Demokratie und Demokratieerfahrung Die spanische Zweite Republik (1931-1936/39) in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts

In der globalen Erinnerung ist die spanische Geschichte der frühen 1930er-Jahre zu einem prominenten Symbol für die europäische Geschichte im „Zeitalter der Extreme“ geworden. Das Scheitern der Zweiten Republik der Jahre 1931–1936 und der anschließende blutige Bürgerkrieg werden immer wieder als Parabel der Geschichte Europas in der Zwischenkriegszeit gelesen. Der Niedergang der spanischen Demokratie gilt als extremes Beispiel für die politische Instabilität und die weltanschauliche Polarisierung der europäischen Gesellschaften vor dem Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus scheint die spanische Entwicklung in besonderem Maße durch den Aufstieg radikaler Ideologien – Anarchismus und Kommunismus auf der einen Seite, militanter Nationalkatholizismus und bald auch Faschismus auf der anderen Seite – geprägt zu sein. [...]

Demokratie und Demokratieerfahrung. Die spanische Zweite Republik (1931–1936/39) in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts[1]

Von Till Kössler

In der globalen Erinnerung ist die spanische Geschichte der frühen 1930er-Jahre zu einem prominenten Symbol für die europäische Geschichte im „Zeitalter der Extreme“ geworden. Das Scheitern der Zweiten Republik der Jahre 1931–1936 und der anschließende blutige Bürgerkrieg werden immer wieder als Parabel der Geschichte Europas in der Zwischenkriegszeit gelesen. Der Niedergang der spanischen Demokratie gilt als extremes Beispiel für die politische Instabilität und die weltanschauliche Polarisierung der europäischen Gesellschaften vor dem Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus scheint die spanische Entwicklung in besonderem Maße durch den Aufstieg radikaler Ideologien – Anarchismus und Kommunismus auf der einen Seite, militanter Nationalkatholizismus und bald auch Faschismus auf der anderen Seite – geprägt zu sein.[2]

Die beiden wichtigsten Lesarten der Geschichte der Zweiten Republik geben diesen Sichtweisen Ausdruck. Seit den 1960er-Jahren hat sich eine modernisierungstheoretische Deutung der spanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. In ihrer klassischen Form sieht sie die frühen 1930er-Jahre durch eine Reihe von Strukturkrisen geprägt. Dazu zählten die Auseinandersetzungen zwischen Großgrundbesitzern und besitzlosen Landarbeitern, das Problem der übermäßigen gesellschaftlichen Bedeutung des Militärs, die politische und gesellschaftliche Macht der katholischen Kirche sowie der Konflikt zwischen den Regionalnationalisten in den industriell fortgeschrittenen Regionen Katalonien und dem Baskenland und dem administrativen zentralspanischen Wasserkopf Madrid. Spanien, so die Deutung, sei in „zwei Spanien“ geteilt gewesen: ein progressiv-modernes und ein reaktionäres, nationalistisches Lager. Die Stärke der traditionellen Allianz von Landbesitzern, Militärs und Kirche habe die ambitionierten Reformversuche der republikanisch-sozialistischen Kreise zum Scheitern verurteilt und zu einer gesellschaftlichen Pattsituation geführt, die erst durch den Bürgerkrieg autoritär gelöst wurde.[3]

Einige angloamerikanische Historiker haben diese Deutung ist in den vergangenen Jahren erweitert und kulturgeschichtlich weiterentwickelt. Sie sehen in den „Kulturkämpfen“ zwischen Vertretern eines Projektes kultureller Modernisierung und reaktionären Beharrungskräften das wesentliche Kennzeichen der frühen 1930er-Jahre. In dieser Interpretation kreisten die Auseinandersetzungen wesentlich um die Frage partizipativer Demokratie, einer Gleichstellung der Geschlechter und kosmopolitische, säkulare Lebensstile.[4]

Von diesen modernisierungstheoretischen Lesarten lässt sich ein zweiter Deutungsstrang unterscheiden, der die Geschichte der Republik als Krisengeschichte liberaler Demokratie erzählt. Die Vertreter dieses Ansatzes sehen in Mängeln der politischen Verfassung, insbesondere des Wahlrechts, sowie in fehlenden demokratischen Traditionen den Grund für das Scheitern der Republik und betonen das Versagen der politischen Eliten. Weder die gemäßigte Linke noch die gemäßigte Rechte waren in der Vorkriegszeit zu politischen Kompromissen bereit, welche die republikanische Staatsform hätten stabilisieren können. Ähnlich einer wichtigen Deutung der Weimarer Republik erscheint die Zweite Republik als eine Demokratie ohne Demokraten.[5]

Beide Erklärungsmodelle haben viel für sich. Doch weisen sie insofern auch Grenzen und blinde Stellen auf, als dass sie den Blick bislang wenig über den Kreis der politischen und intellektuellen Eliten sowie von Massenorganisationen und ihren Protagonisten hinaus gelenkt haben. Zwar haben in den vergangenen Jahren wichtige Studien die politischen Auseinandersetzungen der frühen 1930er-Jahre in spezifischen Orten genauer untersucht, doch auch sie konzentrieren sich im Wesentlichen auf organisierte Interessen und die lokalen politischen Eliten.[6] Demgegenüber ist die gesellschaftliche Reichweite der Großideologien jenseits der engeren politischen Sphäre bisher kaum untersucht worden. Eine Reihe innovativer Arbeiten zur Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs hat gezeigt, dass solch eine Erweiterung des Untersuchungsfeldes neue Erkenntnisse ermöglicht. Diese Studien haben die Wirkmacht der weltanschaulichen Programme der Kriegsparteien vor Ort in Frage gestellt und auf die Bedeutung vorpolitischer sozialer Faktoren und Dynamiken hingewiesen, die komplizierte Wechselbeziehungen mit den übergreifenden politischen Projekten eingingen.[7]

Für die Jahre der Republik liegen bisher kaum vergleichbare Arbeiten vor. Während sowohl die politische Bedeutung der Strukturkonflikte als auch der Befund einer geringen Verbreitung liberal-demokratischer Überzeugungen gut belegt sind – und auch in der hier vorgestellten Quelle eine Bestätigung finden – wissen wir erst wenig darüber, was Spanier unter „Republik“ und „Demokratie“ verstanden und welche Hoffnungen, Wünsche und Ängste sie mit der Republikgründung verbanden.[8] Diese Wahrnehmungen und Erwartungen waren politisch bedeutend, da sie den gesellschaftlichen Resonanzraum politischer Entscheidungen strukturierten. Sie können Aufschlüsse über den Grad der Loyalität beziehungsweise Distanz einzelner Bevölkerungsgruppen gegenüber der Republik als politischer Ordnung geben. Es ist das Ziel der folgenden Ausführungen, ausgehend von der Interpretation eines populären Leitartikels Konturen einer solchermaßen erweiterten Politikgeschichte der Zweiten Republik zu skizzieren. Dies kann aufgrund des begrenzten zur Verfügung stehenden Raums nur ansatzweise und exemplarisch geschehen. Die Darstellung beschränkt sich deshalb auf eine Analyse populärer illustrierter Zeitschriften, die hinsichtlich ihrer generellen politischen Ausrichtung den republikanischen Kräften nahe standen.

