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  • von Rasa Navickaite

    This essay discusses the sexual education manual Mīlestības vārdā (In the Name of Love) (1981), written by the Latvian doctor Jānis Zālītis. A bestseller in both Latvia and the neighboring Lithuania, the book has contributed significantly to the social norms and attitudes towards gender and sexuality in late Soviet societies of the Baltic countries. This essay presents the historical context of the writing and the reception of this book, as well as provides a feminist and queer reading of some of its main ideas. Namely, the essay argues that Mīlestības vārdā, despite its “scandalous” reputation, was essentially a conservative book, which reproduced the predominant patriarchal and heteronormative understandings. The book entrenched the idea that hierarchical gender differences were essential to sustaining stable marriages, and that sexuality could be strictly divided into “normal”, meaning leading towards procreation, and “perverse,” meaning non-procreative and therefore morally wrong and detrimental to Soviet society.

  • von Stefan Rindlisbacher

    In der Woche vom 30. Juli bis 6. August 1939 wurde in der Schweiz der fünfte Kongress der Europäischen Union für Freikörperkultur (EUFKA) durchgeführt. Auf Einladung der Organisation Nacktbadender Schweizer (ONS) versammelten sich die Mitglieder verschiedener FKK-Organisationen aus mehreren europäischen Ländern auf ihrem FKK-Gelände die neue zeit in Thielle am Neuenburgersee. Dort sprachen sie nicht nur über die internationale Zusammenarbeit, sondern nahmen auch am ersten sogenannten Welt-Sport-Treffen der FKK-Bewegungen teil. Es gab Wettkämpfe in Hundertmeterlauf, Hochsprung, Hindernislauf, Kugelstoßen und Freistilschwimmen. Nach dem Vorbild der Olympischen Spiele der Antike führten die Teilnehmenden diese sportlichen Aktivitäten ohne Kleidung durch. Zum Tagungsprogramm gehörten auch tägliche Gymnastikübungen, Wanderungen, Vorträge, Diskussionen sowie Film-, Tanz- und Theatervorführungen.

  • von Sonja Levsen

    „Pedophilic contacts do not damage the psychic development of a child“, konstatierte das englische Abstract eines Artikels, der 1972 in der deutschen Ärztezeitschrift Sexualmedizin erschien. Der Autor referierte, eine Studie mit 30 erwachsenen „Probanden“, die über sexuelle Kontakte in ihrer Kindheit zu älteren Männern berichtet hätten, habe die Unschädlichkeit solcher Kontakte erwiesen. Die „Opfer“ – im Original in Anführungszeichen – seien gar „weniger verkrampft“ als der „durchschnittliche Niederländer“. Sie seien „selbstkritischer“ und vermutlich auch „harmonischer“ – ein sogenannter „ABV-Test“ habe das ergeben. Autor war der niederländische Pädophilenaktivist Frits Bernard, ein promovierter Psychologe.

  • von Stefan Offermann

    Die sogenannte Aktion T4 war die erste systematisch durchgeführte Massenvernichtungsaktion des „Dritten Reiches“. Zwischen Januar 1940 und August 1941 wurden mindestens 70.000 Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung in Gaskammern getötet. [...]

  • von Felix Axster

    Um 1900 avancierte die Bildpostkarte zu einem Massenmedium. Insbesondere fotografische Ansichtskarten (von Städten, Gebäuden, Landschaften etc.), aber auch (gezeichnete) Humorpostkarten erfreuten sich großer Beliebtheit – als postalisches Nachrichtenmedium sowie als Sammelobjekt einer sich schnell etablierenden Sammelszene. [...]

  • von Maria Bühner

    „Aber in Erinnerung an diese erste Frau und im endlich beginnenden Nachdenken, was meine Gefühle gegenüber Frauen betraf, fing ich an, diese Alternative in Erwägung zu ziehen, mit einer Frau zu leben. Ich bildete mir aber ein, in dieser Stadt die einzige Lesbe zu sein – die Lesbe, das war mir damals noch nicht so klar – die einzige Frau zu sein, die so empfindet.“ [...]

