Der Rote Rhein Die Sandoz-Katastrophe vom 1. November 1986 und ihre Folgen

Die 1970er und 1980er Jahre sind in umweltpolitischer Sicht eine Boomzeit. Umweltorganisationen und ökologische Parteien stiegen zu politischen Größen auf und die Regierungsaktivitäten auf nationaler, europäischer wie globaler Ebene nahmen vor dem Hintergrund aufgeregter Debatten um „Waldsterben“ und „Ozonloch“ zu. Während ersteres mit Namen wie „Greenpeace“ und „Die Grünen“ verbunden ist, steht für letzteres etwa das Montrealer Protokoll, das 1987 zum Schutz der Ozonschicht die Reduktion und das Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffe einleitete. Untrennbar verknüpft ist diese Politisierung mit den großen Öko-Katastrophen jener Epoche, die das gesellschaftliche Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit der natürlichen Umwelt des Menschen schärften. Neben dem Reaktorunfall von Tschernobyl geriet dabei insbesondere die chemische Industrie in das Blickfeld der ökologisch sensibilisierten Öffentlichkeit. [....]

Der rote Rhein. Die Sandoz-Katastrophe vom 1. November 1986 und ihre Folgen[1]

Von Nils Freytag

Die 1970er und 1980er Jahre sind in umweltpolitischer Sicht eine Boomzeit. Umweltorganisationen und ökologische Parteien stiegen zu politischen Größen auf und die Regierungsaktivitäten auf nationaler, europäischer wie globaler Ebene nahmen vor dem Hintergrund aufgeregter Debatten um „Waldsterben“ und „Ozonloch“ zu. Während ersteres mit Namen wie „Greenpeace“ und „Die Grünen“ verbunden ist, steht für letzteres etwa das Montrealer Protokoll, das 1987 zum Schutz der Ozonschicht die Reduktion und das Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffe einleitete. Untrennbar verknüpft ist diese Politisierung mit den großen Öko-Katastrophen jener Epoche, die das gesellschaftliche Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit der natürlichen Umwelt des Menschen schärften.[2] Neben dem Reaktorunfall von Tschernobyl geriet dabei insbesondere die chemische Industrie in das Blickfeld der ökologisch sensibilisierten Öffentlichkeit. Dass diese Ende der 1980er Jahre als „Umweltverschmutzer Nr. 1“ galt und „Vertrauen“ verspielt hatte,[3] lag nicht zuletzt an katastrophalen Chemieunfällen wie im norditalienischen Seveso (Juli 1976), im indischen Bhopal (Dezember 1984) oder dem Großbrand beim schweizerischen Unternehmen Sandoz samt seinen Folgen.[4] Im Folgenden sollen auf Basis der zugrunde liegenden Quelle[5] einige zentrale Aspekte und Konsequenzen dieses Chemieunfalls erläutert werden, ohne dass ein vollständiger Überblick beabsichtigt wäre. Vielmehr soll der Essay dazu anregen, sich unter umweltgeschichtlichen Perspektiven mit der Epoche „nach dem Boom“ zu beschäftigen.[6]

Dass auch Flüsse eine Geschichte haben, ist im vorliegenden Zusammenhang dabei nichts grundsätzlich Neues. Gerade der Rhein und seine Geschichte sind mittlerweile wiederholt in den Blick der Geschichtswissenschaft und benachbarter Disziplinen geraten. Den Auftakt macht das erstmals in den 1930er-Jahren erschienene Rheinbuch Lucien Febvres, das als eines der klassischen Werke der französischen »Annales-Geschichtsschreibung« gelten kann.[7] Im für ihn typischen und gut lesbaren Stil weitete Febvre den Untersuchungsradius auf sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte und bezog in seinem erst in jüngerer Zeit ins Deutsche übertragenen Werk zugleich auch die natur- und kulturräumlichen Dimensionen des Rheins in die Analyse mit ein. In jüngerer Zeit sind darüber hinaus stärker kunst- und literaturhistorisch inspirierte Blickwinkel auf die Geschichte des Rheins ebenso zu beobachten wie ausdrücklich umweltgeschichtliche Zugriffe. Die Umweltgeschichte hat die verkehrsreichste Wasserstraße Europas mittlerweile als lohnenswertes Untersuchungsobjekt und als transnationalen Akteur für ihre Fragestellungen entdeckt, nicht zuletzt weil der Rhein der europäische Strom par excellence ist.