Der Leitartikel „Die Unmöglichkeit umzukehren“ des Publizisten Antonio Zozaya, der diesem Essay als Quelle beigefügt ist, erschien am 1. Dezember 1931 an prominenter Stelle in der Illustrierten Mundo Gráfico, einer der auflagenstärksten Zeitschriften der frühen 1930er-Jahre. Das Blattkonnte bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken. Es war erstmals im Jahr 1911 als „illustrierte, volkstümliche Zeitschrift“ erschienen, wie sich das Blatt selbst im Untertitel bezeichnete, und hatte zu den Pionieren einer neuen preiswerten bebilderten Massenpresse in Spanien gehört, die über das gebildete Bürgertum hinaus höchst erfolgreich breitere Bevölkerungskreise bis in die Arbeiterschaft hinein ansprach. Obwohl in den späten 1920er-Jahren in rascher Folge weitere preiswerte Zeitschriften auf den Markt gebracht wurden, konnte Mundo Gráfico ihre Stellung als eine der führenden Illustrierten bis in die Jahre des Bürgerkriegs hinein behaupten.[9] Politisch stand die Zeitschrift während der Republik den republikanischen Parteien nahe, über deren Politiker sie bereits 1931 große Reportagen publizierte. Allerdings war sie keineswegs ein Parteiorgan und eine genaue politische Verortung im Parteienspektrum fällt – wie auch bei den anderen wichtigen Illustrierten – schwer, da die Zeitschrift aktuelle politische Kontroversen kaum aufgriff. Die Zeitschrift stand an einer Schnittstelle von republikanischer Politik und einer weiteren populären Massenkultur.[10]

Der Autor des Artikels, Antonio Zozaya (1859–1943), war ein seit langem publizistisch tätiger Intellektueller und Schriftsteller. Seine intellektuelle Sozialisation hatte er am Ausgang des 19. Jahrhunderts im Umfeld der einflussreichen Freien Bildungsanstalt (Institución Libre de Enseñanza) erfahren, die ein Programm liberaler Reformen und gesellschaftlicher Aufklärung gegen das politische Establishment der Restaurationsmonarchie (1874–1931) vertrat. Zozaya arbeitete nicht nur für Mundo Gráfico, sondern schrieb auch regelmäßig in den beiden republikanischen Tageszeitungen El Liberal und La Libertad. Politisch stand er der linksrepublikanischen Partei des ersten Ministerpräsidenten der Republik, Manuel Azaña (1880–1940), nahe, die im Unterschied zu den gemäßigten Radikalrepublikanern deutlicher sozialpolitische Forderungen erhob, eine Bündnispolitik mit den Sozialisten befürwortete und für eine umfassende Säkularisierung der Gesellschaft eintrat. Im Bürgerkrieg unterstützte er die Republik und floh nach dem Sieg Francos nach Mexiko, wo er 1943 starb.[11] Zozaya gehörte zu den profilierten republikanischen Publizisten. Gleichwohl waren seine Kolumnen in Mundo Gráfico keine politischen Leitartikel. Vielmehr versuchte er in ihnen, Stimmungen einer breiteren Öffentlichkeit aufzugreifen und in allgemeine Zeitdiagnosen zu überführen.

Der vorliegende Artikel erschien inmitten von erbittert geführten Auseinandersetzungen über die zukünftige spanische Verfassung. Der Übergang von der Monarchie zur Republik am 14. April 1931 war zunächst überraschend gewaltlos erfolgt. Dies ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass die schwache Monarchie unter Alfons XIII. nach dem Rücktritt des Diktators Miguel Primo de Rivera Ende 1929 über keine überzeugenden politischen Zukunftskonzepte mehr verfügte. Der mit Duldung des Königs seit 1923 herrschende Diktator hatte sein Amt niedergelegt, da ihm weite Teile der Mittelschichten die Unterstützung seiner so autoritären wie widersprüchlichen Modernisierungspolitik aufgekündigt hatten. In einer Situation akuter politischer Schwäche gab die Monarchie im Frühjahr 1931 Forderungen nach freien Kommunalwahlen nach. Obwohl die republikanisch-sozialistischen Wahlbündnisse nur in den größeren Städten eindeutige Siege erringen konnten, wurden die Wahlergebnisse doch sofort als Plebiszit für die Republik verstanden. Spontane Massenfeiern mündeten in die unblutige Proklamation der Demokratie.[12] Die Kapitulation der Monarchie bedeutete jedoch keineswegs eine breite Zustimmung zur neuen Staatsform. Dies zeigte sich schon wenige Wochen nach Gründung der Republik, als antiklerikale Ausschreitungen in Madrid und anderen Städten den Beginn einer antirepublikanischen Mobilisierung unter Katholiken und auf der monarchistischen Rechten bildeten. Von diesem Zeitpunkt an prägte ein erbitterter politischer Schlagabtausch über die Zukunft Spaniens die republikanischen Jahre.[13]

Um die Ausführungen Zozayas zu verstehen, müssen neben den politischen Kämpfen zwei weitere Entwicklungen berücksichtigt werden. Zunächst hatte das rasante Wirtschaftswachstum der 1920er-Jahre die Lebensbedingungen vieler Spanier gerade in den urbanen Zentren des Landes verbessert und das Erscheinungsbild der Städte verändert. In unserem Kontext ist wichtig, dass diese Verbesserungen auch Erwartungen hinsichtlich der Möglichkeit weiterer zukünftiger Fortschritte weckten.[14] Die neue illustrierte Massepresse trug wesentlich zu dieser Erwartungssteigerung bei, indem sie in Fotoreportagen und großflächigen Werbeanzeigen Bilder von Wohlstand und neuen Lebensstilen im Ausland als Modelle besseren Lebens präsentierte. Die neuen Erwartungen trafen jedoch Anfang der 1930er-Jahre auf eine durch die Weltwirtschaftskrise gezeichnete Wirtschaftslage, die die gesellschaftlichen Handlungsspielräume empfindlich einschränkte.

Diese Kontexte helfen zu erklären, wieso Zozayas Ausführungen in deutlichem Kontrast zu den spontanen Freudenfeiern des April 1931 nicht durch einen überbordenden Optimismus hinsichtlich der Zukunft geprägt sind, sondern im Gegenteil ihren Ausgang in der Konstatierung einer verbreiteten Nostalgie hinsichtlich vergangener Zeiten finden. Zumindest in einem wichtigen Teil der republiknahen Öffentlichkeit, darauf deutet der Artikel hin, hatte schon ein gutes halbes Jahr nach Gründung der Republik eine bange Zukunftserwartung die Begeisterung über den politischen Umbruch in den Hintergrund gedrängt. Zozayas Text lässt sich in dieser Hinsicht als Versuch lesen, seine Leserschaft aus einer politischen Ernüchterung und Krisenstimmung herauszuführen, indem er ihnen die historische Notwendigkeit des politischen Wandels und den langfristigen Erfolg der Republik vor Augen führt.

Es ist auffällig, dass Zozaya in seinen politischen Betrachtungen weder auf die Verfassungsberatungen des Herbst 1931 und ihre zentralen Kontroversen eingeht noch die demokratische Ordnung oder demokratische Institutionen erwähnt. Auch von der Republikgründung spricht er nicht explizit. Stattdessen nimmt Zozaya eine geschichtsphilosophische Vogelperspektive ein, die zwar wichtige Elemente republikanischen Denkens am Beginn der 1930er-Jahre beinhaltet, diese aber nicht auf eine konkrete Staatsform bezieht. Die historische Entwicklung wird als ein naturgewaltiger Prozess des Fortschreitens von einer düsteren Vergangenheit durch ein krisenhaftes Geburtsstadium einer neuen Ordnung hin zu einer zwar noch konturlosen, aber besseren Zukunft beschrieben. Es sind dabei besonders die wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Errungenschaften, die die Weltgeschichte vorantreiben. Fortschritt ist in diesem Verständnis der Beeinflussung durch einzelne Menschen entzogen. Diese sehen sich vielmehr vor die Aufgabe gestellt, sich in einem schmerzhaften Ablösungsprozess von unbrauchbaren Traditionen und Vorurteilen zu lösen und den historischen Wandel durch gesellschaftliche Aufklärung zu begleiten.

