Transatlantische Perspektiven: Europabewusstsein in Exil und Remigration, 1930er -1950er[1]
Von Jan Logemann
Rückblickend auf sein Exil in den USA schrieb der Soziologe und Gesellschaftstheoretiker Theodor W. Adorno im Jahr 1950 über seine Rückkehr über den Atlantik ein Jahr zuvor.[2] Der Remigrant Adorno fand eine „Kultur in Trümmern“ vor und ein von Stagnation geprägtes Geistesleben. „Diese Erfahrung“, schreibt er, „beschränkt sich keineswegs auf Deutschland. Sie betrifft jenes Europa, das dem aus Amerika Zurückkehrenden so rätselhaft zur Einheit sich zusammendrängt.“[3] Es ist daher eine „europäische“ Gesellschaft, die Adorno aufruft, ihre Nachkriegs-„Starre“ zu überwinden, um nach Visionen einer freien und „versöhnten“ Menschheit zu streben. Er denke dabei, so schreibt er weiter, auch an „die Beseitigung der europäischen Landesgrenzen“, die an der Zeit sei.[4] Im Zentrum von Adornos kurzem Essay stand eigentlich die „Auferstehung“ des Kulturlebens in Deutschland in der Nachfolge des Nationalsozialismus, doch es waren diese kurze Randbemerkungen zu Europa, die etliche Jahre später den Aufhänger zu einem ausführlichen Gespräch zu „Europa nach der Emigration“ im Hessischen Rundfunk bildeten, das hier als Tonquelle wiedergegeben ist.
Warum „Europa nach der Emigration“ und nicht etwa Deutschland? Diese Frage stellt eingangs der Gesprächsleiter und Radiojournalist Adolf Frisé [0:15-0:22]. Die Antwort, so legt Frisé nahe, findet sich in der breiteren Gültigkeit der von Adorno beschriebenen Erfahrung eines wahrgenommen Zusammenwachsens Europas aus der Außenperspektive von Emigration oder Exil. Neben Adorno nahm daher auch die Schauspielerin und Schriftstellerin Erika Mann an dem Gespräch teil, die Adornos Emigrationserfahrungen in den USA teilte.[5] Auch Thomas Mann, ihr berühmter und wenige Jahre zuvor verstorbener Vater, hatte mehrfach über die Bedeutung Europas als Identifikationsgröße für EmigrantInnen und über die Rückkehr nach Europa nach dem Krieg geschrieben.[6] Dieser allgemeinere Zusammenhang zwischen intellektueller Emigration und einer besonderen Europawahrnehmung während und nach dem Exil macht die Quelle jenseits der Einzelschicksale Theodor W. Adornos und Erika Manns für die historische Europaforschung wichtig. Das Gespräch zeigt exemplarisch, wie sehr die Auseinandersetzung mit Europa sowie mit Europas Verhältnis zu den USA das Denken einer in der unmittelbaren Nachkriegszeit überaus einflussreichen Gruppe intellektueller (Re)MigrantInnen prägte.
Der Blick auf Europa aus der Außenwahrnehmung europäischer EmigrantInnen stand auch im Zentrum des Forschungsprojekts Transatlantic Perspectives am DHI in Washington, das Fragen der Geschichte von Europawahrnehmungen mit Forschungen zu Emigration und Exil in den USA zusammengebracht hat.[7] Einsichten aus diesem Projekt sollen im Folgenden zur Kontextualisierung der Quelle herangezogen werden. Erstens soll verdeutlicht werden, dass die Erfahrung der Emigration bei vielen eine politische, kulturelle und emotionale Identifikation mit Europa beförderte. Das Gespräch zeigt, dass „Europa“ dabei nicht einfach eine abstrakte politische oder wirtschaftliche Größe darstellte, sondern dass es sich zweitens auf ganz vielfältige Weise durch den Kontrast zu den USA als Vergleichsfolie konturiert. Sowohl im Exil als auch nach der Rückkehr nach dem Krieg nahmen die EmigrantInnen drittens eine Art gesellschaftliche Mittlerstellung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten ein. Schließlich geht es Mann und Adorno aber vor allem um Europa als persönliche und sinnliche Erfahrung in der Heimkehr und als Ort privater Heimat.
Der Blick von außen: europäisches Bewusstsein in der (US-amerikanischen) Emigration
Am Beginn der transatlantischen Emigrationserfahrung stand in der Regel die Flucht aus Europa. Als kritischer Sozialtheoretiker jüdischer Abstammung verlor Theodor W. Adorno schon 1933 seine Lehrbefugnis und floh zunächst nach England. 1938 kam er dann in die USA, wo er in New York Mitglied des aus Frankfurt übergesiedelten Instituts für Sozialforschung wurde. Gemeinsam mit Max Horkheimer, mit dem er in dieser Zeit die Dialektik der Aufklärung schreibt, siedelte Adorno 1942 nach Kalifornien über, wo er bis 1949 lebte.[8] Als politische Kabarettistin musste Erika Mann ebenfalls direkt nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten Deutschland verlassen und kam 1936 in die Vereinigten Staaten. Ihre Jahre des Exils brachten die prononcierte Kritikerin des NS-Staates nach Kalifornien und während des Krieges auch nach London und New York. Erst 1952 kehrte Erika Mann dauerhaft aus den USA nach Europa zurück.[9]
Adorno und Mann waren damit Teil der intellektuellen Emigration der 1930er und 40er Jahre, zu der es mittlerweile eine sehr umfangreiche historische Forschung gibt.[10] Diese setzt sich mit den transnationalen Biographien der einzelnen AkteurInnen auseinander, aber auch mit der durch sie geförderten transatlantischen Wissenszirkulation und mit den vielschichtigen Verhandlungen von Identitäten durch die EmigrantInnen. Die Zahl jener EmigrantInnen, die Europa als Folge totalitärer und rassistischer Verfolgung insbesondere durch das NS-Regime verlassen musste, wird auf etwa 130.000 allein aus dem deutschsprachigen Europa geschätzt. Darunter waren viele jüdische EmigrantInnen, emigrierte KünstlerInnen, Intellektuelle, WissenschaftlerInnen sowie das politische Exil.[11] Bei fast allen wandelte sich im amerikanischen Exil der Blick auf ihre Herkunftsländer und auf Europa.
