Essays/

Sortieren nach:
  • von Marion Dotter

    1952 einigten sich österreichische Priester und Laien bei einer Studientagung in Mariazell auf eine neue Gangart zwischen der katholischen Kirche und der Politik. Ihr Hauptanliegen, "eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft" zu schaffen, war geprägt von ihren Erfahrungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Unterdrückung religiöser Freiheit in den östlichen Nachbarstaaten Österreichs. Die österreichische Kirche kämpfte zu jener Zeit für einen für einen größeren Entfaltungsraum der Kirche als eigenständiger gesellschaftlicher Faktor, etwa durch die Mitsprache bei Bildungs-, Sozial- und Eherechtsfragen. In diesem Zusammenhang formulierten die katholischen Vertreter ihre Vorstellungen von Freiheit, Menschenrechten und Emanzipation und betonten die Leistungen und Forderungen der katholischen Kirche in diesen Bereichen. Der hier vorgestellte Beitrag soll das bei den Beratungen entstandene "Mariazeller Manifest" und seinen ideologischen Überbau in die nationalen und internationalen Diskurse zum Verhältnis von Staat und Kirche in den 1940er und 1950er Jahren einbetten.

  • von Stefan Rindlisbacher

    In der Woche vom 30. Juli bis 6. August 1939 wurde in der Schweiz der fünfte Kongress der Europäischen Union für Freikörperkultur (EUFKA) durchgeführt. Auf Einladung der Organisation Nacktbadender Schweizer (ONS) versammelten sich die Mitglieder verschiedener FKK-Organisationen aus mehreren europäischen Ländern auf ihrem FKK-Gelände die neue zeit in Thielle am Neuenburgersee. Dort sprachen sie nicht nur über die internationale Zusammenarbeit, sondern nahmen auch am ersten sogenannten Welt-Sport-Treffen der FKK-Bewegungen teil. Es gab Wettkämpfe in Hundertmeterlauf, Hochsprung, Hindernislauf, Kugelstoßen und Freistilschwimmen. Nach dem Vorbild der Olympischen Spiele der Antike führten die Teilnehmenden diese sportlichen Aktivitäten ohne Kleidung durch. Zum Tagungsprogramm gehörten auch tägliche Gymnastikübungen, Wanderungen, Vorträge, Diskussionen sowie Film-, Tanz- und Theatervorführungen.

  • von Ruth Nattermann

    Im November 1922, unmittelbar nach Mussolinis Marsch auf Rom, verfassten die italienischen Feministinnen Rosa Genoni (1867–1954) und Ida Vassalini (1891–1953) eine Rede anlässlich der internationalen „Konferenz für einen neuen Frieden“, die vom 7. bis 9. Dezember 1922 in Den Haag stattfinden sollte. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF); Genoni und Vassalini vertraten die italienische Sektion. Die WILPF, auf Deutsch „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (IFFF), war aus dem Frauenfriedenskongress in Den Haag vom April 1915 hervorgegangen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wählten die Mitglieder die Stadt Genf zum Sitz der internationalen Organisation, um dem Völkerbund nahe zu sein. Das Hauptziel der WILPF bestand im Einsatz für eine friedliche Lösung globaler Konflikte, an zweiter Stelle stand das Engagement für die Emanzipation von Frauen. Stark geprägt von Vertreterinnen jüdischer Herkunft und Quäkerinnen aus den USA und Europa, beschäftigte sich die Vereinigung auch mit Minderheitenrechten und dem Problem von Flüchtlingen. Obwohl keine humanitäre, sondern eine politische und bildungsorientierte Institution, waren zahlreiche Mitglieder der WILPF in humanitären Netzwerken tätig, so dass häufig Überschneidungen zwischen den beiden Sphären – feministischem Pazifismus und Humanitarismus – entstanden.

  • von Jan Carsten Schnurr

    Am 16. Juli 1974 stand der amerikanische Baptisten-Pastor und Evangelist Billy Graham (1918–2018) vor knapp zweieinhalbtausend Delegierten und über tausend weiteren Zuhörerinnen und Zuhörern aus 150 Ländern und hielt die am aufwändigsten vorbereitete Rede seines Lebens. Es handelte sich um den Eröffnungsvortrag des Internationalen Kongresses für Weltevangelisation im schweizerischen Lausanne. „Why Lausanne?“ hieß Grahams Vortrag.

