Schatzkammer oder Weltnaturpark? Zur Antarktispolitik der Bundesrepublik Deutschland in den langen 1970er-Jahren[1]
Von Christian Kehrt
Der Essay behandelt die Antarktispolitik der Bundesrepublik in den langen 1970er-Jahren. In dieser Zeit geriet das im Kalten Krieg begründete Antarktisvertragssystem unter Druck.[2] Neue Akteure, insbesondere aus nicht-westlichen Ländern, forderten Zugang zur Antarktis und stellten das exklusive Antarktisvertragssystem in Frage. Zudem bestimmen nun vermehrt ökonomische und ressourcengetriebene Motive die Agenda, die anfangs im Antarktisvertrag nicht hinreichend geregelt waren. So kam es zu einer konfligierenden Wahrnehmung der Antarktis, die als Weltnaturpark unter Naturschutz gestellt werden sollte. Zugleich verhieß dieser staatsfreie Raum in einer Zeit, in der die Grenzen des Wachstums diskutiert wurden, neue, nahezu unerschöpfliche Ressourcenpotentiale. Auch die Bundesrepublik verfolgte mit ihrem Ziel, dem Antarktisvertragssystem beizutreten und ein Polarforschungsinstitut zu gründen, geopolitische Motive. Der Beitritt zum Antarktisvertrag sollte dem rohstoffarmen Kurzküstenstaat Zugang zu mineralischen und lebenden Ressourcen eröffnen und damit die sich in den zeitgleichen Verhandlungen über das Internationale Seerecht abzeichnende schlechte Position der Bundesrepublik kompensieren. Da die finanziell und logistisch aufwändige Antarktisforschung nur durch massive staatliche Förderung möglich ist, zeigt sich hier besonders deutlich das Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik im Rahmen länderübergreifender und im Fall der Antarktis globaler Problemkonstellationen der Atomkriegführung, Welternährung und Umweltzerstörung.
1. Die Entstehung des Antarktisvertragssystems im Kontext des Kalten Krieges
Zum Verständnis der Antarktispolitik ist ein Blick auf die Konflikte und Weichenstellungen in den 1950er-Jahren erforderlich, als militärische Auseinandersetzungen und die Nutzung der Antarktis als nukleares Testfeld drohten. Zwar wird diese in der zeitgenössischen öffentlichen Wahrnehmung als friedlicher Gegenentwurf zum Kalten Krieg und das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/58 als „Triumph der Wissenschaft“ über die Geheimniskrämerei des Kalten Krieg dargestellt. Die Erschließung der Polarregionen ist jedoch ein gutes Beispiel für die massive Mobilisierung und Förderung von Wissenschaft und Technik im Kalten Krieg und hatte eine nicht zu unterschätzende symbolische Funktion im Systemwettstreit der Supermächte um technische Macht und Machbarkeit und prestigeträchtige Erstleistungen. Die Antarktis war ein Labor des Kalten Krieges, in dem Menschen und Material unter extremen klimatischen Bedingungen für einen Kampfeinsatz in der Arktis getestet wurden. Die riesigen geophysikalischen Datenmengen, die im Rahmen der Antarktisforschung und des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58 erhoben und in eine weltweites Netz aus Forschungsstationen und Messstellen eingespeist wurden, waren nicht nur von wissenschaftlicher, sondern auch von militärischer Bedeutung.[3]
Durch das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/58 und den daran anschließenden Antarktisvertrag hat sich ein Wissensregime ausgeprägt, das für die kommenden Jahrzehnte prägend war.[4] Der am 1. Januar 1959 von 12 Staaten in Washington unterzeichnete Antarktisvertrag schuf eine demilitarisierte, nuklearwaffenfreie Zone.[5] Kernelement war der offene Austausch von Informationen, der freie Zugang zu allen Forschungsstationen und wissenschaftliche Kooperation.[6] Brisante territoriale Konflikte zwischen Staaten, die wie Großbritannien, Chile und Argentinien die gleichen Sektoren für sich reklamierten, wurden hingegen ausgeklammert und auf Eis gelegt, zumal zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, mineralische Rohstoffe wie Öl, Gas, Kohle und Erze abzubauen, rein hypothetischer Natur war. Der Antarktisvertrag hegte geopolitische und militärische Konflikte ein und sprach insgesamt der Wissenschaft eine Schlüsselrolle bei der Erschließung der Antarktis zu. Das Antarktisvertragssystem war ein exklusiver Club in dem Sinne, dass die Teilnahme an den geheimen Konsultativrunden, die über die zukünftige Nutzung der Antarktis entschieden, an ein permanentes wissenschaftliches Interesse gebunden war. Im Anschluss an das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/58 kam es zur Gründung des Scientific Committees on Antarctic Research (SCAR), einem internationalen Gremium, das die Antarktisforschung bis auf den heutigen Tag koordiniert und vergleichbar ist mit demCommittee on Space Research (COSPAR) und Scientific Committee on Oceanic Research (SCOR). Notwendig sind solche länderübergreifenden, internationalen Organisationen, Arbeits- und Kommunikationsmodi, weil es sich bei der Antarktis wie auch der Atmosphäre, Tiefsee oder dem Weltraum um staatsfreie, geostrategische Räume handelt, die nur im Rahmen multinationaler wissenschaftlicher Großprojekte erschlossen werden konnten.[7]
