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  • von Sarah Lias Ceide

    Dass die italienische Halbinsel und insbesondere ihre Hauptstadt nach 1945 schnell von zahlreichen westlichen Nachrichtendiensten ins Visier genommen wurden, überrascht angesichts der Präsenz des Vatikans, der allgemein geographisch-strategisch günstigen Lage des Landes und des Rückhalts, den die Kommunistische Partei Italiens genoss, keineswegs, und die internationale Forschung hat dies bereits mehrfach und auf überzeugende Art und Weise hervorgehoben. Einem wichtigen Aspekt wurde dabei jedoch selten Aufmerksamkeit geschenkt: dem Geheimdienstkrieg zwischen den untereinander konkurrierenden Nachrichtendiensten Westeuropas, die, jeweils unterstützt durch verschiedene, ebenfalls rivalisierende US-amerikanische Dienste, nach Kriegsende auf italienischem Boden aufeinanderprallten. Italien wurde somit zum Schauplatz nachrichtendienstlicher Konkurrenzkämpfe diverser Nationen, deren komplexe Verflechtungen in diesem Essay in ihren Grundzügen aufgezeigt werden sollen.

  • von Robert Groß

    Nach jahrelangen Importverhandlungen kamen die UdSSR und Österreich 1968 zu einem Vertragsabschluss. Damit war ein neues Kapitel der Ost-West-Beziehungen und der europäischen Energiegeschichte aufgeschlagen. Möglich wurde dies auch, weil sich das neutrale Österreich nicht an der Sanktionspolitik der NATO beteiligte, die die Lieferung von Rohren in die UdSSR erschwerte. Als das Embargo Ende 1966 aufgehoben wurde, hatte Österreich bereits die Eckpunkte des Liefervertrags ausverhandelt. Davon profitierten nicht nur Industriebetriebe in Österreich und in der BRD, sondern auch die UdSSR, die in der Folge ihre Transportinfrastruktur entsprechend ausbaute und neue Erdgasfelder in Sibirien erschließen konnte. Während die transnationale Perspektive vor allem die Rolle der Nationalstaaten bei der Vertragsanbahnung abbildet, nimmt die Perspektive der Energieversorger die europäischen Integrationsprozesse jenseits der großen Verträge und entlang der gebauten Infrastruktur in den Blick.

  • von Francesco Di Palma

    Der Terminus „Eurokommunismus“ wurde Mitte der 1970er-Jahre geprägt. Er beschreibt die Praxis einiger westeuropäischer kommunistischer Parteien, die – so die These – im Begriff gewesen seien, sich ideologisch und politisch von der sowjetischen Mutterpartei, der KPdSU, zu verselbständigen. Was bedeutete dies konkret für die betroffenen Parteien? Implizierte diese angebliche Verselbständigung die Bemühung um die Aufhebung der Teilung Europas? Der vorliegende Essay führt anhand einer Quelle aus dem Jahr 1977 in die Geschichte des Eurokommunismus ein und erörtert dessen Bedeutung für die politisch-ideologische Entwicklung des Sozialismus in unserem Kontinent.

  • von Marion Dotter

    1952 einigten sich österreichische Priester und Laien bei einer Studientagung in Mariazell auf eine neue Gangart zwischen der katholischen Kirche und der Politik. Ihr Hauptanliegen, "eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft" zu schaffen, war geprägt von ihren Erfahrungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Unterdrückung religiöser Freiheit in den östlichen Nachbarstaaten Österreichs. Die österreichische Kirche kämpfte zu jener Zeit für einen für einen größeren Entfaltungsraum der Kirche als eigenständiger gesellschaftlicher Faktor, etwa durch die Mitsprache bei Bildungs-, Sozial- und Eherechtsfragen. In diesem Zusammenhang formulierten die katholischen Vertreter ihre Vorstellungen von Freiheit, Menschenrechten und Emanzipation und betonten die Leistungen und Forderungen der katholischen Kirche in diesen Bereichen. Der hier vorgestellte Beitrag soll das bei den Beratungen entstandene "Mariazeller Manifest" und seinen ideologischen Überbau in die nationalen und internationalen Diskurse zum Verhältnis von Staat und Kirche in den 1940er und 1950er Jahren einbetten.