  • von Judith Große

    Unter den veröffentlichten Leserbriefen an die Redaktion der Zeitschrift Die Ehe. Monatsschrift für Ehewissenschaft, -Recht und -Kultur findet sich im Jahrgang 1929 die Anfrage einer Leserin „in einer Sache […], die so eigenartig ist, daß es sich wohl lohnt, sie den Lesern vorzulegen.“ Die anonymisierte Verfasserin des Briefes bittet um Antwort auf die Frage, „ob moralische oder gesetzliche Bedenken gegen die Ehe einer Weißen mit einem Neger existieren“. [...]

  • von Franz X. Eder

    Sexualität und Geschlechterrollen zählten zu jenen soziokulturellen Feldern, die in der BRD und in Österreich in den Nachkriegsjahren besonders heftig diskutiert wurden. Mehr oder weniger Konsens bestand darüber, dass die NS-Geschlechterimages und die mit ihnen einhergehende pro- und antinatalistische Sexualideologie nur mehr zwecks Abgrenzung aufgerufen werden konnten. Sollte man also bei der Etablierung eines ‚neuen‘ Männer- und Frauenbildes und entsprechender Sexualformen an die Tradition der Weimarer Republik oder sogar des Kaiserreichs in der BRD bzw. an den Ständestaat oder die Erste Republik in Österreich anknüpfen? [...]

  • von Annelie Ramsbrock

    Deutschland ist neben der Tschechischen Republik eines von wenigen Ländern Europas, in dem die chirurgische Kastration (Orchiektomie) im Rahmen der Behandlung von Sexualstraftätern bis heute per Gesetz erlaubt ist. Erlassen wurde das Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (KastrG) im August 1969; Anwendung fand die Orchiektomie seitdem nur selten, nicht zuletzt, weil chemische, hormonelle und psychotherapeutische Behandlungsmethoden zunehmend an Bedeutung gewannen. Dennoch: Dass die Bundesrepublik die chirurgische Kastration für Sexualstraftäter überhaupt anbietet, wurde im August 2010 vom Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) beanstandet.

  • von Pablo Dominguez Andersen

    Die ersten Zeilen des Songs Ahmet Gündüz markieren die Geburtsstunde des deutschsprachigen Rap. Vorgetragen in gebrochenem Gastarbeiterdeutsch und untermalt von einer türkischen Saz-Melodie, erzählt der Arbeiter Ahmet die Geschichte seiner Auswanderung in die Bundesrepublik. Gerappt wurden die Zeilen von Tahir Cevik alias Tachi, einem von drei MCs der Gruppe Fresh Familee. 1989 gegründet, spielte die Crew 1991 die Hauptrolle in der ersten deutschen HipHop-Dokumentation Fresh Familee – Comin’ from Ratinga. Den Gewinn eines städtischen Nachwuchspreises nutzte die Band im selben Jahr zur Finanzierung ihres gleichnamigen Debütalbums Coming from Ratinga, das sie kurz darauf im Eigenvertrieb veröffentlichte. Der Song Ahmet Gündüz war sowohl auf dieser Platte als auch auf dem 1993 von Phonogramm veröffentlichten Album Falsche Politik enthalten und gilt damit vielen als erste deutschsprachige Rapveröffentlichung. [...]

  • von Margareth Lanzinger

    Der Umfang, in dem die Ehe als Lebensform über Jahrhunderte hinweg religiös kodiert und moralisch aufgeladen worden war, stellt ein oft übersehenes Spezifikum der Europäischen Geschichte dar. Sowohl die Ehegesetzgebung als auch das Eheverständnis sind für die rechtliche, kulturelle und politische Formierung europäischer Gesellschaften grundlegend. Diskussionen über Ehe und Ehekritik sowie alternative und utopische Gegenentwürfe zur Ehe verweisen demgegenüber stets auf gesellschaftliche Veränderungen und Umbrüche. Schließlich sind die jeweilig gültigen normativen Vorgaben im Bereich des Eherechts immer auch eng mit normativen Vorstellungen und Konzepten von Geschlechterbeziehungen und Geschlechterverhältnissen verbunden. [...]