2. Ein gescheitertes europäisches Antarktisforschungsprogramm
Anfang der 1970er-Jahre gab es erste Überlegungen zu einem umfassenden europäischen Antarktisforschungsprogramm.[8] „Warum Europa an der Antarktisforschung beteiligt sein sollte“ – diese Frage versuchte der britische Glaziologe Charles Swithinbank (1926-2014) im Rahmen einer Sitzung des Committee on Science and Technology des Europarats in Straßburg im Jahr 1971 zu beantworten.[9] Er betonte die Notwendigkeit wissenschaftlicher Kooperationen, um die finanziell, technisch und auch wissenschaftlich aufwändige Antarktisforschung stemmen zu können. Polarerfahrenen Wissenschaftler und Klimaforscher, wie die Franzosen Claude Lorius und Paul Emile Victor (1907–1995), der Schweizer Hans Oeschger (1927–1998), der Belgier Gaston de Gerlache de Gomery (1919–2006) oder der Deutsche Walter Hofmann (1920–1993), nahmen an den Sitzungen anfangs mit großem Enthusiasmus teil. Sie kannten sich durch langjährige internationale, wissenschaftliche Kooperationen, Netzwerke und Expeditionen meist persönlich und waren, wie etwa Hofmann und Victor, bereits an europäischen Polarexpeditionen im Rahmen der Expédition Glaciologique Internationale au Groenland (EGIG) im Jahr 1959 beteiligt. Swithinbank verwies auf europäische Forschungstraditionen, um solch ein neuartiges europäisches Forschungsprojekt zu legitimieren. Insbesondere Nationen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied im Antarktisvertragssystem waren wie etwa Deutschland, Italien, Österreich, die Schweiz und Schweden oder nur über geringe finanzielle Ressourcen verfügten, hätten von solch einem europäischen Forschungsprogramm profitieren können. In den Jahren 1970 bis 1974 kam es zu zahlreichen Treffen der Arbeitsgruppe, die ein Antarktisforschungsprogramm im Umfang von etwa 20 Millionen Dollar ausarbeiten sollte. Im Fokus standen Fragen der globalen Klimageschichte und des bereits damals von Klimaforschern, Meteorologen und Glaziologen diskutierten anthropogenen Klimawandels.[10] Neue Erkenntnisse versprachen sich die Wissenschaftler insbesondere von Eiskernbohrungen, die Rückschlüsse in die Klimageschichte sowie den Einfluss industrieller Verunreinigungen geben sollten. Auch die politische Intention, neue europäische Akzente in der Antarktisforschung zu setzen, die bis dato von der Sowjetunion und den USA geprägt war, spielte hier vermutlich eine Rolle.[11] Bei näherer Betrachtung waren jedoch aufgrund der unterschiedlichen Interessen und begrenzten logistischen wie finanziellen Mittel der beteiligten Länder einem europäischen Engagement enge Grenzen gesetzt.[12]
Letztlich scheiterte dieses wegweisende europäische Antarktisforschungsprogramm an der mangelnden finanziellen Unterstützung durch Großbritannien und Deutschland.[13] Der von Swithinbank beschworene spirit of europe und die gemeinsame Begeisterung für das Abenteuer Polarforschung schienen tatsächlich vergeblich gewesen zu sein – „then our words will have been wasted and our meeting will have been in vain“.[14] Großbritannien entschied sich, Eiskernbohrungen im Rahmen des International Antarctic Glaciological Programme(IAGP) unter Beteiligung der USA, der Sowjetunion, Australiens und Frankeichs zu finanzieren. Der deutsche Vertreter Hoffmann bevorzugte europäische Grönlandforschung und verwies auf die enormen logistischen Anforderung und die damit einhergehenden hohen Kosten.[15] Zudem gab es noch kein eigenes Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das ein solches Engagement unterstützt und gerechtfertigt hätte. Dies sollte sich jedoch innerhalb weniger Jahren ändern. So stellt sich die Frage, weshalb die Bundesrepublik schließlich doch bereit war, mit über 160 Millionen DM die Antarktisforschung langfristig zu fördern.
