwunden. Zwar sei sie noch nicht „männlich ausgeschrieben“, habe aber immerhin „einen soliden Grundcharakter, der auf innere Gefestigtheit schließen lässt im Gegensatz zu der Hilflosigkeit der ersten Schrift“. Insgesamt habe die „Entmannung“ also zum „Erfolg“ geführt, weil eine „immer mehr zunehmenden Vermännlichung“ bei dem Patienten zu beobachten sei.

Dass der Psychologe die „Entmannung“ als Ursache für eine „Vermännlichung“ nennt, steht nur scheinbar im Widerspruch zueinander. Denn ‚Mannsein’ bedeutete nicht zwangsläufig auch männliche Keimdrüsen als Bestandteil des biologischen Geschlechts zu haben, jedenfalls nicht für diejenigen Ärzte, Psychologen und Juristen, die sich an der Debatte über das Für und Wider die Kastration beteiligten. Ihre Vorstellung von Männlichkeit, genauer: der Männlichkeit jener Männer, über deren Schicksal sie zu entscheiden hatten, erinnert vielmehr an das, was seit dem 19. Jahrhundert als „Geschlechtseigentümlichkeiten“ kursierte: eine Mixtur aus Biologie, (sozialer) Bestimmung und Wesen.[40] Eigenschaften wie Verstand, Leistungswillen, Denkvermögen oder Charakterstärke waren in dieser Denkfigur als ‚männlich’ bestimmt, Naivität, Güte und Entscheidungsschwäche hingegen als weiblich. Wenngleich sich die Situation für die Betroffenen anders darstellte und ihre Selbstwahrnehmung als Mann, wie das Beispiel des Diakons zeigt, eng mit der Funktionsfähigkeit der inneren Geschlechtsorgane verbunden war, sollte sich die Sicht der Verantwortlichen auf die Geschlechtsidentität durchsetzen und die Kastration gesetzlich legitimieren.

Dass der Expertendiskurs nicht mit der Selbstwahrnehmung der Kastrierten korrespondierte, zeigt nicht zuletzt, inwieweit Konzepte von Männlichkeit nicht nur historisch sondern auch situativ und persönlich variable sind, wobei Letzteres wohl darauf zurückzuführen ist, dass es einen Unterschied macht, ob über den eigenen Körper oder den eines anderen gesprochen wird. Dennoch: Das Beispiel der Kastration regt zumindest dazu an, die Kohärenz von biologischen Geschlechtsmerkmalen und der Geschlechtsidentität differenzierter zu betrachten. Worum es dabei geht, verdeutlich vor allem das Stigma-Management, zu dem die Hodenprothesen ebenso zählten wie das Mindestkastrationsalter von 25 Jahren. Denn letztlich wurden die sichtbaren sekundären Geschlechtsmerkmale wie der Körperbau, der Haarwuchs und die Stimmlage als wesentlich bedeutsamer für das ‚Mannsein’ erachtet als die Funktionsweisen der männlichen Keimdrüsen. Inwieweit diese Sichtweise der Experten vor allem strategisch war, weil eine Bedrohung der Geschlechtsidentität ‚Mann’ das Zustandekommen des Gesetzes womöglich verhindert hätte, muss offen bleiben. In jedem Fall war – zumindest im offiziellen Diskurs – die heteronormative Zusammenschau von männlicher Geschlechtsidentität, Reproduktionsfähigkeit und Triebintensität aufgelöst, woran die Tatsache, dass die Betroffenen selbst die Kastration zumeist als „Entmannung“ erlebten, weil sie ihre Vorstellung von Männlichkeit an die Funktionsweisen ihres biologischen Geschlechts knüpften, nichts ändern sollte.



[1] Essay zur Quelle: Auszug des Gesetzentwurfs über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (8. Januar 1969).

[2] Zur Entwicklung medikamentöser Kastrationsmethoden in der Bundesrepublik siehe grundlegend Sammet, Kai, Mehr Freiheit wagen? Cyproteronacetat, Sexualstraftäter und das „Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden“ 1960–1975, in: Medizinisch Historisches Journal 40 (2005), S. 51–78.

[3] Report to the German Government on the visit to Germany carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 25 November to 7 December 2010, CPT/Inf (2011) 6, S. 59.

[4] Ebd., Unterstreichung im Original.

[5] Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen, Kommentaren und Auskunftsersuchen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) anlässlich seines Besuchs vom 25. November bis 7. Dezember 2010, CPT/Inf (2012), S. 65.

[6] Grundlegend dazu Martschukat, Jürgen; Stieglitz, Olaf, Geschichte der Männlichkeiten, Frankfurt am Main 2008, S. 57.

[7] Opitz-Belakhal, Claudia, Geschlechtergeschichte, Frankfurt am Main 2010, S. 14.

[8] Butler, Judith, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Berlin 1995, S. 139.

[9] Ebd. S. 53.

[10] Siehe zu den Anfängen des kriminologisch-psychiatrischen Diskurses, Breidenstein, Georg, Geschlechtsunterschied und Sexualtrieb im Diskurs der Kastration Anfang des 20. Jahrhunderts, in: Eifert, Christiane et al. (Hgg.), Was sind Frauen? Was sind Männer? Geschlechterkonstruktionen im historischen Wandel, Frankfurt am Main 1996, S. 217–239.