In Hinblick auf unsere Frage nach Erfahrungen der Republik und Demokratievorstellungen ist es nun aufschlussreich, dass Antonio Zozaya seine republikanische Geschichtsvision nicht demokratisch ausgestaltet. Die Republikgründung erscheint weniger als Erfüllung demokratischer Forderungen denn als ein notwendiger Sprung ins Ungewisse und als krisenhafte Schwellenzeit einer neuen, politisch nicht genau bestimmten politischen, gesellschaftlichen und spirituellen Ordnung. Insgesamt bleibt Zozaya in seiner Gegenwartsanalyse merkwürdig ambivalent. Der Kommentar schwankt zwischen einem optimistischen Ausblick in eine baldige bessere Zukunft und einer fatalistisch geprägten Akzeptanz eines naturgewaltigen, überindividuellen Wandels, dem der einzelne machtlos ausgeliefert ist.

Während der Artikel einerseits in groben Strichen eine republikanische Gegenwartsdiagnose entfaltet, enthält er andererseits auch Hinweise auf die Gegenwartswahrnehmung weiterer Bevölkerungskreise. So deutet die ausführliche Thematisierung der Sehnsucht nach einer scheinbar besseren Gesellschaftsordnung der Vergangenheit darauf hin, dass Zozaya sie für ein wichtiges Kennzeichen auch seiner republikfreundlichen Leserschaft hielt. Eine Ausweitung des Blicks auf weitere publizistische Stellungnahmen und Kommentare zur Republikgründung bestätigt diese Beobachtung und gibt weitere Einblicke in unterschiedliche Wahrnehmungsweisen des politischen Wandels. Die Analyse zeigt zunächst schnell, dass eine einfache Unterscheidung in moderne Befürworter und traditionsorientierte Gegner der republikanischen Ordnung das Panorama der Haltungen unzureichend vereinfacht und verzerrt abbildet. Neben Kerngruppen von überzeugten Republikanern und Republikgegnern, die bisher die Aufmerksamkeit der Historiker auf sich gezogen haben, wird in der medialen Öffentlichkeit ein breites Mittelfeld an Positionen sichtbar, das nicht eindeutig einem der politischen Lager zugeordnet werden kann. Die veröffentlichten Positionen waren sehr viel facettenreicher und widersprüchlicher, als von der Forschung oftmals unterstellt.

Im republikanischen publizistischen Spektrum lassen sich vor allem zwei Deutungen der Demokratie voneinander unterscheiden.[15] Eine Minderheit begrüßte die Republikgründung als Aufforderung zu einer Erneuerung gesellschaftlicher und persönlicher Beziehungen. In den Augen einiger Kommentatoren, vor allem von Autoren der links-republikanisch orientierten Zeitschrift Crónica, eröffnete die Republikgründung die Möglichkeit einer Etappe neuer, authentischer Sozialbeziehungen, die einer harmonischeren, gerechteren Gesellschaftsordnung zum Durchbruch verhelfen würden. Die Herausforderung, der sich die spanische Gesellschaft gegenübersah, war ihrer Meinung nach, die neue Staatsform lebensweltlich auszufüllen, die „Republik zu republikanisieren“ (republicanizar la República).[16] Diese Intellektuellen wollten die vermeintlich oberflächlichen und in Gewohnheiten erstarrten interpersonalen Beziehungen erneuern und ein neues demokratisches Miteinander in der Familie und im zwischenmenschlichen Umgang erreichen.

Die Initiativen gingen dabei über rechtliche Forderungen nach einer Gleichstellung der Geschlechter und der Legalisierung von Ehescheidungen deutlich hinaus. In den Ratgeberspalten von Mundo Gráfico und Crónica wurden beispielsweise die Chancen einer spirituellen Erneuerung der Institution Ehe intensiv diskutiert.[17] Gleiches gilt für eine Reformation der Familie. So argumentierte beispielsweise die liberale Tageszeitung El Sol im Mai 1931, einen Monat nach Ausrufung der Republik, dass in der neuen Zeit das familiäre Miteinander sich „im Geist einmütiger Kameradschaft zwischen allen Mitgliedern des Hauses vollziehen“ solle.[18] Gerade auch die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sollten auf eine neue Basis gestellt werden. Der Journalist José Montero Alonso hoffte in der Zukunft mit seinem Sohn eine innige geistige Union zu formen: „Vater und Sohn, Kameraden, Seelen, die sich nichts verbergen und die zu einer vollständigen, innigen Gemeinschaft des Strebens, der Freude und der Traurigkeit verschmelzen.“[19] Die Durchsetzung der republikanischen Ordnung erwies sich zunächst und hauptsächlich in einer Humanisierung der zwischenmenschlichen Beziehungen. In einer grundlegenden Reform sollten soziale Institutionen wie Kinder- und Altenheime, Schulen und Obdachlosenasyle zu „Orten wahrhafter Kultur und Erholung“ umgestaltet werden.[20] Kommentatoren feierten in dieser Hinsicht das sozialpolitische Reformprogramm der Republik und erwarteten unter dem neuen Regime eine spirituelle Erneuerung einer unbarmherzigen und kalten Gesellschaft durch kindliche „Herzlichkeit und Zärtlichkeit“.[21]

Die emphatische Bejahung der Demokratie als Ausgangspunkt einer Neuordnung sozialer Beziehungen im republikanischen Geist erlangte in den Anfangsjahren der Republik 1931/32 ihre größte mediale Verbreitung. Doch stellte sie selbst im republikanischen publizistischen Spektrum nur eine Minderheitenposition dar. Deutlich mehr Raum nahmen Stimmen ein, die die Demokratiegründung vor allem als Durchbruch zu einer Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft verstanden. In dieser Lesart bedeutete die republikanische Staatsform das Ende alter Privilegien und Gewohnheiten. Die Demokratie eröffnete dem einzelnen neue Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten, konfrontierte ihn aber auch mit neuen Anforderungen. Diese, teilweise sozialdarwinistisch getönte Deutung der neuen republikanischen Ordnung war zunächst durchaus zukunftsoptimistisch gefärbt. Die Zeitschriften berichteten immer wieder über Menschen, die nach dem politischen Umbruch des Frühjahrs 1931 die Zeit gekommen sahen, ihre bisher vernachlässigten Potentiale auszuschöpfen und ihrem Leben eine neue Wendung zu geben. Eine Reportage beschrieb beispielsweise eine amerikanische Mutter, die zusammen mit ihrer Tochter die höhere Schule besuchte, um einen Bildungsabschluss nachzuholen.[22] Zugleich warben zahlreiche Anzeigen für Ratgeber zu Themen wie „Charakterbildung, Verhandlungsgeschick und Erfolg im Leben“, präsentierten der Leserschaft vielfältige Weiterbildungsangebote und argumentierten, dass „[j]eder Mensch über verborgene Talente verfügt“.[23] Diese Anzeigen waren Teil eines breiteren populären Diskussionsstrangs über Möglichkeiten individueller Selbstverbesserung. Es ist bezeichnend, dass die Zeitschrift Crónica gerade im Frühjahr 1931 eine wöchentliche Kolumne einrichtete mit dem Titel: „Was ist Ihrem Urteil nach Ihre größte Schwäche? Und welchen Vorzug bewundern Sie am meisten, und bei wem?“[24]

