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  • von Sarah Lias Ceide

    Dass die italienische Halbinsel und insbesondere ihre Hauptstadt nach 1945 schnell von zahlreichen westlichen Nachrichtendiensten ins Visier genommen wurden, überrascht angesichts der Präsenz des Vatikans, der allgemein geographisch-strategisch günstigen Lage des Landes und des Rückhalts, den die Kommunistische Partei Italiens genoss, keineswegs, und die internationale Forschung hat dies bereits mehrfach und auf überzeugende Art und Weise hervorgehoben. Einem wichtigen Aspekt wurde dabei jedoch selten Aufmerksamkeit geschenkt: dem Geheimdienstkrieg zwischen den untereinander konkurrierenden Nachrichtendiensten Westeuropas, die, jeweils unterstützt durch verschiedene, ebenfalls rivalisierende US-amerikanische Dienste, nach Kriegsende auf italienischem Boden aufeinanderprallten. Italien wurde somit zum Schauplatz nachrichtendienstlicher Konkurrenzkämpfe diverser Nationen, deren komplexe Verflechtungen in diesem Essay in ihren Grundzügen aufgezeigt werden sollen.

  • von Ansgar Engels

    Bei der Compañía Guipuzcoana handelt es sich um eine baskische Handelskompanie, die im 18. Jahrhundert das Monopol auf den Handel zwischen der Kolonie Venezuela und dem Mutterland Spanien innehatte. Ihr ökonomisches Fundament ruhte auf der Versorgung des spanischen Marktes mit dem im Venezuela produzierten Kakao. Eine Rebellion in Venezuela im Jahr 1749, in der sich die koloniale Bevölkerung gegen die dominierende Rolle der Kompanie im Kakaohandel und in der Provinz als Ganzes wandte, nahm die Compañía Guipuzcoana zum Anlass ein Manifest zu verfassen. In dem Beitrag soll dieser historischen Hintergrund kurz ausgeleuchtet und auf die Funktion der Kompanie als Vermittlungsinstanz zwischen Spanien und Venezuela eingegangen werden.

  • von Heike Karge

    Im vorliegenden Beitrag soll daher die Frage diskutiert werden, was es für das Verständnis einer psychischen Störung bei Soldaten bedeutete, wenn es kriegsspezifische psychiatrische Diagnosen gab oder nicht. Lassen sich während des und nach dem Ersten Weltkrieg gemeinsame europäische Entwicklungslinien im Umgang mit seelisch dekompensierten Soldaten erkennen, und wie verhalten sich hierzu die unterschiedlichen Begrifflichkeiten für die Bezeichnung soldatisch-psychischer Versehrtheit? Ich möchte zeigen, dass die Analyse des Umgangs mit psychischer Kriegsversehrtheit einen ambivalenten Europäisierungsprozess sichtbar machen kann. Er erschließt sich aber nicht nur über die Analyse gemeinsamer, unterschiedlicher oder – wie im kroatisch-slawonischen Fall – fehlender Terminologien zur Bezeichnung von spezifisch im Krieg entwickelten psychischen Störungen, sondern wird erst im mikrohistorischen Zugriff auf die Patientenakten sicht-bar, weil hier die konkret angewendeten klinischen Praktiken festgehalten wurden.

  • von Patrick Bernhard

    Der Beitrag stellt die These auf, dass Interpol – eine der zentralen Organisationen heutiger europäischer und internationaler Zusammenarbeit – in seiner Vergangenheit an antiliberale Modernitätsprojekte geknüpft war, ohne dass dies kritisch reflektiert würde. Der vorliegende Text versteht sich vor diesem Hintergrund als Versuch, die Idee europäischer Zusammenarbeit im Bereich der Polizei stärker zu historisieren, das heißt die Sinnwelten der damaligen Akteure zu rekonstruieren.

