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  • von Christian Domnitz

    Zur Mitte der 1980er Jahre verständigten sich die Friedensbewegungen in Ost und West unter dem Zeichen von Europa. Ausgehend von der Idee, dass die Blocktrennung und der Systemkonflikt die gesellschaftliche Entwicklung in beiden Teilen des Kontinents behinderten, entwickelten sie Konzepte einer Annäherung. Die Vernetzung der zu dieser Zeit populären und stark in den Gesellschaften verankerten Friedensbewegungen sollte zum Pilotprojekt einer blockübergreifenden Einigung werden. Unter den Leitbegriffen des Friedens und der Bürgerrechte wurde eine Europavorstellung formuliert, der eine Brückenfunktion zwischen den Gesellschaften Ost- und Westeuropas zukam. [...]

  • von Falk-Thoralf Günther

    Mit dem Kulturabkommen vom 19. Januar 1939 vereinbarten Spanien und das Deutsche Reich Studentenaustauschprogramme, Buchausstellungen oder die Einrichtung von entsprechenden Sprachkursen an den höheren Schulen, um die Beziehungen beider Länder zu vertiefen. Das Abkommen beruhte auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit zwischen zwei augenscheinlich gleichberechtigten Partnern. Am Anfang dieser Beziehungen hat allerdings ein Hilferuf Francos an Hitler gestanden. [...]

  • von Dorothea Trebesius

    Eine konkrete Vorstellung von der Größe des europäischen Raumes konnten sich im 18. und 19. Jahrhundert Fernhandelskaufleute mehr noch als andere bürgerliche Berufsgruppen verschaffen, führten ihre Kontakte doch zu zahlreichen Reisen in andere Städte und Länder. Die Reichweite der geschäftlichen und privaten Beziehungen der Dufours in Leipzig, einer im 18. Jahrhundert aus Frankreich eingewanderten hugenottischen Kaufmannsfamilie, erstreckte sich von Russland und Polen über Italien bis nach Holland, Dänemark und England. Fernhandelskaufleute und ihre Angehörigen agierten durch die alltägliche Praxis des Reisens in einem spezifischen europäischen Handlungsraum, der jenseits von politischen Konjunkturen eigene Vorstellungen von Europa begründete. [...]

  • von Martin Kohlrausch

    Im Jahr 1928 traten im schweizerischen La Sarraz erstmals die Congrès Internationaux d'Architecture Moderne, kurz CIAM, zusammen (CIAM I). Diese ‚internationalen kongresse für neues bauen’, wie sich die Organisation in ihrer zweiten Arbeitssprache nannte, waren gegründet worden, um die großen Fragen der modernen Architektur zu diskutieren. Das Hauptanliegen der selbstbewussten Interessengruppe moderner Architekten um Le Corbusier und Walter Gropius war jedoch, das ‚Neue Bauen’ zu propagieren und international durchzusetzen. Es handelte sich also um weit mehr als ein klassisches Expertentreffen auf internationaler Ebene, wie sie sich vor allem in den Naturwissenschaften entwickelt hatten.[...]

  • von Jan C. Behrends

    Das Beziehungsdreieck Russland, Polen und Deutschland gehört zu den zentralen Konfliktkonstellationen des modernen Europa. Die europäische Katastrophe im Zeitalter der Extreme hatte ihr geographisches Zentrum in Polen, das 1939 Opfer deutscher und sowjetischer Aggression wurde und auf dessen Territorium das Deutsche Reich den Völkermord an den europäischen Juden verübte. Nach 1945 verschwand Polen dann als unfreiwilliger Vasall hinter dem Eisernen Vorhang. Bis 1956 litt das Land – wie seine Nachbarn – unter der stalinistischen Gewaltherrschaft. Die totalitäre Herrschaft erzwang eine gesellschaftliche Transformation, die neben der politisch-wirtschaftlichen Umgestaltung auch eine nationalkommunistische Umgestaltung des Geschichtsbildes beinhaltete. [...]

