Essays/

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  • von Sarah Frenking

    Am 14. Juli 1906 kam es am belebten modernen Grenzbahnhof der oberelsässischen Stadt Altmünsterol (Montreux-Vieux) an der Strecke zwischen Mülhausen und Belfort zu einem Konflikt. Mit Einführung des französischen Nationalfeiertags hatte sich ab 1880 ein Festtagstourismus entwickelt, bei dem die Bevölkerung des annektierten Oberelsass die Grenze in Richtung Frankreich überquerte, um an den nationalen Festlichkeiten im französischen Belfort teilzunehmen.

  • von Siegfried Weichlein

    Die Geschichte des Eides, der Eiddebatten und der Eidreformen wirft ein Licht auf das unterschiedliche Verhältnis von Religion und Politik in Deutschland und in Frankreich. Die politische Arbeit an den Eidesformeln deutet auf verschiedene Wege der Säkularisierung der politischen Sprache in beiden Ländern hin. Sowohl die deutsche wie auch die französische neueste Geschichte kennen zahlreiche Anläufe, die religiösen Eidesformeln des Gerichtseides, der im Folgenden als Beispiel gewählt wird, zu beseitigen, sie zu säkularisieren oder den Gerichtseid durch eine eidesstattliche Versicherung ganz zu ersetzen. Eiddebatten tobten in beiden Gesellschaften. In ihnen stand schon bald mehr auf dem Spiel als die Produktion gerichtsverwertbarer wahrer Aussagen. Es ging dabei regelmäßig um Grundbegriffe des politischen und sozialen Zusammenlebens. In beiden Gesellschaften vermittelte die Debatte um den Gerichtseid Einblicke in Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verhältnisbestimmung von Religion, Individuum und Gesellschaft

  • von Milan Ristovic

    Critique of bureaucratic careerism of senior and junior civil servants was among the frequent topics in comedies of character written by the most famous Serbian writer Branislav Nušic (1864–1938). In their effort to “earn the rank” they stopped at nothing to get a promotion, like some of his characters whose greatest desire, regardless of abilities and education, was to succeed in getting into civil service. Throughout the nineteenth century, from the gradual expansion of the autonomy of the Principality of Serbia, as an Ottoman vassal, to an independent Principality (1878) and the Kingdom of Serbia (since 1882), the Serbian society, predominantly rural, was slowly changing its structure, experiencing all “birth pangs” of modernisation. Rudimentary administration of the autonomous Principality of Serbia rested on a few literate domestic clerks as well as educated Serbs and other immigrants from the Habsburg Monarchy. [...]

  • von Thomas Raithel

    Der Beitrag vergleicht die beiden zwischen Staatsoberhaupt und Parlament durchgefochtenen Konflikte. Der preußische Verfassungskonflikt war im Wesentlichen ein Streit um die Reichweite der legislativen Funktion der Abgeordnetenkammer, die im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie in Kooperation mit dem König auszuüben war. n der Dritten Französischen Republik, die zunächst ein parlamentarisch-präsidentielles Mischsystem war, ging es 1877 um die Sicherung der bereits vorhandenen regierungstragenden Funktion der Abgeordnetenkammer.

  • von Susanne Schattenberg

    Gehört Russland zu Europa? Das ist eine Frage, an der sich die Geister scheiden, und die je nachdem, ob man sie politisch, geografisch oder kulturell fasst, anders beantwortet wird. Historisch lässt sich die Frage allerdings insofern eindeutig beantworten, als dass Russland immer wieder westliche Ideen importiert, sich diese angeeignet und an diesen abgearbeitet hat. Wieweit die westlichen Vorstellungen schließlich die Sicht auf das eigene Land prägten, verdeutlicht die zu diesem Essay gehörige Quelle, der „Brief eines erfahrenen Beamten“. Er steht exemplarisch für zwei Phänomene: Zum einen belegt er, wie sehr die studierten, aufgeklärten Eliten Russlands im 19. Jahrhundert das westliche Denken übernommen hatten. Zum anderen wird deutlich, wie wenig die importierten Vorstellungen von einem bürokratischen Staat mit der russischen Wirklichkeit kompatibel waren und letztlich auch den Blick der Eliten auf die Gegebenheiten verstellten. [...]

  • von Hannes Siegrist

    Stichworte wie „Medienrevolution“, „Leserevolution“ und „Verwissenschaftlichung“ verweisen auf den tiefgreifenden gesellschaftlichen und kulturellen Wandel im 19. Jahrhundert. Seit dem späten 18. Jahrhundert stieg die Produktion, Reproduktion und Nutzung von Texten, Bildern und Tonwerken auf immer neue Höhen. Den Zeitgenossen stellte sich angesichts der massiven Veränderungen und Potentiale die Frage, wer über „Kultur“ und „Wissen“ verfügen sollte. Vor diesem Hintergrund frage ich im Folgenden nach der Individualisierung, Nationalisierung und Internationalisierung der Verfügungs- und Handlungsrechte von Autoren, Verlegern, Publikum und Staaten über „geistige Werke“.[...]