Adorno vergleicht im Gespräch mit dem Hessischen Rundfunk 1958 die Perspektive der Emigration mit dem Blick aus einem Flugzeug: Die Grenzen verwischen in der Distanz, und die Zusammengehörigkeit des Kontinents, aber auch seine Eigenarten werden dem Betrachter deutlicher [6:19 – 7:06]. Für Erika Mann bildete sich ein europäischer Blick schon früh in der Emigration heraus. Nach der Flucht aus Deutschland reiste sie für Auftritte mit ihrem Kabarett-Ensemble Die Pfeffermühle bis 1936 quer durch den Kontinent, lebte in der Schweiz und in Frankreich als Teil einer europäischen Kulturelite. Besonders für privilegierte EmigrantInnen, denen das Reisen trotz nationalsozialistischer Verfolgung noch möglich war, wurde Europa so zu einem wichtigen Erfahrungsraum. Als politische Einheit spielte Europa ebenso eine zentrale Rolle in der Emigration und, so erinnert sich Mann, die EmigrantInnen nahmen an den politischen Entwicklungen auf dem Kontinent regen Anteil (Großbritannien nimmt sie dabei explizit aus als ein Land das aus transatlantischer Sicht irgendwo „dazwischen“ stünde). Die Emigration bedeutete für Mann, wie sie sagt, von Beginn an „eine praktisch erfahrene Einheit“ Europas im Reisen wie im politischen und künstlerischen Wirken [07:06-09:45].
Solche Beobachtungen sind typisch für die Zeit und für die Emigration, besonders - aber nicht nur – aus dem deutschsprachigen Raum Zentraleuropas. Die historische Forschung zur Europawahrnehmung unterstreicht die Bedeutung der Jahrzehnte um die Mitte des 20. Jahrhunderts für die Entwicklung eines europäischen Bewusstseins.[12] Ideengeschichtliche Studien haben die Entwicklung des Europagedankens besonders seit der Zwischenkriegszeit nachgezeichnet.[13] Gerade für die 1940er und 1950er Jahre werden dabei eine Blüte des Europagedankens aus der Erfahrung des Krieges heraus und ein weitgreifender Europaenthusiasmus festgestellt. Schon in den von Krisen und aggressiven Nationalismen geprägten Jahrzehnten der 1920er und 1930er hatte der europäische Gedanke zunehmend Anhänger gefunden. Während des Krieges fanden politische Europaföderationspläne dann gerade im politischen Exil große Resonanz, wie die Geneva Declaration of Resistance vom Mai 1944 zeigt.[14] Viele in der Emigration konstatierten ein Versagen der Nationalstaaten und erblickten die Zukunft Europas in einer souveränen Föderation mit gemeinsamer Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik.
Die Wahrnehmung Europas als eine kulturelle und historische Einheit, die nationale Differenzen transzendiert, war ein wiederkehrender Topos bei EmigrantInnen. Der Aufenthalt in der Fremde schärfte das Bewusstsein für europäische Gemeinsamkeiten und Probleme. So schrieb die deutsch-österreichische Soziologin Louise von Simson mit Blick auf ihren Exilaufenthalt in den USA: „Es ist erstaunlich, wie man in Amerika die nationalen Unterschiede völlig vergisst, die in Europa als so wichtige Trennlinie erscheinen [… so dass] die Einheit von Europa augenscheinlich wurde und uns als Europäer fühlen ließ“.[15] Gerade aus transatlantischer Perspektive erschien der Kontinent als eine kulturelle Einheit, wie auch der emigrierte Marktforscher Ernest Dichter in einer Studie zu Europa betonte: „Es ist interessant“, resümierte Dichter, „dass im Ausland, in Nord- und Südamerika und auch in vielen anderen Ländern, das Europakonzept schon viel lebendiger ist als in Europa selbst. Die Amerikaner sind selbstverständlich vertraut mit dem [Begriff] ‚continental‘, der ‚continental cuisine‘, ‚continental‘ dieses oder jenes, wobei Europa (continental) als Einheit angesehen wird. Bringt man in Europa jedoch selbst eine Zeitlang zu, stellt man fest, dass es diese Einheit nicht gibt. Noch nicht!“[16] In dieser Auftragsstudie für die Europa Union schreibt der Emigrant Dichter in mehrfacher Außenperspektive. Er schreibt als Europäer – oder genauer als europäischer Jude –, der in den 1930er Jahren Europa verlassen musste und nun über den Atlantik zurückblickt mit einer Mischung aus persönlicher und professioneller Reflexion. Er schreibt aber auch als Amerikaner, der dem Nachkriegseuropa amerikanische Perspektiven „vermitteln“ will. Aus dem Österreicher Ernst Dichter war schon lange und sehr bewusst der Amerikaner Ernest Dichter geworden. Ähnlich wie bei Mann und Adorno vermittelte auch bei Dichter die Emigration einen Blick auf Europa als Einheit.[17]