  • von Stefan Troebst

    Das Interesse an der Kategorie „Raum“ ist in der Geschichtswissenschaft den letzten zwanzig Jahren merklich gewachsen. Der vorliegende Beitrag zeichnet die Entwicklung des Konzepts „Geschichtsregion“ seit der Zwischenkriegszeit nach und thematisiert die transnationalen und vergleichenden Aspekte dieses Konzepts. Einen Ausgangspunkt dafür bilden die Arbeiten von O. Halecki, der anhand der Trennung zwischen westlicher und orthodoxer Kirche Ostmittel- von Osteuropa abgrenzt und dessen Ostmitteleuropa-Begriff in der Folgezeit sowohl die westdeutsche als auch die osteuropäische Forschung geprägt hat. Geschichtsregionale Konzeptionen werden häufig implizit und damit unreflektiert in der Forschung verwendet – so in der Nationalgeschichte oder bei der Beschäftigung mit „Europa“ – und weisen oft eine hohe Affinität zu Wahrnehmungs- und Handlungsräumen der jeweiligen Gegenwart auf. Der Autor kommt zu dem Befund, dass das am ostmitteleuropäischen Entwicklungspfad entwickelte Untersuchungsdesign der „Geschichtsregion“ [.

  • von Manfred Hildermeier

    Nach der Veränderung der politischen Landkarte Osteuropas durch den Zusammenbruch des Sozialismus stellt sich – wie schon nach dem Ersten Weltkrieg – erneut die Frage, auf welche gemeinsamen Merkmale ein einheitlicher Ostmitteleuropabegriff gestützt werden kann. Neben dem katholischen Glauben, den demografisch-ethnischen Verhältnissen und dem Transfer westlicher Rechtsinstitutionen (samt sozialen und wirtschaftlichen Organisationsformen) ist hier vor allem die starke Stellung des Adels zu nennen, die mit einem geringen Gewicht der Städte und des Bürgertums einherging. Im gleichen Zusammenhang stehen auch die gutsherrschaftliche Agrarverfassung und die daraus resultierende Dominanz von Dorf und Landwirtschaft. Freilich haben all diese Kriterien sowohl zeitlich und räumlich als auch sachlich-inhaltlich nur eine begrenzte Reichweite: Die Region Ostmitteleuropa konstituiert sich je nach Fragestellung unterschiedlich. Die Frage nach der Europäizität Ostmitteleuropas sollte dabei nicht wertend beantwortet [...]

  • von Katrin Steffen

    Gestützt auf das normative westliche Modernisierungsparadigma wurden die osteuropäischen Juden in der Geschichtsschreibung lange Zeit als eine rückständige homogene Gruppe konzeptionalisiert, die sich gegen eine Modernisierung durch Säkularisierung und Verbürgerlichung versperrt hätte. Doch akzeptierten auch schon im 19. und 20. Jahrhundert viele osteuropäische Juden Religion nicht mehr als ein den Alltag dominierendes Ordnungssystem, auch wenn der Übergang von einer traditionellen zu einer säkularisierten Weltsicht hier von weniger scharfen Brüchen gekennzeichnet war als in Westeuropa. Im Gegensatz zum eher konfessionellen Selbstverständnis der deutschen Juden definierte man sich im Osten ethnisch bzw. jüdisch-national, was aber auch eine Identifikation mit den jeweiligen Ländern, in denen man lebte, nicht ausschloss. Erst um den wachsenden Anpassungs- und Repressionsdruck der nach dem Ersten Weltkrieg neu entstandenen Nationalstaaten zu entgehen, suchte man nach supranationalen Instanzen und verstand sich z

  • von Wolfgang Schmale

    Nach wie vor ist die Wahrnehmung vieler durch die Vorstellung geprägt, dass mit der Grenzziehung zwischen West- und Ost- bzw. Ostmitteleuropa – mit dem Eisernen Vorhang im Kalten Krieg – gleichzeitig eine Zivilisationsgrenze entstanden sei. Dagegen stellt der Autor heraus, dass Ostmitteleuropa seit dem Spätmittelalter an allen umfassenden Kommunikations- und Kulturtransferprozessen (Renaissance, Reformation und Aufklärung) partizipiert hat, weshalb die davon geprägte nationale wie kulturelle Identität der „Ostblock“staaten während des Kalten Kriegs auch nur oberflächlich überformt wurde. Nach Überwindung der in erster Linie politischen Spaltung bieten die historisch-kulturellen Gemeinsamkeiten der Ostmitteleuropäer und Westeuropäer somit für die Staaten Ostmitteleuropas die Grundlage für ihre „Rückkehr nach Europa“ im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses.