  • von Christa Hämmerle

    Für die Zeit zwischen 1933 und 1945 sind Terror, Krieg und Genozid europaweit in verschiedensten autobiografischen Aufzeichnungen bezeugt, die einen ganz spezifischen Blick auf diese Jahre eröffnen können. Dies gilt, obschon unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen, für beide Seiten der damals zutiefst gespaltenen Gesellschaft: einmal für jene, die „dazu gehörten“ und das NS-Regime sowie seine Kriegsführung in Europa oft bis zuletzt stützten, obwohl der totale Krieg sie selbst einholte; sowie vor allem für jene, die ausgegrenzt, verfolgt, auf die Flucht und ins Exil getrieben oder ermordet wurden. Gerade unter diesen Menschen evozierte die anhaltende, zerstörerische Krisenerfahrung, die sich immer seltener in direkter Gesprächs- oder Briefform kommunizieren ließ, auch ein intensiviertes Tagebuchschreiben, das zwar an kulturelle Traditionen schriftlicher Selbstthematisierung anknüpfte, sich aber unter den dramatischen Bedingungen zugleich neu ausrichtete. [...]

  • von Juliane Jacobi

    1524 erschien in Antwerpen eine Schrift mit dem Titel De institutione feminae Christianae. In drei Abschnitten, jeweils als Bücher bezeichnet, handelte das Werk Über die Jungfrauen, Über die Gattinnen und Über die Witwen. Die Schrift war Katharina von Aragon, der späteren Königin von England und Gattin Heinrichs VIII. (1485–1536), gewidmet. Das Buch war im Europa des 16. Jahrhunderts eines der meistgelesenen Werke über weibliche Erziehung; in den nachfolgenden Jahrhunderten avancierte es in Europa zu einer unhintergehbaren, klassischen Referenz. [...]

  • von Kristin Reichel

    In den 1950er und 1960er Jahren strebten aufgrund ökonomisch-struktureller und gesellschaftlicher Veränderungen vermehrt verheiratete Frauen in den Arbeitsmarkt. Diese Entwicklung vollzog sich weltweit und in rasantem Tempo: waren bis 1940 noch mehrheitlich ledige Frauen berufstätig, stellten bereits 1949 weltweit Ehefrauen die Mehrheit der weiblichen Erwerbstätigen. Vor allem in den Industrieländern führte das enorme Wirtschaftswachstum zu einem steigenden Arbeitskräftebedarf, so dass verheiratete Frauen schon bald als „letzte Arbeitskraftressource“ galten. In Deutschland war Ende der 1960er Jahre ungefähr die Hälfte der berufstätigen Frauen verheiratet. Ihre Anzahl hatte sich seit 1950 verdoppelt. In Ostmitteleuropa lag die Beschäftigungsquote verheirateter Frauen deutlich höher. Bereits 1961 waren in der Tschechoslowakei, der DDR und Polen bereits 60 Prozent erwerbstätig. [...]

  • von Tiina Kinnunen

    „Es ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen unseres Jahrhunderts, dieses Loslösen der Frau vom Mann, dieses Gefühl ihrer Selbständigkeit, dieses Bedürfnis, nicht bloss Blüte und Kranz, sondern selbstwirkender Faktor in der Arbeit unserer gewaltigen Zeit zu sein.“ Diese Beschreibung Max Wolfs aus dem Jahr 1892 benennt eine weit verbreitete Verunsicherung, die die zeitgenössische Geschlechterordnung betraf. Es ging um die sogenannte Frauenemanzipation, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts europaweit die überlieferten Geschlechterverhältnisse in Frage stellte. In Wolfs Fall führte die Verunsicherung zu prononcierter Frauenfeindlichkeit. Wolf war Antifeminist und damit erklärter Befürworter einer Bewegung, die ihre Forderungen und Ziele im Deutschen Kaiserreich ebenso lautstark wie öffentlichkeitswirksam zu vertreten wusste. [...]