  • von Malte Fuhrmann

    Das Mittelmeer wird oft als die Region dargestellt, die die europäischen Werte und Kultur geprägt hat. Insbesondere in den letzten Jahren ist es hingegen zum Inbegriff der finanziellen, humanitären und politischen Krise geworden. Zweifelsohne sind die Herausforderungen, vor denen die Mittelmeeranrainer sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU stehen, gewaltig. Dennoch ist die in der EU-internen Öffentlichkeit vorherrschende Wahrnehmung dieser Probleme als Krisen – also als „einen entscheidenden Wendepunkt“ einer „schwierigen, gefährlichen Lage“ – nicht hilfreich, da dieser Modus schnelles Handeln anstatt gründlicher Reflexion nahelegt. Mehrere der Herausforderungen sind jedoch systemischer Natur und benötigen stattdessen langfristige Antworten. Deswegen brauchen die EU-Mittelmeerbeziehungen nicht nur einen Politik-, sondern auch einen Paradigmenwechsel.

  • von Monica Cioli

    Nowadays, many scholars agree that there was a ‘fascist culture’ in Mussolini’s Italy and that cultural policy mattered to regime. However, the reciprocal acceptance of futurism and fascism is often doubted. It is frequently argued that Italian futurism was a broadly-based aesthetic movement which often came into conflict with fascism during the 1920s and 1930s. Therefore, the latter isolated it. The numerous works arising from futurism’s centennial anniversary do not substantially diverge from this perspective. [...]

  • von Heike Karge

    Gab es in und nach dem Ersten Weltkrieg im jugoslawischen Raum Soldaten, die psychisch am Krieg erkrankten? Die wie in West- und Mitteleuropa als Kriegsneurotiker, als Kriegszitterer, als „shell-shocked soldiers“ mit einer vom Krieg schwer gezeichneten Psyche von den Fronten zurückkehrten? Anders als im angloamerikanischen, west- und mitteleuropäischen Raum sind in der südosteuropäischen Historiografie solche psychiatriegeschichtlichen Fragestellungen ausgesprochen rar. [...]

  • von Anne Lammers

    Was für die französischen Arbeiterfamilien in der Eisen- und Stahlindustrie der Wein, ist für die Deutschen der Branntwein. Während die Italiener am liebsten Spaghetti essen und der Luxemburger am meisten Fleisch verzehrt, zieht der Saarländer Kartoffeln vor. Und die Niederländer lieben ihre Milch so sehr, dass sie sie am liebsten direkt aus der Flasche trinken, während sich der Belgier mit reichlich Kaffee durch den Tag bringt. So ließe sich zugespitzt eine grafische Darstellung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von 1956/57 beschreiben, die als Teil einer umfangreichen Statistik über die Lebensbedingungen von Arbeiterfamilien in der Montanindustrie erschien (Quelle 1). Als 1963/64 in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine zweite Studie dieser Art durchgeführt wurde, hatten sich der Erhebungsbereich sowie die Parameter zur Bestimmung des Lebensniveaus verändert. [...]

  • von Axel Körner

    Die Geschichte der italienischen Oper ist voll wunderbarer Anekdoten, denen wir häufig mit wohlwollender Sympathie begegnen, die wir teilweise belächeln, denen wir jedoch auch allzu leicht Glauben schenken. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Kunst und Politik, speziell der politischen Konnotierung von Oper im 19. Jahrhundert und der Inanspruchnahme Giuseppe Verdis als „Barde der italienischen Nationalbewegung“, ein Bild, das die Rezeption seiner Musik auch heute noch prägt. [...]

  • von Alexander Drost

    Die europäische Expansion nach Asien in der Frühen Neuzeit hatte nicht nur einen komplexen Waren- und Technologietransfer zur Folge. Auch zahlreiche europäische Konflikte und die mit ihnen verbundenen Konfliktlinien bzw. -grenzen fanden ihren Weg in asiatische Reiche. Hierzu gehörte auch der Kampf um die Loslösung der niederländischen Provinzen vom spanischen Imperium und seine Einbettung in kommerzielle Rivalitäten zwischen Niederländern und Spaniern in südostasiatischen Inselreichen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Dabei ist in besonderem Maße bemerkenswert, dass die Grundlagen für das (Miss-) Verständnis von Grenzen in unterschiedlichen Bedeutungssystemen in Europa und Asien liegen. [...]