3. Ressourcenorientierte Antarktisforschung
Im Laufe der 1970er-Jahre entstand ein starkes geopolitisches Interesse an den Rohstoffen der Antarktis. Dies wird durch das Schreiben des Bundesministers für Forschung und Technologie Hans Matthöfer (1925–2009) an Bundeskanzler Helmut Schmidt belegt: „Das Rohstoffpotential der Antarktis ist deshalb – neben dem der Tiefsee und der tieferen Schichten der Erdrinde – die vielleicht wichtigste derzeit noch unerschlossene Rohstoff-Zukunftsreserve.“[16] Nun waren es nicht geophysikalische, glaziologische und klimatologische Fragestellungen, wie sie im europäischen Antarktisprogramm formuliert worden waren, sondern eindeutig ressourcenorientierte Motive, die das Interesse an „der Antarktis als Ressourcenreservoir der Zukunft“ anheizten.[17] Schnelles Handeln schien nun erforderlich, um an der zukünftigen Verteilung der Rohstoffe beteiligt zu sein. Die Gondwanalandtheorie, wonach die Antarktis Teil eines früheren Urkontinents war, berechtigte zu der Annahme, dass dort enorme Vorkommen an mineralischen Rohstoffen schlummerten, wenngleich einem konkreten Abbau erhebliche technische, ökonomische und ökologische Grenzen gesetzt waren.[18] Einige Schätzungen gingen von 7,5 Milliarden Tonnen Öl aus.[19] Auch der eiweißhaltige Kleinkrebs Krill verhieß mit seiner gigantischen Biomasse von schätzungsweise 500 Millionen Tonnen eine Lösung der Welternährungsproblematik.[20] Die antarktische Krillforschung eröffnete der Bundesrepublik, die als Kurzküstenstaat im Rahmen der anstehenden Neuregelungen des Internationalen Seerechts ihre Fanggründe zu verlieren drohte, neue strategische Möglichkeiten.[21] Eine Mitgliedschaft in den internationalen Gremien der Antarktisforschung bot der Bundesrepublik, die erst 1973 in die UN aufgenommen wurde, neue Mitsprachemöglichkeiten in internationalen Gremien, in denen die Wissenschaft oftmals eine Platzhalterfunktion für politische Interessen innehatte: „Für die Bundesrepublik stehen hier auf mittlere Sicht erhebliche Interessen auf dem Spiel: nicht nur die langfristige Sicherung der Rohstoffversorgung, sondern auch die Mitwirkung an der Entwicklung und Bereitstellung der für die Nutzung dieser Rohstoffe geeigneter Technologien.“[22] Vor dem Hintergrund der in den 1970er-Jahren im Niedergang befindlichen Hochseeschifffahrt, konnten sich Schiffbau und Meerestechnik neue Impulse von einer intensivierten Polar- und Meeresforschung erhoffen.[23]
Die im Laufe der 1970er-Jahre nun auf die Agenda der internationalen Antarktispolitik rückenden Ressourcen- und Umweltfragen stellten jedoch das bereits bestehende exklusive Antarktisvertragssystem in Frage: „Der Interessenkonflikt Exklusivität oder Internationalisierung wird vor allem von der Frage bestimmt, ob ein Nutzungsregime allein von den Konsultativstaaten etabliert werden und quasi-monopolostische Züge annehmen soll, oder ob interessierte Drittstaaten daran beteiligt und ebenfalls direkten Zugang zu den antarktischen Rohstoffen erhalten sollen.“ Bislang wurden territoriale Fragen und Konflikte ausgeklammert und auch der Abbau von Rohstoffen war nicht geregelt.