Essays/

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  • von Ulrich Wyrwa

    Der Begriff Antisemitismus tauchte bekanntlich erstmals im Namen der im Herbst 1879 in Berlin gegründeten Antisemiten-Liga auf. Das neue politische Schlagwort ist gebildet worden, um eine neue, nicht mehr religiös bestimmte Jüdinnen- und Judenfeindschaft auf den Begriff zu bringen. Es zielte in erster Linie gegen die Integration der Jüdinnen und Juden in die bürgerliche Gesellschaft, und die antisemitischen Akteure gingen in Worten, Bildern und Taten gegen die jüdische Bevölkerung vor.

  • von Judith Becker

    Die evangelische Mission war von Beginn ein europäisches Phänomen. Schon die ersten Missionare, die 1706 im südindischen Tranquebar ankamen, hatten einen europäischen Hintergrund: deutsche Pietisten, ausgesandt vom dänischen König Friedrich IV. mit finanzieller Unterstützung der englischen Society for Promoting Christian Knowledge (SPCK), ausgewählt von dem halleschen Pietisten August Hermann Francke. Die in der Folge entstehende Dänisch-Englisch-Hallesche Mission war die erste organisierte evangelische Missionsgesellschaft, die sich tatsächlich die Mission unter nichtchristlichen NichteuropäerInnen zum Ziel gesetzt hatte.

  • von Stefan Rohdewald

    Das Verhältnis von Religion und Entwürfen kollektiver Identität und Modernität ist in den vergangenen Jahren von der Forschung zunehmend intensiver untersucht worden. Als zentral erwiesen sich dabei nicht nur Fragen nach dem Wandel von im Mittelalter und in der Frühneuzeit hergestellten Verehrungskontexten während der Entstehung nationaler Rückblicke und die Gegenwart konstituierender Erwartungshorizonte im 19. Jahrhundert. [...]

  • von Judith Becker

    Die evangelische Mission war von Beginn ein europäisches Phänomen. Schon die ersten Missionare, die 1706 im südindischen Tranquebar ankamen, hatten einen europäischen Hintergrund: deutsche Pietisten, ausgesandt vom dänischen König Friedrich IV. mit finanzieller Unterstützung der englischen Society for Promoting Christian Knowledge (SPCK), ausgewählt von dem halleschen Pietisten August Hermann Francke. Die in der Folge entstehende Dänisch-Englisch-Hallesche Mission war die erste organisierte evangelische Missionsgesellschaft, die sich tatsächlich die Mission unter nichtchristlichen Nichteuropäerinnen und -europäern zum Ziel gesetzt hatte. Gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden in fast allen europäischen Ländern evangelische Missionsgesellschaften, und auch diese waren häufig bewusst oder notgedrungen europäisch ausgerichtet. [...]

  • von Katharina Stornig

    1903 druckte der Kölner J.P. Bachem Verlag eine Sammlung von Predigten, die als Vorlage für diverse Vorträge im Rahmen der Feste des Vereins der Heiligen Kindheit, einem 1843 gegründeten katholischen Missionsverein von und für Kinder, dienen sollten. Die erste der insgesamt vierzehn Predigten gab einen Überblick über die Ziele des Vereins und sollte vor allem die junge Zuhörerschaft begeistern. Der Kindheitsverein sei ein besonderer Verein, so der Autor Winand Hubert Meunier, katholischer Theologe und Pfarrer von Rellinghausen, weil er einzig und alleine aus Kindern bestünde. Dies war freilich eine verkürzte Darstellung der Realität; de facto wurde der Verein nicht nur von Erwachsenen geleitet, sondern hing auch wesentlich von deren Engagement und Spenden ab. Allerdings rückte Meunier die jungen Vereinsmitglieder ins Zentrum: [...]