  • von Magda Wlostowska

    Mitte der 1980er-Jahre erschienen in der Volksrepublik Polen in unregelmäßigen Abständen kleine Auflagen eines schreibmaschinengeschriebenen mehrseitigen Newsletters. Die kurzen Textezirkulierten inoffiziell, etwa indem sie von ihren Lesern (und wenigen Leserinnen) per Hand abgeschrieben oder – falls es möglich war – fotokopiert und an interessierte Bekannte weitergereicht wurden. [...].

  • von Stefan Scholl

    Als die für den Sport zuständigen nationalen Minister des Europarats im März 1975 in Brüssel zum ersten Mal zusammentraten, hatten verschiedene Gremien des Europarats bereits knapp zehn Jahre an dem zentralen Dokument gearbeitet, das dort verabschiedet und zur endgültigen Unterschrift an den Ministerrat übergeben wurde – der Europäischen Sport für Alle-Charta. Die Charta stand im Zentrum der sportpolitischen Aktivitäten des Europarats, die sich seit Anfang der 1960er-Jahre entfalteten und als Europäisierung des Sportwissens interpretiert werden können. Im Folgenden soll dieses bisher wenig beleuchtete Kapitel europäischer Sportvernetzung betrachtet werden. In einem ersten Schritt gilt es, das sportpolitische und diskursive Umfeld der 1960er- und 1970er-Jahre – die Zeit, in der das Sport für Alle-Paradigma Gestalt annahm – zu skizzieren. [...]

  • von Anna-Katharina Wöbse

    Es ist ein visuell eingängiges Symbol und schnell zu erfassen: ein stilisierter Baum mit runder Krone, geraden Ästen und kräftigen Blättern (vgl. Abb.1). Dieser grüne ‚Tree of Life‘ ist das älteste Markenzeichen europäischen Naturschutzes: das Label des Europadiploms, dessen offizielle Bezeichnung „European Diploma of Protected Areas of the Council of Europe“ lautet. 1965 wurde es aus der Taufe gehoben, um die herausragendsten Naturschutzgebiete im wachsenden Wirkungskreis des Europarates auszuzeichnen. Heute verbindet es so unterschiedliche Landschaften wie die norddeutsche Lüneburger Heide, die italienischen Seealpen, die estnische Meeresbucht von Matsalu, den türkischen Kuscenneti-Nationalpark und das rumänische Donaudelta. Diese Auszeichnung war weder mit Geld noch mit Sanktionsmöglichkeiten, weder mit verbindlichen Standards noch mit Gesetzestextes verbunden. Es handelte sich bei der Verleihung des Europadiploms vornehmlich um Symbolpolitik. [...]

  • von Christian Henrich-Franke

    Der Bericht des Spiegel über das „Europa-Programm“ erschien am 2. Juni 1954 unmittelbar vor dem Auftakt zu der Summer Season of European Television Programme Exchanges, welche den Startschuss für den (west-) europäischen Austausch von Fernsehprogrammen über das Sendenetz der Eurovision gab. Wie viele andere Presseberichte auch äußerte sich der Spiegel kritisch hinsichtlich des europäischen Fernsehprogrammaustauschs. Der Bericht spiegelt die Skepsis wider, die dem neuen Medium Fernsehen generell und in besonderem Maße dem internationalen Austausch im Rahmen der Eurovision entgegengebracht wurde. Gleichzeitig wird in ihm eine Reihe von rechtlichen, programmatischen und wirtschaftlichen Aspekten angesprochen, die die Eurovision in ihrer Entwicklung entscheidend prägen sollten. [...]

  • von Daniel Stinsky und Scott Krause

    In the summer of 1947, the Press Attaché of the Norwegian Military Mission in Berlin cautiously asked an old friend, now Executive Secretary of the United Nations Economic Commission for Europe (ECE), about employment opportunities. While Willy Brandt never entered UN service – despite Gunnar Myrdal’s offer –, the letter exchange between them illuminates the strategy that a circle of leftwing exile alumni pursued for a more stable postwar order. After the long-awaited demise of the Nazi Empire, both Social Democrats found themselves in neutral Stockholm, rather than at the victors’ bargaining table in Potsdam. While the Grand Alliance rapidly disintegrated over the question of Europe’s postwar architecture, Myrdal and Brandt’s 1947 conversation still echoes hope for a left-liberal European “Third Way” between the American and Soviet socio-economic models and outside the superpowers’ respective camps. [...]

