Essays/

Sortieren nach:
  • von Jens Späth

    Zwischen 1812 und 1836 nahm die spanische Verfassung von 1812, nach ihrem Entstehungsort auch Verfassung von Cádiz genannt, eine Modellfunktion für den Frühliberalismus ein. Im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Verfassungen wie der an das englische Vorbild angelehnten sizilianischen Verfassung von 1812 oder der französischen Charte constitutionnelle von 1814 bestach sie durch ihren progressiven Charakter. Ihre größte Wirkung erreichte sie, als in der ersten nachnapoleonischen Revolutionswelle in Europa 1820–1823 vier südeuropäische Staaten ebendiesen Verfassungstext als oberste Norm einführten. [...]

  • von toni Morant i Ariño

    Eine Europakarte, welche durch keinerlei staatliche Grenzen definiert ist. Ein säulenähnlicher Stamm, der genau in ihrer Mitte geradlinig wächst, dessen Wurzeln sich aber quer durch den europäischen Kontinent erstrecken. Eine Baumkrone schließlich, welche zwischen ihren Blättern eine kugelförmige, soeben gekeimte Frucht hält, die das zu symbolisieren scheint, was unmittelbar als Titel angeführt ist: die „Gruendungstagung des Europaeischen Jugendverbandes Wien 1942“. [...]

  • von Roberto Sala

    Die gegenseitige Wahrnehmung Italiens und Deutschlands ist ein immer wiederkehrendes Thema für Historikerinnen und Historiker, die sich den deutsch-italienischen Beziehungen oder – je nach Standpunkt des Beobachters – der Geschichte des jeweils anderen Landes widmen. Als Forschungsobjekt ermöglichen es „Bilder“, die Mechanismen nationaler Diskurse zu entlarven und somit das Verhältnis zwischen zwei Staaten bzw. deren Bevölkerungen zu beleuchten. Ihre Untersuchung birgt jedoch gravierende theoretische und methodische Schwierigkeiten, wenn auch einschlägige Studien diese weitgehend verkannt haben. Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf eine Leerstelle in den Untersuchungen über das deutsche Italienbild, auf „populäre“ Betrachtungsweisen. [...]

  • von Verena Kümmel

    „Der letzte Brief – der letzte Platz – die letzte Menschenmenge Mussolinis“ steht auf Französisch auf der Tafel einer Wanderausstellung, mit der die Resistenza ab 1946 ihre Verdienste international propagierte. Den Hintergrund der hier gezeigten Tafel bildet eine vergrößerte schwarzweiße Fotografie, über dem Schriftzug ist ein liniertes Blatt mit einer handschriftlichen Notiz reproduziert worden. Weder der Text noch das Foto erschließen sich auf den ersten Blick. Auch auf den zweiten Blick vermag man in der dichtgedrängten Menschenmenge im Hintergrund nur wenige Details zu erkennen. Vor allem Mussolini, den der gedruckte Text ankündigt, ist nicht leicht auszumachen. Seine Unterschrift auf dem kurzen Brief lässt sich erahnen. Doch was hat es mit dem Platz und der Menschenmenge auf sich? [...]

  • von Nicolai Hannig

    Füße, Hände, Augen, Nieren, Mägen, Busen, Köpfe, Mädchen, Jungen, alles aus Wachs. Dies und noch viel mehr kann man im portugiesischen Fátima, nördlich von Lissabon kaufen. Denn in Portugal ist es Tradition, all das, was den Menschen Kummer bereitet, symbolisch in Wachsform der Heiligen Jungfrau in der Cova da Iria bei Fátima zu opfern. Rund vier Millionen Pilger kommen jährlich aus ganz Europa, beten, bringen ihre Wachsopfer und kaufen Bücher, CDs und DVDs. Viele, die zu Fuß kommen, sind erschöpft und krank. Andere reisen mit Zügen und Bussen an. Aus einem kleinen unbedeutenden Ort am Rande Europas, in dem die Menschen in ärmlichen Verhältnissen lebten und zum Teil noch leben, ist einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der Welt geworden. Nicht nur die Pilgerströme und rund 500 Devotionalienhändler vor Ort zeugen davon. [...]

