Essays/

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  • von Ines Soldwisch

    Das bürokratische Europa zerstöre die europäischen Völker und Nationalstaaten. Dieses von rechtspopulistischen Parteien in Europa kolportierte Narrativ hat eine lange Geschichte, die in den 80er-Jahren von einzelnen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu erzählen begonnen wurde, bis heute weiterentwickelt wurde und mehr und mehr in die europäische Öffentlichkeit getragen wird. Dabei können Europakritik und Euroskeptizismus bis hin zur Europafeindlichkeit je nach Intensität und Absicht als spezifische Ausformung des Populismus gefasst werden. Im Europäischen Parlament sind seit der Direktwahl 1979 euroskeptische Parteien und Fraktionen vertreten. Jedoch verfolgten diese Parteien bisher keine einheitliche politische Agenda, bis auf ihre Kritik an der Europäischen Union als Gesamtkonstrukt. Die vorliegende Deklaration kann als ein Versuch angesehen werden, Geschlossenheit zu demonstrieren, nationenübergreifend, sozusagen „europäisch“ europakritisch aufzutreten und öffentlichkeitswirksam wahrgenommen zu werden.

  • von Florian Greiner

    Seit dem Mittelalter dient die Türkei als ein negatives Definitionsmerkmal Europas. Spätestens mit der Eroberung Konstantinopels 1453 durch Sultan Mehmed II. entwickelte sich die türkische Frage zu einem „Wetzstein europäischer Identität.“ In den folgenden Jahrhunderten intensivierten sich konstitutiv wirkende Abgrenzungen zwischen einem christlich-abendländisch konnotierten Europa und der islamisch-orientalischen Türkei etwa im Rahmen der frühneuzeitlichen Türkenkriege und der beiden Belagerungen Wiens durch osmanische Truppen 1529 und 1683. Stereotype Fremdbilder, die unter Schlagworten wie der „Türkengefahr“ firmierten und im Zeitalter des Imperialismus noch rassistisch aufgeladen wurden, erwiesen sich in Europa als ebenso langlebige wie wirkmächtige Alteritätskonstruktionen. [...]

  • von Miranda Jakisa und Andreas Pflitsch

    ICH BIN EIN KULTURDENKMAL DER NULLTEN KATEGORIE EINE VERDAMMTE WIEGE DER ZIVILISATION IN DER ICH 450 MILLIONEN MEINER KINDER SCHAUKLE […] ICH BIN DIE RECHTMÄSSIG GEWÄHLTE MISS WORLD Die Figur der Mutter Europa im Stück der kroatischen Dramatikerin Ivana Sajko verkündet provokativ und geballt, was die Autorin, geboren 1975 in Zagreb, an Europalust und Europafrust ihrer Generation ausmacht. [...]

  • von Philipp Ther

    Gelegentlich haben europäische Intellektuelle Visionen von Europa, die sich als prophetisch erweisen. So ist es im Falle Milan Kunderas, einem der großen tschechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er hatte 1983 Vorstellungen von Europa, die durch den EU-Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten 2004 zur Realität wurden. Sein Text zeigt das klare Bewusstsein, dass Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei eigentlich zum westlichen Kulturkreis Europas gehören.[...]

  • von Andreas Eckert

    Léopold Sédar Senghor (1906-2001), der erste gewählte Staatspräsident des unabhängigen Senegal, war im April 1961 erst seit wenigen Monaten im Amt. Seine erste Reise nach Europa führte ihn, wenig überraschend, zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. In seinen Reden während des Staatsbesuches, wie auch in seiner Ansprache auf dem Empfang des Stadtrates von Paris am 20. April, die der vorliegende Essay als Ausgangspunkt wählt, betonte Senghor wiederholt die engen und positiven Verbindungen zwischen den beiden Ländern. [...]

  • von Konrad H. Jarausch

    Für die meisten Mitglieder der Bürgerbewegung der DDR lag Europa in doppelter Ferne: Zwar gab es auch im Ostblock mit dem Warschauer Pakt und COMECON gemeinsame Institutionen, aber diese waren auf die sowjetische Hegemonialmacht konzentriert und ideologisch auf den sozialistischen Internationalismus ausgerichtet.[...]