  • von Stefan Troebst

    Seit dem Überfall durch das nationalsozialistische Deutschland reaktivierte die Führung der UdSSR neben dem „Sowjetpatriotismus“ und der Orthodoxie auch das „Slaventum“ in Gestalt des Allslavischen Komitees in Moskau – mit historisierenden Rückgriffen auf den ersten Slavenkongress von 1848 im damals habsburgischen Prag, nicht hingegen auf den zarischen Panslavismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch nach 1945 sollte dieser Bezugsrahmen gemäß sowjetischer Planung seine Bedeutung beibehalten, vor allem mit Blick auf die jetzt kommunistischen Bündnispartner Jugoslawien und Polen, aber auch auf die bürgerlich-demokratische Tschechoslowakei und sogar auf Bulgarien, das zwar ein Verliererstaat des Zweiten Weltkriegs war, jedoch ein in Stalinisierung begriffener. [...]

  • von Helmut Peitsch

    Vom 10. bis 13. September 1941 fand in London der XVII. Kongress des Internationalen PEN statt. In London war die Schriftstellerorganisation, die sich für Völkerverständigung, Frieden und die Freiheit der Literatur und Kultur einsetzte, im Jahr 1921 gegründet worden. Zunächst lag der Schwerpunkt der internationalen Schriftstellervereinigung auf Europa – 1925 zählte sie dort 25 nationale Zentren. Danach expandierte sie in die ganze Welt und umfasste im Jahr 1939 sowohl Zentren in Nord- und Südamerika, als auch in Ägypten, Palästina, dem Irak, Indien, Japan und Neuseeland. [...]

  • von Tim Neumann

    Mit der Gründung der Weltföderation Association Internationale de Boxe Amateure (AIBA) im Jahre 1946 wurden die organisatorischen Grundlagen für das Wiederaufleben des Amateurboxsportes nach dem Zweiten Weltkrieg und dessen rasche Verbreitung im europäischen und globalen Maßstab gelegt. In der AIBA dominierten dabei lange, ganz ähnlich wie bei der Vorgängerorganisation Fédération Internationale de Boxe Amateur (FIBA), europäische Interessen das sportpolitische und sportliche Geschehen. Entscheidend war die Entwicklung des Amateurboxsportes durch die Verbindung mit den Olympischen Spielen geprägt, die seit dem Beginn des Kalten Krieges auch zu einer politischen Ersatz-Arena wurden, in der die Vertreter der verfeindeten politischen Blöcke ihre Konflikte austrugen. [...]

  • von toni Morant i Ariño

    Eine Europakarte, welche durch keinerlei staatliche Grenzen definiert ist. Ein säulenähnlicher Stamm, der genau in ihrer Mitte geradlinig wächst, dessen Wurzeln sich aber quer durch den europäischen Kontinent erstrecken. Eine Baumkrone schließlich, welche zwischen ihren Blättern eine kugelförmige, soeben gekeimte Frucht hält, die das zu symbolisieren scheint, was unmittelbar als Titel angeführt ist: die „Gruendungstagung des Europaeischen Jugendverbandes Wien 1942“. [...]

  • von Christian Henrich-Franke

    Der Bericht des Spiegel über das ‚Europa-Programm’ erschien am 2. Juni 1954 unmittelbar vor dem Auftakt zu der ‘Summer Season of European Television Programme Exchanges’, welche den Startschuss für den (west-) europäischen Austausch von Fernsehprogrammen über das Sendenetz der Eurovision gab. Wie viele andere Presseberichte auch äußerte sich der Spiegel kritisch hinsichtlich des europäischen Fernsehprogrammaustauschs. Der Bericht spiegelt die Skepsis wieder, die dem neuen Medium Fernsehen generell und in besonderem Maße dem internationalen Austausch im Rahmen der Eurovision entgegengebracht wurde. Gleichzeitig wird in ihm eine Reihe von rechtlichen, programmatischen und wirtschaftlichen Aspekten angesprochen, die die Eurovision in ihrer Entwicklung entscheidend prägen sollten. [...]

  • von Kristin Reichel

    In den 1950er und 1960er Jahren strebten aufgrund ökonomisch-struktureller und gesellschaftlicher Veränderungen vermehrt verheiratete Frauen in den Arbeitsmarkt. Diese Entwicklung vollzog sich weltweit und in rasantem Tempo: waren bis 1940 noch mehrheitlich ledige Frauen berufstätig, stellten bereits 1949 weltweit Ehefrauen die Mehrheit der weiblichen Erwerbstätigen. Vor allem in den Industrieländern führte das enorme Wirtschaftswachstum zu einem steigenden Arbeitskräftebedarf, so dass verheiratete Frauen schon bald als „letzte Arbeitskraftressource“ galten. In Deutschland war Ende der 1960er Jahre ungefähr die Hälfte der berufstätigen Frauen verheiratet. Ihre Anzahl hatte sich seit 1950 verdoppelt. In Ostmitteleuropa lag die Beschäftigungsquote verheirateter Frauen deutlich höher. Bereits 1961 waren in der Tschechoslowakei, der DDR und Polen bereits 60 Prozent erwerbstätig. [...]