[24] Insbesondere Länder der Dritten Welt forderten Zugang zu den Rohstoffen der Antarktis, der nicht an ein kostspieliges wissenschaftliches Engagement gebunden war. Dies hätte allerdings das Ende der bereits getroffenen und erfolgreich umgesetzten Regelungen des Antarktisvertrages bedeutet. Dagegen setzten sich neue wissenspolitische Akteure wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace für eine Erklärung der Antarktis zum Weltnaturpark und ein umfassendes Verbot des Ressourcenabbaus ein.[25] Auch auf wissenschaftlicher Seite gab es ökologische Bedenken gegen einen unkontrollierten Abbau von Rohstoffen oder den Fang unbegrenzter Krillmengen. Folglich rückte die Nutzung der lebenden und mineralischen Rohstoffe auf die Agenda des Antarktisvertragssystems und sollte durch die Convention for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources (CCAMLR) und Convention on the Regulation of Antarctic Mineral Resource Activities (CRAMRA) begrenzt werden.
4. Die Antarktispolitik der Bundesrepublik
Die Bundesrepublik war ein Späteinsteiger ins Antarktisvertragssystem. Zwar fanden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wissenschaftlich motivierte Antarktisexpeditionen statt.[26] Es dauerte jedoch bis in die 1970er-Jahre, bis sich beide deutsche Staaten im engen Wechselspiel von Politik und Wissenschaft anschickten, Mitglied im Antarktisvertrag zu werden. Nahezu zeitgleich mit der DDR, die bereits 1974 dem Antarktisvertrag beitrat, versuchte nun die BRD Konsultativstatus zu erreichen.[27] Die DDR war seit den 1960er-Jahren kontinuierlich an sowjetischen Antarktisexpeditionen beteiligt. 1976 schickte sie eine erste eigene Vorexpedition in die Antarktis, um einen Standort für eine Polarstation als wichtiger Zugangsbedingung zum Antarktisvertrag zu erkunden.[28] Wie Fritzsche betont, diente die Antarktisforschung der außenpolitischen Anerkennung der DDR und sollte den Einfluss sozialistischer Staaten in internationalen Gremien stärken.[29] Die Sowjetunion, mit der die DDR-Polarforscher eng kooperierten und auf deren logistische Unterstützung sie angewiesen blieben, war aus strategischen Gründen an einer Mitgliedschaft der DDR interessiert. Vergleichbar sind deshalb die strategischen Bemühungen beider deutschen Staaten, Mitgliedschaft und Mitsprache in den Konsultativrunden des ATS zu erhalten. Im Unterschied zur meeresbiologischen und ressourcenorientierten Forschung der Bundesrepublik hatte die DDR-Antarktisforschung einen geophysikalischen Schwerpunkt. Insbesondere die Langzeitmessungen des Ozongehalts der Hochatmosphäre sollten mit der globalen Debatte um das Ozonloch in den 1980er-Jahren große internationale Aufmerksamkeit erhalten. Aber auch die DDR verfolgte seit den 1970er-Jahren ressourcenorientierte Motive im Rahmen ihrer geologischen Expeditionen.[30] 1980 wurde jedoch einer eigenständigen Antarktisforschung der DDR der Boden entzogen und vorerst keine weiteren Anstrengungen unterstützt, vermutlich aus mangelnden finanziellen Ressourcen.[31] Der Bundesrepublik gelang es hingegen unter Führung des Kieler Meeresbiologen Gotthilf Hempel, der in zahlreichen internationalen Gremien vertreten war und eine wichtige wissenschaftspolitische Scharnierfunktion innehatte, die Polarforschung systematisch auszubauen und sich an zahlreichen internationalen Programmen zu beteiligen.[32]