Bei vielen EmigrantInnen ging eine politische Orientierung auf Europa mit einer zunehmenden persönlichen Identifikation einher, einer Art europäischer Identität. Neuere Arbeiten zu europäischer Identität fassen diese meist als ein Patchwork diverser, einander z.T. überlappender Teilidentitäten und betonen die multiplen Bausteine eines europäischen Selbstverständnisses.[18] Der Historiker Hartmut Kaelble spricht daher in bewusster Abgrenzung zu Konzepten nationaler Identität von einem „europäischen Bewusstsein“, das mit anderen Selbstbeschreibungen koexistierte. Solch hybride Konzeptionen europäischer Identität bilden einen Anknüpfungspunkt zur jüngeren Migrationsforschung, die das Entstehen hybrider Identitäten als Konsequenz transnationaler Migrationsprozesse betont.[19] Die lange marginalisierte Geschichte von MigrantInnen in Europa kann somit einen Beitrag zum historischen Verständnis europäischer Selbstbeschreibungen leisten.[20] Die Erkenntnis, dass europäisches Bewusstsein eine Konsequenz von Migrations- und Mobilitätserfahrung sein kann, findet sich besonders prominent in jenen Studien zum europäischen Bewusstsein, die sich auf Reiseberichte europäischer Intellektueller im 19. und 20. Jahrhundert als Quellen stützen.[21] So schrieb zum Beispiel die französische Feministin und Schriftstellerin Simone de Beauvoir bei ihrem Aufenthalt in den USA Ende der 1940er Jahre: „Das Wort ‚Europäer‘, das ich in Frankreich nie benutze, kommt mir hier oft über die Lippen. Nach Gesprächen mit Amerikanern wurde mir klar, dass Italiener, Spanier, Franzosen, deutsche Juden alle demselben Vaterland entstammen, das ebenso meins ist – sie alle haben dieselben Werte und dasselbe Verlangen nach Gesprächen und Diskussion.“[22]
Nicht alle EmigrantInnen identifizierten sich auf diese Weise mit Europa in der Fremde. Fast alle setzten sich aber intensiv mit Fragen der Zugehörigkeit zwischen Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft auseinander. Denn anders als bei Reisenden, war ihre Rückkehr ungewiss. Manche, wie die emigrierte Soziologin Eva Reichmann, fühlten sich in vieler Hinsicht beiden Gesellschaften irgendwie ein wenig, keiner jedoch ganz richtig zugehörig.[23] Andere wiederum wurden in ihrer Selbstwahrnehmung über die Jahre so sehr zu BritInnen oder AmerikanerInnen, dass der Bezug zu Europa an Bedeutung verlor. Für viele Intellektuelle war das allerdings schwieriger, beobachtet Adorno hier im Gespräch. Anders als für Menschen in praktischen Berufen oder im Geschäftsleben, meint er, sei die Verbindung zu Europa durch Sprache und Geistesleben für ihn zu stark gewesen. „Das Neue“ ganz aufzunehmen sei ihm nicht möglich gewesen, und das Englische als Sprache sei ihm nie gänzlich zu eigen geworden [43:03-46:30]. Bei aller zunehmenden Vertrautheit blieben die Vereinigten Staaten für Adorno ebenso wie für Erika Mann also auch fremd, und der transatlantische Vergleich beförderte die Verbindung mit Europa.
Europa im Kontrast (er-)finden: Das amerikanische „Andere“ als Vergleichsfolie
Das Gespräch der beiden Rückkehrer verdeutlicht, dass sich Europa für sie im Vergleich mit den Vereinigten Staaten konturierte. Der Kontrast mit dem außereuropäisch „Anderen“ – und dazu zählen in der Mitte des 20. Jahrhunderts ganz besonders die USA – hat das moderne europäische Selbstverständnis wesentlich mitgeprägt.[24] Transnationale Studien der letzten Jahrzehnte haben unser Bewusstsein für die globale Kontextualisierung europäischer Geschichte besonders seit der Ära der kolonialen Expansion geschärft.[25] Während der koloniale Blick bis zum Ersten Weltkrieg vor allem eine zivilisatorisch und zunehmend auch rassistisch begründete europäische Überlegenheit konstatierte, lässt sich in der Folge der Weltkriege eine Krise des europäischen Selbstverständnisses beschreiben, wie auch Mann und Adorno in ihrem Gespräch nahelegen. Der Blick richtete sich verstärkt auf interne Differenzen und Probleme, dennoch blieb der Kontrast zum außereuropäisch „Anderen“ wichtig.[26] Der Aufstieg der Vereinigten Staaten, so Hartmut Kaelble, habe seit der Zwischenkriegszeit zu einer Engführung reflexiver Selbstbeschreibungen auf die USA als Vergleichsfolie geführt.[27] Die USA konnten dabei sowohl eine Vorbildfunktion erfüllen als auch als abschreckendes Beispiel dienen, stellten meistens aber jenes „Andere“ dar, welches das europäische „Selbst“ definieren sollte. Europäische EmigrantInnen spielten eine zentrale Rolle bei der Konstruktion dieses Kontrasts.
Die Vergleiche zwischen Europa und den USA, die Adorno und Mann im Gespräch mit dem Hessischen Rundfunk ziehen, folgen zum Teil zeitgenössischen Stereotypen von einem „modernen“, aber „oberflächlichen“ Amerika und einem technisch rückständigen, aber kulturell tiefgründigen Europa. Andererseits lassen sie tief in die persönlichen Erfahrungen der beiden in ihrem transatlantischen Exil blicken. So spricht Erika Mann von fehlender persönlicher Fürsorge für gehobene Gäste in den USA, die sie aus der europäischen Klassengesellschaft gewöhnt war. Das Läuten der Glocke, um Bedienstete im Hotel zu rufen, war für sie Inbegriff europäischer Kultur, an die der amerikanische Nachtportier nicht herankam [16:15-17:33]. Zudem fehle Amerika die gewachsene Natur- und Kulturlandschaft Europas. Amerikas Landschaft sei „unbeseelt“ mit Orten, die alle nach „Schema-F“ mit Mainstreet und Drugstores ausgestattet seien. Die weltgewandte Intellektuelle Mann, die sich hier plötzlich als eine „bayerische Landperson“ vorstellt, zeichnet ein romantisierendes Bild Europas im Kontrast mit den Vereinigten Staaten: sie vermisse dort die Dörfer [18:55-20:55] – Europa, das seien „Misthaufen“ und „Kerzenschein“, Amerika hingegen „Schrottplätze“ und kaltes „Neonlicht“ [26:18-26:50].
