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  • von Nicolas Blumenthal

    Der vorliegende Essay betrachtet die Eigenheiten der politischen „Säuberung“ nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz und ordnet sie in einen gesamteuropäischen Kontext der deutschen Entnazifizierung und französischen „épuration“ ein. Er verdeutlicht zum einen die Logiken, denen die Ausmerzung des Nationalsozialismus in einem Land folgte, das von einer Einverleibung in den nationalsozialistischen Machtapparat verschont geblieben war. Zum anderen beleuchtet der Beitrag, wie innen- und außenpolitisches Taktieren in die Schweizer „Säuberungspolitik“ hineinspielte und sich mit Momenten der Vergeltung verband. Die damaligen Auseinandersetzungen entfalteten sich geradezu zu einer nationalen Bewährungsprobe. Ausschaffungen von Nationalsozialist:innen erfüllten vor dem Schweizer Nachkriegskontext eine doppelte Funktion: Sie schufen einerseits eine Möglichkeit, um mit diskreditierten NS-Anhänger:innen abzurechnen und dem Unmut in der Bevölkerung Luft zu machen. Andererseits dienten sie dazu, Vorwürfe der nationalsozialistischen Verstrickung zurückzuweisen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von innen und außen gegen die Schweiz erhoben wurden.

  • von Guido Thiemeyer

    Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 hat in weiten Teilen der europäischen politischen und medialen Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt. Die Rede ist von einem politischen „Beben“ in der EU, von einer „Ohrfeige“ des Bundesverfassungsgerichts für den Europäischen Gerichtshof. Es ging um die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank und das höchste deutsche Gericht gab den Klägern recht, die argumentiert hatten, dass die deutsche Bundesregierung und der Deutsche Bundestag die Anleihekäufe nicht hätten zulassen dürfen, weil sie von der Europäischen Zentralbank nicht ausreichend begründet worden wären. Entscheidender als dieses Detail war aber die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht sich damit gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11. Dezember 2018 stellte, der entschieden hatte, dass die Politik der EZB im Rahmen des Staatsanleihekaufprogramms mit dem europäischen Recht zu vereinbaren sei.