  • von Daniel Roger Maul

    Die ausgewählte Quelle ist in mancher Hinsicht das Dokument eines Scheiterns. Fridtjof Nansens flammender 1921 an die Mitglieder des Völkerbunds gerichteter Appell, der Sowjetunion im Angesicht einer gewaltigen Hungersnot Regierungskredite zu gewähren, verhallte ungehört. Gleichzeitig steht die Rede Nansens am Ausgangspunkt eines der größten vor allem von privaten Initiativen getragenen humanitären Hilfseinsätze des 20. Jahrhunderts. Er vereinte private Hilfsorganisationen unterschiedlicher geografischer und politischer Herkunft in ihren Bemühungen; auf dem Höhepunkt wurden täglich bis zu 11 Millionen Menschen mit Nahrung, Kleidung und Medizin versorgt, in einem Gebiet, das sich in etwa von Kasan im Norden Russlands bis zu den Mündungen von Wolga und Don im Schwarzen und Kaspischen Meer über nahezu tausend Kilometer erstreckte.[...]

  • von Friedhelm Hoffmann und Johan Grußendorf

    Am 27. und 28. November 1995 verhandelten und unterzeichneten die Teilnehmer der Euro-Mediterranen Ministerkonferenz in der katalanischen Metropole die „Erklärung von Barcelona“. Sie begründete die so genannte „Europa-Mittelmeer-Partnerschaft“, auch Euro-Mediterrane Partnerschaft (EMP) genannt. Mit der Erklärung unternahmen die EU-Europäer und ihre südlichen und südöstlichen Nachbarn einen Neuanlauf zur Intensivierung der Kooperation. Sie sollte das Verhältnis der Staatengemeinschaft zu den Ländern jenseits des Mittelmeers in neue und stabile, gleichberechtigte und „partnerschaftliche“ Bahnen lenken. Barcelona sollte der Fanfarenstoß zu einer neuen, postkolonialen Epoche werden – so jedenfalls die Hoffnungen ihrer Unterzeichner. [...]

  • von Christian Kleinschmidt

    Der Marshall-Plan war ein bedeutender Faktor des westdeutschen und europäischen Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Das amerikanische Engagement für den Wiederaufbau Europas und insbesondere Deutschlands war in der unmittelbaren Nachkriegszeit innerhalb der USA jedoch zunächst umstritten. Voraussetzung für einen fruchtbaren deutsch-amerikanischen Wirtschaftsaustausch und für die Bereitschaft der Amerikaner zur Unterstützung des deutschen Wirtschaftsaufbaus ab etwa 1947 war eine Abkehr von der restriktiven Politik der direkten Nachkriegszeit hin zu konstruktiveren wirtschaftspolitischen Konzepten, die sich ebenso an der Steigerung der Produktion und der Produktivität deutscher und europäischer Unternehmen und der Landwirtschaft orientierte wie an deren Wiedereingliederung in die Weltwirtschaft. [...]

  • von Dieter Gosewinkel

    Im Herbst 1940 hielten die Armeen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches große Teile des europäischen Kontinents besetzt. Der Sieg über Frankreich im Juni 1940 schaltete die letzte gegnerische Großmacht auf dem europäischen Kontinent aus, denn mit der Sowjetunion teilte das Reich einvernehmlich das besetzte Polen. Auch das na­tionalsozialistische Regime begann zu dieser Zeit Pläne für die Neuordnung Europas zu entwerfen, ein Europa unter nationalsozialistischer Hegemonie.[...]

  • von Falk-Thoralf Günther

    Mit dem Kulturabkommen vom 19. Januar 1939 vereinbarten Spanien und das Deutsche Reich Studentenaustauschprogramme, Buchausstellungen oder die Einrichtung von entsprechenden Sprachkursen an den höheren Schulen, um die Beziehungen beider Länder zu vertiefen. Das Abkommen beruhte auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit zwischen zwei augenscheinlich gleichberechtigten Partnern. Am Anfang dieser Beziehungen hat allerdings ein Hilferuf Francos an Hitler gestanden. [...]

Seite 1 (21 Einträge)