Im Kontrast zu den USA konnte Europa den EmigrantInnen als eine Art Sehnsuchtsort erscheinen. Während Adorno im Gespräch noch den amerikanischen Drugstore als Ort wahren Lebens verteidigt, vermisst auch er eine gewisse Authentizität in der amerikanischen Kultur und Gesellschaft. Adorno, ein ausgewiesener Kritiker der amerikanischen Populärkultur und ihrer „Kulturindustrie,“ beschreibt die Vereinigten Staaten als eine „versachlichte Gesellschaft“ und bedient sich damit Klischees, die sich schon in der europäischen USA-Literatur des 19. Jahrhunderts finden lassen.[28] Im Gegensatz dazu ist Europa für ihn der Kontinent, auf dem das „Leben lebt“, Ort des sinnlichen Erlebens und der echten Gefühle. Dies mag vor dem Hintergrund der Erfahrung von Krieg und persönlicher Vertreibung zunächst überraschen. Es ginge ihm dabei aber nicht um eine idealisierte Vorstellung von Europa als Idylle, so Adorno. Vielmehr suche er in Europa nach dem „Geruch der Dinge“ (Baudelaire) und ihrem „eigenen Namen“ – ein Prozess, der durchaus schmerzlich und unangenehm sein könne [28:44-30:33]. Während Kerzenschein in den USA ein dekorativer Zierrat sei, erklärt Adorno, sei er im Europa der Nachkriegsjahre in Ermangelung von Elektrizität eben echte Notwendigkeit – Zeugnis auch der relativen Armut und technologischen Rückständigkeit des Kontinents [24:00-24:55]. Ob in der Suche nach authentischen Erfahrungen oder im Verweisen auf kulturelle Muster und gesellschaftliche Strukturen, ob mit Blick auf Städte und Landschaften oder auf technologische Entwicklung, immer wieder ist Europa als Ganzes, die europäische Gesellschaft, der Referenzrahmen des Vergleichs mit den USA für die EmigrantInnen Mann und Adorno.
Transatlantische Mittler: Übersetzungsleistungen der EmigrantInnen
Der Blick auf das amerikanische Aufnahmeland war jedoch keinesfalls rein oder auch nur überwiegend negativ. Selbst ein Amerikakritiker wie Adorno erkannte in der amerikanischen Gesellschaft viel Gutes.[29] Die transatlantische Emigrationserfahrung zwischen Europa und den USA ermöglichte den EmigrantInnen eine Vermittlungsposition, aus der sie in der Emigration auf ihre amerikanische Aufnahmegesellschaft und nach der Rückkehr dann wieder auf Europa blicken und Einfluss nehmen konnten. Für Erika Mann waren es gerade die bereichernden Erfahrungen der Emigration, die sowohl auf die USA als auch auf Europa übertragen werden sollten: „Thank you, Mr. Hitler“, sagt sie ironisch, für die Möglichkeiten des Exils [56:27-58:23].
In vieler Hinsicht sprachen EmigrantInnen aus einer Position des interkulturellen „Dazwischen“-Seins, die ihnen sehr eigene Außenansichten auf Europa und die USA eröffneten. Jenseits von Konzepten wie Assimilation und Integration betont die neuere Migrationsforschung genau diese Zwischenstellung von sogenannten Transmigranten oder „Wanderern zwischen den Welten“, deren Migrationswege und persönliche Netzwerke oft durch ein vielschichtiges transatlantisches Hin und Her gekennzeichnet waren. Exilforscher haben in diesem Zusammenhang auf die Fruchtbarkeit von Konzepten wie der Hybridität aus den Postcolonial Studies für ihr Forschungsfeld hingewiesen.[30] Schon in der Zwischenkriegszeit hatten amerikanische Stadtsoziologen wie Robert Ezra Park begonnen, die Einwanderungsmetropolen der USA als urbane Kontaktzonen verschiedener Kulturen zu verstehen. MigrantInnen beschrieb er als „social hybrids“ und „marginal men“ – Zwischenexistenzen mit kulturellen Mehrfachzugehörigkeiten, die eine exponierte und kreative Mittler- und Beobachterrolle einnahmen. Der Fremde, so Park, sei ein „new type of personality, a cultural hybrid, a man […] on the margins of two cultures and two societies.”[31] Intellektuelle EmigrantInnen wie der Theologe Paul Tillich und seine KollegInnen an der University in Exile der New Yorker New School for Social Research knüpften hier ganz bewusst an. Im Jahr 1937 schrieb Tillich: „Our enforced migration and our staying in this country of emigres has liberated us little by little from a kind of national provincialism and has transformed for us the abstract concept of Europe into a concrete reality. Whether, as we hope, the meeting of the American mind with a living group representing the European mind will have some creative meaning for any American groups is a question which only the future can answer.”[32]
Wie Tillich beanspruchten viele EmigrantInnen eine Zwischenstellung, die ihnen neue intellektuelle Perspektiven auf Europa und auf die USA eröffnete. Adorno weist im Gespräch zwar die Rolle des Mittlers von sich – die Neukreation, nicht die Zirkulation sei immer das Ziel seiner Arbeit gewesen. Dennoch sieht auch er sich in verschiedener Hinsicht gehalten, Erfahrungen, die er in den USA gesammelt hat, in Europa weiterzugeben. Einerseits bezieht sich das auf professionelle Einsichten des Soziologen, der den KollegInnen in Europa ganz selbstverständlich den neuesten Stand der amerikanischen empirischen Sozialforschung vermitteln möchte.[33] [52:10-53:10] Zum anderen geht es ihm mit Blick auf die politische Kultur Nachkriegseuropas um den „Geist der Freiheit“, des Widerspruchs und der Zivilcourage, der ihm in den USA noch selbst in der McCarthy-Ära begegnet sei. Diesen demokratischen Geist nach Hause zu bringen, schien den zurückkehrenden EmigrantInnen oft ein zentrales Anliegen 53:40-56:26].