  • von Siegfried Weichlein

    Die Geschichte des Eides, der Eiddebatten und der Eidreformen wirft ein Licht auf das unterschiedliche Verhältnis von Religion und Politik in Deutschland und in Frankreich. Die politische Arbeit an den Eidesformeln deutet auf verschiedene Wege der Säkularisierung der politischen Sprache in beiden Ländern hin. Sowohl die deutsche wie auch die französische neueste Geschichte kennen zahlreiche Anläufe, die religiösen Eidesformeln des Gerichtseides, der im Folgenden als Beispiel gewählt wird, zu beseitigen, sie zu säkularisieren oder den Gerichtseid durch eine eidesstattliche Versicherung ganz zu ersetzen. Eiddebatten tobten in beiden Gesellschaften. In ihnen stand schon bald mehr auf dem Spiel als die Produktion gerichtsverwertbarer wahrer Aussagen. Es ging dabei regelmäßig um Grundbegriffe des politischen und sozialen Zusammenlebens. In beiden Gesellschaften vermittelte die Debatte um den Gerichtseid Einblicke in Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verhältnisbestimmung von Religion, Individuum und Gesellschaft

  • von Relinde Meiwes

    Im Spätsommer des Jahres 1877 begab sich eine kleine Gruppe junger Novizinnen der Schwestern von der heiligen Katharina aus der ostpreußischen Stadt Braunsberg auf eine Reise nach Skandinavien. Ziel war die finnische Hauptstadt Helsinki, die damals den schwedischen Namen Helsingfors trug. Die Schwestern wollten hier in der katholischen Kirchengemeinde als Lehrerinnen arbeiten. Wie sie waren seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Männer und Frauen im Namen der Kirche unterwegs in Europa. Sie hatten sich die Verkündigung des Evangeliums zur Aufgabe gemacht und arbeiteten vor allem im Schulwesen und in der Krankenpflege. Eingebunden in religiöse Netzwerke reisten also nicht nur Missionare, Ordensmänner, Brüder oder Diakone, sondern auch Ordensfrauen, Diakonissen, Schwestern und Missionarinnen. Doch was bedeuteten diese weiblichen Aktivitäten? [...]

  • von Ulrich Wyrwa

    Der Begriff Antisemitismus ist bekanntlich im Herbst 1879 im Kreis des einst radikaldemokratischen, nunmehr zutiefst frustrierten und hoffnungslosen Schriftstellers Wilhelm Marr geprägt worden. Gleichzeitig hatte der preußische Hofprediger Adolf Stoecker die mit diesem Neologismus intendierte neue judenfeindliche Einstellung in breiten Teilen des Mittelstandes populär gemacht und der Berliner Historiker Heinrich von Treitschke zur Verbreitung des Antisemitismus im Bildungsbürgertums, vor allem unter der akademischen Jugend, beigetragen. Nicht zuletzt die von über einer Viertel Million Menschen unterzeichnete „Antisemiten-Petition“ von 1880/81 trug wesentlich dazu bei, dass der neue Terminus eine sehr rasche Verbreitung im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch fand. Vor allem der Philosoph Eugen Dühring schließlich sorgte für die rassistische Aufladung des neuen Begriffs, auch wenn die Sprache des Rassismus nicht von allen Judenfeinden dieser Zeit geteilt wurde.

  • von Reinhard Rürup

    Am 24. Dezember 1793 veröffentlichte die „Vossische Zeitung“, die den offiziellen Titel „Königl. Privilegirte Berlinische Zeitung. Von Staats- und gelehrten Sachen. Im Verlage der Vossischen Buchhandlung“ trug, einen ausführlichen Bericht über den feierlichen Einzug der Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz in die Haupt- und Residenzstadt Berlin am Vorabend ihrer Doppelhochzeit mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und seinem jüngeren Bruder Ludwig.[...]

  • von Thomas Mergel

    Der katholische Geistliche Heinrich Hansjakob, Pfarrer in Hagnau am Bodensee, Abgeordneter der Katholischen Volkspartei im Badischen Landtag und ein bekannter Volkserzähler und Publizist, reiste im Jahre 1874 für mehrere Wochen nach Frankreich. Selbstverständlich führte ihn sein Weg nach Paris und zu anderen touristischen Sehenswürdigkeiten, doch da er sich die Reise von seinem Bischof als Wallfahrt hatte genehmigen lassen, standen im Mittelpunkt die berühmten Anbetungsstätten in Lourdes, wo seit 1858 Marienerscheinungen zu einer der größten Wallfahrten Europas geführt hatten, und in Paray, dem Mittelpunkt der Herz-Jesu-Frömmigkeit, die im 19. Jahrhundert einen enormen Aufschwung als international verbreiteter und organisierter Kern ultramontaner Religiosität erlebte.[...]