  • von Patrick Bernhard

    Am 1. April 1936 unterzeichneten der Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, und sein italienischer Amtskollege Arturo Bocchini in der Reichshauptstadt Berlin eine folgenschwere geheime Übereinkunft: das sogenannte deutsch-italienische Polizeiabkommen. Das Abkommen und die beiden kurz darauf folgenden Zusatzvereinbarungen sahen eine ausgesprochen enge Kooperation bei der internationalen Verbrechensbekämpfung vor, die weit über das bis dahin gekannte Maß zwischenstaatlicher Polizeizusammenarbeit hinausgehen sollte. Der Vertragstext beinhaltete nicht nur einen umfassenden gegenseitigen Informationsaustausch über verdächtige Personen. Insbesondere die Vereinbarung, dass die Polizeikräfte beider Länder Verdächtige unter „Ausschaltung diplomatischer Verhandlungen“ außer Landes verbringen durften, brach mit den Grundsätzen des damals geltenden internationalen Auslieferungsrechts. Allen Akteuren war damals klar, dass es dabei um staatlich legalisierte Verschleppung über die Landesgrenzen hinweg ging. [...]

  • von Heinrich Lang

    Niccolò Machiavelli gilt als kühl argumentierender Begründer politischer Rationalität, die zweckorientiert und ohne moralische Schranken operiert. Ein skrupellos nach Macht strebender Herrscher erscheint insofern als ideale Ausgeburt des Machiavellismus. Daher sind wir es gewohnt, Machiavelli durch die Brille der polarisierten Rezeption seines „Fürsten“ zu sehen, also in schroffer Ablehnung eines Anti-Machiavel, in Anerkennung seines politikwissenschaftlichen Realismus oder in Seminaren für Manager. Aber die kritische Lektüre des Textes selbst, bei der wir den „Fürsten“ in seinen historischen Kontext einfügen, zeigt Niccolò Machiavelli nicht nur in anderem Licht. Vielmehr eröffnet sie dann auch die Möglichkeit des diachronen Vergleichs von gegenläufigen Entwicklungen, die wir einerseits der Vormoderne, andererseits der Postmoderne zuschreiben. [...]

  • von Carlo Moos

    Der vorliegende Text will den Stellenwert der antijüdischen Rassenpolitik im italienischen Faschismus und gegenüber dem Nationalsozialismus herausheben, ohne dass gleichgesetzt werden soll, was nicht gleichgesetzt werden kann. Noch weniger geht es um eine Relativierung der vom Nationalsozialismus begangenen Verbrechen; es soll lediglich einer ihrerseits unstatthaften Verharmlosung des italienischen Faschismus entgegen gewirkt werden.[...]

  • von Lisa Dittrich

    Ausgelöst durch die Mobilmachung von Reservisten für den spanischen Marokkokrieg brachen im Juli 1909 in der so genannten Semana Trágica in Barcelona und Umgebung gewalttätige Ausschreitungen aus. Die Gewalt war vor allem antiklerikaler Natur, sie richtete sich gegen Kirchen und kirchliche Einrichtungen, welche geplündert, geschändet und angezündet wurden. In der nachfolgenden Niederschlagung des Aufstands wurde Francisco Ferrer y Guardia als angeblicher Anführer verhaftet, durch ein Kriegsgericht verurteilt und am Morgen des 13. Oktober 1909 in der Festung Montjuich hingerichtet. Daraufhin erhoben sich in ganz Europa Proteste, da man davon ausging, dass Ferrer unschuldig sei und das juristische Verfahren kritisierte. Die Hinrichtung wurde zum Fall Ferrer. Er ist ein Beispiel für die zahlreichen Skandale und Affären, die insbesondere um die Jahrhundertwende 1900 internationale Mobilisierungen auslösten. [...]

  • von Martin Baumeister

    Ein Hakenkreuz – blutrot umrandet, vor einem braun gefärbten Hintergrund, auf dem Flugzeuge und aufquellende Rauchwolken zu sehen sind, darüber in großen, grell roten Lettern das deutsche Wort „Kultur“, eingerahmt von zwei spanischen Ausrufungszeichen. In das Hakenkreuz hinein montiert ist eine Folge von elf Fotografien, Bilder von Leichen und zerstörten Gebäuden. Unter der Überschrift „Fascist barbarism in Madrid“ finden sich Erläuterungen, die beschreiben und zugleich anklagen: „The fascist bombs chiefly aim at children; here is a poor child among other corpses shattered by the bombs.“ Dies beschreibt in wenigen Sätzen ein Plakat aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs, das den im Herbst 1936 einsetzenden Luftangriffen auf das republikanische Madrid gewidmet ist.[...]