In der Nacht auf den 1. November 1986 brach in einer Lagerhalle des Chemieriesen Sandoz ein Großfeuer aus. Als Ursache machte man glimmende Partikel des chemischen Stoffs »Berliner Blau« aus, wie aus einem Untersuchungsbericht der Zürcher Stadtpolizei hervorgeht.[8] Der in Papiersäcken gelagerte Farbstoff war tags zuvor in Plastikfolie eingeschweißt worden, um ihn auf Paletten festzumachen. In den anschließend vorschriftswidrig in die unmittelbar am Rhein gelegene Lagerhalle verbrachten Paletten entstand dann ein Schwelbrand, der sich in der Nacht zum Großfeuer entwickelte. Es bildete sich nicht nur eine giftige Gaswolke über der Region, sondern mit dem Löschwasser der Feuerwehr flossen zugleich zwischen 30 und 40 Tonnen Chemikalien in den Rhein, darunter rund 150 kg Quecksilber und große Mengen Thiophosphorsäureester.[9] Der Fluss färbte sich über weite Strecken blutrot.

Die unmittelbaren Folgen für das Ökosystem des Oberrheins waren verheerend: Es setzte ein massenhaftes Fischsterben ein, bis zur Loreley – also rund 400 km flussabwärts – verendeten nahezu alle Aale, auch Äschen, Zander und Hechte waren stark betroffen. Selbst vor der Vogelwelt machte die Sandoz-Giftbrühe nicht Halt: Noch Monate später starben bei Basel zahlreiche Stockenten sowie Seeschwalben in den Rheinauen. Teilweise brach die Trinkwasserversorgung von Rheinanliegern zusammen, bis in die Niederlande mussten viele Brunnen und Wasserwerke kurzzeitig geschlossen werden.

Die Ursachen und Folgen des Chemieunfalls bei Sandoz in Schweizerhalle sickerten nur ganz allmählich in die Öffentlichkeit durch, wie die diesem Essay zugrunde liegende Quelle, eine Sondersendung des Schweizer Fernsehens vom 27. November 1986, offenbart. Sie ist eine gemeinschaftliche Radio- und Fernsehproduktion von DRS aktuell, Rundschau und Zeitspiegel. Die Sendung ist ein kommentierter Zusammenschnitt verschiedener Nachrichten, Interviews und Aufnahmen zu dem als Katastrophe bezeichneten Unglück. Einsetzend mit den ersten Meldungen über den Unfall werden das Chaos und die sich anschließenden unterschiedlichen Fehleinschätzungen und Desinformationen der ersten Stunden und Tage nach dem Vorfall kritisiert. Zwischeneinblendungen strukturieren den Beitrag nicht nur, sondern lenken die Wahrnehmung und das Urteil der Fernsehzuschauer auch: Kritisiert wird die Unfähigkeit oder die fehlende Absicht von Unternehmens- wie Behördenvertretern, über das Ausmaß der Verschmutzung sowie die Gefährdung von Mensch und Natur umfassend, kompetent und zeitnah zu informieren. Dies trug zum Vertrauensverlust in die chemische Industrie und die Behörden maßgeblich bei. „Vertrauen“ wird als Begriff von unterschiedlichen Akteuren ausdrücklich benutzt und durch eine Zwischeneinblendung in der Sendung als Leitbegriff deutlich hervorgehoben. Der Begriff steht für die Ohnmacht von Betroffenen und in einer späteren Phase auch von Behörden, die sich mangels detaillierter und wissenschaftlicher Kenntnis zunächst auf die Aussagen der Unternehmensvertreter verlassen und das in diese gesetzte „Vertrauen“ nun verloren hatten.[10]

Auch wenn der Nachrichtensprecher den Brand noch am Morgen nach dem Unglück als „größte Katastrophe in der Basler Chemie“ (0:57) bezeichnete,[11] bestand ersten Einschätzungen von Firmensprechern und eines eingerichteten Krisenstabes zufolge „keine akute Gefahr“ (2:50), verantwortlich für das rote Löschwassergemisch sei lediglich ein „harmloser Farbstoff“ (2:22). Dass in unmittelbarer Nähe des Brandherdes hochexplosive Stoffe und auch Phosgen lagerten, davon war anfangs nicht die Rede. Vielmehr betonte der Regierungspräsident Basler Land, Werner Spitteler, kurz nach dem Unglück, es sei „rasch, zweckmäßig und zeitgerecht gehandelt“ worden (1:52). Noch drei Tage nach dem Vorfall sah der Sandozvertreter Hans Winkler in einer ersten Pressekonferenz des Unternehmens mit der Äsche lediglich „eine außerordentlich empfindliche Fischsorte zu Schaden gekommen“ (4:22), musste aber auf Nachfragen einräumen, dass auch Aale betroffen seien.