  • von Frithjof Benjamin Schenk

    Der in den letzten Jahren viel diskutierte "spatial turn" ist keine so umfassende Wende, wie oft gedacht - zum einen hat man sich außerhalb der deutschen und angelsächsischen Forschung auch zuvor intensiv mit der Kategorie "Raum" befasst - so in der von der Annales-Schule geprägten französischen Forschung. Zum anderen geht es nicht um einen umfassenden Paradigmenwechsel, sondern darum, einen bisher vernachlässigten Aspekt bei der Untersuchung kultureller und sozialer Prozesse stärker zu berücksichtigen. Der Autor hebt hervor, dass "Raum" keine historische Kategorie an sich ist, sondern dass der gesellschaftlich und historisch relevante Raum das Produkt menschlicher Handlung und Wahrnehmung ist. Durch die Hinterfragung gängiger Raumkonzepte - wie des "Osteuropa"-Begriffs durch die Osteuropa-Forschung in den letzten Jahren - kann das heuristische Konzept der Geschichtsregion als Strukturraum nutzbar gemacht werden.

  • von Christoph Boyer

    Für die europäische Nachkriegsgeschichte konstatiert Boyer zwei grundlegende Makromodelle: den demokratisch-marktwirtschaftlichen Wohlfahrtsstaat in Westeuropa einerseits und die staatssozialistischen Modelle in Mittel- und Ostmitteleuropa andererseits. Die beiden Modelle unterschieden sich dabei weniger grundsätzlich, wie oft angenommen wurde: Beide antworteten auf die Krise des Kapitalismus und Liberalismus seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und beide Modelle wollten Gesellschaften, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, planen, regulieren, transformieren, modernisieren und dadurch Wohlstand schaffen. Die Frage nach der „Europäizität Ostmitteleuropas“ ist für den Autor ein komparativer Forschungsansatz, mit dem die unterschiedlichen Entwicklungen, die die jeweiligen Länder unter diesen Makromodellen vollzogen haben, untersucht und mit anderen europäischen Regionen verglichen werden sollten.

  • von Chris Hann

    Der Beitrag setzt sich mit der Frage auseinander, wie und wo sich Ungarn selbst auf der „mental map“ Europa verordnet hat und verordnet. Während des Sozialismus lag der Wahrnehmung der meisten Ungarn dabei eine klare Ost-West-Dichotomie zugrunde, der zufolge der „Osten“ mit der UdSSR begann und Ungarn damit ein Teil Westeuropas war. Diese Sicht blieb auch nach dem Zusammenbruch des Sozialismus dominant, wobei Westeuropa für die Ungarn nun in noch stärkerem Maße für „Europa“ im allgemeinen stehe. Daran ändert auch die teils kritische Sicht eines mit der EU gleichgesetzten „Europa“ nichts.

  • von Philipp Ther

    In seinem Beitrag vergleicht Philipp Ther die geschichtswissenschaftlichen Raumkonzeptionen Zentraleuropa und Ostmitteleuropa. Das Konzept Ostmitteleuropa, das gerade in der deutschen Forschung weiter vorherrschend bleibt, resultiert für ihn hauptsächlich aus strukturgeschichtlichen Fragestellungen. Darin liege aber sein Nachteil, da dies zu einer mangelnden zeitlichen Differenzierung und zu einer überzogenen räumliche Abgrenzung führe sowie eine thematische Engführung auf strukturgeschichtliche Ansätze einschließe. Das Konzept Zentraleuropa habe dagegen den Vorteil, dass es besonderes die Kommunikation und Interaktion zwischen verschiedenen Regionen betrachtet und dadurch zeigt, wie kulturelle Räume durch „cultural encounters“, Austauschprozesse, Akkulturation, aber auch Krisen und Konflikte geprägt werden. Die so konstituierten Räume können sich überschneiden und verändern sich je nach Periode.

  • von Christian Lübke

    In kultureller Hinsicht gab es im Frühmittelalter eine klare Zweiteilung Europas, wobei dem Fränkischen und Byzantinischen Reich das „Barbaricum“ mit seinen akephalen, aus gleichberechtigten Segmenten bestehenden Gesellschaften gegenüberstand, das weite Teile des östlichen und nördlichen Europa umfasste. Seit dem 9. Jahrhundert verliert diese Trennung jedoch mehr und mehr an Bedeutung: Auch im östlichen Europa bilden sich zentralisierte Gesellschaften mit eindeutigen Herrschaftsstrukturen heraus. Aus Gesellschaften ohne Staat werden dauerhafte, teilweise bis heute existierende Staaten. In diesem Zusammenhang werden die alten Gentilreligionen durch das zentralistisch und hierarchisch organisierte Christentum abgelöst und in der Folge bildet sich die Trennung zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Kirche heraus. Der weitere Landesausbau wurde nunmehr auf fürstliche Initiative hin systematisch betrieben.