  • von Falk-Thoralf Günther

    Mit dem Kulturabkommen vom 19. Januar 1939 vereinbarten Spanien und das Deutsche Reich Studentenaustauschprogramme, Buchausstellungen oder die Einrichtung von entsprechenden Sprachkursen an den höheren Schulen, um die Beziehungen beider Länder zu vertiefen. Das Abkommen beruhte auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit zwischen zwei augenscheinlich gleichberechtigten Partnern. Am Anfang dieser Beziehungen hat allerdings ein Hilferuf Francos an Hitler gestanden. [...]

  • von Stefan Troebst

    Gleich zahlreichen anderen Angehörigen der Zwischenkriegsgeneration war der britische Journalist und Buchautor Joseph S. Swire (1903–1978 ), genannt Joe, vom Balkan fasziniert. Die Bewunderung für dramatische Landschaften und vermeintlich urtümliche Gemeinschaften, vor allem aber für die nationalrevolutionären Untergrundbewegungen von Kroaten, Kosovaren, Makedoniern, Montenegrinern und anderen, mischte sich dabei in der Regel mit einem explizit maskulinen Heroenkult, der von Kritik an der Dekadenz der jeweils eigenen, „europäisierten“ Gesellschaften gespeist wurde. Dieses europaweite Phänomen einte dabei desillusionierte Intellektuelle in den antagonistischen Lagern von Weltkriegsverlierern und Siegern – mit Italien in einer imaginären Mitte.[...]

  • von Frithjof Benjamin Schenk

    Der in den letzten Jahren viel diskutierte "spatial turn" ist keine so umfassende Wende, wie oft gedacht - zum einen hat man sich außerhalb der deutschen und angelsächsischen Forschung auch zuvor intensiv mit der Kategorie "Raum" befasst - so in der von der Annales-Schule geprägten französischen Forschung. Zum anderen geht es nicht um einen umfassenden Paradigmenwechsel, sondern darum, einen bisher vernachlässigten Aspekt bei der Untersuchung kultureller und sozialer Prozesse stärker zu berücksichtigen. Der Autor hebt hervor, dass "Raum" keine historische Kategorie an sich ist, sondern dass der gesellschaftlich und historisch relevante Raum das Produkt menschlicher Handlung und Wahrnehmung ist. Durch die Hinterfragung gängiger Raumkonzepte - wie des "Osteuropa"-Begriffs durch die Osteuropa-Forschung in den letzten Jahren - kann das heuristische Konzept der Geschichtsregion als Strukturraum nutzbar gemacht werden.

  • von Joaquín Abellán

    Am 12. Juni 1985 wurde in Madrid der Beitritt Spaniens und Portugals zur Europäischen Gemeinschaft (EG) feierlich unterzeichnet. Beide Länder erlangten am 1. Januar 1986 die Vollmitgliedschaft. Damit wurde ein 1977 eingeleiteter Entwicklungsprozess abgeschlossen. Dieser ging auf das Beitrittsgesuch durch das erste demokratische Parlament nach dem Tod Francos (1975) zurück.[...]

  • von Wolfram Fischer

    Im „alten Europa“ bildete das Handwerk neben den Bauern die wichtigste „Produktivkraft“. In den größeren Städten waren sie meist in Zünften organisiert und nahmen seit der „Zunftrevolution“ des späten Mittelalters an der Stadtregierung teil. Sie bildeten die städtische Mittelschicht. Aber auch in kleineren Städten und auf dem Lande, wo es eine zünftige Organisation nur rudimentär oder gar nicht gab, waren viele Handwerker tätig. Für die zünftigen Handwerker galten strenge Regeln für Ausbildung und Ausübung ihres Berufes.[...]

Seite 2 (35 Einträge)
Ausgewählte Optionen
Thema
Bereich