  • von Hillard von Thiessen

    Als der neue spanische Botschafter beim Heiligen Stuhl, der Conde de Castro, im Frühjahr 1609 an seinem neuen Dienstort eintraf, fand er eine Denkschrift vor, die, von einem erfahrenen Mitarbeiter der Botschaft erstellt, ihn mit den politischen und sozialen Verhältnissen in der Ewigen Stadt vertraut machen sollte. In ihr finden sich teils wenig schmeichelhafte Wertungen über den Charakter der Einwohner der verschiedenen Teile Italiens. Besonders bemerkenswert ist das vernichtende Urteil über die Römer, die ihre alten Tugenden gänzlich verloren hätten; sie seien nur noch „Menschen, die zu Sklavendiensten geboren wurden“. [...]

  • von Jens Späth

    Zwischen 1812 und 1836 nahm die spanische Verfassung von 1812, nach ihrem Entstehungsort auch Verfassung von Cádiz genannt, eine Modellfunktion für den Frühliberalismus ein. Im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Verfassungen wie der an das englische Vorbild angelehnten sizilianischen Verfassung von 1812 oder der französischen Charte constitutionnelle von 1814 bestach sie durch ihren progressiven Charakter. Ihre größte Wirkung erreichte sie, als in der ersten nachnapoleonischen Revolutionswelle in Europa 1820–1823 vier südeuropäische Staaten ebendiesen Verfassungstext als oberste Norm einführten. [...]

  • von Roberto Sala

    Die gegenseitige Wahrnehmung Italiens und Deutschlands ist ein immer wiederkehrendes Thema für Historikerinnen und Historiker, die sich den deutsch-italienischen Beziehungen oder – je nach Standpunkt des Beobachters – der Geschichte des jeweils anderen Landes widmen. Als Forschungsobjekt ermöglichen es „Bilder“, die Mechanismen nationaler Diskurse zu entlarven und somit das Verhältnis zwischen zwei Staaten bzw. deren Bevölkerungen zu beleuchten. Ihre Untersuchung birgt jedoch gravierende theoretische und methodische Schwierigkeiten, wenn auch einschlägige Studien diese weitgehend verkannt haben. Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf eine Leerstelle in den Untersuchungen über das deutsche Italienbild, auf „populäre“ Betrachtungsweisen. [...]

  • von Patrick Bernhard

    Am 1. April 1936 unterzeichneten der Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, und sein italienischer Amtskollege Arturo Bocchini in der Reichshauptstadt Berlin eine folgenschwere geheime Übereinkunft: das sogenannte deutsch-italienische Polizeiabkommen. Das Abkommen und die beiden kurz darauf folgenden Zusatzvereinbarungen sahen eine ausgesprochen enge Kooperation bei der internationalen Verbrechensbekämpfung vor, die weit über das bis dahin gekannte Maß zwischenstaatlicher Polizeizusammenarbeit hinausgehen sollte. Der Vertragstext beinhaltete nicht nur einen umfassenden gegenseitigen Informationsaustausch über verdächtige Personen. Insbesondere die Vereinbarung, dass die Polizeikräfte beider Länder Verdächtige unter „Ausschaltung diplomatischer Verhandlungen“ außer Landes verbringen durften, brach mit den Grundsätzen des damals geltenden internationalen Auslieferungsrechts. Allen Akteuren war damals klar, dass es dabei um staatlich legalisierte Verschleppung über die Landesgrenzen hinweg ging. [...]

  • von Frithjof Benjamin Schenk

    Der in den letzten Jahren viel diskutierte "spatial turn" ist keine so umfassende Wende, wie oft gedacht - zum einen hat man sich außerhalb der deutschen und angelsächsischen Forschung auch zuvor intensiv mit der Kategorie "Raum" befasst - so in der von der Annales-Schule geprägten französischen Forschung. Zum anderen geht es nicht um einen umfassenden Paradigmenwechsel, sondern darum, einen bisher vernachlässigten Aspekt bei der Untersuchung kultureller und sozialer Prozesse stärker zu berücksichtigen. Der Autor hebt hervor, dass "Raum" keine historische Kategorie an sich ist, sondern dass der gesellschaftlich und historisch relevante Raum das Produkt menschlicher Handlung und Wahrnehmung ist. Durch die Hinterfragung gängiger Raumkonzepte - wie des "Osteuropa"-Begriffs durch die Osteuropa-Forschung in den letzten Jahren - kann das heuristische Konzept der Geschichtsregion als Strukturraum nutzbar gemacht werden.

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