Der kulturelle und politische Einfluss der EmigrantInnen sowohl in den USA als auch durch transatlantische Netzwerke später in Europa bildet einen Forschungsschwerpunkt der Emigrationsforschung. Entgegen älteren Vorstellungen eines „brain drain“ von Europa in die USA, unterstreichen differenziertere neuere Studien die Komplexität der hier entstehenden Transfer- und Adaptionsprozesse.[34] EmigrantInnen hatten einen prominenten Einfluss auf amerikanische Kultur und Wissenschaft, aber auch auf das Wirtschaftsleben und die politische Kultur im Kontext von New Deal, Krieg und entstehendem Kalten Krieg, besonders in Bezug auf Europa.[35] Ob vorübergehende oder dauerhafte Re-MigrantInnen, war der Einfluss dieser Gruppe dann auch im Europa der 1940er bis 60er Jahre zu spüren. Die Remigrationsforschung hat eine intellektuelle „Westernisierung“ durch Rückkehrende in vielen Bereichen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft etwa in der frühen Bundesrepublik herausgestrichen.[36] Dass dies z.T. auch eine explizite „Europäisierung“ beinhaltete, deutet das Beispiel der von Remigranten begründeten Europäischen Verlagsanstalt an.[37]
Das Nachkriegsverhältnis der USA zu Europa lag den EmigrantInnen besonders am Herzen, und etliche von ihnen nahmen an der gesellschaftlichen Diskussion über dieses Verhältnis teil. Erika Mann zitiert im Gespräch einen Aufsatz ihres Vaters, der Anfang der 1950er Jahre über seine eigene Rückkehr schrieb. Auch Thomas Mann erschien Europa historisch gereifter und weniger „hysterisch“ als die amerikanische Gesellschaft im Kalten Krieg. Doch er kritisierte die Europäer für ihren kulturellen Hochmut. Europa verachte die USA und biedere sich ihnen gleichzeitig an, ohne sie wirklich zu verstehen.[38] Auf ähnliche Weise warnt Adorno vor Enttäuschungen in der Folge einer Angleichung Deutschlands an die USA im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs [31:00-31:30]. Durch ihre persönlichen Erfahrungen und ihr in der Emigration gesammeltes Wissen beanspruchten die EmigrantInnen eine besondere Einsicht in die transatlantischen Beziehungen, und sie sahen sich für die Vermittlung zwischen den Kontinenten in der Nachkriegszeit verantwortlich. Als „transatlantische Mittler“ (A. Bauerkämper) begleiteten, moderierten und kommentierten sie die Auseinandersetzungen und Transformationsprozesse, die von manchen Zeitgenossen als eine „Amerikanisierung“ Europas wahrgenommen wurden.[39]
Das Europa der Sinne: Heimaterfahrungen in Exil und Rückkehr
Nur geschätzte 10 Prozent der Geflüchteten kehrten aus dem amerikanischen Exil zurück, viele EmigrantInnen blieben dauerhaft dort. Zu sehr waren ihnen die USA zu einer neuen Heimat geworden, an die sie sich durch Familie oder Karriere gebunden sahen. Besonders für viele Flüchtlinge jüdischer Herkunft kam eine Rückkehr nach der Vertreibung aus Deutschland oder Österreich aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen nicht in Frage. Krieg, Nationalsozialismus und Holocaust standen einer romantischen Verklärung der alten Heimat im Wege. Trotzdem fanden etliche EmigrantInnen den Weg zurück über den Atlantik und sei es zunächst nur als Reisende und BesucherInnen. Manche suchten nach der alten Heimat und fanden diese nun weniger in Deutschland als in Europa – so etwa Thomas Mann, der aus der amerikanischen Emigration in die Schweiz zurückkehrte.[40]
Für Theodor W. Adorno und Manns Tochter Erika war die „Heimkehr“ nach Europa dann auch das zentrale Thema ihres Gesprächs beim Hessischen Rundfunk. Europa nach der Emigration, das bedeutete für beide zuallererst, in Europa wieder eine Heimat zu finden. Sowohl Adorno als auch Mann berichten, dass sie mit Ausnahme weniger Augenblicke am Beginn des Weltkrieges nie an ihrer Rückkehr nach Europa gezweifelt hätten [46:35-47:10]. Sie sei nie in Amerika heimisch geworden, erklärt Erika Mann, und hätte es dort – im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern – auch nicht werden können. Sie betont ihre Freude bei der Rückkehr nach Europa, welches sie, nach der Erfahrung des Exils, mit einem Gefühl heimatlicher Wärme verband [11:50-12:58]. Europa als Heimat, das erschien nach der Vertreibung aus Deutschland und einer gewissen Fremdheit im amerikanischen Exil durchaus als vielversprechend und sinnstiftend.
Für die EmigrantInnen war „Europa“ vielfach ein emotionaler und gefühlsbetonter Begriff, kein intellektuelles oder zweckrationales Konstrukt. So hebt auch Adorno die sinnliche und sehr private Seite dieses Begriffs hervor. Europa, so erinnert er, erschloss sich ihm nach dem Krieg im Hall seiner Schritte auf den nächtlichen Straßen von Paris. Das Echo der Schritte, so erläutert er, sei im automobilen New York nie zu hören gewesen, und dieser Hall erinnerte ihn an die Gassen des fränkischen Amorbach, wo er einen Teil seiner Jugend verbracht hatte – ein Geräusch als Teil europäischer Gemeinsamkeiten [4:40-6:30]. „Erst aus dem Kontrast zu diesem [amerikanischen] anderen heraus, bekommt man das, was uns früher als Europa selbstverständlich war, so ganz auf die Zunge“ gelegt, beobachtet er. Den Geschmack eines Rehbratens, den er nach seiner Rückkehr bei einem jungen Freund aß, führt Adorno als weiteres Beispiel für diese sinnliche Erfahrung europäischer Heimat an. Zunächst einmal gäbe es in Amerika kein Reh, bemerkt er („und keinen Hasen!“ wirft Erika Mann zustimmend ein), und dann hätte der Rehbraten mit Rahmsauce genauso geschmeckt wie in seiner Kindheit. Er hätte bei diesem Essen einen unvergleichlichen Rausch empfunden, bei dem sich „das Spirituelle des Heimfindens mit der wilden Lust, diesen Geschmack der Rahmsauce zum Reh wiederzufinden“, verband. Diese Erfahrung habe für ihn, so Adorno, zur „Wiederherstellung eines verlorenen Lebens“ beigetragen: „Das ist eigentlich das, was ich ausdrücken möchte, was Europa nach der Emigration ausmacht“ [24:57-26:30].
