Essays/

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  • von Anna-Maria Hünnes

    Im späten 19. Jahrhundert legte Wilhelm Pabst im Herzoglichen Museum Gotha eine Sammlung versteinerter Tierfußabdrücke an. Das Ausgraben, Erforschen, aber auch der Verkauf auf einem internationalen Markt erforderte eine Reihe von Helfern und Informanten. Um möglichst viele Informationen über die Objekte dauerhaft im Museum zu speichern und um die großen Sammlungsobjekte handhabbar zu machen, benötigte man zudem ein System der Datensicherung. Dafür wurden unter anderem Fotografien und ein ausgeklügeltes Verweissystem verwendet. Die bis heute erhaltene Sammlungsdokumentation zeigt anschaulich, wie aus vormaligem Baumaterial wissenschaftliche Quellen wurden.

  • von Frank Hadler

    Wer die Zeichen einer durch tiefgreifende politische wie gesellschaftliche Umbrüche bestimmten Zeit für sein eigenes wissenschaftliches Tun erkennen und nutzen will, braucht erstens einen breiten Überblick, zweitens gute Pläne und drittens viel Selbstbewusstsein. Von den genannten drei Dingen besaß Bedrich Hrozný (1879–1952) offenbar reichlich, als er Ende 1919 angesichts der durch „Weltkrieg und Weltfrieden“ radikal veränderten Weltlage den hier gekürzt ins Deutsche übertragenen Zeitschriftenbeitrag zu Papier brachte. Dem Text kam für Hroznýs spätere, über weitere Zeitenwenden hinweg reichende berufliche Karriere als Wissenschaftler von europäischem Rang hohe Bedeutung zu. Dass der Name Hrozný bis heute weltweit in nahezu allen großen Lexika zu finden ist, gründet sich zuvorderst auf der Tatsache, dass er die dreieinhalbtausend Jahre alte, in Keilschrift geschriebene Sprache der Hethiter entschlüsselte und zudem den zweifelsfreien Nachweis ihrer Zugehörigkeit zur indoeuropäischen Sprachfamilie erbrachte. [..

  • von Frank Henschel

    Wie ist es möglich, dass eine im verzweigten wissenschaftlichen Netzwerk Zentraleuropas entstandene Wissenschaftstheorie von Zeitgenossen beinahe unbeachtet blieb, mehrere Jahrzehnte später aber, an anderem Ort reformuliert, einen ganzen Wissenschaftszweig revolutionierte? Dazu ist allgemein zu sagen, dass wissenschaftliche Werke nicht ausschließlich durch ihren Inhalt oder neuartige Erkenntnisse berühmt werden, sondern in nicht unerheblichem Maße dadurch, ob und wenn ja wer, wann und wie sie rezipiert. So entschied der Faktor Rezeption maßgeblich die Entwicklung der Wissenschaftssoziologie. [...]

  • von Gangolf Hübinger

    Zur Eigenart der europäischen Geschichte gehört der Zusammenhang zwischen dem Handeln im Staat und dem Denken über den Staat. Diese Verbindung kann nicht einseitig aufgelöst werden. Weder lässt sich aus der Geschichte des europäischen Staatsdenkens das Handeln der herrschenden Eliten ableiten. Noch konnten die Fürsten oder die republikanischen Regierungen mit ihren Verwaltungsstäben den Wissenschaften auf Dauer diktieren, wie sie über Staat und von der Politik zu reflektieren haben. Immer herrscht eine komplizierte Wechselbeziehung. Für das neuzeitliche Denken über Staat und Politik, von der Epoche Machiavellis über Alexis de Tocqueville bis zu James Bryce im Zeitalter der Massendemokratie des 20. Jahrhunderts ist die Frage stets neu zu beantworten: Auf welche Weise führt ein struktureller Wandel politischer Herrschaft zu neuen Erkenntnisformen politischer Wissenschaft? [...]