Der Antrieb zur persönlichen Weiterbildung und Verbesserung war in der Berichterstattung nicht völlig zweckfrei, sondern wurde immer wieder auch mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Verbindung gebracht. So verwies die wichtige Kolumnistin Teresa de Escoriaza im Januar 1932 auf die Einführung von Fortbildungskursen für Frauen in den USA der Großen Depression und rief ihre Leserinnen auf: „Bildet euch, bildet euch immer weiter!“[25] Die neue Zeit war somit in sich widersprüchlich. Sie ermöglichte es dem Individuum im Leben voranzukommen, forderte aber auch ein ständiges Bemühen um Selbstverbesserung ein. Die demokratische Ordnung versprach, die spanische Gesellschaft nach meritokratischen Prinzipien neu zu ordnen, verwies den Einzelnen aber auch verstärkt auf sich selbst, seine Kräfte und Leistungsfähigkeit. Wie in den Ausführungen von Zozaya erscheint Fortschritt und Gesellschaftswandel als urwüchsiger und politisch kaum eingehegter Prozess, dem das Individuum ausgeliefert ist und in dem es sich beweisen muss, will es nicht zurückbleiben.

Die Familie wurde in diesem Zusammenhang als eine Zweckgemeinschaft zur Unterstützung des individuellen sozialen Fortkommens ihrer Mitglieder neu bestimmt. Kolumnen mit Erziehungsratschlägen, die alle wichtigen Illustrierten einrichteten, forderten Eltern dazu auf, Kinder zu durchsetzungsfähigen, leistungsstarken Charakteren zu formen und popularisierten das Bild einer Gesellschaft unter der Republik, in der nur die Tüchtigen bestehen könnten. Teresa de Escoriaza wandte sich beispielsweise in Mundo Gráfico immer wieder gegen Mütter, die ihre Kinder zu sehr verzärtelten. Anstatt ihnen übermäßige Zuneigung zuteil werden zu lassen, gelte es, die Kinder „zum Erfolg anzustacheln“ und selbst Armut „nicht als Hindernis, sondern als Stimulus zu sehen, um im Leben zu triumphieren“. Die Welt umfasse schon mehr als genug „Personen, die für die Gesellschaft unnütz, ja nachgerade gefährlich sind“.[26] Diese Vorstellung von Familie als Ertüchtigungsanstalt für das Leben wies einige deutliche Berührungspunkte mit den links-republikanischen Erneuerungsprogrammen auf. So sollten in der neuen Gesellschaft alle Familienmitglieder einander als Gleiche gegenübertreten und die emotionalen Bande zwischen ihnen gestärkt werden. Doch diese Nähe darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier nicht die Humanisierung gesellschaftlichen Zusammenlebens, sondern die Vorbereitung der Familienangehörigen auf ein Leben in einer sozialdarwinistisch organisierten Leistungsgesellschaft im Mittelpunkt stand.

Während es einerseits Überschneidungen mit den republikanischen Reformprojekten gab, waren andererseits die Schnittmengen der hier skizzierten Position mit Reformprojekten, wie sie Zeitschriften des katholischen und republikkritischen Spektrums entwarfen, mindestens ebenso groß. Von einem einheitlichen, geschlossenen republikanischen Lager kann deshalb nicht gesprochen werden. Auch die konservative Illustrierte Blanco y Negro sowie die militant katholische Zeitschrift Esto, in der Fragen einer religiösen Persönlichkeits- und Familienreform eine erstaunlich geringe Rolle spielten, publizierten in prominenter Weise Ermahnungen an Eltern, die familiäre Lebensführung zu rationalisieren und den Kindern durch eine intensive Förderung die Mittel für eine Erfolg im Leben an die Hand zu geben.[27] Die Deutung des demokratischen Umbruchs als Durchsetzung einer Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft fand über politisch-kulturelle Lagergrenzen hinweg Verbreitung.

Im Verlauf der Republik trübte sich die anfangs durchaus noch optimistisch grundierte Zukunftserwartung in der medialen Öffentlichkeit zunehmend ein. Zozayas Leitartikel ist hierfür ein frühes und symptomatisches Beispiel. Die gesellschaftspolitischen Kommentare bekamen in den Jahren vor Ausbruch des Bürgerkriegs zunehmend eine tragische, fatalistische Grundierung, die uns aus der Lektüre des Quellentextes vertraut ist. Einerseits sahen die Protagonisten einer Humanisierung des gesellschaftlichen Lebens ihre großen Reformerwartungen enttäuscht. Sie stellten desillusioniert fest, dass die Republik nicht in der Lage war, das Leid gerade ihrer schwächsten Mitglieder zu lindern. So berichteten sie über eine Zunahme der Zahl von Straßenkindern und das Scheitern der Versuche, die Lebensverhältnisse in den Fürsorgeeinrichtungen zu verbessern.[28] Andererseits betonten die Kommentatoren, die die neue Republik vor allem als Konkurrenzgesellschaft wahrnahmen, immer weniger die Chancen gesellschaftlichen Aufstiegs und immer mehr die Zumutungen, die mit dem Leben in der modernen Gesellschaft vermeintlich verbunden waren. Eine tragisch-heroische Note trat nun in den Vordergrund. Teresa de Escoriaza wies im Frühsommer 1936 beispielsweise Familien die neue Aufgabe zu, ihren Kindern eine stoische Haltung gegenüber den Gesellschaftskrisen der Zeit einzuüben. Die Heranwachsenden sollten in die Lage versetzt werden, den gesellschaftlichen und geistigen Verwerfungen der Vorbürgerkriegsjahre die Stirn zu bieten und sie persönlich erfolgreich zu bewältigen: „Anstatt den Kopf senken zu lassen, müssen sie genötigt werden, dem Schicksal die Stirn zu bieten. Sie müssen lernen zu sehen, zu widerstehen, zu kämpfen und zu siegen.“[29] Die Kommentatorin schließt in ihrer Forderung nach einer heroisch-stoischen Haltung eng an Zozayas Leitartikel von 1931 an.

Die Einstellung zur neuen demokratischen Ordnung war, so lässt sich zusammenfassen, selbst in der republiknahen Öffentlichkeit widersprüchlich. Im links-republikanischen Spektrum waren es 1931 weniger die demokratischen Errungenschaften und Regeln, sondern eher die Chancen einer politisch kaum näher definierten spirituellen Erneuerung der spanischen Gesellschaft, welche die Zustimmung zur republikanischen Ordnung begründeten. Am Ausgang der Republik lassen sich in diesem publizistischen Spektrum dann vermehrt Stimmen identifizieren, die einen erneuten revolutionären Schub in Richtung einer wahren Republik forderten, um die Humanisierungspläne endlich umsetzen zu können. Auch die in den gemäßigt-republikanischen Zeitschriften vertretene Gesellschaftsdeutung war von Anfang an politisch polyvalent. Die Vorstellung der Gesellschaft als meritokratische Konkurrenzgesellschaft abstrahierte vom konkreten demokratischen System. Sie ließ sich zwar mit der republikanischen Staatsform vereinbaren, bot aber kaum eine wirkliche Grundlage zur Verteidigung der demokratischen Ordnung in einer Krisenzeit, zumal die Zumutungen der neuen Gesellschaftsform die mit ihr identifizierten Chancen deutlich in den Hintergrund treten ließen. Den meisten Kommentatoren erschien die Republik 1936 als defizitär.