Nach einer Woche war das Ausmaß des Chemieunfalls nicht mehr zu leugnen, und die öffentliche Kritik erreichte einen Höhepunkt. Etwa 10.000 Bürger demonstrierten in Basel, und auf einer Podiumsdiskussion am 9. November sahen sich der Basler Regierungspräsident Hans-Rudolf Striebel sowie Vertreter des Chemieunternehmens Sandoz massiven Vorwürfen ausgesetzt: Nachdem aufgebrachte Teilnehmer ihnen tote Fische und Rheinwasser auf das Podium gekippt hatten und die aufgeheizte Stimmung bedrohliche Ausmaße annahm, verließen die Podiumsteilnehmer den Saal fluchtartig durch eine Hintertür (6:00). Als die deutschen Grünen dann am 11. November auf einer Pressekonferenz in Bonn einen Bericht der Zürich-Versicherung aus dem Jahr 1981 veröffentlichten, in dem Sandoz bereits auf Sicherheitsmängel in Schweizerhalle hingewiesen worden war, rückte auch die Basler Regierung vom Unternehmen ab. Zwar wollte Sandoz diesen Bericht zunächst nicht gekannt haben, musste aber später einräumen, zumindest mündlich darüber informiert worden zu sein.[12] In einer Regierungserklärung im Basler Rat am 13. November machte Regierungspräsident Striebel jedenfalls nun einen „gewaltigen materiellen und einen nicht bezifferbaren immateriellen Schaden“ (7:17) für die Stadt Basel, die Regierung und die Nachbarn aus. Er schloss: Das „Vertrauen in die Sicherheit der Chemie ist zutiefst erschüttert“ (7:28). Der Beitrag endet mit einer Aneinanderreihung weiterer Chemieunfälle am Rhein bis Ende November 1986 und der suggestiven Frage „Morgen?“ (9:31).

Eine visuelle Geschichte von Naturschutz und Umwelt steckt noch in den Anfängen, birgt aber großes Potenzial, insbesondere mit Blick auf die jüngste Geschichte.[13] Die medienwirksame Visualisierung von Umweltkonflikten scheint einerseits geradezu ein idealtypisches Merkmal der sozialen Bewegung „Umwelt- und Naturschutz“.[14] Andererseits müssen die Medien und ihr konstruierender Charakter thematisiert werden, die Radio- und Fernsehproduktion von DRS aktuell, Rundschau und Zeitspiegel ist ein kommentierter und den Zuschauer lenkender Zusammenschnitt verschiedener Nachrichten, Interviews und Aufnahmen. Wichtig ist: Wenn es darum geht, umweltpolitische Probleme wahrzunehmen und zu vermitteln, kommen über die modernen Massenmedien verbreiteten Bildern eine zentrale Bedeutung zu (im vorliegenden Fall etwa die toten Rheinfische oder der blutrote Rhein). Insbesondere der international tätigen Umweltorganisation Greenpeace gelang es seit den frühen 1980er Jahren, zum Vorreiter aufzusteigen, weil seine Mitglieder es vorzüglich verstanden, Umweltprobleme und Katastrophen visuell und symbolisch zu verdichten.[15] In vielen Fällen reduzierten sie mit einer ebenso einfachen wie neuen Bildsprache Umweltkonflikte auf ein Freund-Feind-Schema und polarisieren damit über die Medien die Öffentlichkeit auch heute noch: hier David in seinem Schlauchboot, dort Goliath auf seinem Walfangschiff, auf seiner Bohrinsel, in seiner Konzernzentrale. Im modernen Medienzeitalter werden Natur- ebenso wie industriell verursachte Katastrophen zu prominenten Ereignissen gemacht – unabhängig von ihren tatsächlichen Ursachen und Auswirkungen sind sie damit immer auch konstruiert. Sie sind eminent politische Ereignisse, auch weil sie eine Bewährungsprobe für die politische Ordnung und für politisch Handelnde darstellen: Ein erfolgreicher Umgang mit Katastrophen kann ein Regime stärken, Misserfolge können einen Regimewechsel nach sich ziehen.

