Brief der Hirschberger Kaufmannsältesten an den Minister Schlabrendorff (8. August 1768).

„[H]iesigen Waaren Articles werden […] von den Franzosen nach der Africanischen Küste verführet, ūnd zūm […] SclavenHandel gebraūchet“ (08. August 1768)[1]

Hirschberg d. 8.ten Aug. 1768

An

des Dirigirenden Ministre d. Hoch- ūnd Wohlgebohrenen

Schlabrendorff Exc[ellenz]

der Hirschberg. Kaūfmannsältesten

ūnterthenigster Bericht, wegen der

französischen Handlūng.

Ew. Excel. ab Dato d. 31ten m.p. [manu propia; lat. eigenhändig] an ūns erlaßenen höchsten Ordre zūfolge, ermangeln wir nicht, ūnterthänigst zu melden, daß in Frankreich die Einfūhr aller Schles., Sächs. ūnd Westphäl. Leinen Waren, zūr einländischen Consumtion, gänzlich verboten ist: Wohingegen alle Sorten von leinen Waaren in die Freyhäfen Bajonne ūnd Marseille, zūr Exportation, eingeführet werden dürfen.

Von ūnsern hiesigen Waaren Articles werden hinrechts (?) blos ūnd allein die so genannte Jauersche Leibt. [Abk. Leinwand] oder Platilles simples, die in Frankreich nicht fabriciret werden, nach Nantes verschicket: ūnd diese Waare, welche von den Franzosen nach der Africanischen Küste verführet, ūnd zūm Bekleidūng der SclavenHandel gebraūchet wird, gehet in Frankreich zollfrey ein: ob aber davon beym Aūsgange etwas erleget werden mūß, ist ūns nicht bekannt.

Was übrigens der Franzosen eigene Lbt [Abk. Leinwand] ūnd Battiste an [nächste Seite] betrifft, So werden solche, ūnseres Wißens, nach Spanien, Portugall, England, ūnd überhaūpt dūrch ganz Europa, wie aūch nach sämtl. Französische Colonien in america versendet.

Wir ersterben (?) mit vollkomenster Ehrfurcht

Ew. Exc. [Erwürdige Excellenz]



 Ūnterthänigst 
 Franz 
Lichter 
Tralles 
Tietze 
 Lincks 
 Stattmiller 
 Weissig 
 Liebich 
 Menzel 
 p.t. [pleno titulo, lat. mit vollem Titel] Kaūfmanns Aelteste 





© Die Veröffentlichung dieser Abbildungen geschieht mit freundlicher Genehmigung des Archiwum Państwowe we Wrocławiu, ulPomorska 2, 50–215 Wrocław, email: sekretariat@ap.wroc.pl, URL: <http://www.ap.wroc.pl/>.


[1] Staatliches Archiv, Außenstelle in Jelenia Góra (APJG), zespół K.S. Hbg, Nr. 335, Jour No. 236.


Schlesische Leinwand als Handelsgut im atlantischen Sklavenhandel der frühen Neuzeit. Das Beispiel der Hirschberger Kaufmanns-Societät[1]

Von Anka Steffen

Der Atlantische Ozean war der bis ins frühe 19. Jahrhundert wichtigste Schauplatz der Europäischen Expansion. Die Konkurrenz der westeuropäischen Mächte in diesem Raum, ihr Handel untereinander und mit indigenen Händlern in Afrika, den Amerikas und auch in Südasien gab dem Prozess ein Gepräge von früher Globalisierung. Auch die historische Forschung zu diesem Bereich war sehr früh internationalisiert. Da aber jede Seemacht mit eigener Handels- und Kolonialpolitik ihre spezifischen Interessen verfolgte, spricht die Fachliteratur von einem spanischen, portugiesischen, britischen, französischen oder holländischen Atlantik[2], mit zunehmender Einbeziehung Afrikas und der afroamerikanischen Sklavenbevölkerungen der „Neuen Welt“ auch von einem „Black Atlantic“.[3] Einerseits gilt es als selbstverständlich, dass diese atlantischen Welten sich bereits im 17. und 18. Jahrhundert im Westen bis nach Lima oder Acapulco, bis nach Minas Gerais, den Missouri oder an die Hudson Bay erstreckten, und in Afrika tief ins Niger- und ins Kongobecken ausdehnten. Auf der anderen Seite suggeriert die in Europa vor allem aus Perspektive der frühen Kolonialmächte geschriebene Geschichte, dass der atlantische Raum im Osten allenfalls bis zum Rhein und die unmittelbaren Küstenstreifen von Nord- und Ostsee reichte.[4]

