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  • von Richard Hölzl

    Mit dem Begriff ‚Zivilisierungsmission’ hat die transnationale Geschichte einen griffigen Ausdruck für den quasi-religiösen und aufklärerischen Drang europäischer Staaten und Akteure gefunden, ‚andere’ als weniger oder noch nicht ‚zivilisiert’ geltende Völker zu unterwerfen, zu beherrschen und zu erziehen. Dabei ging es weniger um die Verbesserung der Lebensbedingungen ‚unzivilisierter’ oder ‚unterentwickelter’ Völker, als um die eigene europäische Identität. Diese ließ sich im Gegensatz von Zivilisation und Barbarei, von Kulturvölkern und Naturvölkern, von entwickelten und unterentwickelten Gebieten, Regionen, Völkern oder Staaten und letztendlich von Fortgeschrittenen und Zurückgebliebenen besonders gut produzieren, bestätigen und verbreiten.[...]

  • von Martin Knoll

    Das Phänomen „Stadt“ erfährt im 1837 erschienenen 167. Band der Krünitzschen „Oekonomischen Encyklopädie“ gebührende Aufmerksamkeit. Der Artikel zum gleichnamigen Lemma umfasst rund 33 Seiten, in denen Urbanität nach rechtlichen, ökonomischen und historischen Kriterien typologisiert und anhand zahlreicher Beispiele diskutiert wird. Die Darstellung nimmt ihren Ausgang bei der als Idealstadt vorgestellten Residenzstadt Karlsruhe, wendet ihren Blick dann aber im Zuge einer generalisierenden Erörterung mehreren Dutzend anderen Städten und Regionen Europas zu und streift sogar Ägypten und Nordamerika. Was den Artikel in unserem Zusammenhang besonders interessant macht – und was ihn z. B. vom gleichnamigen Eintrag im rund 90 Jahre älteren 39. Band des Zedlerschen Universallexikons unterscheidet – ist der Umstand, dass eine Fülle von Aspekten angesprochen wird, die heute landläufig unter den Begriffen „Umweltproblem“ oder „Umweltfaktor“ subsumiert würden. [...]

  • von Hubert Kiesewetter

    Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags ist der Bericht des französischen Generalkonsuls an seinen Außenminister über eine Diskussion in Zürich im Jahr 1904, die im Anschluss an einen Vortrag des Breslauer Wirtschaftsprofessors Julius Wolf über den Mitteleuropäischen Wirtschaftsverein stattfand. Ich werde zeigen, dass bereits ein Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg Gedanken eines Mitteleuropa-Konzepts angesprochen wurden, dessen expansionistische Ziele auch zum Krieg mit Frankreich geführt haben.[...]

  • von Andreas Fahrmeir

    Die Folgen der französischen Vorherrschaft in Westdeutschland um 1800 sind ganz unterschiedlich bewertet worden. Manchmal schien der Verlust ‚nationaler‘ Selbstbestimmung entscheidend, so daß sie als düstere Jahre der Unterdrückung beschrieben wurden; manchmal stand der Aufbruch im Vordergrund, den die Modernisierung von Recht, Verwaltung und Wirtschaft, das Ende korporativer Autonomien und der Zuwachs an individuellen Mobilitätschancen zu ermöglichen schien. [...]

  • von Mandy Kretzschmar

    Am 23. Dezember 1901 verabschiedete der geeinte australische Staat als eines der ersten bedeutenden Gesetze den Immigration Restriction Act, der die sozialen, gesundheitlichen moralischen, rechtlichen und kulturellen Kriterien sowie die administrativen Verfahren der der Einwanderung festlegte. Eingeführt wurde damit auch eine Sprachprüfung in Form eines Diktats, womit die Kenntnisse in einer europäischen Sprache getestet wurden. Der Immigration Restriction Act war ein Instrument, mit dem Einwanderungsströme geregelt und kanalisiert werden konnten; er bevorzugte Immigranten europäischer Herkunft und diskriminierte implizit asiatische Einwanderer. [...]