  • von Maria Katharina Wiedlack

    This article analyzes a chapter from Charles Ellms’s book “The Tragedy of the Seas” (1848). The chapter recounts the historical events around a schooner belonging to the Russian American Company, which was shipwrecked close to the Olympic Peninsula in 1808. After the disaster, the ship’s crew, and Anna Petrovna Bulygin, the captain’s wife, were taken hostage by indigenous people. The article examines Anna Petrovna Bulygin’s female agency within Ellms’s narrative, arguing that it is exceptional within the genre of maritime frontier adventures, as well as early 19th century Russian culture. Importantly, a focus on her agency offers interesting insights into the Russian colonial gaze on the indigenous peoples of America.

  • von Nicolas Blumenthal

    Der vorliegende Essay betrachtet die Eigenheiten der politischen „Säuberung“ nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz und ordnet sie in einen gesamteuropäischen Kontext der deutschen Entnazifizierung und französischen „épuration“ ein. Er verdeutlicht zum einen die Logiken, denen die Ausmerzung des Nationalsozialismus in einem Land folgte, das von einer Einverleibung in den nationalsozialistischen Machtapparat verschont geblieben war. Zum anderen beleuchtet der Beitrag, wie innen- und außenpolitisches Taktieren in die Schweizer „Säuberungspolitik“ hineinspielte und sich mit Momenten der Vergeltung verband. Die damaligen Auseinandersetzungen entfalteten sich geradezu zu einer nationalen Bewährungsprobe. Ausschaffungen von Nationalsozialist:innen erfüllten vor dem Schweizer Nachkriegskontext eine doppelte Funktion: Sie schufen einerseits eine Möglichkeit, um mit diskreditierten NS-Anhänger:innen abzurechnen und dem Unmut in der Bevölkerung Luft zu machen. Andererseits dienten sie dazu, Vorwürfe der nationalsozialistischen Verstrickung zurückzuweisen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von innen und außen gegen die Schweiz erhoben wurden.

  • von Oliver Krause

    Abstract An den drei Karten, die alle auf imaginierte,globale Raumordnungen zurückgehen, die Halford J. Mackinder zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt hatte, lassen sich die Internationalisierung europäischen Wissens am Transfer eines geopolitischen Konzepts, dessen Anpassung und Instrumentalisierung nachzeichnen. Die Karten prägten je spezifische Imaginationen einer globalen Raumordnung, die die Wahrnehmung der Welt aus nationalen Perspektiven heraus präfigurierten. Auf dieser Grundlage entstanden unterschiedliche Globalisierungsszenarien. Im Deutschen Reich wurde Mackinders imaginierte globale Raumordnung zur Utopie deutscher Großmachtstellung umgedeutet. In den USA behielt sie den ursprünglich dystopischen Charakter zukünftiger Vorherrschaft einer eurasischen Landmacht, die als legitimierendes Narrativ US-amerikanischer Außenpolitik gegenüber der Bevölkerung nutzbar wurde.

  • von Annika Dörner

    Völkerschauen hatten im ausgehenden 19. Jahrhundert Konjunktur, denn sie brachten die fremde Welt nach Europa. Zwischen den Ausgestellten und dem Publikum bestand stets eine große Distanz und so wurde hier in Auseinandersetzung mit dem kolonialen Anderen in gewisser Weise ausgehandelt, was Europa ausmachte. Überdies wurden mithilfe regelrechter Spektakel rassistische hierarchische Wissensordnungen abgebildet und zugleich eindrücklich bekräftigt. Doch schon bei den ersten Völkerschauen trugen nicht nur Menschen zum umfänglichen Spektakel bei, sondern auch eine weitere, bisher in der Forschung gänzlich unbeachtete, Gruppe: Tiere. Fremde, exotische Tiere waren Teil der Inszenierung, mehr noch: Tiere machten die fremde Welt anschaulich und verstehbar und trugen ihrerseits unmittelbar dazu bei, dass die hier präsentierte Welt beherrschbar erscheinen sollte. Dabei vermittelten die Völkerschauen zum einen ein neu gewonnenes Wissen über fremde Nutztiere sowie über prinzipiell domestizierbare Arten: Tiere erschienen damit als koloniale Ressource. Zum anderen verdeutlichte die Präsentation wilder Tiere auf Völkerschauen aber auch die Beherrschbarkeit der kolonialen Natur. Gerade wilde Tiere faszinierenden die Zuschauer über alle Maßen, sie reicherten die Herrschaft über die fremde, zu kolonisierende Welt mit Abenteuer und Spannung an und machten sie weiter begehrlich. Der Beitrag der Tiere zu Völkerschauen erschöpft sich daher gerade nicht darin, ein zoologisches Wissensobjekt zu sein, sondern betraf auch ihren exotischen Schauwert und ihren Beitrag zur Inszenierung der potentiell anzueignenden kolonialen Welt.