Zwar äußert der Schweizer Bundespräsident Alphons Egli in einem im Zusammenschnitt enthaltenen Interview, dass das gute Image der Schweiz unter dem Vorfall nicht leiden und der Sandoz-Unfall bald vergessen sein würde. Dabei verglich er die Vorkommnisse ausdrücklich mit dem Chemieunfall im norditalienischen Seveso, bei dem 1976 große Mengen des hochgiftigen Dioxins freigesetzt worden waren, und suggerierte, dass er rund zehn Jahre später auch vergessen sei. Blickt man freilich auf die Wahlergebnisse insbesondere der zumeist noch jungen ökologischen bzw. grünen Parteien nach 1986, dann drängt sich ein anderer Eindruck auf: Bei der Nationalratswahl in der Schweiz erzielte die Grüne Partei der Schweiz (GPS) 1987 4,9% und damit drei Prozent mehr als noch 1983. Ähnliche Steigerungsraten weisen die nächsten Landratswahlen in den unmittelbar betroffenen Kantonen Basel-Land und Basel-Stadt aus. Die deutschen Grünen erreichten bei den Bundestagswahlen im Januar 1987 8,3% (gegenüber 5,6% 1983).[16] Auch der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl stellt die Sandoz-Katastrophe und die sich anschließenden Chemieunfälle am Rhein in seinen Memoiren in den Kontext der Bundestagswahl von 1987, für die er Umweltfragen einen grundlegenden Stellenwert beimisst.[17] Zwar ist der Stimmenzuwachs grüner Parteien zu einem nicht genau bezifferbaren Anteil gewiss auch auf den Reaktorunfall von Tschernobyl im April 1986 zurückzuführen und ein verstärktes Interesse an Umwelt- und Naturschutzfragen musste sich nicht ausschließlich in Stimmengewinnen ökologischer Parteien niederschlagen, denn auch die etablierten Parteien entdeckten es als Wahlkampfthema. Aber dennoch ist ein Zusammenhang des zumindest kurzfristigen Stimmenzuwachses mit den ökologischen Großschadensereignissen des Jahres 1986 nicht von der Hand zu weisen. Aus dieser Perspektive spricht einiges gegen die These eines „schleichenden Niedergangs“ der Grünen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre.[18]

Grüne Parteien und außerparlamentarische Umweltverbände arbeiteten –zumindest zeitweise – enger zusammen, das war sicher eine der Folgen in der alten Bundesrepublik. Die Grünen-Bundestagsfraktion nutzte den Sandoz-Unfall und die sich anschließenden Chemieunfälle am Rhein, um insgesamt gegen die chemische Industrie und deren Lobbyisten mobil zu machen. Dazu bemühte sich die Fraktion darum, die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Umweltverbänden zu intensivieren.[19] Sie setzte damit erneut auf eine umstrittene Strategie, die bereits an der Wiege der Partei stand: den nur phasenweise erfolgreichen Versuch, die „Basis“, also nichtparlamentarische Organisationen und Bürgerinitiativen, dauerhaft in die politische Alltagsarbeit einzubeziehen.[20] Für großes Aufsehen und auch Widerspruch sorgte eine ganzseitige Anzeige der deutschen Grünen im Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL vom 1. Dezember 1986, die nicht nur den Aufbau einer „sanften Chemie“ anmahnte, sondern die chemische Industrie auch als engen und gutverdienenden Partner der etablierten Parteien CDU, FDP und SPD geißelte, „der eine ungebrochene Tradition aufzuweisen hat vom Faschismus bis heute.“[21] Insbesondere wandte man sich dabei gegen das auch in der Frensehsendung - zumindest visuell - kritisierte Basler Großunternehmen CIBA-GEIGY, dem man vorwarf, die Situation ausgenutzt und heimlich belastete Abwässer in den Rhein geleitet zu haben: Am 9. Dezember 1986 rief die Bundestagsfraktion der Grünen zu einem Boykott aller Produkte des Unternehmens auf.[22]