  • von Gabriele Lingelbach

    In der historiografiegeschichtlichen Forschung hielt sich lange Zeit die Vorstellung, die französische Geschichtswissenschaft habe sich im 19. Jahrhundert nicht nur hinsichtlich ihrer Forschungs- und Darstellungsmethoden, sondern auch bei ihren institutionellen Formgebungen am ,Deutschen Modell‘ orientiert, das heißt Strukturen der deutschen Geschichtswissenschaft importiert. Empirische Studien belegen aber eher die Eigenständigkeit der französischen historischen Disziplin, die insbesondere im tertiären Bildungssektor große Unterschiede zu ihrem deutschen Pendant aufwies. Letztlich war der französische Rekurs auf das deutsche System von den eigenen Interessen und Vorstellungen bezüglich der Weiterentwicklung der Disziplin geprägt. Der Verweis auf Deutschland fungierte als Katalysator in der Reformdiskussion, als Diskurs.[...]

  • von Eberhard Demm

    Seit circa 1900 wurde an der Universität Heidelberg das autoritär-professorale Dozieren durch die emanzipatorische Lehrmethode des „diskutativen Prinzips“ abgelöst, das heißt durch kontroverse Debatten und fruchtbaren Gedankenaustausch zwischen den Gelehrten und ihren Studenten, durch das sogenannte „ewige Gespräch“, das bald als „Geist von Heidelberg“ idealisiert wurde. Diese neue Methode wird hier unter besonderer Berücksichtigung der pädagogisch-didaktischen Bemühungen des Professors der Nationalökonomie, Alfred Weber, mittels folgender Dokumente demonstriert: Seminarprotokolle, einschlägige Briefe, Berichte über Diskussionsabende und Erinnerungen von Studenten. Inspiriert durch die Jugendbewegung und durch Schulreformer wie Gustav Wyneken, war das Ziel dieser Lehrmethode die Heranbildung eines „Neuen Menschen“: eines kritischen, selbstverantwortlichen, politisch engagierten und stets zum Widerstand gegen Indoktrinierung und übermächtige Gewalten bereiten Individuums.[...]

  • von Chantal Metzger

    Le colloque bisannuel organisé par le Comité franco-allemand de recherches sur l’histoire des 19ème et 20ème siècles, qui s’est tenu du 24 au 26 septembre 2004 à l’Institut Gustav Stresemann à Bonn, a porté sur les relations existant entre l’Allemagne, la France et l’Amérique du Nord au cours des 19 et 20ème siècles. Le choix du sujet était resté en suspens lors de l’Assemblée générale du 16 septembre 2002 à Pont-à-Mousson. Deux thèmes avaient été retenus : l’un portait sur les transferts culturels, l’autre sur les relations entre nos deux pays et les pays non-européens d’Asie, d’Afrique ou d’Amérique. Le premier d’entre eux ayant fait l’objet de plusieurs colloques au cours de l’année 2004, le bureau du Comité a décidé, après enquête auprès des membres, de choisir le second.

  • von Philippe Alexandre

    Am Vorabend des Ersten Weltkrieges verfügte die bürgerliche Friedensbewegung in den Vereinigten Staaten über eine starke Organisation, die auf eine lange Tradition seit Beginn des 19. Jahrhunderts zurückging. Sie vereinte eine gewisse Anzahl bedeutender Mitglieder der Zivilgesellschaft, darunter vor allem Politiker der Demokraten, Geistliche, Lehrer, Wissenschaftler, Verleger und Humanisten, die über ein unermessliches Vermögen verfügten, wie der Industrielle Andrew Carnegie. Diese Organisation war in der Lage, Einfluss auf die Machthabenden auszuüben und sie in ihrer Außenpolitik zu unterstützen, die auf internationalen Ausgleich sowie die Förderung des Handels und des Einflusses der USA hinzielte. Die deutschen und französischen Pazifisten waren sich des wachsenden Gewichtes der Vereinigten Staaten in der Welt und der ambivalenten Beziehungen zwischen der Neuen Welt und dem „alten Europa“ bewusst und bemühten sich, auf eine engere Kooperation zwischen den beiden Kontinenten hinzuwirken.[...]

