Essays/

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  • von Verena Bunkus

    Mitglieder der Landeskundlichen Kommission beim Kaiserlich-Deutschen Generalgouvernement Warschau unternahmen während des Ersten Weltkrieges wissenschaftliche Exkursionen durch die okkupierten Gebiete des östlichen Europas. Die Teilnehmer der Reisen fertigten Fotografien an, von denen einige überliefert sind. Eine Aufnahme, die der Geograf Hans Praesent seinem Vorgesetzten in einem privaten Fotoalbum zu Weihnachten schenkte, steht im Zentrum dieses Essays. Von der Fotografie, ihrem möglichen Entstehungskontext und ihrer Rezeption ausgehend, diskutiere ich Auftrag, Ablauf der Exkursion sowie Parallelen zu früheren kolonialen Unternehmungen.

  • von Frank Hadler

    Wer die Zeichen einer durch tiefgreifende politische wie gesellschaftliche Umbrüche bestimmten Zeit für sein eigenes wissenschaftliches Tun erkennen und nutzen will, braucht erstens einen breiten Überblick, zweitens gute Pläne und drittens viel Selbstbewusstsein. Von den genannten drei Dingen besaß Bedrich Hrozný (1879–1952) offenbar reichlich, als er Ende 1919 angesichts der durch „Weltkrieg und Weltfrieden“ radikal veränderten Weltlage den hier gekürzt ins Deutsche übertragenen Zeitschriftenbeitrag zu Papier brachte. Dem Text kam für Hroznýs spätere, über weitere Zeitenwenden hinweg reichende berufliche Karriere als Wissenschaftler von europäischem Rang hohe Bedeutung zu. Dass der Name Hrozný bis heute weltweit in nahezu allen großen Lexika zu finden ist, gründet sich zuvorderst auf der Tatsache, dass er die dreieinhalbtausend Jahre alte, in Keilschrift geschriebene Sprache der Hethiter entschlüsselte und zudem den zweifelsfreien Nachweis ihrer Zugehörigkeit zur indoeuropäischen Sprachfamilie erbrachte. [..

  • von Philipp Moosdorf

    Im Jahr 1731 brach eine kleine Gruppe Reisender von der Residenzstadt Dresden zu einer ungewöhnlichen Reise auf. Die Gruppe um den zum Expeditionsleiter bestellten Johann Ernst Hebenstreit (1703–1757) sollte im Auftrag August des Starken den afrikanischen Kontinent bereisen, um von dort Tiere für die kurfürstliche Menagerie und Material für die naturwissenschaftlichen Sammlungen des Hofes zu beschaffen.[2] Die beigegebenen Quellen, der Reiseplan Hebenstreits und die Instruktion des sächsischen Hofes, zeigen das Programm der Reise auf. Auffällig ist die wissenschaftliche Zielsetzung der Reise, die der sächsischen Afrikaexpedition den Charakter einer frühen europäischen Forschungsreise gibt. [...]

  • von Ines Prodöhl

    Wer sollte in einer amerikanischen Enzyklopädie mehr gewürdigt werden: der General des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, Richard Montgomery, oder Niccolò Paganini, der italienische Violinist? 1832 beklagte ein Rezensent im „New-England Magazine“, dass sich die „Encyclopedia Americana“ für den Fiedler entschieden hatte und nicht für den Helden der Revolution. Letzterer hatte im Vergleich mit Paganini nur ein Drittel des Raumes zugesprochen bekommen. Nach Ansicht des Rezensenten, dessen Name nicht bekannt ist, geschah es häufiger, dass eine bedeutende Person der amerikanischen Öffentlichkeit in eben jenem Werk zu wenig berücksichtigt wurde.[...]

  • von Frank Henschel

    Wie ist es möglich, dass eine im verzweigten wissenschaftlichen Netzwerk Zentraleuropas entstandene Wissenschaftstheorie von Zeitgenossen beinahe unbeachtet blieb, mehrere Jahrzehnte später aber, an anderem Ort reformuliert, einen ganzen Wissenschaftszweig revolutionierte? Dazu ist allgemein zu sagen, dass wissenschaftliche Werke nicht ausschließlich durch ihren Inhalt oder neuartige Erkenntnisse berühmt werden, sondern in nicht unerheblichem Maße dadurch, ob und wenn ja wer, wann und wie sie rezipiert. So entschied der Faktor Rezeption maßgeblich die Entwicklung der Wissenschaftssoziologie. [...]

  • von Anja Laukötter

    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gründeten sich in den meisten europäischen Ländern einschließlich des Kaiserreichs zahlreiche thematisch ausdifferenzierte Museen. Dementsprechend entstanden u.a. zahlreiche Kunst-, Heimat- und Naturkundemuseen sowie Zoos . In diesem Zusammenhang sind auch die zahlreichen Gründungen von deutschen Völkerkundemuseen zu sehen: 1868 in München, 1869 in Leipzig, 1873 in Berlin, 1876 in Dresden, 1879 in Hamburg, 1884 in Stuttgart, 1895 in Freiburg, 1896 in Bremen, 1901 in Köln und 1904 in Frankfurt am Main. [...]

  • von Andreas Fahrmeir

    Die Folgen der französischen Vorherrschaft in Westdeutschland um 1800 sind ganz unterschiedlich bewertet worden. Manchmal schien der Verlust ‚nationaler‘ Selbstbestimmung entscheidend, so daß sie als düstere Jahre der Unterdrückung beschrieben wurden; manchmal stand der Aufbruch im Vordergrund, den die Modernisierung von Recht, Verwaltung und Wirtschaft, das Ende korporativer Autonomien und der Zuwachs an individuellen Mobilitätschancen zu ermöglichen schien. [...]