Die hier präsentierten Befunde verdeutlichen das Potential einer „Demokratiegeschichte von unten“, die sich mit den Einstellungen und Haltungen von Menschen beschäftigt, die nicht zu den politischen Eliten zählten und die Wechselbeziehungen von politischer und populärkulturellen Sphären in den Blick nimmt. Die Analyse der Ausführungen von Antonio Zozaya und anderer publizistischer Stellungnahmen legt eine Modifizierung der am Anfang vorgestellten Deutungen der Spanischen Geschichte der 1930er-Jahre als Zeit antagonistischer gesellschaftlicher Lagerbildung nahe. Zumindest in Hinblick auf eine populäre mediale Öffentlichkeit ist das Bild einer zunehmenden Polarisierung der spanischen Gesellschaft korrekturbedürftig. Die Debatten über die Republik als neue Gesellschaftsordnung sind nicht mit einem einfachen Modell von Zustimmung und Ablehnung zu fassen. Ohne Zweifel existierten widerstreitende politische Projekte, die sich erbittert bekämpften. Doch existierte zwischen ihnen auch ein breites Mittelfeld an Positionen, die nicht eindeutig einem der politischen Großlager zugeordnet werden können. Selbst in einer der neuen Staatsform prinzipiell positiv eingestellten Teilöffentlichkeit wurden in Bezug auf die Republik sehr unterschiedliche Dinge verhandelt. Spanier verbanden vielfältige und häufig widersprüchliche Hoffnungen und Ängste mit der Gründung der Republik. Es scheint an der Zeit, diesen Deutungen und Wahrnehmungen intensiver als bisher und ohne eine vorschnelle Einordnung in ein Schema von Fortschritt und Reaktion nachzuspüren. Neben den populären Medien sollten dazu verstärkt auch Egodokumente wie Autobiografien, Tagebücher und Briefe herangezogen werden. In einer europäischen Perspektive eröffnet eine solche Erweiterung der Forschungsfragen neue Möglichkeiten einer vergleichenden Demokratiegeschichte. In ihr ginge es wesentlich um die Frage nach der Vermittlung von Individuum, Lebenslauf und Gesellschaftsentwürfen in Zeiten politischen Wandels. Die spanische Geschichte der frühen 1930er-Jahre gewinnt in dieser Hinsicht ihre Bedeutung und ihr Interesse gerade aus der spezifischen Verbindung von transnationalen und nationalen Entwicklungen. Es spricht vieles dafür, dass gerade die besondere Diskrepanz zwischen neuen Erwartungshorizonten und der Möglichkeit, sie politisch auszufüllen das Charakteristikum der spanischen Entwicklung in der europäischen Geschichte darstellte. Der spanische Fall verweist somit sowohl auf die Pluralität als auch auf die Interdependenz der Entwicklung der europäischen Staaten im 20. Jahrhundert.



[1] Essay zur Quelle: Zozaya, Antonio: El Imposible Regreso (01.12.1931).

[2] Siehe nur: Payne, Stanley, The Spanish Civil War, Cambridge 2012, S. 1–4; ders., Civil War in Europe. 1905–1949, Cambridge 2011, bes. S. 117–192; Bernecker, Walther, Europa zwischen den Weltkriegen, 1914–1945, Stuttgart 2002, S. 190–95; Hobsbawm, Eric, Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, München 1995, S. 202.

[3] Preston, Paul, The Spanish Holocaust. Inquisition and Extermination in Twentieth-Century Spain, London 2012; Bernecker, Walther L., Geschichte Spaniens im 20. Jahrhundert, München 2010; Casanova, Julián, Républica y Guerra Civil, Barcelona 2007 (engl. The Spanish Republic and Civil War, Cambridge 2010); Juliá, Santos (Hg.), República y guerra en España (1931–1939), Madrid 2006. Als einflussreicher, früher Band: Preston, Paul, The Coming of the Spanish Civil War: Reform, Reactions and Revolutions in the Second Spanish Republic 1931–1936, London 1978.

[4] Graham, Helen, The Spanish Civil War: A Very Short Introduction, Oxford 2005; dies.; Labanyi, Jo, Culture and Modernity: The Case of Spain, in: dies. (Hg.), Spanish Cultural Studies, Oxford 1995, S. 1–19; Ealham, Chris; Richards, Michael, The Splintering of Spain. Cultural History and the Spanish Civil War, 1936–1939, Cambridge 2005.

[5] Requillo, Fernando del Rey; Tardío, Manuel Álvarez, Introduction, in: dies. (Hgg.), The Spanish Second Republic Revisited. From Democratic Hopes to the Civil War (1931–1936), Brighton 2012, S. 1–9; Ranzato, Gabriele, The Republican Left and the Defense of Democracy, 1934–1936, in: ebd., 80–96, sowie die weiteren wichtigen Aufsätze dieses Sammelbandes; Ranzato, Gabriele, El ecplise de la democracia. La Guerra civil española y sus orígenes, 1931–1939, Madrid 2006; Payne, Stanley, Spain's first Democracy. The Second Republic, 1931–1936, Madison. 1993; ders., The Collapse of the Spanish Republic, 1933–1936. Origins of the Civil War, New Haven 2006. Als wichtigen Ausgangspunkt der neueren Forschung siehe auch: Linz, Juan José, From Great Hopes to Civil War. The Breakdown of Democracy in Spain, in: ders.; Stepan, Alfred (Hgg.), The Breakdown of Democratic Regimes, Baltimore 1978, S. 142–215.

[6] Requillo, Fernando del Rey, Paisanos en lucha. Exclusión política y violencia en la Segunda República española, Madrid 2008; Martínez Leal, Juan, Los socialistas en acción. La II. República en Elche (1931–1936), Alicante 2005; Moreno, Mónica Seco, Conflicto educativo y secularización en Alicante durante la Segunda República (1931–1936), Alicante 1995. Eine wichtige Ausnahme bildet: Collier, George Allen, Socialists of Rural Andalusia: Unacknowledged Revolutionaries of the Second Republic, Stanford 1987.

[7] Seidman, Michael, Republic of Egos. A Social History of the Spanish Civil War, Madison 2002; Gil Andrés, Carlos, Lejos del Frente. La guerra civil en la Rioja Alta, Barcelona 2006; Godicheau, François, Guerra civil, guerra incivil. La pacificación por el nombre, in: ders.; Aróstegui, Julio (Hgg.), Guerra Civil. Mito y memoria, Madrid 2006, S. 137–166.

[8] Wichtige Hinweise dazu liefert aber: Cruz, Rafael, En el nombre del pueblo. República, rebelión y guerra en la España de 1936, Madrid 2006; Cruz, Rafael, Old Symbols, New Meanings. Mobilising the Rebellion in the Summer of 1936, in: Ealham, Chris; Richards, Michael (Hgg.), The Splintering of Spain. Cultural History and the Spanish Civil War, 1936–1939, Cambridge 2005, S. 159–176.

[9] Zum Zeitschriftenwesen in Spanien vor 1936: Cruz Seoane, María; Dolores Sáiz, María, Historia del periodismo en España, Bd. 3: El siglo XX: 1898–1936, Madrid 1996; Sinova, Justino, La prensa en la Segunda República Española. Historia de una libertad frustrada, Barcelona 2006.

[10] Vgl. Townson, Nigel, A Third Way? Centrist Politics Under the Republic, in: Requillo, Álvarez Tardío, Spanish Second Republic, S. 97–114; ders., The Crisis of Democracy in Spain. Centrist Politics Under the Second Republic, 1931–1936, Brighton 2000.