Das „alte Europa“ ist nicht mehr: aus der Emigrationserfahrung Hoffnung schöpfen
Europa hatte eine vielschichtige Bedeutung für die rückkehrenden EmigrantInnen. Zum einen war ihnen Europa ein politisch-gesellschaftliches Anliegen, das sich im Kontrast zu (aber auch im Austausch mit) den USA deutlich konturierte. Ähnlich wie Thomas Mann hatte ja auch Adorno seine deutschen und europäischen ZeitgenossInnen ganz explizit dazu aufgefordert, nationale durch europäische kulturelle und geistige Bezugsrahmen zu ersetzen. Auch der Tenor des hier analysierten Gesprächs ist eine Bejahung Europas, wie der Moderator Frisé feststellt: Statt in eine Europamüdigkeit nach dem Krieg zu verfallen, hätten die EmigrantInnen durch ihre Rückkehr Europa „eine Chance“ geben.
Durch Europa, das schwingt hier unausgesprochen mit, konnte auch Deutschland eine neue Chance bekommen. Adorno versagt sich am Ende des Gesprächs jedoch eine allzu einfache Auflösung des Vergangenen in einer europäischen Zukunft. Es sei doch offenbar, dass Europa „nicht das alte Europa mehr ist, sondern dass da irgendetwas Schreckliches passiert ist“ [1:01:10]. Die Lehre der Emigration sei es, so Adorno, dass nach Krieg und Nationalsozialismus der traditionelle Heimatbegriff verloren ist: Mit dem Begriff „Heimat“ lässt sich heute in der Welt nicht mehr leben. Heute seien alle Menschen potentiell zu Emigranten geworden, und diese hätten nur exemplarisch vorexerziert, was sich in der Tiefe der modernen Gesellschaft abspiele. „Wir sollten aber deshalb wahrscheinlich nicht um diesen Begriff der verlorenen Heimat jammern, sondern sollten eine Vorstellung zu verwirklichen suchen von einer Welt, die über der Heimat ist und die doch nicht mehr die Kälte und Fremdheit der Welt hat, in der wir uns heute finden“ [1:01:10-1:02:18]. Schon 1958 weist Adorno so auf das Potential von übernationalen Identitätsangeboten in einer schon damals globalisierten Welt hin, in der Europa und eine europäische Heimat für viele EmigrantInnen einen Schritt (zugleich rückwärts und vorwärts) in die Menschlichkeit darstellte.
Diese Erfahrungen, dies sei am Schluss einschränkend festgestellt, galten so ausdrücklich wohl nur für eine kleine Gruppe der intellektuellen Emigration. „Wir sprechen nur von denen, die aus Amerika nach Europa zurückgekommen sind“, bemerkte auch Erika Mann [10:30-11:03]. Die bewusste Reflexion über die Zwischenstellung von MigrantInnen zwischen Europa und Amerika war bei der intellektuellen Emigration in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit ihrer Erfahrung von Flucht und Vertreibung besonders ausgeprägt. Gleichwohl war das Entstehen eines europäischen Bewusstseins in der Migration nicht allein auf intellektuelle Eliten oder auf diese Zeit beschränkt, wie Arbeiten zu Identitätswandlungsprozessen als Folge von Arbeitsmigration und Tourismus in Europa nahelegen.[41] Am stärksten ähneln die Erfahrungen der emigrierten Intellektuellen vielleicht jenen heutiger Migrationseliten innerhalb Europas, die der Soziologe Adrian Favell als „Eurostars“ beschreibt.[42] Eine systematische Aufarbeitung der Wechselwirkung von Migrationserfahrung und Europabewusstsein bleibt bisher ein Desiderat der Forschung.[43] Die hier von Adorno und Mann angestellten Beobachtungen verweisen auf jeden Fall auf die historische Existenz eines geschärften Europabewusstseins durch die Außenwahrnehmung der Emigration.
[1] Quelle zum Essay: Theodor W. Adorno, Erika Mann und Adolf Frisé (Gesprächsleiter): Europa nach der Emigration. Erfahrungen der Zurückgekehrten (Hessischer Rundfunk, Sendung: 29.1.1958).
[2] Zur Biographie Adornos siehe URL: https://www.hdg.de/lemo/biografie/theodor-w-adorno.html (Zugriff 01.07.20).
[3] Theodor W. Adorno, Auferstehung der Kultur in Deutschland?, in: Frankfurter Hefte 5 (1950), S. 469-477, hier S. 476.
[4] Ebenda.
[5] Zur Biographie Erika Manns siehe URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/erika-mann (Zugriff 01.07.20).
[6] Zur Biographie Thomas Manns siehe URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/thomas-mann (Zugriff 01.07.20)
[7] Zum DHI-Projekt vgl. Jan Logemann et al., Transatlantic Perspectives: Europe in the Eyes of European Immigrants to the United States, 1930-1980, in: GHI Bulletin 48 (Spring 2011), S. 85-99; Donna Gabaccia / Sally Gregory Kohlstedt / Jan Logemann (Hrsg.), Europe, Migration and Identity: Connecting Migration Experiences and Europeanness, London 2014; sowie Jan Logemann / Mary Nolan (Hrsg.), More Atlantic Crossings? European Voices in the Postwar Atlantic Community, Washington, 2014; siehe auch die Website des Projekts, URL: http://www.transatlanticperspectives.org/ (Zugriff 01.07.20).
[8] Zu Adorno in den Vereinigten Staaten vgl. David Jenemann, Adorno in America, Minneapolis 2007 und Thomas Wheatland, The Frankfurt School in Exile, Minneapolis 2009.
[9] Zu Erika Manns Exilerfahrung siehe Erika und Klaus Mann, Escape to Life: Deutsche Kultur im Exil, Reinbek bei Hamburg 2009 und Irmela von der Lühe, Erika Mann: eine Lebensgeschichte. Reinbek bei Hamburg 2009.