Das Schreiben des Bundesministers für Forschung und Technologie, Hans Matthöfer, von Ende Januar 1978 an Bundeskanzler Helmut Schmidt bündelt die Hintergrundkonsultationen und wissenschaftlich-technischen Aktivitäten zum Beitritt der BRD in das Antarktisvertragssystem und leitet das Engagement der BRD offiziell ein. Antarktispolitik fand auf nationaler Ebene unter Federführung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie statt; zugleich wurden hier, wie die Quelle zeigt, geopolitische, ressourcenorientierte Motive der BRD im internationalen Rahmen verhandelt. Die Bundesrepublik musste sich hierfür im Antarktisvertragssystem verorten und zur Wahrung ihrer strategischen Interessen ein massives wissenschaftliches Engagement in der Antarktis nachweisen, um dem exklusiven Club der Antarktisvertragsstaaten beitreten zu können: „Die Entscheidung über Forschungsstationen und Logistiksystem sollte bald getroffen werden, denn die Ausarbeitung eines Nutzungsregimes für die antarktischen Rohstoffe wird bereits Anfang 1978 beginnen.“
Vorbereitet wurde der Beitritt durch zwei Krillexpeditionen in den Jahren 1975/76 und 1977/78, in denen Wissenschaftler der Bundesanstalt für Fischereiforschung Hamburg großräumig die Krillbestände des Südatlantiks kartierten und nicht nur wissenschaftliche, sondern auch technische Versuche zur Herstellung essbarer Krillprodukte unternahmen. Diese Forschung fand in Kooperation mit britischen Wissenschaftlern statt. Auch geologische Forschungsprogramme wurden in dieser Zeit durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) unter Leitung Franz Tessensohns initiiert.[33] Nach einem heftig geführten Standortkampf zwischen Kiel, Bremerhaven und anfangs auch Münster wurde 1981 das Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven gegründet, und damit die Grundlage für eine breitgefächerte und letztlich nicht nur ressourcenorientierte Polarforschung gelegt. Im gleichen Jahr erhielt die Bundesrepublik Konsultativstatus im Antarktisvertragssystem.
[1] Essay zur Quelle: Schreiben des Bundesministers für Forschung und Technologie Hans Matthöfer an Bundeskanzler Helmut Schmidt (30. Januar 1978).
[2] Eine deutschsprachige Fassung des Vertrages findet sich auf der Webseite des Umweltbundesamtes, URL: <http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/480/dokumente/antarktisvertrag.pdf> (18.12.2014).
[3] Doel, Ronald E, Constituting the Postwar Earth Sciences. The Military's Influence on the Environmental Sciences in the USA after 1945, in: Social Studies of Science 33 (2003), S. 635–666; Dean, Katrina u.a., Data in Antarctic Science and Politics, in: Social Studies of Science 38 (2008), H. 4, S. 571–604; Heymann, Matthias, Die physikalischen Umweltwissenschaften und das Militär. Zur Erforschung Grönlands im Kalten Krieg, in: Forstner, Christian; Hoffmann, Dieter (Hgg.), Physik im Kalten Krieg, Beiträge zur Physikgeschichte des Ost-West-Konflikts, Wiesbaden 2013, S. 33–42; Martin-Nielsen, Janet, Eismitte in the Scientific Imagination. Knowledge and Politics at the Center of Greenland (Palgrave Studies in the History of Science and Technology), New York 2013.
[4] Barr, Susan; Lüdecke, Cornelia (Hgg.), The History of the International Polar Years, Berlin 2010; Launius, Roger D. et al. (Hgg.), Globalizing Polar Science. Reconsidering the International Polar and Geophysical Years (Palgrave Studies in the History of Science and Technology), New York 2010.
[5] Zu den Signatarstaaten gehörten Argentinien, Australien, Belgien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Japan, Neuseeland, Norwegen, die Sowjetunion, Südafrika und die USA.