[11] Díez-Canedo, Enrique, "En memoria de Antonio Zozaya", in: Jiménez León, Marcelino (Hg.), Desde el exilio. Artículos y reseñas críticas (1939–1944). Sevilla 2010, S. 571–574.

[12] Allgemein: Cabrera, Mercedes, Proclamación de la República. Constitución y reformas, in: Juliá, Santos (Hg.), República y guerra civil, Madrid 2004, S. 3–57. Immer noch einschlägig: Juliá, Santos, Madrid, 1931–1934. De la fiesta popular a la lucha de clases, Madrid 1984; Ucelay da Cal, Enric, La Catalunya populista: imatge, cultura i política en l'etapa republicana (1931–1939), Barcelona 1982. Zum Niedergang der Monarchie siehe vor allem: Ben-Ami, Shlomo, The Origins of the Second Republic in Spain, Oxford 1978.

[13] Casanova, República, S. 86–98. Zur Mobilisierung der katholischen Bevölkerung und den vielfältigen Dimensionen der Konflikte siehe: Montero, Feliciano; de la Cueva Merino, Julio (Hgg.), Laicismo y catolicismo. El conflicto político-religioso en la Segunda República, Alcalá de Henares 2009; Vincent, Mary, Catholicism in the Second Spanish Republic. Religion and Politics in Salamanca 1930–1936, New York 1996.

[14] Payne, Civil War, S. 13. Als Fallbeispiel: Kössler, Till, Human Sciences, Child Reform and Politics in Spain, 1890–1936, in: Brückweh, Kerstin; Schumann, Dirk; Wetzell, Richard; Ziemann, Benjamin (Hgg.), Engineering Society. The Scientization of the Social in Comparative Perspective, 1880–1980, London 2012, S. 179–197. Zum Wandel der spanischen Gesellschaft in den 1920er-Jahren: Aguado Higón, Ana María; Dolores Ramos, María, La modernización de España (1917–1939). Cultura y vida cotidiana, Madrid 2002; Serrano, Carlos (Hg.), Los felices años veinte. España, crisis y modernidad, Madrid 2006.

[15] Eine ausführlichere Untersuchung der medialen Öffentlichkeit mit einem Schwerpunkt auf den Themen Kindheit und Familie unternimmt: Kössler, Till, Kinder der Demokratie. Religiöse Erziehung und urbane Moderne in Spanien, 1890–1936, München 2013, Teil II, III.

[16] Temas Políticas: La República a los Transfugas, Heraldo de Madrid, 23.5.1931.

[17] Siehe nur: Eva, Crónica, 19.4.1931; Martínez Sierra, María, La insigne escritora, da en el Ateneo un curso sobre política y feminismo, Crónica, 17.5.1931. Siehe auch: Kössler, Kinder der Demokratie, Kap. 9.

[18] Los Niños: Trabajo y Disciplina, El Sol, 26.5.1931.

[19] Montero Alonso, José, El Padre y el niño, Crónica, 10.7.1932.

[20] Hacia el porvenir: Cual debe ser la labor de las mujeres en la República? Crónica, 17.5.1931.

[21] Massa, Pedro, Cinematógrafo: „Las peripecias de Skippy“, Crónica, 10.7.1932.

[22] Página de la Mujer: Varia femenil, Mundo Gráfico, 26.1.1932.

[23] Anzeige Psychology Foundation, Mundo Gráfico 1.12.1931. Allein in dieser Ausgabe erschienen noch mehrere weitere Anzeigen über Fortbildungsangebote: Anzeige Instituto Cervera, ebd.; Anzeige Escuela de Mecánicos y Electricistas, ebd. Siehe auch: Quiere usted aprender idiomas? [Wollen Sie Sprachen lernen?], Mundo Gráfico, 8.12.1931. In kritischer Absicht: Torralba de Damas, Benedicto, El Camino, La Familia 326, Feb. 1935.

[24] ¿Cúal es su mayor defecto, según usted mismo? Crónica, 8.7.1931.

[25] Página de la Mujer: Varia femenil, Mundo Gráfico, 26.1.1932. Siehe auch: Página de la Mujer, Mundo Gráfico, 6.6.1934.

[26] Siehe nur: de Escoriaza, Teresa, Página de Mujer: Epistolario, Mundo Gráfico, 16.11.1932; dies., Página de Mujer: Epistolario, El Mundo Gráfico, 9.5.1934.

[27] KAY, La vida de nuestros hijos: Jugando, Esto, 1.11.1934; KAY, La vida de nuestros hijos: Puericultura, ciencia moderna, Esto, 25.10.1934.

[28] Trillas Blazquez, G. , Crónica en Barcelona: Niños perdidos y niños abandonados, Crónica, 23.12.1934.

[29] de Escoriaza, Teresa, Página de la Mujer, Epistolario, El Mundo Gráfico, 3.6.1936.



Literaturhinweise

  • Casanova, Julián, The Spanish Republic and Civil War, Cambridge 2010.
  • Kössler, Till, Kinder der Demokratie. Religiöse Erziehung und urbane Moderne in Spanien, 1890–1936, München 2013.
  • Payne, Stanley, Spain's First Democracy. The Second Republic, 1931–1936, Madison 1993.
  • Ranzato, Gabriele, El ecplise de la democracia. La Guerra civil española y sus orígenes, 1931–1939, Madrid 2006.
  • Requillo, Fernando del Rey; Tardío, Manuel Álvarez (Hgg.), The Spanish Second Republic Revisited. From Democratic Hopes to the Civil War (1931–1936), Brighton 2012.

Zozaya, Antonio: El Imposible Regreso (01.12.1931)[1]

Todo el mundo pasa por una enorme y dolorosa crisis. Tal es la afirmación que se oye por doquiera y que no hay manera de desmentir. Con ella se pretende consolarnos a los españoles del malestar actual. Es así que en todo el planeta ese malestar es notorio; luego nosotros debemos resignarnos y cesar en nuestras lamentaciones. Nos pasan muchas cosas desagradables; pero esas mismas calamidades hacen padecer a los ciudadanos de todas las naciones del Globo. Es el triste consuelo del “mal de muchos” que preconiza el viejo refrán.

Algunos laudatores temporis acti suponen que hemos equivocado el camino y que es preciso volver atrás. Pero si el malestar es universal, será menester que vuelva atrás el Universo de los hombres. ¿Y qué se entiende por volver hacia atrás? El pasado de los pueblos es muy diferente. Volver atrás en unos equivaldría a adelantar en otros. Y ¿en qué punto del pasado ha de detenernos, puestos a retrodecer? ¿Volverá Suiza a los tiempos del sombrero de Gessler? ¿Retrodecerá Francia al reinado de Carlos el Simple o al de Clodoveo? ¿Retornaremos nosotros a la época dichosa del rey Filipe el teátrico o a la no menos tenebrosa del primer Pedro de Castilla? Lo primero que habría que determinar sería la fecha a que conviene retrodecer. ¿Qué fasto ha sido para todo el mundo el más venturoso? Porqué no cabe suponer que cada pueblo se contentaría con vivir una hora diferente en su historia pretérita. Puesto que el malestar es universal, debe ser universal el remedio, que además tiene que ser, por tal razón y por aplicarse a toda las dolencias, una verdadera panacea. Todo el mundo a los tiempos de la Convención Nacional o todo él a los de Carlo Magno. En todas partes las delicias de la Edad Media o las de la época cuaternaria. Es preciso elegir. No basta comenzar a retroceder hasta que cada individuo proteste y grite que quiere marchar hacia delante.