Ein im Jahr 1768 verfasster Brief Hirschberger Leinwandkaufleute zeigt jedoch, dass die Realität für die Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts anders aussah. Die Stadt Hirschberg (heute Jelenia Góra) liegt tief im Binnenland (im heutigen Polen), rund 570 km von der Nordsee und 460 km von der Ostsee entfernt – und doch hatte der atlantische Seehandel über mehr als ein Jahrhundert eine existentielle Bedeutung für den Ort und sein weites Umland. Bei dem Brief handelt es sich um ein Antwortschreiben an den Schlesischen Provinzialminister Ernst Wilhelm von Schlabrendorff vom August 1768 auf dessen Anfrage, wie es um den Vertrieb schlesischer Leinen über französische Seehäfen bestellt sei.[5] Der Grund für Schlabrendorffs Erkundigungen darf in den langwierigen Bemühungen vermutet werden, einen Handelsvertrag zwischen Preußen und Frankreich abzuschließen. In der Forschungsliteratur findet sich zwar kein Nachweis eines ratifizierten Vertrages zwischen den beiden Königreichen, doch der bereits im Februar 1747 an die schlesischen Kaufleute verschickte umfangreiche Fragenkatalog zu ihren Import- und Exportgeschäften mit ihren französischen Partnern, lassen auf die Anstrengungen schließen, die von preußischer Seite dahingehend unternommen worden waren.[6] Das belegt auch die mit dem Katalog verschickte Aufforderung, Vorschläge zu unterbreiten, welchen Punkten bei den Verhandlungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, damit der zu schließende Handelsvertrag neue Möglichkeiten zum Geschäftemachen böte. Zudem beweist ein Entwurf zu einem Handelsvertrag mit Spanien von 1766 den Willen Friedrichs II., den Handel über rechtlich bindende Vertragstexte abzusichern.[7]

In den erhaltenen Unterlagen der Kaufmanns-Societät findet sich ein Protokoll von der Konferenz am 5. August 1768, auf der die geladenen Leinwandkaufleute über die zu formulierende Antwort beratschlagten. Drei Tage später verschickten die Kaufmannsältesten ihr Schreiben an den Minister, von dem sich nur der Entwurf in den Akten des Archivs erhalten hat und der sich als historische Quellen eignet, die Integration Schlesiens in den frühneuzeitlichen Atlantikhandel zu beweisen. Die kaufmännische Praxis, handschriftliche Kopien von verschickten Briefen in sogenannten Briefkopierbüchern anzufertigen, um bei den mannigfaltigen Transaktionen mit verschiedenen Handelspartnern den Überblick nicht zu verlieren, dürfte auch bei der ausgehenden Korrespondenz mit den preußischen Behörden angewendet worden sein. Es ist also davon auszugehen, dass der Brieftext (den der Schlesische Provinzialminister Schlabrendorff erhalten hat) gleichen Inhalts gewesen ist, der Entwurf also an Stelle des verschickten Originals als aussagekräftige Quelle herangezogen werden kann. Das Schriftstück spiegelt zudem den Wissenshorizont der schlesischen Leinwandkaufleute wieder: Sie waren sich eindeutig der Tatsache bewusst, dass ihre Ware, obwohl am Rande des Riesengebirges gefertigt, eine wichtige Rolle im Sklavenhandel an der westafrikanischen Küste spielte.

Obwohl einige deutsche wie auch polnische und ungarische Historiker die Bedeutung der auf afrikanische und amerikanische Märkte gerichteten mitteleuropäischen Textilproduktion schon früh erkannt haben[8], und obwohl solche Fernhandelsverbindungen auch für andere Regionen des Alten Reiches wichtig waren, sind Arbeiten zum zentraleuropäischen „Hinterland“ des atlantischen Raumes immer noch selten. Dieser Beitrag wird sowohl die Märkte für schlesisches Leinen – vor allem im westafrikanischen Sklavenhandel – als auch die Produktion der Textilien in den Blick nehmen, auch hinsichtlich des Nutzens für die einfachen Spinner*innen und Weber*innen auf dem Lande. So kann gezeigt werden, dass vermeintlich entlegene Regionen viel enger mit dem atlantischen Wirtschaftsraum verflochten waren als vielfach angenommen.

Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann ein signifikantes Wachstum der Plantagen in der „Neuen Welt“. Die damit rapide wachsende Nachfrage nach Arbeitskräften konnte immer weniger von Europa aus gedeckt werden, und so stiegen auch die Zahlen der jährlich über den Atlantik verschleppten Afrikaner*innen stetig an, von 28.500 pro Jahr in den 1690er-Jahren auf bis fast 90.000 pro Jahr gegen 1800.[9] Europäer kauften diese Sklaven an der westafrikanischen Küste von afrikanischen Anbietern, und zwar ganz überwiegend im Warentausch gegen europäische und teils auch asiatische Erzeugnisse. Die genaue Kenntnis der afrikanische Nachfrage, die von Ort zu Ort variierte und wie auch in anderen Weltgegenden den Launen der Mode folgte, war eine der wichtigsten Voraussetzungen für gelungene Geschäfte. Immer nachgefragt waren Metallerzeugnisse: Macheten, Degen, Messer und Scheren, kupfernes Kochgeschirr, Handfeuerwaffen aller Art. Daneben rangierten Glaswaren, Alkoholika, Tabak etc. Den wichtigsten Posten stellten allerdings die Textilien, mit etwa der Hälfte des Wertes aller Waren, die über die rund 350 Jahre des atlantischen Sklavenhandels nach Afrika gingen. Das Sortiment reichte von feinsten, bunt eingefärbten Baumwollstoffen, die von den europäischen Ostindienkompanien in Bombay, Goa, Madras oder Pondicherry gegen südamerikanisches Silber eingehandelt wurden, bis hin zu Leinen aus der Bretagne, der Normandie, Westfalen oder Schlesien.[10] Die in der „Neuen Welt“ eingesetzten Sklaven produzierten allerdings nicht nur Genussmittel wie Zucker, Kaffee oder Tabak, sondern auch den Rohstoff Baumwolle und Farbstoffe für die Textilverarbeitung: das aus einer südamerikanischen Schildlaus gewonnene Koschenille färbte rot; der aus Indien stammende, aber nun auch auf karibischen Plantagen angebaute Indigo wurde zum wichtigsten Blaufarbstoff.[11] Auf dieser Versorgungsbasis konnten England und dann auch Frankreich zumindest einen Teil der bisherigen Importe von bunt bedruckten Baumwollstoffen aus Indien mit eigenen Kattunprodukten substituieren und den Weltmarkt beliefern.

Die Produktion der traditionellen zentraleuropäischen Leinengewebe war von solchen Importen weitgehend unabhängig. Gute Anbaubedingungen für Flachs an den schlesischen Ausläufern des Riesengebirges beiderseits des oberen Laufs der Oder ebneten der Leinweberei und der Einbindung Schlesiens in den Fernhandel den Weg. Vor allem auf dem Lande gab es ein elastisches Angebot von günstigen Arbeitskräften, die in diesem arbeitsintensiven Gewerbe eingesetzt werden konnten. Kaufleute aus Nürnberg und Augsburg hatten dort schon seit dem 15. Jahrhundert Stoffe produzieren lassen und weit nach Europas Westen und Südwesten exportiert.[12] Sogar einige britische und niederländische Aufkäufer waren aktiv.[13] Diese im sogenannten Verlagssystem[14] organisierten „Hausindustrien“[15] boten insbesondere ärmeren Landbewohnern ein zusätzliches Einkommen, das zur Existenzsicherung beitrug. Erst als die Handelswege nach Schlesien während des Dreißigjährigen Krieges für längere Zeit unterbrochen waren, konnte sich die schlesische Kaufmannschaft formieren und sich nach dem Ende des Krieges gegen die fremden Verleger durchsetzen und von der Boom-Phase des Leinwandexports außerordentlich profitieren.

