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  • von Sarah Lias Ceide

    Dass die italienische Halbinsel und insbesondere ihre Hauptstadt nach 1945 schnell von zahlreichen westlichen Nachrichtendiensten ins Visier genommen wurden, überrascht angesichts der Präsenz des Vatikans, der allgemein geographisch-strategisch günstigen Lage des Landes und des Rückhalts, den die Kommunistische Partei Italiens genoss, keineswegs, und die internationale Forschung hat dies bereits mehrfach und auf überzeugende Art und Weise hervorgehoben. Einem wichtigen Aspekt wurde dabei jedoch selten Aufmerksamkeit geschenkt: dem Geheimdienstkrieg zwischen den untereinander konkurrierenden Nachrichtendiensten Westeuropas, die, jeweils unterstützt durch verschiedene, ebenfalls rivalisierende US-amerikanische Dienste, nach Kriegsende auf italienischem Boden aufeinanderprallten. Italien wurde somit zum Schauplatz nachrichtendienstlicher Konkurrenzkämpfe diverser Nationen, deren komplexe Verflechtungen in diesem Essay in ihren Grundzügen aufgezeigt werden sollen.

  • von Simon Unger-Alvi

    Dieser Artikel analysiert neu zugängliche Quellen aus den vatikanischen Archiven zur deutschen Außenpolitik in der Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt steht der Austausch von Briefen und Unterlagen zwischen Aloysius Muench, dem apostolischen Nuntius in Bonn, und Domenico Tardini, dem Pro-Staatssekretär für außerordentliche kirchliche Angelegenheiten im Vatikan. Beide Kleriker fungierten als Mittelsmänner zwischen Konrad Adenauer und Papst Pius XII., die in den 1950er-Jahren eine gemeinsame Politik im Kalten Krieg verfolgten. Die Öffnung der Archivbestände zum Pontifikat Piusʼ XII. im Jahr 2020 erlaubt nun jedoch, einen Blick hinter die Kulissen dieser Beziehung zu werfen. Dieser Artikel zeigt, dass Adenauer den Vatikan regelmäßig über seine außenpolitischen Absichten und Sorgen informierte und dabei auch streng geheime nachrichtendienstliche Informationen teilte. Im Fokus dieses Beitrags stehen strategische Diskussionen mit dem Vatikan im Vorfeld der Stalin-Noten von 1952, in denen die Sowjetunion eine deutsche Wiedervereinigung unter der Bedingung außenpolitischer Neutralität in Aussicht stellte. Die Quellen zeigen nun jedoch, dass Adenauer und der Vatikan sich schon im Frühjahr 1951 des bevorstehenden diplomatischen Vorstoßes Stalins bewusst waren und dass beide sofort Schritte einleiteten, um diesen von vornherein zu unterminieren. Adenauer informierte Pius XII. dabei u.a. über angebliche Geheimverhandlungen zwischen Frankreich und der Sowjetunion, da er befürchtete, dass eine sozialistische Regierung in Paris die sowjetischen Vorschläge annehmen könnte. Gemeinsam mit dem Vatikan und den USA sollten daher Schritte unternommen werden, um Druck auf die französische Regierung auszuüben, eine deutsche Wiederbewaffnung zu ermöglichen und die Gefahr einer erzwungenen weltpolitischen Neutralität Deutschlands abzuwenden. Insgesamt zeigen die Quellen in den vatikanischen Archiven nicht nur, dass Adenauer den Heiligen Stuhl als seinen vielleicht engsten außenpolitischen Ansprechpartner betrachtete, sondern auch, dass Pius XII. seinerseits bestrebt war, die westdeutsche Wiederbewaffnung herbeizuführen und die Entstehung eines wiedervereinigten, aber neutralen Deutschlands zu verhindern.

  • von Elisa Satjukow

    Within the last two decades, the Internet has become one of, if not the most important medium for gathering information and facilitating communication in times of war and crisis. By drawing on the example of the Kosovo War in 1999, which is often described as the “the First Internet War”, this essay shows how the World Wide Web did not only serve as an important tool of information, communication and intervention, but also how it functioned as an archive for the individual and collective experiences of war. In analysing the virtual archive of the Syndicate and the Nettime mailing lists, I show how media artists and activists contributed to the idea of Deep Europe as an imagined (online) community which overcomes the binaries of ‘East’ and ‘West’, a community which experienced its first major rupture during the Kosovo War. Not only do I discuss how, at the time, the Internet served as a form of shelter in times of crisis, in the face of censorship and cyberwarfare, but also as an emerging social platform, sharing reports on everyday events, war diaries and video material, providing historians with new and valuable sources for contemporary European history. Lastly, contributing to the field of digital humanities, I discuss the potential and the challenges of Deep Europe and the Digital East.

  • von Belinda Davis

    The image below represents a flyer put out by the Evangelische Studenten-Gemeinden Westberlin (ESG), calling for viewers to stand up for peace, by attending a demonstration to be held on the occasion of US-American President Ronald Reagan’s visit to West Berlin, in June 1982. The specific concern is to prevent the stationing of new nuclear weapons across Europe, in the Cold War West and East. Europeans are implicitly represented in the person of a female protester who, though in dress and heels, demonstrates sufficient strength to kick away an unwanted nuclear rocket. [...]

