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  • von Nicolas Blumenthal

    Der vorliegende Essay betrachtet die Eigenheiten der politischen „Säuberung“ nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz und ordnet sie in einen gesamteuropäischen Kontext der deutschen Entnazifizierung und französischen „épuration“ ein. Er verdeutlicht zum einen die Logiken, denen die Ausmerzung des Nationalsozialismus in einem Land folgte, das von einer Einverleibung in den nationalsozialistischen Machtapparat verschont geblieben war. Zum anderen beleuchtet der Beitrag, wie innen- und außenpolitisches Taktieren in die Schweizer „Säuberungspolitik“ hineinspielte und sich mit Momenten der Vergeltung verband. Die damaligen Auseinandersetzungen entfalteten sich geradezu zu einer nationalen Bewährungsprobe. Ausschaffungen von Nationalsozialist:innen erfüllten vor dem Schweizer Nachkriegskontext eine doppelte Funktion: Sie schufen einerseits eine Möglichkeit, um mit diskreditierten NS-Anhänger:innen abzurechnen und dem Unmut in der Bevölkerung Luft zu machen. Andererseits dienten sie dazu, Vorwürfe der nationalsozialistischen Verstrickung zurückzuweisen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von innen und außen gegen die Schweiz erhoben wurden.

  • von Clara M. Frysztacka

    „‚Trajectorism‘ is the great narrative trap of the West and is also, like all great myths, the secret of its successes in industry, empire and world conquest.“ Die Quintessenz der westlichen Epistemologie bestehe, so Arjun Appadurai, in Zielgerichtetheit: Sie sichere den Erfolg des (west-)europäischen Zivilisationsmodells, stelle aber zugleich die größte „Falle“ des (west-)europäischen Selbstverständnisses dar. Appadurai nennt „trajectorism“ das, was andere ForscherInnen als Teleologie bezeichnen. Er versteht darunter die Auffassung der Zeit als einem Pfeil, der in eine präzise Richtung zeigt, sowie von historischen Prozessen und von der Geschichte selbst als Träger eines einheitlichen Telos.

  • von Christiane Kohser-Spohn

    Aujourd’hui, il est indispensable de se définir comme « international ». L’avenir appartient aux bi-nationaux et aux « métisses ». Il n’en a pas toujours été ainsi. Jusqu’à une période récente, ceux et celles qui bravaient les codes nationaux, refusaient une identité nationale, optaient résolument pour le cosmopolitisme, s’en trouvaient fortement punis. Les binationaux, inclassables dans l’ordre national, étaient des déclassés. Longtemps tributaires de l’idéologie nationale, les sciences sociales ont elles-mêmes amplement négligé le phénomène de la transnationalité. Ainsi, la recherche historique ne s’est pas intéressée aux acteurs qui n’ont pas pu ou pas voulu se plier à l’ordre national imposé au cours du 19ème et du 20ème siècle. Oeuvrant à saisir une société sur un territoire déterminé, les sciences historiques ont banni de leurs préoccupations le cas des hommes et des femmes qui ont refusé de s’engager pour une seule nationalité et d’en haïr une autre. Officiellement, les « entre-deux » n’existaient pas.

  • von Friedrich Kießling

    Vorstellungen davon, wie die internationalen Beziehungen gestaltet werden könnten oder sollten, verändern sich nicht von heute auf morgen. In den meisten Fällen ist vielmehr von langfristigen Wandel- und Ablösungsprozessen auszugehen, die überdies keineswegs kontinuierlich verlaufen müssen. Auch „Europa“ als Ordnungsvorstellung der internationalen Beziehungen macht da keine Ausnahme. Gezeigt werden kann das zum Beispiel am sogenannten Briand-Plan für eine „europäische Union“ von 1929/30. Neben politisch-diplomatischen müssen dabei allgemein ideen- und mentalitätshistorische Prozesse in den Blick genommen werden.[...]