Als Folge der Niederlassung von Flüchtlingen, die in den abseits vom Kriegsschauplatz gelegenen Bergregionen Schutz suchten, stieg die Bevölkerung an den Ausläufern der Sudeten rasch an. Neben der saisonal betriebenen Landwirtschaft begannen die Neuankömmlinge das Spinnen von Garn und das Weben von leinenen Stoffen als zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Durch die nicht-zünftige – aber weit verbreitete – Hausindustrie wurde die Leinwandproduktion in Schlesien auf neue Höhen getrieben. Die ansässigen Kaufleute zogen den größtmöglichen Vorteil aus ihrer direkten Zugriffsmöglichkeit auf die Leinwand und aus der Nähe zum Umschlagplatz Leipzig.[16] Dort konnten während der Messezeiten Kontakte zu möglichen Geschäftspartnern aus den für den Export günstigen Hafenstädten angeknüpft und ausgebaut werden. Auf der Basis dieser Voraussetzungen schufen die Kaufleute in den Gebirgshandelsstädten Hirschberg (heute Jelenia Góra), Landeshut (heute Kamienna Góra), Greiffenberg (heute Gryfów Śląski) und Schmiedeberg (heute Kowary) einen florierenden Leinwandhandel.[17]

Günstig wirkte sich das für die Region rentable Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Die im Auftrag der spanischen Krone vorgenommene Erschließung von Silbervorkommen in Potosí (heute Peru) sowie in Guanajuato und Zacatecas (heute Mexiko) und die damit verbundene Überführung ganzer Schiffsladungen von Edelmetallen führten in (Nordwest-)Europa zur Inflation. Der rege Handelsverkehr zwischen den spanischen und anderen Atlantikhäfen trug die Teuerungswellen bis nach Nordwesteuropa. Dieses als „Preisrevolution“[18] bezeichnete Phänomen führte aber zum Kaufkraftverlust vor allem in Regionen, in denen in großer Zahl umfangreiche Geldgeschäfte getätigt wurden, hatte allerdings weniger gravierende Folgen für entlegenere Regionen. Sowohl Kaufleute aus Spanien als auch aus Frankreich, Holland oder England konnten demzufolge in Schlesien recht günstig einkaufen, obwohl sie erhöhte Transportkosten kalkulieren mussten.

Zwar lieferte die Bezeichnung der leinenen Stoffe nach ihren Herkunftsregionen als „schlesische“, „sächsische“ oder „westfälische“ dem kundigen Fachmann häufig vorab Hinweise auf die Qualität oder den Zuschnitt der Stoffstücke, die Ausdifferenzierung der gewebten Stoffe im 18. Jahrhundert war aber bereits so weit vorangeschritten, dass diese grobe Einteilung nicht mehr ausreichte. Die weitverbreitete Gewohnheit, ursprünglich regional typische Leinwandsorten, über deren gute Absatzchancen man informiert war, einfach nachzuahmen, führte ebenfalls zu einer Verkomplizierung des Leinwandhandels. In Schlesien wurde Leinwand auf mehr als zwanzig unterschiedliche Arten gewebt, appretiert und zugeschnitten, hinzu kamen Variationen bei den Schleiern.[19] Den Erfolg der schlesischen Webwaren erklärte unter anderem Peter Hasenclever, ein aus Remscheid stammender Kaufmann, der sich 1774 im schlesischen Landeshut niederließ, mit ihren vergleichsweise niedrigeren Preisen. Er gibt den Verkaufspreis für zwölf Ellen französischen Bretagnes, also von Stoffen, die ursprünglich im Nordwesten Frankreichs gewebt wurden, mit vier Reichstalern an, dagegen sei die schlesische Nachahmung gleichen Namens und gleicher Länge einen Reichstaler billiger.[20]

Die in dem Brief angesprochene Jauersche Leinwand, häufig auch (in der Pluralform) als „Platilles Simples“ bezeichnet, gehörte zu den gewöhnlichen flächsernen Stoffen[21], die ursprünglich in der Umgebung der Stadt Jauer (heute Jawor) gewebt und später in ganz Schlesien imitiert wurden. Es handelte sich um ein leichtes, oftmals weißgebleichtes Gewebe, dessen Preis sich auf ein bis zwei Reichstaler pro Stück belief.[22] Es verwundert nicht, dass sich gerade diese Sorte starker Nachfrage erfreute: Sie war bestens für die klimatischen Bedingungen Westafrikas geeignet und zudem preisgünstig, was ihren Gebrauch als Bekleidungsstoff nicht nur für Sklaven förderte. Buntgefärbte feine Leinwand stand als Bekleidungsstoff bei denjenigen Afrikanern und Afrikanerinnen hoch im Kurs, die sich den Kauf leisten konnten, grobe Leinwandsorten waren bei weniger wohlhabenden beliebt.[23] Das gewebte Stück Jauerscher Leinwand war in der Regel 1,5 Ellen breit und 58–60 Ellen lang.[24] In Metern ausgedrückt entspricht dies ungefähr einer Breite von einem und einer Länge von knapp 40 Metern.[25] Diese langen Stoffbahnen wurden so lange in der Sonne ausgelegt und gebleicht, bis sie eine weiße Farbe annahmen. Anschließend wurden sie in vier kleinere Stücke zu je 14,5–15 Ellen Länge (ungefähr zehn Meter) zugeschnitten, die jeweils zu kleinen Ballen zusammengelegt und mit blauem Papier umwickelt wurden. Die auf den Päckchen befestigten silbernen Vignette der Händler deuten darauf hin, wie diese Sorte Leinwand zu ihrer zweiten handelsüblichen Bezeichnung, „Platilles simples“, kam. Diese leitete sich nicht etwa von dem Plättchen aus Metall ab, sondern von dessen Farbgebung und dem spanischen Begriff für Silber (plata). Der zweite Namensteil (simples) charakterisierte die Qualität des Stoffes als einen schlichten, einen ohne Muster.