  • von Heike Bungert

    Der Artikel beschäftigt sich mit den Dreiecksbeziehungen zwischen den circa hunderttau­send Frankoamerikanern, den 1,7 Millionen Deutschamerikanern und der Bevölke­rungsmehrheit der Angloamerikaner während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/1871. Für die deutschen Migranten war der Deutsch-Französische Krieg mit der anschließenden Gründung des Deutschen Reiches der wichtigste Wendepunkt in der Geschichte der Schaffung einer deutschamerikanischen Identität. Sie sammelten Geld für ihre Landsleute in Europa, organisierten Wohltätigkeitsveranstaltungen und feierten große Friedensfeste, in denen sie sich ihrer gemeinsamen Herkunft bewusst wurden. Auch die Frankoamerikaner organisierten Benefizfeste, Sammlungen und Proteste gegen den Frankfurter Frieden. Beide ethnischen Gruppen hatten Werte, Sympathien und gegenseitige Vorurteile in die USA transferiert, mussten in ihren Sympathiebekundungen für ihre Ursprungsländer jedoch Rücksicht aufeinander und auf ihr Gastland nehmen.

  • von Isabella Löhr

    Bücher haben nicht nur einen intellektuellen und kulturellen Wert, sondern sie sind auch Waren, mit denen regional, national und global Handel betrieben wird. Um Autoren ein finanzielles Auskommen zu sichern, das ihnen erlaubt, Schreiben berufsmäßig zu betreiben, ist der Schutz von Urheber-, Übersetzungs- und Verwertungsrechten nötig, der garantiert, dass jedes verkaufte Exemplar Tantiemen für den Autor und Erträge für den Verleger abwirft. Das zentrale Problem eines solchen Urheberschutzes ist seine räumliche Begrenzung. Denn Recht und Gesetze sind an Staaten und damit an ein räumlich begrenztes Territorium gebunden, über das hinausgehend sie nur geschützt werden können mit Hilfe internationaler Abkommen, die die Rechte ausländischer Autoren gegenüber inländischen Verwertern anerkennen. [...]

  • von Heinrich Best

    In einem Langzeitvergleich der Rekrutierung von Abgeordneten in die Nationalparla¬mente Deutschlands und Frankreichs werden der Wandel der politischen und gesell¬schaftlichen Machtorganisation und der Effekt von Veränderungen der institutionellen Regeln des Machterwerbs in beiden Ländern untersucht. Dabei zeigen sich bis zum Zweiten Weltkrieg deutliche Unterschiede in den Modi parlamentarischer Repräsentation mit einer kontinuierlichen Dominanz des „Intermediärs“ in Frankreich und einem massi¬ven Bedeutungsgewinn des „Funktionärs“ in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird der öffentliche Dienst in beiden Ländern zur Hauptquelle parlamentarischer Rekru¬tierung, wobei in Frankreich die geringe Vertretung von Frauen und das cumul als Mittel der Karrierisierung fortdauernde Besonderheiten bilden.

  • von Thomas Raithel

    Der Beitrag vergleicht die beiden zwischen Staatsoberhaupt und Parlament durchgefochtenen Konflikte. Der preußische Verfassungskonflikt war im Wesentlichen ein Streit um die Reichweite der legislativen Funktion der Abgeordnetenkammer, die im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie in Kooperation mit dem König auszuüben war. n der Dritten Französischen Republik, die zunächst ein parlamentarisch-präsidentielles Mischsystem war, ging es 1877 um die Sicherung der bereits vorhandenen regierungstragenden Funktion der Abgeordnetenkammer.

  • von Martin Kirsch

    Innerhalb der Machtstrukturen des Staates im 19. Jahrhundert nimmt die Beziehung zwischen Monarch, Regierung und Parlament eine zentrale Stellung ein. Der Vergleich dieses zumeist dualistisch strukturierten Verhältnisses in den Ländern Europas zeigt über¬wiegend europäische Gemeinsamkeiten und nicht nationale Unterschiede, so dass für diesen Bereich der Verfassung weder von einem „deutschen Sonderweg“ noch von einer „exception française“ gesprochen werden kann. Der europäische Verfassungstyp des „monarchischen Konstitutionalismus“ setzte sich innerhalb der allermeisten Verfassungsstaaten durch. Erklären lässt sich dies unter anderem mit der „Funktionalisierung“ des Monarchen während der dynamischen Verfassungsentwicklung im langen 19. Jahrhundert zwischen 1789 und 1918/22.