  • von Marine Fiedler

    1856 ermunterte der Konsul der drei Hansestädte in Singapur Arnold Otto Meyer die Hansestädte schriftlich dazu, einen Handels- und Freundschaftsvertrag mit dem Königreich Siam abzuschließen. Dieses Schreiben liefert nicht nur einen Einblick in ein von einem Kaufmann angedachtes hanseatisches Expansionsprojekt in Südostasien. Indem es verdeutlicht, wie kolonielose Staaten sich durch die Aushandlung von „ungleichen Verträgen“ die Logik und Vorgehensweise europäischer Kolonialmächte aneigneten, leistet es einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Kolonialgeschichte Europas.

  • von Stefan Rindlisbacher

    In der Woche vom 30. Juli bis 6. August 1939 wurde in der Schweiz der fünfte Kongress der Europäischen Union für Freikörperkultur (EUFKA) durchgeführt. Auf Einladung der Organisation Nacktbadender Schweizer (ONS) versammelten sich die Mitglieder verschiedener FKK-Organisationen aus mehreren europäischen Ländern auf ihrem FKK-Gelände die neue zeit in Thielle am Neuenburgersee. Dort sprachen sie nicht nur über die internationale Zusammenarbeit, sondern nahmen auch am ersten sogenannten Welt-Sport-Treffen der FKK-Bewegungen teil. Es gab Wettkämpfe in Hundertmeterlauf, Hochsprung, Hindernislauf, Kugelstoßen und Freistilschwimmen. Nach dem Vorbild der Olympischen Spiele der Antike führten die Teilnehmenden diese sportlichen Aktivitäten ohne Kleidung durch. Zum Tagungsprogramm gehörten auch tägliche Gymnastikübungen, Wanderungen, Vorträge, Diskussionen sowie Film-, Tanz- und Theatervorführungen.

  • von Ruth Nattermann

    Im November 1922, unmittelbar nach Mussolinis Marsch auf Rom, verfassten die italienischen Feministinnen Rosa Genoni (1867–1954) und Ida Vassalini (1891–1953) eine Rede anlässlich der internationalen „Konferenz für einen neuen Frieden“, die vom 7. bis 9. Dezember 1922 in Den Haag stattfinden sollte. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF); Genoni und Vassalini vertraten die italienische Sektion. Die WILPF, auf Deutsch „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (IFFF), war aus dem Frauenfriedenskongress in Den Haag vom April 1915 hervorgegangen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wählten die Mitglieder die Stadt Genf zum Sitz der internationalen Organisation, um dem Völkerbund nahe zu sein. Das Hauptziel der WILPF bestand im Einsatz für eine friedliche Lösung globaler Konflikte, an zweiter Stelle stand das Engagement für die Emanzipation von Frauen. Stark geprägt von Vertreterinnen jüdischer Herkunft und Quäkerinnen aus den USA und Europa, beschäftigte sich die Vereinigung auch mit Minderheitenrechten und dem Problem von Flüchtlingen. Obwohl keine humanitäre, sondern eine politische und bildungsorientierte Institution, waren zahlreiche Mitglieder der WILPF in humanitären Netzwerken tätig, so dass häufig Überschneidungen zwischen den beiden Sphären – feministischem Pazifismus und Humanitarismus – entstanden.