al abismo en razón directa de la masa e inversa del cuadrado de la distancia. La bala que parte del fusil, si pudiera pensar, es posible que alguna vez quisiera volver hacia atrás; pero serían vanos sus intentos. Son el rozamiento y la ley de gravitación los que hacen disminuir su marcha, pero no devolverla al cañón de acero. ¿No sucederá algo parecido a la Sociedad de los hombres? Todos sus intentos de retroceso, ¿no serán tan estériles como la sería la voluntad del imprudente caído de la torre que pretendiera volver al tejado, o la de la bala si pudiera pretender tornar al cañón y salir tranquila por la recámara? El vulgo conoce el epigrama del andaluz que apostó media onza a que saltaba un estanque, pero cuando estaba en el aire “le dió miedo y se volvió”. La Humanidad, o parte de ella, siente miedo del futuro y pretende volver hacia atrás cuando se halla en la mitad del camino. No hay más remedio que seguir. No somos los hombres seres aislados de toda influencia física, que podamos avanzar o retrodecer Cuando se habla de volver hacia atrás en la Historia viene a mi sensorio la imagen del desgraciado que cae de lo alto de una torre. El también quisiera volver hacia atrás; pero le es imposible: es atraído a nuestro antojo. No amanece porque entone su divina aria Chanteclair, ni anochece porque llore el de la corneja. No podemos volver atrás. Por eso es tan amarga la desilusión de los reaccionarios, que después de pasar toda la vida intentando que el mundo vuelva a los tiempos que a ellos les parecen envidiables se encuentran con que han perdido el tiempo y con que no les espera sino la desilusión y la caducidad.

***

El Mundo pasa por un cambio decisivo en todos los órdenes del pensamiento y de la vida. Pero decidme, por favor, si no es esto lo mismo que ha sucedido siempre. Comparemos el Universo actual humano con aquel de que tenemos noticia por los viejos anales. En nada se parecen. ¿Es que se ha podido pasar de las cavernas de los osos espéleos a las ciudades modernas sin que se haya sentido cambio alguno, y aun sin que la Humanidad haya sufrido violentas y dolorosas sacudidas? No hay un solo adelanto que no haya necesitado para realizarse de luchas y trastornos. Porque el adelanto es una manifestación de la Ciencia, y “toda Ciencia añade dolor”, como dijo el Eclesiastés; mas precisamente porque es doloroso es fecundo todo alumbramiento. Los grandes inventos son contemporáneos de las grandes crisis históricas. La imprenta, la brújula y la pólvera señalaron el advenimiento de una edad nueva, como marcan el de otra la radiotelefonía, los motores de explosión, el cinematografía, los saltos de agua, la endocrinología y la Biología experimental. Hay que adaptarse o perecer. Es posible que alguín se sintiera más dichoso si pudieran ser olvidados en un instante todos los inventos, incluso la rueda y la palanca; tal vez se hallaría más complacido caminando a cuatro manos y lanzando en los pantanosos bosques el grito agudo de los simios, sus antecesores; pero los otros hombres no comparten su pasión cavernícola, y aunque lo compartieran serían impotentes para deshacer en un minuto, ni en muchas miriadas de horas o de siglos la obra del Universo, no sólo moral, sino material.

Desechemos el vano intento de hacer que el Mundo retroceda en su marcha. Habría que comenzar por suprimir todas las máquinas provocadoras principales del conflicto económico, y cual en Itálica, “las piedras que de ellas se escribieron”. Sería menester que se perdieran todos los alfabetos y la memoria de los nuevos lenguajes. Y una vez que fuera posible hallarse nuevamente en aquellos tiempos por que tanto suspiran los interesados en que las cosas sean, no como son, sino según su conveniencia, ellos mismos quedarían aterrados ante la estupidez, la barbarie, la injusticia y la incomodidad material de las épocas que la lejanía les hizo ver rientes, como vemos las montañas remotas azulear a través de las grandes masas de aire, que parecen ser incoloras.

El Mundo marcha, aunquen en el sentido que suponía el viejo Pelletan. No somos eternos, y tenemos que resignarnos a que el tiempo nos mate. Nos hacemos viejos, y en vano clamamos, como Fausto, por la perdida juventud, que igual que para él sería otra vez para nosotros angustiosa y trágica. Unas generaciones envejecen, y mueren también, y tienen que resignarse a dejar su lugar a otras. Puesto que todo el mundo padece dolores de gestación y de alumbramiento, debemos mostrarnos por ello satisfechos: es señal de que advienen tiempos mejores, quiero decir mejores para la Humanidad en general, no para éste o aquél proprietario de fundos o de títulos de la Deuda, ni para quen envidia la inmovilidad de la ostra en su caparazón. En todo caso, vosotros los inadaptados, que habéis caído de lo alto de la torre de vuestros ensueños, mirad arriba; allí está el capitel florido, allí se aparejan los ojivas túmidas y se yergue la aguda veleta. Elevad los brazos, realizad un supremo esfuerzo, y probad a ver si, por ley de gravitación o maravilloso portento, podéis nuevamente subir.

Zozaya, Antonio: Die Unmöglichkeit umzukehren[2]

Die Welt durchläuft eine ungeheuerliche und schmerzhafte Krise. Diese Diagnose hört man überall und es ist nicht möglich sie abzustreiten. Mit ihr versucht man uns Spanier in unserer gegenwärtigen Beklemmung zu trösten. Es ist eine Tatsache, dass auf dem ganzen Planeten das Unbehagen zu Tage tritt; also müssen wir uns bescheiden und aufhören zu klagen. Uns geschehen viele unangenehme Dinge; aber die gleiche Notlage müssen die Bürger aller Nationen des Globus erdulden. Es ist der schwache Trost der „Not der Vielen“, den das alte Sprichwort empfiehlt.