[10] Grundlegend Claus-Dieter Krohn et al. (Hrsg.), Handbuch der deutschsprachigen Emigration, Darmstadt 1988; einen neueren Überblick bietet Corinna Unger, Reise ohne Wiederkehr? Leben im Exil 1933 bis 1945, Darmstadt 2009.
[11] Zu den Klassikern dieser Transfergeschichtsschreibung gehören Laura Fermi, Illustrious Immigrants: The Intellectual Migration from Europe 1930-1960, Chicago 1968 und Lewis Coser, Refugee Scholars in America: Their Impact and Their Experiences, New Haven 1984.
[12] Siehe Hartmut Kaelble / Martin Kirsch (Hrsg.), Selbstverständnis und Gesellschaft der Europäer. Aspekte der sozialen und kulturellen Europäisierung im späten 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2008 und Martin Conway / Kiran Klaus Patel, Europeanization in the Twentieth Century: Historical Approaches, Houndmills 2010; siehe auch Frank Bösch / Ariane Brill / Florian Greiner (Hrsg.), Europabilder im 20. Jahrhundert. Entstehung an der Peripherie, Göttingen 2012; Florian Greiner, Wege nach Europa: Deutungen eines imaginierten Kontinents in deutschen, britischen und amerikanischen Printmedien, 1914-1945, Göttingen 2014; Ariane Brill, Abgrenzung und Hoffnung. „Europa“ in der deutschen, britischen und amerikanischen Presse, 1945-1980, Göttingen 2014 und Christina Norwig, Die erste europäische Generation: Europakonstruktionen in der Europäischen Jugendkampagne 1951-1958, Göttingen 2016.
[13] So z.B. Wolfgang Schmale, Geschichte Europas, Wien 2000; Frank Niess, Die europäische Idee: aus dem Geist des Widerstands, Frankfurt am Main 2001 und Ute Frevert, Eurovisionen: Ansichten guter Europäer im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2003.
[14] Zu Europagedanken des Exils vgl. Boris Schilmar, Der Europadiskurs im deutschen Exil 1933-1945, München 2004; Wilfried Loth, Rettungsanker Europa? Deutsche Europa-Konzeptionen vom Dritten Reich bis zur Bundesrepublik, in: Hans-Erich Volkmann (Hg.), Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine perspektivische Rückschau, München/Zürich 1995, S. 201-221; siehe auch Walter Lipgens, European Federation in the Political Thought of Resistance Movements during World War II, in: Central European History 1 (1968), S. 5-19 (1968) und Klaus Voigt (Hrsg.), Friedenssicherung und europäische Einigung. Ideen des deutschen Exil 1939-1945, Frankfurt am Main 1988.
[15] Zitiert nach Hartmut Kaelble, Europäer über Europa. Die Entstehung des europäischen Selbstverständnisses im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2001, S. 214.
[16] Ernst Dichter, Europas unsichtbare Mauern. Die Rolle nationaler Vorurteile und ihre Überwindung, Düsseldorf 1962, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2012, URL: www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-28478 (Zugriff 01.07.20), S. 52-54.
[17] Zu Dichter siehe Stefan Schwarzkopf / Rainer Gries, Ernest Dichter and Motivation Research: New Perspectives on the Making of Post-War Consumer Culture, New York 2010.
[18] Siehe z.B. Hartmut Kaelble / Martin Kirsch / Alexander Schmidt-Gernig, Zur Entwicklung transnationaler Öffentlichkeiten und Identitäten im 20. Jahrhundert. Eine Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Transnationale Öffentlichkeiten und Identitäten im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main / New York 2002.
[19] Vgl. H. Kaelble, Europäer über Europa (Anm. 15); zu transnationalen und hybriden Identitäten siehe auch ders. et al., Zur Entwicklung transnationaler Öffentlichkeiten und Identitäten (Anm. 18); Martin Kohli, Die Entstehung einer europäischen Identität: Konflikte und Potentiale, ebenda, S. 111-134; Martin Kirsch, Wissenschaftler im Ausland zwischen 1930 und 1960 – Transferbedingungen und Identitätswandel einer erzwungenen Migration, ebenda S. 179-205.
[20] So etwa Rainer Ohliger / Karen Schönwälder / Triadafilos Triadafilopoulos, European Encounters: Migrants, Migration and European Societies Since 1945, Aldershot 2003.
[21] Siehe H. Kaelble, Europäer über Europa (Anm. 15) und Kiran Patel, Where and When was Europe? Europeanness and its Relationship to Migration, in: National Identities 15 (2013), S. 21-32.
[22] Simone de Beauvoir, L’Amerique au jour le jour, Paris 1948, zitiert nach K. Patel, Where and When was Europe (Anm. 21), S. 21 Übersetzung des Autors.
[23] Siehe Kirsten Heinsohn, Also, ich bin eine Deutsche nicht mehr, eine Engländerin werde ich nie sein. Erfahrungen und Deutungen einer emigrierten Wissenschaftlerin, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2019, URL: www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1718 (Zugriff 01.07.20).
[24] Alexander Schmidt-Gernig, Amerika erfahren – Europa entdecken. Zum Vergleich der Gesellschaften in europäischen Reiseberichten des 20. Jahrhunderts, Berlin 1999; für die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg Alexander Schmidt, Reisen in die Moderne. Der Amerika-Diskurs des deutschen Bürgertums vor dem Ersten Weltkrieg im europäischen Vergleich, Berlin 1997.
[25] Vgl. z.B. U. Frevert, Eurovisionen (Anm. 13).
[26] Siehe z.B. Bo Strath, Europe and the Other and Europe as the Other, in: Jörg Baberowski et al. (Hrsg.), Selbstbilder und Fremdbilder. Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel, Frankfurt am Main 2008, S. 191-202.
[27] Hartmut Kaelble, Eine europäische Geschichte der Repräsentationen des Eigenen und des Anderen, in: J. Baberowski, Selbstbilder und Fremdbilder (Anm. 26), S. 67-81.
[28] Zitat aus Ferdinand Kürnberger, Der Amerika-Müde: Amerikanisches Kulturbild, 2. Aufl. Leipzig 1889.