Wohin und zu welchem Zweck diese Art Leinwand großen Absatz fand, war unter den Zeitgenossen hinlänglich bekannt. Über den regen Austausch von Geschäftspost erhielten die Hirschberger Händler nicht nur Leinwandbestellungen von Kaufleuten aus den Hafenstädten, sondern sie wurden von ihnen auch über Preisentwicklungen, politische Krisensituationen und die neusten Zollbestimmungen informiert. Auf diesem Wege wurden Nachrichten übermittelt, die für die Abwicklung der Handelsgeschäfte wichtig waren. Nur wer über Konjunkturlagen, die Nachfragen nach Leinwandsorten und deren Angebot Bescheid wusste, konnte Preise einschätzen und seine unternehmerischen Aktivitäten daran ausrichten. Jean Daniel Schweighauser, ein aus der Schweiz nach Nantes gezogener Geschäftsmann, selbst aktiv im Sklavenhandel tätig, setzte seinen Leinwandlieferanten in Schlesien darüber in Kenntnis, dass seine Leinwand für den „traitte des Negre“ bestimmt sei.[26] Reiseberichte beweisen ebenfalls, dass schlesische Leinwand schon im 16. Jahrhundert an der afrikanischen Westküste gehandelt wurde.[27] Die Korrespondenz der Royal African Company of England[28] liefert Hinweise auf den Umfang des Leinenhandels und über seinen Zweck. Wie groß der Bedarf war, verdeutlicht ein Brief vom 2. März 1682, in dem der Verwalter von Charles Fort in Annamaboe (Anomabu, heute Ghana), Richard Thelwall, unmissverständlich zu verstehen gibt, dass wenn nicht bald „coarse sletias“ geliefert würden, die Afrikaner die begehrte Ware bei anderen Nationen kaufen.[29] Ein Beleg nicht nur dafür, dass an der Küste Westafrikas Handelsschiffe mehrerer europäischer Nationen mit einem breit gefächerten Warensortiment anzutreffen waren, sondern dass diese immer auch schlesische Leinwand mit sich führten und sich gegenseitig Konkurrenz machten.

In den Briefen lassen sich ferner Angaben zu Güterpreisen und dem für Sklaven festgelegten Wert finden. So einigten sich im November 1682 im Einzugsbereich von James Fort (Küste des heutigen Ghana) Europäer und Afrikaner auf die grundlegenden Preise für ihre Handelswaren. Demnach kostete ein Sklave acht Pfund Sterling und eine Sklavin sechs Pfund Sterling. Feine schlesische Leinwand sollte für umgerechnet zwei Pfund Sterling und fünf Schilling, grobe hingegen für nur einen Pfund Sterling und fünf Schilling verkauft werden. Die Europäer mussten demzufolge für einen männlichen Sklaven zwischen drei und vier Stück feiner Leinwand oder sechs bis sieben Stück grober Leinwand bieten, während für Frauen nur drei Stück feinen oder fünf Stück groben Tuches erforderlich waren.[30] Dass die schlesische Leinwand vergleichsweise billig war, erkennt man an den Preisen, die für widerstandsfähige (Perpetuanos) bzw. feinere englische Wollstoffe (Sayes) verlangt wurden. Mit einem Preis von fünf Pfund Sterling war der feine Wollstoff aus England mehr als doppelt so teuer als die feine schlesische Leinwand. Gleiches trifft auf den Preisunterschied zwischen den gröberen englischen Wollstoffen, für die drei Pfund Sterling pro Stück aufgebracht werden mussten, und der groben schlesischen Leinwand zu, für die weit weniger fällig wurde.