  • von Ann Taylor Allen

    Although European history is in many ways the best known of the world's histories, the concept on which it is based—that of Europe—remains largely unexamined. North American colleges and universities have traditionally included European history in a general concept of "Western Civilization," which is assumed to be the source of norms and institutions—representative government, Judeo-Christian religion, scientific objectivity, to name just a few—that are common to Americans and Europeans. The textbooks and syllabi of these courses seldom inquire to what extent these shared traditions were indeed "European"—that is, typical of Europe as a whole, or only of certain times and places. In Europe itself, historians focus chiefly on national narratives, seldom asking how, or even if, these diverse narratives constituted a "European" history. Most early historians of women and gender, though they questioned many conventions of their discipline, preserved these. [...]

  • von Marleen von Bargen

    1943/44 verfasste die im Schweizer Exil lebende deutsche Sozialistin und Reformpädagogin Anna Siemsen (1882-1951) den Aufsatz „Die Frau im neuen Europa“. In diesen Ausführungen appellierte sie vor allem an die Frauen, sich zum Ende des Krieges für eine gemeinsame soziale Aufbauhilfe in Europa zusammenzuschließen. Durch Hilfe zur Selbsthilfe sollte ein künftiges gemeinsames Arbeiten der europäischen Länder möglich werden. Damit, so Siemsen, könne ein europäisches Bewusstsein geweckt werden – ein Gefühl der Solidarität zwischen den Völkern Europas, das sie als unabdingbar für eine europäische Einigung und für einen dauerhaften Frieden betrachtete. Siemsen sah Frauen aufgrund ihrer spezifisch weiblichen Eigenschaften und ihrer spezifisch weiblichen Kriegserfahrung für diese Aufgaben als prädestiniert an. Indem sie auf diese Weise die umfassende politische Veränderung Europas mit fürsorgepolitischen Überlegungen verband, skizzierte sie zugleich eine weibliche Europa-Vorstellung. [...]

  • von Michael Pesek

    Am 8. August 1914 brach der Erste Weltkrieg auch im von Europa weit entfernten Ostafrika aus. Deutsche Truppen überschritten die Grenze zur benachbarten britischen Kolonie und britische Schlachtschiffe bombardierten die Hauptstadt der deutschen Kolonie, Dar es Salaam. Vor allem in der Zivilverwaltung und von den Missionen gab es erheblichen Widerstand gegen die Pläne der Militärs, den europäischen Krieg auch in Afrika auszufechten. Sowohl der deutsche Gouverneur Heinrich Schnee als auch sein britisches Gegenüber Sir Henry Conway Belfield fürchteten den Zusammenbruch der europäischen Kolonialordnung infolge der Wirren des Krieges. So sahen die ersten Wochen des Krieges einen hektischen Depeschenwechsel zwischen den Kolonien und den Metropolen, in denen die Gegner des Krieges auf afrikanischem Boden auf die Einhaltung der Kongo-Akte von 1885 pochten. Die damals unterzeichnenden Kolonialmächte hatten im Falle eines europäischen Krieges den Kolonien in Afrika die Neutralität zugesichert. [...]

  • von Stefan Wiederkehr

    Im Vorfeld der Olympischen Spiele von 1972 veröffentlichte die Medizinische Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein zweisprachiges Faltblatt unter dem Titel „Le contrôle de féminité/Sex control“, das die in Sapporo und München durchzuführenden Geschlechtertests reglementierte. Die Medizinische Kommission des IOC unter dem Vorsitz des belgischen Adeligen Alexandre de Merode (1934-2002) war 1967 ins Leben gerufen worden. Sie bildete das Resultat mehrjähriger Debatten innerhalb der IOC-Gremien, wie dem Problem des Dopings im olympischen Sport zu begegnen sei. Kurzfristig wurde die Medizinische Kommission mit einer zusätzlichen Aufgabe betraut: Sie sollte durch geeignete Kontrollen sicherstellen, dass die Teilnehmerinnen bei Frauenwettbewerben tatsächlich Frauen sind. [...]

  • von Priska Jones

    Europa als Bild: Die Symbolik für Europa ist mittlerweile zweifellos fest in den europäischen Alltag integriert. Der goldene Sternenkranz auf blauem Grund begegnet uns nicht nur auf jedem Autokennzeichen oder im Portemonnaie auf jeder Eurobanknote. Das offizielle Symbol der Europäischen Union ist ein gewohnter Bestandteil unserer täglichen visuellen Wahrnehmung.

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