Essays/

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  • von Clara M. Frysztacka

    „‚Trajectorism‘ is the great narrative trap of the West and is also, like all great myths, the secret of its successes in industry, empire and world conquest.“ Die Quintessenz der westlichen Epistemologie bestehe, so Arjun Appadurai, in Zielgerichtetheit: Sie sichere den Erfolg des (west-)europäischen Zivilisationsmodells, stelle aber zugleich die größte „Falle“ des (west-)europäischen Selbstverständnisses dar. Appadurai nennt „trajectorism“ das, was andere ForscherInnen als Teleologie bezeichnen. Er versteht darunter die Auffassung der Zeit als einem Pfeil, der in eine präzise Richtung zeigt, sowie von historischen Prozessen und von der Geschichte selbst als Träger eines einheitlichen Telos.

  • von Maximilian Buschmann

    Am 9. Juli 1909 verbreitete sich eine Nachricht aus dem berüchtigten Londoner Frauengefängnis Holloway weit über die britischen Inseln hinaus. Nach 91 Stunden im Hungerstreik wurde Marion Wallace Dunlop, die Anerkennung als politische Gefangene einforderte, vorzeitig entlassen. Ihre einmonatige Haftstrafe wegen unerlaubten Plakatierens endete bereits nach fünf Tagen. In Votes for Women, der Wochenzeitung der militantesten Organisation der britischen Frauenbewegung, Women’s Social and Political Union (WSPU), hieß es: „At last the Authorities had to give way. [...]

  • von Heidi Tworek

    Genauso wie Kaiser Wilhelm II. waren viele Deutsche um 1900 von der überragenden Wichtigkeit des Verkehrs überzeugt. Das Wort Verkehr vereinte damals drei verschiedene Bedeutungen in sich. Denn es bezeichnete sowohl Verkehrsmittel im Sinne von Transport nach der heutigen Wortbedeutung als auch Kommunikation und Handel. Um 1900 begriffen die Deutschen Verkehr als ein weltweites Phänomen. Sie betrachteten ihn weniger im nationalen Kontext, sondern betonten die globalen und grenzüberschreitenden Zusammenhänge. Um 1900 war nicht nur von Verkehr, sondern auch von Weltverkehr die Rede. [...]

  • von Katharina Stornig

    1903 druckte der Kölner J.P. Bachem Verlag eine Sammlung von Predigten, die als Vorlage für diverse Vorträge im Rahmen der Feste des Vereins der Heiligen Kindheit, einem 1843 gegründeten katholischen Missionsverein von und für Kinder, dienen sollten. Die erste der insgesamt vierzehn Predigten gab einen Überblick über die Ziele des Vereins und sollte vor allem die junge Zuhörerschaft begeistern. Der Kindheitsverein sei ein besonderer Verein, so der Autor Winand Hubert Meunier, katholischer Theologe und Pfarrer von Rellinghausen, weil er einzig und alleine aus Kindern bestünde. Dies war freilich eine verkürzte Darstellung der Realität; de facto wurde der Verein nicht nur von Erwachsenen geleitet, sondern hing auch wesentlich von deren Engagement und Spenden ab. Allerdings rückte Meunier die jungen Vereinsmitglieder ins Zentrum: [...]

  • von Stefan Troebst

    Zum Ende hin waren es Cowboys: In den Steppen Kaliforniens ist ein grellbuntes Ölgemälde betitelt, das der im habsburgischen Galizien als Adalbert Ritter von Kossak geborene 73-jährige polnische Malerfürst mit „Wojciech Kossak, California, Rancho del Garasson, 1930“ signiert hat. Es zeigt einen Reiter in befranster brauner Lederhose, blauer Jeansjacke, rotem Halstuch und weißem Stetson-Hut inmitten einer Herde wild galoppierender Pferde.[2] Farblich wie vom Sujet her knüpfte Kossak damit an frühere Werke an, etwa an sein großformatiges dramatisches Ölgemälde Tscherkessen in der Krakauer Vorstadt von 1912, das ein knutenschwingendes, pelzbemütztes und im Wortsinne bis an die Zähne bewaffnetes kaukasisches Reiterschwadron zeigt, welches im Auftrag des Zaren unter Inkaufnahme ziviler Opfer rücksichtslos über die Hauptstraße des damals russischen Warschau prescht. [...]

  • von Eberhard Demm

    Seit circa 1900 wurde an der Universität Heidelberg das autoritär-professorale Dozieren durch die emanzipatorische Lehrmethode des „diskutativen Prinzips“ abgelöst, das heißt durch kontroverse Debatten und fruchtbaren Gedankenaustausch zwischen den Gelehrten und ihren Studenten, durch das sogenannte „ewige Gespräch“, das bald als „Geist von Heidelberg“ idealisiert wurde. Diese neue Methode wird hier unter besonderer Berücksichtigung der pädagogisch-didaktischen Bemühungen des Professors der Nationalökonomie, Alfred Weber, mittels folgender Dokumente demonstriert: Seminarprotokolle, einschlägige Briefe, Berichte über Diskussionsabende und Erinnerungen von Studenten. Inspiriert durch die Jugendbewegung und durch Schulreformer wie Gustav Wyneken, war das Ziel dieser Lehrmethode die Heranbildung eines „Neuen Menschen“: eines kritischen, selbstverantwortlichen, politisch engagierten und stets zum Widerstand gegen Indoktrinierung und übermächtige Gewalten bereiten Individuums.[...]