Einige laudatores temporis acti meinen, dass wir uns im Weg geirrt haben und es notwendig sei umzukehren. Aber da das Unbehagen ein universelles ist, wäre es nötig, dass alle Nationen umkehren. Und was bedeutet es umzukehren? Die Vergangenheit der Völker ist sehr unterschiedlich. Was für einige eine Umkehr wäre, hieße für andere fortzuschreiten. Und, wenn wir tatsächlich bereit wären in der Zeit zurückzuschreiten, an welcher Stelle der Vergangenheit sollten wir innehalten? Sollte die Schweiz in die Zeiten des Gesslerhuts zurückkehren? Sollte Frankreich in die Zeit Karls des Einfältigen zurückgehen oder in die Zeit Chlodwigs? Sollten wir uns selbst in die leidige Epoche Philips des Theatralischen versetzen oder in die nicht weniger finstere Zeit Pedros I. von Kastilien? Das Erste, was bestimmt werden müsste, wäre die Zeit, zu der es ratsam wäre zurückzukehren. Welches Zeitalter war für die Welt das glücklichste? Es darf nämlich nicht angenommen werden, dass jedes Volk damit zufrieden wäre, in einer unterschiedlichen Zeit in seiner zurückliegenden Geschichte zu leben. Wenn man voraussetzt, dass das Unbehagen ein globales ist, muss auch das Heilmittel ein universelles sein, das deswegen und da es sich auf alles Leid bezieht, ein wahrhaftes Allheilmittel sein müsste. Die ganze Welt zurück in die Zeiten des französischen Nationalkonvents oder das Zeitalter Karls des Großen. Überall die Wonnen des Mittelalters oder diejenigen des Quartärs. […] Eine Entscheidung ist erforderlich. Es reicht nicht aus so weit zurückzugehen, bis im Rückschreiten darauf zu warten, dass jeder einzelne protestiert und ruft, dass er von nun an wieder nach vorne schreiten will. Immer wenn von einer Rückkehr in der Geschichte gesprochen wird, denke ich an das Bild des Unglücklichen, der von der Höhe eines Turmes stürzt. Auch er würde gerne umkehren; aber es ist ihm unmöglich: er wird vom Abgrund angezogen im direkten Verhältnis zur Masse und umgekehrt proportional zur Strecke im Quadrat. Falls die Kugel, die den Lauf eines Gewehrs verlässt, denken könnte, würde sie vielleicht auch einmal umkehren wollen; aber das wären sinnlose Versuche. Es sind der Luftwiderstand und das Gesetz der Gravitation, die ihren Flug verlangsamen, aber sie nicht wieder in den Stahllauf zurückbefördern. Geschieht nicht etwas ähnliches mit der menschlichen Gesellschaft? Sind nicht alle ihre Versuche des Rückschreitens so fruchtlos wie es der Wille des vom Turm gestürzten Unvernünftigen wäre, zur Spitze zurückzukehren, oder wie es der Wille der Kugel wäre, wenn sie versuchen wollte, sich zum Gewehrlauf umzuwenden und ruhig durch die Patronenkammer auszutreten? Der Volksmund kennt das Epigramm des Andalusiers der eine halbe Unze darauf setzte, dass er in einen Teich springen würde, aber, als er sich schon in der Luft befand, „Angst bekam und umkehrte“. […] Die Menschheit, oder zumindest ein Teil von ihr, hat Angst vor der Zukunft und versucht auf der Mitte des Weges umzukehren. Es gibt aber keinen Ausweg als voranzuschreiten. Wir Menschen können uns nicht von den Gesetzen der Physik lösen, wir können nicht nach unserem Gutdünken voranschreiten oder umkehren. Es wird nicht deshalb Morgen, weil Chanteclair seine göttliche Arie singt, und es wird nicht deshalb dunkel am Abend, weil der Hornträger weint. […] Wir können nicht zurück. Deshalb ist die Enttäuschung der Reaktionäre so bitter, die, nachdem sie ihr ganzes Leben mit dem Versuch verbracht haben, zu derjenigen Zeit zurückzukehren, die ihnen beneidenswert erscheint, nun bemerken müssen, dass sie ihre Zeit vertan haben und sie nichts als Enttäuschung und Verfall erwartet.

***

Die Welt durchläuft in allen Bereichen des Denkens und des Lebens einen entscheidenden Wandel. Aber sagt mir, bitte schön, ob das nicht das gleiche ist, was immer schon passiert ist. Vergleichen wir die gegenwärtige Welt mit derjenigen, über die wir aus alten Annalen wissen. Sie unterscheiden sich vollkommen. War es möglich, von den Kavernen der Höhlenbären zu den modernen Städten überzugehen ohne irgendeinen Wandel zu spüren, und ohne dass die Menschheit gewaltsame und schmerzhafte Erschütterungen erlebte? Es gibt keinen einzigen Fortschritt, der nicht zu seiner Durchsetzung Kämpfe und Umstürze erfordert hätte. Der Fortschritt ist nämlich eine Manifestation der Wissenschaft und „jede Wissenschaft fügt Schmerzen zu“, wie das Buch der Prediger feststellt; genauer gesagt, gerade weil sie schmerzhaft ist, ist jede Erleuchtung fruchtbar. Die großen Erfindungen fanden stets in den großen Krisenzeiten der Geschichte statt. Die Druckmaschine, der Kompass und das Schießpulver bezeichneten den Beginn einer neuen Zeit, wie das Radio, der Verbrennungsmotor, der Kinematograph, der Staudamm, die Endokrinologie und die experimentelle Biologie den Beginn einer anderen markieren. Es gilt sich anzupassen oder unterzugehen. Es ist möglich, dass es einen Menschen gibt, der glücklicher wäre, wenn auf einmal alle Erfindungen vergessen werden könnten, das Rad und der Hebel eingeschlossen; vielleicht wäre diese Person zufriedener, wenn sie auf allen Vieren liefe und in den sumpfigen Wäldern den spitzen Schrei der Menschenaffen, seiner Vorfahren, ausstieße; aber die meisten Menschen teilen nicht diese Passion für die Steinzeitmenschen, und selbst wenn sie sie teilten, wären sie doch machtlos, das Werk des Universums in einer Minute, ja nicht einmal in vielen Myriaden von Stunden und Zeitaltern zu zerstören, nicht nur moralisch, sondern auch physisch.

Weisen wir den vergeblichen Versuch zurück, die Welt in ihrem Gang anzuhalten und umzukehren. Dazu müsste man beginnen, alle die Maschinen zu vernichten, die die hauptsächlichen Ursachen des ökonomischen Konfliktes sind und nach Ansicht der Klassiker „die Steine, von denen man schreibt.“[…]. Es wäre notwendig, dass alle Alphabete sich ebenso verlieren müssten wie die Erinnerung an die neuen Sprachen. Und wenn es dann tatsächlich möglich wäre, sich erneut in jenen Zeiten wiederzufinden, nach denen ihre Anhänger sich so sehr sehnen und nach denen sie die Dinge umgestalten möchten, würden sie selbst vor dem Unverstand, der Barbarei, der Ungerechtigkeit und der materiellen Beschwerlichkeit der Epochen erschrecken, die ihnen aus der Ferne zulachten, wie wir entfernte Gebirge durch die großen Massen scheinbar farbloser Luft blau wahrnehmen.

Die Welt verändert sich, aber nicht in die Richtung, die der alte Pelletan annahm […]. Wir sind nicht unsterblich und müssen uns darin schicken, dass die Zeit uns tötet. Wir werden älter und vergeblich rufen wir, wie Faust, nach der verlorenen Jugend, die ebenso wie für ihn auch für uns beängstigend und tragisch wäre. Generationen altern und sterben auch und müssen sich damit abfinden den nachfolgenden den Platz zu räumen. Wir müssen uns zufrieden zeigen, dass die ganze Welt Geburtswehen und Entbindungsschmerzen leidet: Es ist ein Zeichen, dass bessere Zeiten kommen und mit besseren meine ich für die Menschheit als Ganze, nicht für diesen oder jenen Grundbesitzer oder Eigentümer von Staatsanleihen Gläubiger und auch nicht für denjenigen, der neidisch auf die Unbeweglichkeit der Auster in ihrer Schale blickt. Ihr Unangepassten jedoch, die ihr von der Höhe des Turms eurer Träume gefallen seid, blickt aufwärts; dort befindet sich das blumengeschmückte Kapitell, dort ranken sich die Schwellbögen und dort erhebt sich die spitze Wetterfahne. Hebt die Arme, unternehmt eine höchste Anstrengung und versucht und seht, ob ihr durch die Kraft der Gravitation oder einen wundersamen Zauber erneut hinaufsteigen könnt.


[1] Zozaya, Antonio, El Imposible Regreso, in: Mundo Gráfico, 01.12.1931.

[2] Übersetzung aus dem Spanischen durch Till Kössler.


Für das Themenportal verfasst von

Till Kössler

( 2013 )
Zitation
Till Kössler, Demokratie und Demokratieerfahrung Die spanische Zweite Republik (1931-1936/39) in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2013, <www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1608>.
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