  • von Simon Unger-Alvi

    Dieser Artikel analysiert neu zugängliche Quellen aus den vatikanischen Archiven zur deutschen Außenpolitik in der Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt steht der Austausch von Briefen und Unterlagen zwischen Aloysius Muench, dem apostolischen Nuntius in Bonn, und Domenico Tardini, dem Pro-Staatssekretär für außerordentliche kirchliche Angelegenheiten im Vatikan. Beide Kleriker fungierten als Mittelsmänner zwischen Konrad Adenauer und Papst Pius XII., die in den 1950er-Jahren eine gemeinsame Politik im Kalten Krieg verfolgten. Die Öffnung der Archivbestände zum Pontifikat Piusʼ XII. im Jahr 2020 erlaubt nun jedoch, einen Blick hinter die Kulissen dieser Beziehung zu werfen. Dieser Artikel zeigt, dass Adenauer den Vatikan regelmäßig über seine außenpolitischen Absichten und Sorgen informierte und dabei auch streng geheime nachrichtendienstliche Informationen teilte. Im Fokus dieses Beitrags stehen strategische Diskussionen mit dem Vatikan im Vorfeld der Stalin-Noten von 1952, in denen die Sowjetunion eine deutsche Wiedervereinigung unter der Bedingung außenpolitischer Neutralität in Aussicht stellte. Die Quellen zeigen nun jedoch, dass Adenauer und der Vatikan sich schon im Frühjahr 1951 des bevorstehenden diplomatischen Vorstoßes Stalins bewusst waren und dass beide sofort Schritte einleiteten, um diesen von vornherein zu unterminieren. Adenauer informierte Pius XII. dabei u.a. über angebliche Geheimverhandlungen zwischen Frankreich und der Sowjetunion, da er befürchtete, dass eine sozialistische Regierung in Paris die sowjetischen Vorschläge annehmen könnte. Gemeinsam mit dem Vatikan und den USA sollten daher Schritte unternommen werden, um Druck auf die französische Regierung auszuüben, eine deutsche Wiederbewaffnung zu ermöglichen und die Gefahr einer erzwungenen weltpolitischen Neutralität Deutschlands abzuwenden. Insgesamt zeigen die Quellen in den vatikanischen Archiven nicht nur, dass Adenauer den Heiligen Stuhl als seinen vielleicht engsten außenpolitischen Ansprechpartner betrachtete, sondern auch, dass Pius XII. seinerseits bestrebt war, die westdeutsche Wiederbewaffnung herbeizuführen und die Entstehung eines wiedervereinigten, aber neutralen Deutschlands zu verhindern.

  • von Corinna Oesch

    Die Flugschrift „Gleichstellung aller Rechte der Männer mit den Frauen; oder: Die Frauen als Wähler, Deputirte und Volksvertreter“ (Wien, 1848) entstand an einem Scheidepunkt in der Geschichte der Demokratie. Das, was in der Französischen Revolution vorexerziert worden war, wiederholte und verfestigte sich nun in einer Reihe weiterer europäischer Länder – Frauen waren integraler Bestandteil der Kämpfe um die Abschaffung von Vorrechten, und dennoch wurde ihnen eine Teilhabe an der politischen Gestaltung der Zukunft verwehrt.

  • von Ansgar Engels

    Bei der Compañía Guipuzcoana handelt es sich um eine baskische Handelskompanie, die im 18. Jahrhundert das Monopol auf den Handel zwischen der Kolonie Venezuela und dem Mutterland Spanien innehatte. Ihr ökonomisches Fundament ruhte auf der Versorgung des spanischen Marktes mit dem im Venezuela produzierten Kakao. Eine Rebellion in Venezuela im Jahr 1749, in der sich die koloniale Bevölkerung gegen die dominierende Rolle der Kompanie im Kakaohandel und in der Provinz als Ganzes wandte, nahm die Compañía Guipuzcoana zum Anlass ein Manifest zu verfassen. In dem Beitrag soll dieser historischen Hintergrund kurz ausgeleuchtet und auf die Funktion der Kompanie als Vermittlungsinstanz zwischen Spanien und Venezuela eingegangen werden.

  • von Heike Karge

    Im vorliegenden Beitrag soll daher die Frage diskutiert werden, was es für das Verständnis einer psychischen Störung bei Soldaten bedeutete, wenn es kriegsspezifische psychiatrische Diagnosen gab oder nicht. Lassen sich während des und nach dem Ersten Weltkrieg gemeinsame europäische Entwicklungslinien im Umgang mit seelisch dekompensierten Soldaten erkennen, und wie verhalten sich hierzu die unterschiedlichen Begrifflichkeiten für die Bezeichnung soldatisch-psychischer Versehrtheit? Ich möchte zeigen, dass die Analyse des Umgangs mit psychischer Kriegsversehrtheit einen ambivalenten Europäisierungsprozess sichtbar machen kann. Er erschließt sich aber nicht nur über die Analyse gemeinsamer, unterschiedlicher oder – wie im kroatisch-slawonischen Fall – fehlender Terminologien zur Bezeichnung von spezifisch im Krieg entwickelten psychischen Störungen, sondern wird erst im mikrohistorischen Zugriff auf die Patientenakten sicht-bar, weil hier die konkret angewendeten klinischen Praktiken festgehalten wurden.