[6] Vgl. Dodds, Klaus, Governing Antarctica: Contemporary Challenges and the Enduring Legacy of the 1959 Antarctic Treaty, in: Global Policy 1 (2010), S. 108–115; Elzinga, Aant, Origin and Limitations of the Antarctic Treaty, in: Berkman, Paul Arthur (Hg.), Science Diplomacy. Antarctica, Science, and the Governance of International Spaces, Washington DC 2011, S. 59–67; Finn, Sollie, The Development of the Antarctic Treaty System – Trends and Issues, in: Wolfrum, Rüdiger (Hg.), Antarctic Challenge, Berlin 1984, S. 17–37; Joyner, Christopher C., Governing the Frozen Commons. The Antarctic Regime and Environmental Protection, Columbia 1998; Haward, Marcus, The Antarctic Treaty System: Challenges, Coordination, and Congruity, in: Brady, Anne-Marie (Hg.), The Emerging Politics of Antarctica, Padstow, Cornwall 2013, S. 13–28; Berkman, Paul Arthur et al. (Hgg.), Science Diplomacy. Antarctica, Science, and the governance of International Spaces, Washington, D.C. 2011.
[7] Wolfrum, Rüdiger, Die Internationalisierung staatsfreier Räume. Die Entwicklung einer internationalen Verwaltung für Antarktis, Weltraum, Hohe See und Meeresboden, Berlin 1984.
[8] Elzinga, Origin and Limitations of the Antarctic Treaty; Stauffer, Bernhard, Early Attempts for an European Antarctic Science Programme 1970–1974, in: Polarforschung (2009), S. 113–118; Fleischmann, Klaus, Zu den Kältepolen der Erde. 50 Jahre deutsche Polarforschung, Bielefeld 2005, S. 160–163.
[9] Council of Europe, Charles Swithinbank, Some Glaciological Problems of the Antarctic Consultative Assembly, Working Party on European Polar Research (Antarctic Programm), convened at the instance of the Committee on Science and Technology, Strasbourg, 1971.
[10] Das geplante Programm zeigt eine deutliche Hinwendung zu globalen Umweltfragen. Vgl. Lorius, Claude; Oeschger, Hans, Study of the World Climatic Environment, zitiert nach.: Stauffer, Early Attempts, S. 117; Council of Europe: Flohn, Hermann, Background of a Geophysical Model of the Initiation of the Next Glaciation. Working Party on Polar Research, Antarctic Programme, Committee on Science and Technology, Paris, Strasbourg, 1974.
[11] Vgl. zur europäischen Forschungspolitik und Expertenkultur Kohlrausch, Martin; Trischler, Helmuth, Building Europe on Expertise. Innovator, Organizers, Networkers (Making Europe: Technology and Transformations, 1850–2000), Basingstoke 2014.
[12] Zudem konnte die EU nicht dem Antarktisvertrag beitreten.
[13] Deutschland und England sollten zusammen etwa 6 Millionen Dollar beisteuern.
[14] Charles Swithinbank Strasbourg, 07.06.1971, S. 4–6.
[15] Fleischmann, Kältepole, S. 161. Erst mehr als 20 Jahre später wurde mit den European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA) Eiskernbohrungen in den Jahren 1996–2005 durch die im Jahr 1974 gegründete European Science Foundation solch ein Programm gefördert. Ein verstärktes europäische Engagement begann in den 1980er-Jahren mit der European Polarstern Study (Epos), dem Greenland Ice-Core Project (Grip) und der Polar North Atlatnic Margins, Late Cenozoic Evolution (PONAM). Vgl. Hempel, Gotthilf (Hg.), The Ocean and the Poles. Grand Challenges for European Cooperation, Jena 1995, S. 10.
[16] Siehe Quelle zum Essay: Bundesarchiv B 136/17698, Hans Matthöfer BMFT an Bundeskanzler Helmut Schmidt, 30.1.1978, S. 1. Im Folgenden stammen alle Quellenzitate, soweit nicht anders vermerkt, aus der zum Essay veröffentlichten Quelle.
[17] Ebd.
[18] Kehrt, Christian, Gondwana‘s Promises German Geologists in Antarctica between Basic Science and Resource Exploration in the Late 1970s, in: Historical Social Research 40 (2015), H. 2 [im Erscheinen].