  • von Stefan Troebst

    „Die Europäizität Ostmitteleuropas“ war ein Aufsatz von Wolfgang Schmale betitelt, der 2003 im vierten Band des „Jahrbuchs für Europäische Geschichte“ mit dem Schwerpunktthema „Diktaturbewältigung, Erinnerungspolitik und Geschichtskultur in Polen und Spanien“ erschien. In terminologischer wie systematischer Anknüpfung an Schmales Aufsatz behandeln die Essays des Clio-online-Themenschwerpunkts „Zur Europäizität des östlichen Europa“ zentrale Fragestellungen einer in statu nascendi begriffenen Europäischen Geschichte, wie sie das gleichnamige neue Themenportal befördern möchte: Macht „Europa“ als transnationale, ja globalgeschichtliche Analysekategorie Sinn? Wenn ja: weshalb? Was sind – mit Oskar Halecki – Europas „Grenzen und Gliederungen“? Ist die Konstruktion historischer Teilregionen Europas berechtigt, sinnvoll, gar erkenntnisträchtig? Und falls erneut ja: Hat die – ursprünglich politisch wie sprachlich begründete – historische Teildisziplin Osteuropäische Geschichte mit dem von ihr entwickelten Analyseins

  • von André Kaspi

    Die USA sehen Frankreich und Deutschland 1945 nicht im gleichen Licht. Frankreich ist ein verbündetes Land, das die amerikanischen Soldaten besonders freundschaftlich empfangen hat. Aber es ist auch ein unbequemer Verbündeter. De Gaulle geht es um den Erhalt der nationalen Unabhängigkeit, und mit diesem Ziel widersetzt er sich gegebenenfalls auch den USA, wie zum Beispiel in den Auseinandersetzungen um Stuttgart und Clipperton. Das besiegte Deutschland soll vom Nationalsozialismus geheilt und nach demokratischem Modell wieder aufgebaut werden. In beiden Fällen sind die USA zu einer europäischen Großmacht geworden, wohlwissend, dass sich Europa, der alte Kontinent, im Niedergang befindet und nie wieder die gleiche Stellung wie vor 1939 einnehmen wird.

  • von Armin Heinen

    Wenige Themen US-amerikanischer Kultur wecken in Europa so viele Emotionen wie die Todesstrafe. Wollten die USA dem Europarat beitreten, so würde ihr Gesuch abgelehnt, und selbst der Beobachterstatus wäre umstritten. Der Beitrag untersucht die Geschichte der Todesstrafe als gemeinsame Geschichte einer US-amerikanisch-europäischen, westlichen Zivilisation, zeigt, dass selbst innerhalb der USA ganz unterschiedliche Traditionslinien zu beobachten sind, und entwickelt die These einer „Neuerfindung“ der USA und Europas seit dem Ende der 1960er bzw. 1980er Jahre. In beiden Fällen geht es um die „Erfindung von Tradition“, aber während die USA an das Referenzmodell der „Siedlergemeinschaft“ anknüpft, ist die Erfahrung totalitärer Staatsmacht für Europa maßgebend geworden. So stehen sich heute das „alte Amerika“ und das „neue Europa“ in der Frage der Todesstrafe „verständnislos“ gegenüber.

  • von Reinhard Rürup

    Am 24. Dezember 1793 veröffentlichte die „Vossische Zeitung“, die den offiziellen Titel „Königl. Privilegirte Berlinische Zeitung. Von Staats- und gelehrten Sachen. Im Verlage der Vossischen Buchhandlung“ trug, einen ausführlichen Bericht über den feierlichen Einzug der Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz in die Haupt- und Residenzstadt Berlin am Vorabend ihrer Doppelhochzeit mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und seinem jüngeren Bruder Ludwig.[...]

  • von Ruediger vom Bruch

    Wahrlich, international war die Gelehrtenrepublik vor dem Ersten Weltkrieg. Man kannte sich, man las einander, korrespondierte miteinander, Fremdsprachen bildeten keine Barriere. Man traf sich auf internationalen Kongressen, publizierte in den gleichen Zeitschriften, beteiligte sich an Besuchsprogrammen wie etwa dem deutsch-amerikanischen Professorenaustausch, bei dem der deutsche Kaiser Wilhelm II. als Schirmherr den amerikanischen Präsidenten Roosevelt 1910 als Redner in Berlin begrüßte.[...]

  • von Konrad H. Jarausch

    Für die meisten Mitglieder der Bürgerbewegung der DDR lag Europa in doppelter Ferne: Zwar gab es auch im Ostblock mit dem Warschauer Pakt und COMECON gemeinsame Institutionen, aber diese waren auf die sowjetische Hegemonialmacht konzentriert und ideologisch auf den sozialistischen Internationalismus ausgerichtet.[...]

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