Essays/

Sortieren nach:
  • von Bertrand Tillier

    Die Dreyfus-Affäre wird meist als eine politische und moralische Krise mit tiefen Wirkungen auf die französische Gesellschaft oder die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich betrachtet. Sie ist aber auch ein Kristallisationspunkt für die europäische öffentliche Meinung. Die Ereignisse und Entwicklungen in der Affäre, die Debatten und die Leidenschaften, die sie entfachte, und auch der Kampf um die Werte von Gerechtigkeit und Wahrheit, den sie vorantrieb, bildeten die ersten Momente eines europäischen Gewissens. Es manifestierte sich auf unterschiedliche Weise: durch Petitionen, Zeitschriften, Illustrationen, Karikaturen, Zeichnungen in der Tagespresse, Plakate, Postkarten und vieles mehr. All diese Medien verband, dass sie sich für eine rasche kollektive Mobilisierung eigneten, leicht reproduzierbar waren und zur Massenkultur gehörten. [...]

  • von Bertrand Tillier

    Si l’affaire Dreyfus est le plus souvent considérée comme une crise politique et morale aux profondes répercussions sur la société française ou sur les relations diplomatiques entre la France et l’Allemagne, c’est aussi un moment de cristallisation de l’opinion publique européenne. En effet, les développements de l’Affaire, mais aussi les débats et les passions qu’elle suscita, de même que les valeurs de justice et de vérité qu’elle mobilisa, constituent les premiers moments d’une conscience européenne. Celle-ci s’exprima à travers différents supports – pétitions, périodiques, illustrations, caricatures, dessins de presse, affiches, cartes postales… – qui avaient tous en commun de se prêter à des modes rapides de mobilisation collective, d’être aisément reproductibles et d’appartenir à la culture de masse. [...]

  • von Gabriele B. Clemens

    Der Kunstmarkt beschränkte sich nie auf einzelne Städte oder Regionen, doch spätestens seit dem Ancien Regime nahmen seine europäischen Dimensionen kontinuierlich zu. Dabei sind Kunst und Kommerz zwei Sphären, die sich nicht voneinander trennen lassen. Noch nie wurde so viel Geld mit Kunst umgesetzt wie heute. Niemals zuvor war Kunst so teuer, zu keiner Zeit fanden sich so viele Kenner, Käufer und Spekulanten. Vor rund 200 Jahren waren die Dimensionen noch andere. Während im 18. Jahrhundert neben der Kirche das Mäzenatentum der Fürsten und einer kleinen Elite von weiteren Adeligen und reichen Bürgern entscheidend war, trat im 19. Jahrhundert ein breiteres Publikum auf den Plan, das die Ausstellungen der Akademien und die der neu gegründeten Museen zu regelrechten Massenspektakeln anschwellen ließ. Vielerorts wurden Kunstvereine gegründet, deren Mitglieder kollektiv Künstler förderten. In der Publizistik nahmen Diskussionen über Kunst und Kunstwerke auffallend zu. [...]

  • von Stefan Troebst

    Zum Ende hin waren es Cowboys: In den Steppen Kaliforniens ist ein grellbuntes Ölgemälde betitelt, das der im habsburgischen Galizien als Adalbert Ritter von Kossak geborene 73-jährige polnische Malerfürst mit „Wojciech Kossak, California, Rancho del Garasson, 1930“ signiert hat. Es zeigt einen Reiter in befranster brauner Lederhose, blauer Jeansjacke, rotem Halstuch und weißem Stetson-Hut inmitten einer Herde wild galoppierender Pferde.[2] Farblich wie vom Sujet her knüpfte Kossak damit an frühere Werke an, etwa an sein großformatiges dramatisches Ölgemälde Tscherkessen in der Krakauer Vorstadt von 1912, das ein knutenschwingendes, pelzbemütztes und im Wortsinne bis an die Zähne bewaffnetes kaukasisches Reiterschwadron zeigt, welches im Auftrag des Zaren unter Inkaufnahme ziviler Opfer rücksichtslos über die Hauptstraße des damals russischen Warschau prescht. [...]