  • von Gangolf Hübinger

    Zur Eigenart der europäischen Geschichte gehört der Zusammenhang zwischen dem Handeln im Staat und dem Denken über den Staat. Diese Verbindung kann nicht einseitig aufgelöst werden. Weder lässt sich aus der Geschichte des europäischen Staatsdenkens das Handeln der herrschenden Eliten ableiten. Noch konnten die Fürsten oder die republikanischen Regierungen mit ihren Verwaltungsstäben den Wissenschaften auf Dauer diktieren, wie sie über Staat und von der Politik zu reflektieren haben. Immer herrscht eine komplizierte Wechselbeziehung. Für das neuzeitliche Denken über Staat und Politik, von der Epoche Machiavellis über Alexis de Tocqueville bis zu James Bryce im Zeitalter der Massendemokratie des 20. Jahrhunderts ist die Frage stets neu zu beantworten: Auf welche Weise führt ein struktureller Wandel politischer Herrschaft zu neuen Erkenntnisformen politischer Wissenschaft? [...]

  • von Ilja Mieck

    Schon wenige Tage nach dem Sieg bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 zogen alle französischen Armeekorps weiter, um sich von drei Seiten der preußischen Hauptstadt zu nähern. Napoleon selbst hielt sich ab dem 24. Oktober zweieinhalb Tage in Potsdam auf, ritt am 26. Oktober nachmittags nach Spandau und Charlottenburg und vollzog, umgeben von seinen Generalen, seinen feierlichen Einzug in Berlin am späten Nachmittag des 27. Oktobers.[...]

  • von Iris Schröder

    Europa war für viele Europäer in der Zeit um 1800 kein unbeschriebenes Blatt. Die französische Revolution hatte nicht nur Frankreich erfasst, sondern als europäisches Großereignis auch viele andere Europäer mit in ihren Bann gezogen. Die nachfolgenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Großmächten, die Koalitionskriege sowie die anschließende Napoleonische Herrschaft über weite Teile Süd-, West- und Mitteleuropas sollten die europäische Staatenwelt umfassend verändern.[...]

  • von Ingeborg Baldauf

    Unter dem Titel Avrupa Säjaxatnamäse – „Europareise“ – erschien 1902 in Sankt Petersburg das Buch zu einer Reise, die der muslimisch-tatarische Aufklärer Fatix Kärimi (1870-1937) im Jahre 1899 an der Seite des Goldmillionärs und Mäzens Shakir Rämiev unternommen hatte. Der Text gehört unter den zahlreichen russlandtürkischen Reisebeschreibungen aus dieser Zeit zu denen, auf die ein zuweilen gegenüber dem Genre Reiseliteratur generell geäußertes Urteil tatsächlich zutrifft:[...]

  • von Matthias Middell

    An der Wende zum 20. Jahrhundert entdeckten die europäischen Intellektuellen auf neue Weise globale Zusammenhänge. Der russisch-japanische Krieg vermittelte ebenso wie die spanische Niederlage gegen die USA 1898, mit der die letzten Reste des ehemals riesigen Kolonialreiches davon gerissen wurden, dass neue Konkurrenten einen allzu selbstgewissen Eurozentrismus herausforderten. Der Welthandel hatte rasant zugenommen und in seiner Dynamik die Wachstumsraten der Weltproduktion weit hinter sich gelassen. [...]

  • von Stefan Fisch; Chantal Metzger und Florence Gauzy

    Seit seiner Entstehung in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ist das moderne Bildungswesen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland stets Gegenstand umfassender Reformdiskussionen und Reformversuche gewesen. Diese Debatten fragen nach den sachlichen Inhalten und pädagogischen Metho¬den, nach dem Kreis der Lehrenden und Lernenden, nach der Beaufsichtigung und Kontrolle durch Kirche oder Staat oder Gemeinde, aber auch nach den Aufgaben des Bildungswesens als Ausbildungs- und Sozialisierungsanstalt, folglich nach seiner Einbettung in Staat und Gesellschaft, und nicht zuletzt auch nach seiner Instrumentalisierung durch Politik und Macht, wenn die Erziehung Mittel zum Zweck politischer Indoktrinierung wird. Zu diesen Fragen existiert bereits eine umfassende Forschungsliteratur.[...]

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