[19] Vgl. Bundesarchiv B 102/184068 Bundesanstalt für Bodenforschung, Hannover, an BMFT: Antarktisvertrag vom 01.12.1959, hier: Forschungs- und Rohstoffinteressen, 23.07.1975, S. 1.
[20] Kehrt, Christian, Dem Krill auf der Spur. Antarktisches Wissensregime und globale Ressourcenkonflikte in den 1970er-Jahren, in: Geschichte und Gesellschaft 40 (2014), H. 3, S. 403–436.
[21] Antarktis. Appetit geweckt, in: Der Spiegel, 20.02.1978.
[22] Quelle Bundesarchiv, Anlage S. 6.
[23] Vgl. Heidbrink, Ingo, „Deutschlands einzige Kolonie ist das Meer!“. Die deutsche Hochseefischerei und die Fischereikonflikte des 20. Jahrhunderts (Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseum, Bd. 63), Bremerhaven 2004; Sparenberg, Ole, Segen des Meeres: Hochseefischerei und Walfang im Rahmen der nationalsozialistischen Autarkiepolitik; Berlin 2012, S. 366–371.
[24] Wolfrum, Rüdiger, The Convention on the Regulation of Antarctic Mineral Resource Activities. An Attempt to Break New Ground, Berlin 1991, (Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, Bd. 102), S. 3.
[25] Vgl. Douglas, Allan, Das Greenpeace-Buch der Antarktis, Ravensburg 199; Vorfelder, Jochen, Eispatrouille – Greenpeace in der Antarktis (= Greenpeace-Report, Bd. 3), Reinbek 1987.
[26] Lüdecke, Cornelia, Die deutsche Polarforschung seit der Jahrhundertwende und der Einfluß Erich von Drygalskis, München, Univ., Diss., 1994 (Berichte zur Polarforschung, Bd. 158), Bremerhaven 1995; Cornelia Lüdecke, Cornelia; Summerhayes, Colin, The Third Reich in Antarctica. The German Antarctic Expedition 1938–39, Norwich 2012.
[27] Vgl. zur nicht hinreichend erforschten Geschichte der DDR Polarforschung Fleischmann, Kältepole, Fritzsche, Paech, Hans Jürgen, Die DDR-Antarktisforschung Retrospektive, in: Polarforschung 60 (1992), H. 3, S. 197–218, Fritzsche, Dietrich, Geowissenschaftliche Forschung der DDR in der Antarktis, in: Zur Geschichte der Geowissenschaften in der DDR (= Schriftenreihe für Geowissenschaften, Bd. 18), Ostklüne 2011, S. 303–317.
[28] Bundesarchiv DK 5/3434, Dr. Hartwig Gernandt und Dipl. Ing. oec. Werner Passehl, Dokumentation über die Ergebnisse der DDR Erkundungsexpedition 1976.
[29] Fritzsche, Geowissenschaftliche Forschung der DDR, S. 303.
[30] Weber, Wolfgang, Nutzbare Mineralisationen und Rohstoffvorkommen in der Antarktis, in: Freiberger Forschungshefte, Leipzig C 371 (1982), S. 41–96; Fritzsche, Geowissenschaftliche Forschung der DDR.
[31] Erst 1987 konnte sie mit der Georg-Forster Station eine eigene Polarstation eröffnen und erhielt im gleichen Jahr Konsultativstatus im Antarktisvertragssystem.
[32] Vgl. Hempel, Gotthilf, Blühende Landschaften im ewigen Eis, in: Polarforschung 79 (2009), H. 3, S.181–191.
[33] Vgl. Kehrt, Gondwana’s Promises.
Literaturhinweise
Abbink, Peter, Antarctic Policymaking and Science in the Netherlands, Belgium and Germany, 1957–1990 (Circumpolar Studies, Bd. 6), Groningen 2009.
Dodds, Klaus, Geopolitics in Antarctica, Chichester 1997.
Fleischmann, Klaus, Zu den Kältepolen der Erde. 50 Jahre deutsche Polarforschung, Bielefeld 2005.
Pyne, Stephen J., The Ice. A Journey to Antarctica, Seattle 1998.
Roberts, Peder, The European Antarctic. Science and Strategy in Scandinavia and the British Empire (Palgrave Studies in Cultural and Intellectual History), New York 2011.