[29] Vgl. Kaspar Maase, A Taste of Honey: Adorno’s Reading of American Mass Culture, in: John Dean / Jean-Paul Gabilliet (Hrsg.), European Readings of American Popular Culture, Westport 1996, S. 201-211.
[30] Claus-Dieter Krohn (Hrsg.), Exil, Entwurzelung, Hybridität. Jahrbuch Exilforschung 27 / 2009.
[31] Robert Ezra Park, Human Migration and the Marignal Man, in: American Journal of Sociology 33 (1928), S. 881, zitiert nach C.-D. Krohn, Exil, Entwurzelung, Hybridität (Anm. 30), S. 34.
[32] Paul Tillich, Mind and Migration, in: Social Research 4/3 (1937), S. 295-305, hier S. 298.
[33] Siehe Thomas Wheatland, Franz L. Neumann: Negotiating Political Exile, in: J. Logemann / M. Nolan, More Atlantic Crossings (Anm. 7), S. 111-138, hier S. 135-138.
[34] Mitchell Ash / Alfons Söllner (Hrsg.), Forced Migration and Scientific Change. Émigré German-Speaking Scientists and Scholars after 1933, Washington 1996; zum Blickwandel von „brain drain” zu „brain circulation” siehe Dittmar Dahlmann / Reinhold Reith (Hrsg.), Elitenwanderung und Wissenstransfer im 19. und 20. Jahrhundert, Essen 2008.
[35] Zum Einfluss der Emigranten auf amerikanische Politik und Gesellschaft siehe Joachim Radkau, Die deutsche Emigration in den USA. Ihr Einfluss auf die amerikanische Europapolitik 1933-1945, Düsseldorf 1971; Claus-Dieter Krohn, Wissenschaft im Exil. Deutsche Sozial und Wirtschaftswissenschaften in den USA und die New School of Social Research, Frankfurt am Main 1988; Udi Greenberg, The Weimar Century: German Émigrés and the Ideological Foundations of the Cold War, Princeton 2017; Daniel Bessner, Democracy in Exile: Hans Speier and the Rise of the Defense Intellectual, Ithaca 2018; Jan Logemann, Engineered to Sell: European Emigrés and the Making of Consumer Capitalism, Chicago 2019.
[36] Zur Remigration siehe Claus-Dieter Krohn / Patrick Mühlen (Hrsg.), Rückkehr und Aufbau nach 1945: Deutsche Remigranten im öffentlichen Leben Nachkriegsdeutschlands, Marburg 1997; Axel Schildt, Reise zurück in die Zukunft. Beiträge von intellektuellen USA-Remigranten zur atlantischen Allianz, zum westdeutschen Amerikabild und zur ‚Amerikanisierung’ in den 50er Jahren, in: Exilforschung 9 (1991), S. 25-45; Claus-Dieter Krohn / Axel Schildt (Hrsg.), Zwischen den Stühlen? Remigranten und Remigration in der deutschen Medienöffentlichkeit der Nachkriegszeit, Hamburg 2002; zum intellektuellen Re-Import durch Gastprofessoren siehe auch Marita Krauss, Exilerfahrung und Wissenstransfer: Transatlantische Gastprofessoren nach 1945, in: D. Dahlmann / R. Reith, Elitenwanderung und Wissenstransfer (Anm. 34), S. 35-53.
[37] Klaus Körner, Emigranten im kulturellen Wiederaufbau. Die Europäische Verlagsanstalt, in: C.-D. Krohn / P. Mühlen, Rückkehr und Aufbau nach 1945 (Anm. 36), S. 139-156.
[38] Thomas Mann, „Retour d’Amerique“, Comprendre, 9.9.1953, nachgedruckt in: Thomas Mann, Nachlese, Frankfurt 1956, S. 190-195.
[39] Zum Begriff der transatlantischen Mittler vgl. Arndt Bauerkämper / Konrad Jarausch / Marcus Payk (Hrsg.), Demokratiewunder. Transatlantische Mittler und die kulturelle Öffnung Westdeutschlands 1945-1970, Göttingen 2005; zur „Westernisierung“ siehe Anselm Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert, Göttingen 1999.
[40] Kurt Sontheimer, Thomas Mann als politischer Schriftsteller, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 6 (1958), S. 1-44.
[41] Siehe Thomas Mergel, Transnationale Mobilität, Integration und Herkunftsbewusstsein: Migration und Europäisches Selbstverständnis im 19. und 20. Jahrhundert, in H. Kaelble / M. Kirsch, Selbstverständnis und Gesellschaft der Europäer (Anm. 12), S. 251-297; ders., Europe as Leisure Time Communication: Tourism and Transnational Interaction since 1945, in: Konrad Jarausch / Thomas Lindenberger (Hrsg.), Conflicted Memories: Europeanizing Contemporary Histories, New York 2013, S. 133-152.
[42] Adrian Favell, Eurostars and Eurocities: Free Movement and Mobility in an Integrating Europe, Malden, 2008; siehe auch Saara Koikkalaiinen, Transnational Highly Skilled Finnish Migrants in Europe: Choosing one’s Identity, in: National Identities 15 (2013), S. 85-100.
[43] Vgl. Karen Schönwälder, Immigration from Below? Migration and European Contemporary History, in: Jarausch / Lindenberger, Conflicted Memories (Anm. 41), S. 154-163.
Literaturhinweise
Donna Gabaccia, Sally Gregory Kohlstedt und Jan Logemann (Hrsg.), Europe, Migration and Identity: Connecting Migration Experiences and Europeanness, London 2014.
David Jenemann, Adorno in America, Minneapolis 2007.
Hartmut Kaelble, Europäer über Europa: die Entstehung des europäischen Selbstverständnisses im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2001.
Erika und Klaus Mann, Escape to Life: Deutsche Kultur im Exil, Reinbek bei Hamburg 2009.
Corinna Unger, Reise ohne Wiederkehr? Leben im Exil 1933 bis 1945, Darmstadt 2009.