[11] Das forderte etwa Erich Wulffen in seinem Buch: Der Sexualverbrecher, Berlin 1910, S. 38.

[12] Schultze, Ernst, Die Strafe der Kastrierung, in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 34 (1913), H. 1, S. 663–671, hier: S. 663.

[13] Gruhle, Hans W., Schwachsinn, Verbrechen und Sterilisation, in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 52 (1932), S. 424–432, hier: S. 424.

[14] Hirschfeld, Magnus, Kastration bei Sittlichkeitsverbrechern, in: Zeitschrift für Sexualwissenschaft 15 (1928), S. 54–55, hier: S. 54.

[15] Dazu ausführlich Wachsmann, Nikolaus, Gefangen unter Hitler. Justizterror und Strafvollzug im NS-Staat, München 2004, S. 139–143.

[16] ErbgG, § 14 Abs. 2.

[17] Musoff, Tobias, Strafe – Maßregel – Sicherungsverwahrung. Eine kritische Untersuchung über das Verhältnis von Schuld und Prävention, Frankfurt am Main 2008, S. 26.

[18] Krause, Werner, Freiwillige Entmannung aus medizinischer und kriminalbiologischer Indikation. Grundlagen und Folgerungen, Stuttgart 1964, S. 7.

[19] Vgl. die mit diesem Essay veröffentlichte Quelle Entwurf eines Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 8. Januar 1969, Drucksache V/3702, S. 1–26, hier S. 8, URL: <http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/037/0503702.pdf> (27.06.2016).

[20] Ebd., S. 17.

[21] Kraft-Ebing, Richard von, Psychopathia sexualis. Eine klinisch-forensische Studie, Stuttgart 1886. Siehe dazu auch Ammerer, Heinrich, Am Anfang war die Perversion. Richard von Krafft-Ebening – Psychiater und Pionier moderner Sexualkunde, Wien 2011.

[22] Siehe zu dieser Entwicklung grundlegend Foucault, Michel, Sexualität und Wahrheit, Bd. 1: Der Wille zum Wissen, Frankfurt am Main 1977, S. 21–53.

[23] Dazu ausführlich Eghigian, Greg, Science, Medicine, and the Convict in Twentieth-Century Germany, Ann Arbor 2015, S. 160–198.

[24] Giese, Hans, Zur Psychopathologie der Sexualität. Mit einer Einführung von Eberhard Schorsch, Stuttgart 1973, S. 32.

[25] Krause, Entmannung, Zitate S. 16–19.

[26] Binder, S., Zur seelischen Entwicklung zurechnungsfähiger Sexualverbrecher nach der Kastration, in: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 52 (1969), H. 2/3, S. 73–83, hier: S. 73.

[27] Langelüddeke, Entmannung, S. 108.

[28] Binder, Entwicklung, S. 73.

[29] Langelüddeke, Entmannung, S. 108.

[30] Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (KastrG) vom 15. August 1969 (BGBl. I S. 1143), §2 Voraussetzungen der Kastration.

[31] Hervorhebung A.R.

[32] Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform über den von der Bundesregierung einbrachten Entwurf eines Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden, Drucksache V/4235, S. 2.

[33] Entwurf, S. 7.

[34] Ebd., S. 11.

[35] Ebd., S. 8.

[36] Ebd.

[37] Heim, Nikolaus, Die Kastration und ihre Folgen bei Sexualstraftätern, Göttingen 1980, S. 169f.

[38] Binder, Entwicklung, S. 75.

[39] Voigt, Johannes, Ein Fall freiwilliger Entmannung während des Strafvollzugs, in: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (1964), H. 1, S. 38–52. Alle folgenden Zitate sind diesem Artikel entnommen.

[40] Zu den „Geschlechtscharakteren“ grundlegend Hausen, Karin, Die Polarisierung der „Geschlechtscharaktere“ – eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben, in: Conze, Werner (Hg.), Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas, Stuttgart 1976, S. 363–393. Siehe auch Frevert, Ute, „Mann und Weib, und Weib und Mann“. Geschlechter-Differenzen in der Moderne, München 1992, S. 13–60 und S. 133–165.



  • Eghigian, Greg, Science, Medicine, and the Convict in Twentieth-Century Germany, Ann Arbor 2015.
  • Martschukat, Jürgen; Stieglitz, Olaf, Geschichte der Männlichkeiten, Frankfurt am Main 2008.
  • Sammet, Kai, Mehr Freiheit wagen? Cyproteronacetat, Sexualstraftäter und das „Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden“ 1960–1975, in: Medizinisch Historisches Journal 40 (2005), S. 51–78.

Auszug des Gesetzentwurfs über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (8. Januar 1969)[1]






[1] Entwurf eines Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden, 8. Januar 1969, Drucksache V/3702, S. 1–26, hier S. 1–3, URL: <http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/037/0503702.pdf> (27.06.2016).


Für das Themenportal verfasst von

Annelie Ramsbrock

( 2016 )
Zitation
Annelie Ramsbrock, Das verlorene Geschlecht. Zur Kastration von Sexualstraftätern seit 1945, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2016, <www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1302>.
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