Essays/

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  • von Hillard von Thiessen

    Als der neue spanische Botschafter beim Heiligen Stuhl, der Conde de Castro, im Frühjahr 1609 an seinem neuen Dienstort eintraf, fand er eine Denkschrift vor, die, von einem erfahrenen Mitarbeiter der Botschaft erstellt, ihn mit den politischen und sozialen Verhältnissen in der Ewigen Stadt vertraut machen sollte. In ihr finden sich teils wenig schmeichelhafte Wertungen über den Charakter der Einwohner der verschiedenen Teile Italiens. Besonders bemerkenswert ist das vernichtende Urteil über die Römer, die ihre alten Tugenden gänzlich verloren hätten; sie seien nur noch „Menschen, die zu Sklavendiensten geboren wurden“. [...]

  • von Hansjörg Küster

    Johann Andreas de Lüc (1727-1817), eigentlich Jean André de Luc, stammte aus Genf. Er war Meteorologe und Geologe; er prägte den Begriff Geologie und war mit Jean-Jacques Rousseau bekannt. Er wurde als Honorarprofessor an die Universität Göttingen berufen, also an die Hochschule des Kurfürstentums Hannover. Die hannoverschen Kurfürsten trugen zugleich die Königskrone von Großbritannien; de Luc berichtete also seiner Landesherrin, wenn er der Königin von Großbritannien Briefe schrieb. Das Schreiben dieser Briefe war offenbar seine wichtigste Dienstaufgabe. Sie wurden in mehreren Bänden gedruckt. [...]

  • von Matthias Pohlig

    Im 45. Band des „Zedler“, des berühmtesten deutschen Lexikons des 18. Jahrhunderts, findet sich ein merkwürdiger Artikel: „Türcken-Köpfe, (gedörrete)“. Der kurze Eintrag erzählt unter Berufung auf zeitgenössische Quellen von einem Ereignis, das zur Zeit der Veröffentlichung des Bandes (1745) bereits sechzig Jahre zurücklag: In Leipzig seien 1684 gedörrte Köpfe von Soldaten verkauft worden, die beim Kampf um Wien im vorherigen Jahr getötet worden seien; die Kaufleute hätten die gedörrten Türkenköpfe in Fässern transportiert. „Zum fortwährenden Andencken des herrlich erfochtenen Sieges“ hätten eine große Zahl von Kunstkammern und auch Bibliotheken in ganz Europa diese Leichenköpfe erworben. Der anonyme Autor des Zedler-Eintrags weist darauf hin, dass die Kaufleute die Preise für die gedörrten Köpfe nach dem vorgeblichen sozialen Rang seines ehemaligen Trägers gestaltet hätten; besonders teuer seien die Köpfe großer türkischer Paschas und Herren gewesen.

  • von Achim Landwehr

    Der 1734 erschienene achte Band der vom Verleger Johann Heinrich Zedler herausgegebenen Enzyklopädie, die den nahezu hochmütigen, aber durchaus ernst gemeinten Titel trägt „Grosses vollständiges Universal Lexicon Aller Wissenschaften und Künste“, war dem Buchstaben E gewidmet. Ein Band, ein Buchstabe – so etwas möchte man als gelungene Organisation bezeichnen. Er ist denn auch, wie die anderen 67 Bände, sehr umfangreich ausgefallen, großformatig, zweispaltig und voluminös. Selbstredend findet sich in einem Lexikon mit einem solchen selbst auferlegten Vollständigkeitsanspruch auch ein Artikel zum Stichwort „Europa“, wenn auch nicht von der Länge, die man im Vorhinein unter Umständen erwarten würde. Etwa vier Spalten wurden reserviert für die Beschreibung dieses Kontinents, was nicht gerade opulent ist für ein Lexikon, das – nach heutiger Lesart – auch noch der absonderlichsten Kleinigkeit Aufmerksamkeit schenkt.