  • von Chantal Metzger

    Le colloque bisannuel organisé par le Comité franco-allemand de recherches sur l’histoire des 19ème et 20ème siècles, qui s’est tenu du 24 au 26 septembre 2004 à l’Institut Gustav Stresemann à Bonn, a porté sur les relations existant entre l’Allemagne, la France et l’Amérique du Nord au cours des 19 et 20ème siècles. Le choix du sujet était resté en suspens lors de l’Assemblée générale du 16 septembre 2002 à Pont-à-Mousson. Deux thèmes avaient été retenus : l’un portait sur les transferts culturels, l’autre sur les relations entre nos deux pays et les pays non-européens d’Asie, d’Afrique ou d’Amérique. Le premier d’entre eux ayant fait l’objet de plusieurs colloques au cours de l’année 2004, le bureau du Comité a décidé, après enquête auprès des membres, de choisir le second.

  • von Heinrich Best

    In einem Langzeitvergleich der Rekrutierung von Abgeordneten in die Nationalparla¬mente Deutschlands und Frankreichs werden der Wandel der politischen und gesell¬schaftlichen Machtorganisation und der Effekt von Veränderungen der institutionellen Regeln des Machterwerbs in beiden Ländern untersucht. Dabei zeigen sich bis zum Zweiten Weltkrieg deutliche Unterschiede in den Modi parlamentarischer Repräsentation mit einer kontinuierlichen Dominanz des „Intermediärs“ in Frankreich und einem massi¬ven Bedeutungsgewinn des „Funktionärs“ in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird der öffentliche Dienst in beiden Ländern zur Hauptquelle parlamentarischer Rekru¬tierung, wobei in Frankreich die geringe Vertretung von Frauen und das cumul als Mittel der Karrierisierung fortdauernde Besonderheiten bilden.

  • von Stefan Fisch; Chantal Metzger und Florence Gauzy

    Nicht erst im Hinblick auf das bevorstehende Wahljahr 2007 haben deutsche Frankreich-Spezialisten angefangen, sich mit dem politischen System Frankreichs zu befassen. Zur Verfassungsordnung, zu den politischen Institutionen und zu den Entscheidungsprozessen im Frankreich der V. Republik besteht seit Jahren eine umfassende Literatur. Umgekehrt hat unter den französischen Deutschland-Exper¬ten die Erforschung der Bundesrepublik ebenfalls Tradition. Schließlich sind seit den 1970er Jahren auch grundlegende Gemeinschaftswerke mit einem deutlichen komparativen Inhalt entstanden, die in beiden Ländern Meilensteine der vergleichenden Regierungslehre darstellen. Zwischen länderspezifischer Politikwissenschaft und allgemeiner Zeitgeschichte verläuft gewöhnlich keine strikte disziplinäre Grenze – im Gegenteil: Der politikwissenschaftliche und der historische Ansatz bereichern sich gegenseitig.[...]

  • von Stefan Troebst

    Das Interesse an der Kategorie „Raum“ ist in der Geschichtswissenschaft den letzten zwanzig Jahren merklich gewachsen. Der vorliegende Beitrag zeichnet die Entwicklung des Konzepts „Geschichtsregion“ seit der Zwischenkriegszeit nach und thematisiert die transnationalen und vergleichenden Aspekte dieses Konzepts. Einen Ausgangspunkt dafür bilden die Arbeiten von O. Halecki, der anhand der Trennung zwischen westlicher und orthodoxer Kirche Ostmittel- von Osteuropa abgrenzt und dessen Ostmitteleuropa-Begriff in der Folgezeit sowohl die westdeutsche als auch die osteuropäische Forschung geprägt hat. Geschichtsregionale Konzeptionen werden häufig implizit und damit unreflektiert in der Forschung verwendet – so in der Nationalgeschichte oder bei der Beschäftigung mit „Europa“ – und weisen oft eine hohe Affinität zu Wahrnehmungs- und Handlungsräumen der jeweiligen Gegenwart auf. Der Autor kommt zu dem Befund, dass das am ostmitteleuropäischen Entwicklungspfad entwickelte Untersuchungsdesign der „Geschichtsregion“ [.

  • von Philipp Ther

    In seinem Beitrag vergleicht Philipp Ther die geschichtswissenschaftlichen Raumkonzeptionen Zentraleuropa und Ostmitteleuropa. Das Konzept Ostmitteleuropa, das gerade in der deutschen Forschung weiter vorherrschend bleibt, resultiert für ihn hauptsächlich aus strukturgeschichtlichen Fragestellungen. Darin liege aber sein Nachteil, da dies zu einer mangelnden zeitlichen Differenzierung und zu einer überzogenen räumliche Abgrenzung führe sowie eine thematische Engführung auf strukturgeschichtliche Ansätze einschließe. Das Konzept Zentraleuropa habe dagegen den Vorteil, dass es besonderes die Kommunikation und Interaktion zwischen verschiedenen Regionen betrachtet und dadurch zeigt, wie kulturelle Räume durch „cultural encounters“, Austauschprozesse, Akkulturation, aber auch Krisen und Konflikte geprägt werden. Die so konstituierten Räume können sich überschneiden und verändern sich je nach Periode.

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