  • von Reiner Marcowitz

    Im Mittelpunkt der Analyse steht das trilaterale Beziehungsgeflecht zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und den USA nach dem Zweiten Weltkrieg, weil sich in ihm paradigmatisch die verschiedenen Etappen und unterschiedlichen Facetten des amerikanisch-westeuropäischen Verhältnisses dieser Zeit spiegeln und sich damit auch jenes Spannungsverhältnis von Amerikanisierung, Europäisierung und Westernisierung ausloten lässt, in dem die ökonomische, politische und soziokulturelle Prägung der Westeuropäer nach 1945 stand. Dabei markieren die 1960er und 1970er Jahre – so die These – eine entscheidende Zäsur sowohl in den transatlantischen Beziehungen als auch – damit zusammenhängend – für den westeuropäischen Integrationsprozess sowie das Selbstverständnis der Westeuropäer, insofern als sich damals jene doppelte Ambivalenz herausbildete, die bis heute prägend geblieben ist. [...]

  • von Dietmar Rothermund

    Mahatma Gandhi schrieb die in Quelle Nr. 4.5 wiedergegebenen Zeilen über die britische Fremdherrschaft in Indien an Bord eines Schiffes auf der Rückfahrt von London nach Südafrika. Sein Besuch in London stand im Zusammenhang mit seinen Bemühungen um die indische Minderheit in Südafrika. Doch während seines Aufenthaltes in London hatte er viele Gespräche mit jungen indischen Nationalisten und mit seinem väterlichen Freund Dr. Pranjivan Mehta geführt. Dieser kluge Arzt und Jurist hatte Gandhi 1881 in London empfangen, als er als junger Student dort eintraf. Damals gab es noch nicht einmal den indischen Nationalkongress, der erst 1885 gegründet wurde. [...]

  • von Andreas Eckert

    Léopold Sédar Senghor (1906-2001), der erste gewählte Staatspräsident des unabhängigen Senegal, war im April 1961 erst seit wenigen Monaten im Amt. Seine erste Reise nach Europa führte ihn, wenig überraschend, zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. In seinen Reden während des Staatsbesuches, wie auch in seiner Ansprache auf dem Empfang des Stadtrates von Paris am 20. April, die der vorliegende Essay als Ausgangspunkt wählt, betonte Senghor wiederholt die engen und positiven Verbindungen zwischen den beiden Ländern. [...]

  • von Vincent Houben

    Die europäisch-südostasiatische Kontaktgeschichte erforscht unter anderem die historischen Verbindungen zwischen Europa und den außereuropäischen Weltregionen, die zur Kolonisierung von Großteilen des Südens geführt haben. Im Rahmen der Etablierung und Konsolidierung der europäischen Kolonialstaaten im südostasiatischen Raum fanden wichtige Transfers statt: [...]

  • von Ruediger vom Bruch

    Wahrlich, international war die Gelehrtenrepublik vor dem Ersten Weltkrieg. Man kannte sich, man las einander, korrespondierte miteinander, Fremdsprachen bildeten keine Barriere. Man traf sich auf internationalen Kongressen, publizierte in den gleichen Zeitschriften, beteiligte sich an Besuchsprogrammen wie etwa dem deutsch-amerikanischen Professorenaustausch, bei dem der deutsche Kaiser Wilhelm II. als Schirmherr den amerikanischen Präsidenten Roosevelt 1910 als Redner in Berlin begrüßte.[...]

  • von Thomas Mergel

    Der katholische Geistliche Heinrich Hansjakob, Pfarrer in Hagnau am Bodensee, Abgeordneter der Katholischen Volkspartei im Badischen Landtag und ein bekannter Volkserzähler und Publizist, reiste im Jahre 1874 für mehrere Wochen nach Frankreich. Selbstverständlich führte ihn sein Weg nach Paris und zu anderen touristischen Sehenswürdigkeiten, doch da er sich die Reise von seinem Bischof als Wallfahrt hatte genehmigen lassen, standen im Mittelpunkt die berühmten Anbetungsstätten in Lourdes, wo seit 1858 Marienerscheinungen zu einer der größten Wallfahrten Europas geführt hatten, und in Paray, dem Mittelpunkt der Herz-Jesu-Frömmigkeit, die im 19. Jahrhundert einen enormen Aufschwung als international verbreiteter und organisierter Kern ultramontaner Religiosität erlebte.[...]

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