Die europäischen Dimensionen und Folgen der Rheinverschmutzung sind in der zugrundeliegenden Quelle deutlich greifbar, wenn man sich die beteiligten Akteure vor Augen hält.[23] Der in der Frensehsendung hervorgehobene Protest und die Bilder von toten Fischen im roten Rhein trugen mit dazu bei, dass die Anrainerstaaten in der Folge den Schutz des Stromes intensivierten; ein ganzes Maßnahmenbündel ist hier auszumachen. An erster Stelle ist an das so genannte Aktionsprogramm Rhein zu denken, das die Umweltminister der betroffenen Anrainer am 1. Oktober 1987 in Straßburg verabschiedeten: Ziel des dreiphasigen Programms war es, Gefahrenstoffe zu beseitigen und bis zum Jahr 2000 die Wasserqualität des Rheins soweit zu verbessern, dass aus ihm Trinkwasser gewonnen werden und der schadstoffsensitive Lachs dort wieder heimisch konnte.[24] Neben dem Aktionsprogramm Rhein stehen einzelstaatliche Maßnahmen, in Deutschland etwa eine Verschärfung der Störfallverordnung, in den Niederlanden eine Verbesserung des Gefahrenschutzes sowie in der Schweiz die Einführung von Risikokatastern und neue Sicherheitsvorschriften für Lagerhallen.[25]

Das vermeintliche Waldsterben, das Ozonloch über der Antarktis, Tschernobyl oder Industrieunfälle wie in Seveso, bophal oder Schweizerhalle – sie alle trugen in den 1980er Jahren maßgeblich dazu bei, dass in vielen westeuropäischen Ländern ökologische Themen zu einem gesellschaftspolitischen Dauerbrenner aufstiegen und auf der politischen Agenda ganz weit nach vorne rückten. Zugleich stehen sie an der Wiege einer Internationalisierung der Umweltpolitik: Nicht nur die ohnehin international agierenden Umweltverbände und -organisationen vernetzten sich zunehmend, sondern auch politische Maßnahmen gewannen verstärkt transnationale Dimensionen, weil Umweltprobleme nicht an nationalen Grenzen halt machen.


[1] Essay zur Quelle: Chemie-Brandkatastrophe in Schweizerhalle. Gemeinsame Sondersendung von DRS aktuell, Rundschau und Zeitspiegel, ausgestrahlt im Schweizer Fernsehen (SF) am 27.11.1986.

[2] Blackbourn, David, Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft, München 2007, S. 402f.

[3] Tümmers, Horst Johannes, Der Rhein. Ein europäischer Fluß und seine Geschichte, 2., überarb. und aktual. Aufl., München 1999, S. 332.

[4] Auch die Chemieunglücke in Seveso und Bhopal sind iminternationalen Symbol- und Erinnerungshaushalt der Umweltbewegungen nach wie vor präsent, nicht zuletzt, weil sich sich mit ihrer Ikonographie, etwa den weißen Schutzanzügen und den Athemmasken in Seveso, fest in deren Anfangsgeschichte eingeschrieben haben. Vgl. dazu die Bilder auf der Greenpeace-Webseite, die dem kurzen Bericht über den 30. Jahrestag des Seveso-Unglücks beigefügt sind: http://www.greenpeace.de/themen/chemie/nachrichten/artikel/seveso_eingebrannt_in_die_erinnerung/ansicht/bild/2/ (19.09.2010).

[5]Die Sondersendung ist online abrufbar unter: <http://www.ideesuisse.ch/256.0.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=1600> (05.08.2010).

[6] Vgl. zur Epochenbezeichnung das Plädoyer für eine systematisch angelegte Zeitgeschichte bei Doering-Manteuffel, Anselm; Raphael, Lutz, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2008.

[7] Febvre, Lucien, Der Rhein und seine Geschichte. Hg., übersetzt und mit einem Nachwort von Peter Schöttler, Frankfurt 1994.

[8] Behr, Nikolai A., Die Entwicklung des Rheinschutz-Regimes unter besonderer Berücksichtigung des Sandoz-Unfalls vom 1. November 1986, München 2002, S. 92; Tümmers, Rhein, S. 102.