  • von Nikolas Dörr

    Antikommunistische Feindbilder im Militär waren während des Kalten Krieges, insbesondere in seiner Frühphase, der Normalfall in Westeuropa. Die Bundesrepublik Deutschland stellte jedoch einen Sonderfall dar, der auf zwei Faktoren beruhte. Zum einen gab es im Rahmen der NATO keine weitere Armee, die sich zum Großteil aus Soldaten zusammensetzte, die während des Nationalsozialismus politisch sozialisiert worden waren und dadurch bereits das Feindbild „Kommunismus“ verinnerlicht hatten. Zum anderen führte die Teilung Deutschlands zu einer besonders ausgeprägten ideologischen Auseinandersetzung zwischen West- und Ostdeutschland. [...]

  • von Daniel Stinsky und Scott Krause

    In the summer of 1947, the Press Attaché of the Norwegian Military Mission in Berlin cautiously asked an old friend, now Executive Secretary of the United Nations Economic Commission for Europe (ECE), about employment opportunities. While Willy Brandt never entered UN service – despite Gunnar Myrdal’s offer –, the letter exchange between them illuminates the strategy that a circle of leftwing exile alumni pursued for a more stable postwar order. After the long-awaited demise of the Nazi Empire, both Social Democrats found themselves in neutral Stockholm, rather than at the victors’ bargaining table in Potsdam. While the Grand Alliance rapidly disintegrated over the question of Europe’s postwar architecture, Myrdal and Brandt’s 1947 conversation still echoes hope for a left-liberal European “Third Way” between the American and Soviet socio-economic models and outside the superpowers’ respective camps. [...]

  • von Belinda Davis

    The image below represents a flyer put out by the Evangelische Studenten-Gemeinden Westberlin (ESG), calling for viewers to stand up for peace, by attending a demonstration to be held on the occasion of American President Ronald Reagan’s visit to West Berlin, in June 1982. The specific concern is to prevent the stationing of new nuclear weapons across Europe, in the Cold War West and East. Europeans are implicitly represented in the person of a female protester who, though in dress and heels, demonstrates sufficient strength to kick away an unwanted nuclear rocket. The message seems forthright and quite simple. But as an exemplar of the era’s iconography, the flyer would have communicated a range of meanings and associations. One of thousands of such images and associated texts in West Germany/West Berlin alone, the flyer was part of a popular political movement across NATO-allied Europe, protesting NATO’s new “double-track” strategy of rearmament alongside continued détente. [...]

  • von Jay Winter

    The General Assembly of the United Nations approved the Universal Declaration of Human Rights on 10 December 1948. This document reflected a very widely shared sense of revulsion at the crimes committed by the Hitler state in its period in power from 1933-45. Without the Second World War, this document would never have been drafted, let alone approved by communist and non-communist countries alike. This non-binding statement of principles set in motion other measures which established legal sanctions for human rights violations by states. Regional conventions on human rights were signed in Europe, Latin America and Africa. In 1966, the United Nations agreed two covenants on human rights, one on social and economic rights and a second on civil and political rights. Ten years later these came into force as instruments of international law. [...]

  • von Rainer Hudemann

    Mythen haben eine lange Lebensdauer. Vor allem, wenn sie ihren Ursprung in politischen Urteilen einer Epoche haben, und wenn Zeitzeugenwertungen später als Quellen verwendet werden und kaum oder gar nicht geprüft als Belege für historische Interpretationen dienen. So ergeht es immer noch gelegentlich auch der Struktur der deutsch-französischen Beziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg, obgleich die Forschung seit über zwei Jahrzehnten weit vorangeschritten ist.[...]

  • von Annie Lacroix-Riz

    Die französische Politik im Kreuzfeuer: Einerseits die Besorgnis über die Aufrechterhal¬tung der amerikanischen Politik der Zwischenkriegszeit, Deutschland vorrangig wieder aufzubauen (in diesem Fall seine Westzonen), und der mit den Jahren schwächer werdende Versuch, dies zu verhindern. Andererseits die Tendenz, sich dieser Linie anzupassen, die ebenso unvermeidbar wie die Ära des Dawes Plans erscheint. Diese Ausrichtung erklärt sich nicht nur aus dem starken amerikanischen Druck auf Frankreich sondern auch durch eigene französische Interessen, die wie nach dem Ersten Weltkrieg auf einen Kompromiss mit Deutschland hinauslaufen [...]

  • von Christian Domnitz

    Zur Mitte der 1980er Jahre verständigten sich die Friedensbewegungen in Ost und West unter dem Zeichen von Europa. Ausgehend von der Idee, dass die Blocktrennung und der Systemkonflikt die gesellschaftliche Entwicklung in beiden Teilen des Kontinents behinderten, entwickelten sie Konzepte einer Annäherung. Die Vernetzung der zu dieser Zeit populären und stark in den Gesellschaften verankerten Friedensbewegungen sollte zum Pilotprojekt einer blockübergreifenden Einigung werden. Unter den Leitbegriffen des Friedens und der Bürgerrechte wurde eine Europavorstellung formuliert, der eine Brückenfunktion zwischen den Gesellschaften Ost- und Westeuropas zukam. [...]