Essays/

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  • von Katja Naumann

    Im Winter des Jahres 1896 setzte der Historikerverband in den USA, die American Historical Association (AHA), eine Kommission ein, in der sechs ihrer führenden Köpfe und ein Lehrer die Lage des Faches an den Schulen sowie den Übergang an die Universität bewerteten und Empfehlungen formulierten, wofür sich die Berufsvereinigung in diesem Bereich einsetzen sollte. Ihr Bericht mit dem Titel The Study of History in Schools (1898) zirkulierte innerhalb des Verbandes, wurde aber vor allem an Schulleiter und Geschichtslehrer im ganzen Land versandt. Er enthielt den Vorschlag eines vierjährigen Lehrplanes für das Fach Geschichte, der zunächst die Alte Geschichte bis zum Jahr 800 behandeln würde, danach das Mittelalter und das Moderne Europa, gefolgt von einem Jahr Unterweisung zur Englischen Geschichte und der abschließenden Erörterung der US-Geschichte. [...]

  • von Charles McClelland

    The “Flexner Report” (originally published in 1910) recently passed its hundredth anniversary. It was the culmination of a study commissioned by the new Carnegie Foundation and carried out by a German-American educational reformer (and former student at Johns Hopkins, Harvard and Berlin Universities), Abraham Flexner. Not only did it ring the death knell of apprentice-like, unscientific and private medical education in the USA; Flexner’s fame led him into a position with the Rockefeller Foundation to channel funding into the reforms he advocated and ultimately to found the Princeton Institute for Advanced Study, thanking German-speaking scholars who inspired him – such as Einstein – by recruiting them and saving them from Nazi persecution. His report may be regarded partly as a cultural manifesto, since it proposed to revolutionize higher education and the ancient “art” of healing. It still makes compelling reading and retains a number of unique features. [...]

  • von Helke Rausch

    Blickt man auf die professionellen Akteure, die Europa als „kulturellen Handlungsraum“ gestaltet haben, so lässt sich die Vorstellung von Europa auf eine spezielle Art plausibel machen: Im Licht ihrer Praktiken und Strategien erscheint Europa nicht nur als Bühne vielfältiger Interventionen, sondern auch als dichtes personales Vernetzungsgefüge und als filigraner Strukturzusammenhang, in dem die Professionalisierungsstrategien mit oftmals politischer Absicht betrieben wurden. Dabei wird versucht, den Blick über die gedachten Randbereiche europäischer Handlungsspielräume und Konstellationen hinaus zu richten. Es soll um ein sprechendes Beispiel für die dynamischen Bezüge europäischer zu außereuropäischen Professionalisierern gehen, die sich spätestens seit dem frühen 20. Jahrhundert in die Definition Europas zutiefst eingeschrieben haben. [...]

  • von Konrad H. Jarausch

    Im Vergleich mit der offeneren Atmosphäre in England und Frankreich hatte die nationalsozialistische Vertreibung fortschrittlicher Historiker einen retardierenden Effekt auf die Entwicklung der deutschen Geschichtswissenschaft. Auch ohne die Zwangsemigration nostalgisch zu verklären, kann man feststellen, dass dieser Aderlass eine dynamische Minderheit der Forscher eliminierte, die nicht nur die Weimarer Republik unterstützt hatten, sondern auch neue methodologische Wege gegangen waren. Die teils populistisch von NS-Studenten betriebene, teils legalistisch von diversen Ministerien verordnete Exklusion unliebsamer Wissenschaftler verdrängte innovative Nachwuchsforscher wie Eckhart Kehr, demokratische Historiker wie Hajo Holborn und renommierte jüdische Gelehrte wie Aby Warburg. Dadurch bekamen die konservativen und nationalistischen Fachvertreter wieder Oberwasser und die jüngere Generation orientierte sich eher in Richtung einer Volksgeschichte, wodurch sie sich international weitgehend isolierte. [...]

  • von Ines Prodöhl

    Wer sollte in einer amerikanischen Enzyklopädie mehr gewürdigt werden: der General des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, Richard Montgomery, oder Niccolò Paganini, der italienische Violinist? 1832 beklagte ein Rezensent im „New-England Magazine“, dass sich die „Encyclopedia Americana“ für den Fiedler entschieden hatte und nicht für den Helden der Revolution. Letzterer hatte im Vergleich mit Paganini nur ein Drittel des Raumes zugesprochen bekommen. Nach Ansicht des Rezensenten, dessen Name nicht bekannt ist, geschah es häufiger, dass eine bedeutende Person der amerikanischen Öffentlichkeit in eben jenem Werk zu wenig berücksichtigt wurde.[...]

  • von Peter Hoeres

    Der Aufruf „An die Kulturwelt!“, der im Oktober 1914 ein Bekenntnis von 93 herausragenden deutschen Geistesgrößen zum deutschen Militarismus publik machte und so verheerende Folgen für das Ansehen der deutschen Wissenschaft zeitigte, war nicht präzedenzlos. Trotz seiner offensiven Sprache war er letztlich defensiv motiviert, er war eine Antwort auf zahlreiche öffentliche und private Anklagen, welche die hoch angesehenen deutschen Wissenschaftler und Schriftsteller seit August 1914 erreicht hatten. Unter diesen Anklagen stach die Erklärung britischer Intellektueller vom 18. September 1914 „Britain's Destiny And Duty. Declaration By Authors. A Righteous War” aus mehreren Gründen heraus: sie war von der Crème de la crème der britischen Literaten unterzeichnet worden, an sehr prominenten und angesehen Publikationsorten erschienen, und sie enthielt eine sehr erfolgreiche und bildgewaltige Argumentation. [...]