[9] Die zumeist hochgiftigen Phosphorsäurederivate werden häufig als Insektizide eingesetzt.

[10] Vgl. zum weiteren Zusammenhang Weisker, Albrecht, Expertenvertrauen gegen Zukunftsangst. Zur Risikowahrnehmung der Kernenergie, in: Frevert, Ute (Hg.), Vertrauen. Historische Annäherungen, Göttingen 2003, S. 394-421.

[11] Soweit ein Zitat der diesem Essay zugrunde liegenden Quelle entstammt, ist in Klammern die Zeit angegeben, zu der es in der Sendung zu finden ist.

[12] Behr, Entwicklung, S. 89f.

[13] Vgl. Wöbse, Anna-Katharina, Zur visuellen Geschichte der Naturschutz- und Umweltbewegung: Eine Skizze, in: Brüggemeier, Franz-Josef; Engels, Jens Ivo (Hgg.), Natur- und Umweltschutz nach 1945. Konzepte, Konflikte, Kompetenzen, Frankfurt 2005, S. 222-246.

[14] Zum Begriff „soziale Bewegung“ vgl. Raschke, Joachim, Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriß. 2. Aufl. der Studienausgabe, Frankfurt am Main 1988, S. 77.

[15] Vgl. Prittwitz, Volker von, Symbolische Politik – Erscheinungsformen und Funktionen am Beispiel der Umweltpolitik, in: Hansjürgens, Bernd; Lübbe-Wolff, Gertrude (Hgg.), Symbolische Umweltpolitik, Frankfurt am Main 2000, S. 259-276, hier: S. 265.

[16] Die Zahlen nach Behr, Entwicklung, S. 127-132.

[17] Kohl, Helmut, Erinnerungen 1982-1990, München 2005, S. 459f.

[18] Klein, Markus; Falter, Jürgen, Der lange Weg der Grünen. Eine Partei zwischen Protest und Regierung, München 2003, S. 22.

[19] Die Grünen im Bundestag. Sitzungsprotokolle und Anlagen 1983-1987. Bearb. von Josef Boyer, Helge Heidemeyer unter Mitwirkung von Tim B. Peters. Zweiter Halbbd. März 1984 – Januar 1987 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Vierte Reihe: Deutschland seit 1945, 14/I), hier S. 1010 und 1022 (Fraktionsvorstandssitzung vom 11.11.1986 sowie Fraktionssitzung vom 24.11.1986).

[20] Engels, Jens Ivo, Naturpolitik in der Bundesrepublik. Ideenwelt und politische Verhaltensstile in Naturschutz und Umweltbewegung, Paderborn 2006, S. 403f.

[21] Tag für Tag stirbt ein Stück Natur – und die Industrie macht Kasse, in: DER SPIEGEL 40 (1986), Nr. 49, 1.12.1986, S. 241.

[22] Grünen im Bundestag, 2. Halbbd., S. 1054.

[23] Vgl. darüber hinaus die Ausführungen bei Töpfer, Klaus, Die europäische Dimension der Umweltpolitik, in: Themen aus der Wissenschaft 2 (1989), S. 7-22.

[24] Auch wenn seit 2000 wieder Lachse im Rhein und insbesondere in einige Nebenflüssen anzutreffen sind, überwiegt bei Biologen Skepsis, da die Zahl der zurückkehrenden Lachse seit Jahren stagniert.

[25] Behr, Entwicklung, S. 111-124.


Literaturhinweise:
  • Behr, Nicolai A., Die Entwicklung des Rheinschutz-Regimes unter besonderer Berücksichtigung des Sandoz-Unfalls vom 1. November 1986, München 2002.
  • Blackbourn, David, Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft, München 2007.
  • Cioc, Mark, The Rhine. An Eco-Biography, 1815-2000, Seattle / London 2002.
  • Tümmers, Horst Johannes, Der Rhein. Ein europäischer Fluß und seine Geschichte, 2., überarb. und aktual. Aufl., München 1999.
  • Uekötter, Frank, Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (Enzyklopädie Deutscher Geschichte 81), München 2007.

Für das Themenportal verfasst von

Nils Freytag

( 2010 )
Zitation
Nils Freytag, Der Rote Rhein Die Sandoz-Katastrophe vom 1. November 1986 und ihre Folgen, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2010, <www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1530>.
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