  • von Estela Schindel

    Der Augenzeugenbericht, der im Oktober 2015 auf Chios im Rahmen einer Feldforschung protokolliert wurde, rekonstruiert die Erzählung eines syrischen Geflüchteten von seiner Überfahrt aus der Türkei auf diese griechische Insel. Während es keine Garantie geben kann, dass die Fakten, die er und seine Mitreisenden erlebt haben, genauso stattgefunden haben, gibt es ebenfalls keine Gründe, daran zu zweifeln. Beide beschriebenen Handlungsmuster – Abschreckung oder direkte Attacke einerseits, und humanitäre Rettung andererseits – stimmen mit dokumentierten Berichten über die Lage im griechisch-türkischen Seegrenzraum in diesen Jahren sowie mit den Aussagen mehrerer meiner InterviewpartnerInnen in Griechenland und der Türkei zwischen 2013 und 2016 überein. Fälle von maskierten Kommandos auf Schnellbooten, die in der nördlichen Ägäis MigrantInnenboote abschrecken und schwer misshandeln, waren zum Zeitpunkt meines Gesprächs mit Amir bereits seit Jahren bekannt und von Menschenrechtsorganisationen angeprangert worden.

  • von Ines Soldwisch

    Das bürokratische Europa zerstöre die europäischen Völker und Nationalstaaten. Dieses von rechtspopulistischen Parteien in Europa kolportierte Narrativ hat eine lange Geschichte, die in den 80er-Jahren von einzelnen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu erzählen begonnen wurde, bis heute weiterentwickelt wurde und mehr und mehr in die europäische Öffentlichkeit getragen wird. Dabei können Europakritik und Euroskeptizismus bis hin zur Europafeindlichkeit je nach Intensität und Absicht als spezifische Ausformung des Populismus gefasst werden. Im Europäischen Parlament sind seit der Direktwahl 1979 euroskeptische Parteien und Fraktionen vertreten. Jedoch verfolgten diese Parteien bisher keine einheitliche politische Agenda, bis auf ihre Kritik an der Europäischen Union als Gesamtkonstrukt. Die vorliegende Deklaration kann als ein Versuch angesehen werden, Geschlossenheit zu demonstrieren, nationenübergreifend, sozusagen „europäisch“ europakritisch aufzutreten und öffentlichkeitswirksam wahrgenommen zu werden.

  • von Sophie Lange

    Im Jahr 1979 fand in Genf eine „hochrangige Tagung“ der Economic Commission for Europe zum Thema Umweltverschmutzung statt. Diese Konferenz diente im Kalten Krieg entspannungspolitisch zum einen als Brücke im sich wieder anspannenden Ost-West-Verhältnis. Gleichzeitig zeigt ein näherer Blick darauf jedoch über eine Zweiteilung Europas in Ost und West hinaus und weist den nordeuropäischen Staaten als Akteuren ein eigenes Gewicht zu. Nicht zuletzt nahm über diese Konferenz das neu aufgekommene Thema Umweltschutz auf der internationalen Ebene rasant an Fahrt auf, weshalb es galt, dieses auch politisch beispielsweise in einer "Konvention über weiträumige Luftverschmutzung" zu verankern.

  • von Patrick Bernhard

    Der Beitrag stellt die These auf, dass Interpol – eine der zentralen Organisationen heutiger europäischer und internationaler Zusammenarbeit – in seiner Vergangenheit an antiliberale Modernitätsprojekte geknüpft war, ohne dass dies kritisch reflektiert würde. Der vorliegende Text versteht sich vor diesem Hintergrund als Versuch, die Idee europäischer Zusammenarbeit im Bereich der Polizei stärker zu historisieren, das heißt die Sinnwelten der damaligen Akteure zu rekonstruieren.

  • von Anna Corsten

    Bereits unmittelbar nach Kriegsende nutzten deutsche Politiker:innen Deutungen über die Schuld und Verantwortung am NS-Regime und den begangenen Massenverbrechen, um die eigenen Vorhaben vor der Bevölkerung und den Besatzungsmächten zu legitimieren. Während der angespannten Versorgungslage, insbesondere in der Hungerkatastrophe 1946 und 1947, verfolgten sie auf diese Weise das Ziel, gegenüber den Besatzungsmächten an Autorität und Handlungsspielräumen zu gewinnen. Eine Verantwortung für das NS-Regime und sein 12-jähriges Bestehen schrieben sie insbesondere den Alliierten zu. Die deutsche Bevölkerung stellten sie dagegen als Opfer dar.

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