Anhand der überlieferten Post können jedoch nicht nur konkrete Aussagen zum Lieferumfang schlesischer Leinwand an ein englisches Fort getroffen werden, sondern es wird ebenfalls der Geldumsatz mit Textilien am Ende des 17. Jahrhunderts innerhalb eines bestimmten Zeitraumes greifbar. Vom 19. Mai 1691 bis zum 20. Mai 1692[31] wurde Charles Fort mit 621[32] Stücken feiner schlesischer Leinwand beliefert. Nimmt man für jedes Stück den in den Briefen[33] angegebenen Preis von sieben bis neun Angles an, so bewegte sich der Gesamtwert des gelieferten Stoffes zwischen 460 und 590 Pfund Sterling[34]. Lässt man alle anderen Kosten des Forts außer Betracht, hätten in diesen zwölf Monaten 60–70 männliche Sklaven allein mit schlesischer Leinwand angekauft werden können.[35] Um den Geldwert der Leinwand und den Wert der Sklaven, die für diese eingetauscht werden konnten, besser beurteilen zu können, sind diese mit den Einkommensverhältnissen in England zur gleichen Zeit ins Verhältnis zu setzen. Eine durchschnittliche städtische drei bis vier Personen umfassende Arbeiterfamilie musste mit 15 Pfund Sterling Jahreseinkommen haushalten, während dem einfachen Tagelöhner gerade einmal zwei Pfund Sterling im Jahr zur Verfügung standen.[36] Damit war selbst der Kauf auch nur eines Stückes der sogenannten „billigen Leinwand“ pro Jahr ausgeschlossen.

Aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind Schiffsladungen bekannt, deren textile Fracht einen Gesamtwert von um die 20.000 Pfund Sterling hatte. In einigen Fällen machten „sletias“ die Hälfte dieses Gesamtwertes aus.[37] Der Handel mit wohlfeiler schlesischer Leinwand war also ein sehr lukratives Geschäft und das nicht nur an der Sklavenküste Afrikas, da die einfache weiße Bevölkerung sowie die verschleppten Sklaven in den beiden Amerikas ebenfalls in Leinen gekleidet waren.

Die kommerzielle Integration Schlesiens über den Leinwand- in den europäischen Überseehandel blieb nicht ohne Folgen für die Region. Den größten Nutzen aus der Anbindung an den Weltmarkt zogen wohl die Kaufleute aus Hirschberg. Dem kleinen Örtchen war 1108 das Stadtrecht verliehen worden und bereits für das Jahr 1346 ist ein Privileg überliefert, welches der Stadt das Recht zur Leinwandherstellung verbrieft.[38] Nach dem Dreißigjährigen Krieg beherbergte die Stadt rund 2.200 Einwohner, deren Zahl hundert Jahre später bereits auf das Dreifache angestiegen war.[39] Infolge der zunehmenden Nachfrage weitete sich das Textilgewerbe in Schlesien aus und das Sortiment wurde vielfältiger. Die Palette reichte von robusten, rauen, ungebleichten Leintuchen bis hin zu feinsten weißen und gemusterten Stoffen, die so delikat waren, dass sie als „Schleyer“ gehandelt wurden und zu den modischen Accessoires der (sprichwörtlich) betuchten Zeitgenossen zählten. Besonders ein Privileg von 1630, das den katholischen Bürgern den alleinigen Handel mit der teuren Ware zugestand[40], sicherte der Stadt Hirschberg steigenden Wohlstand. Während Leinwand ein Massenexportgut war, mit dem viel Geld über die schiere Menge der Ausfuhren verdient werden konnte, so war die Güte der Schleier von der Geschicklichkeit der Weber abhängig und ihr Preis dementsprechend höher. Ende des 18. Jahrhunderts wird ein Stück einfacher Leinwand in Schlesien mit fünf bis sechs Reichstalern veranschlagt; ein Stück gemusterter Schleierstoff gleicher Länge konnte dagegen bis zu 40 Reichstaler kosten.[41]

1658 wurde die Hirschberger Zunft der Bürger und Handelsleuthe gegründet, die sich bereits 1675 in Kaufmanns-Societät umbenannte[42], um ihren Anspruch, die Interessen der Kaufmannschaft der Stadt zu vertreten, auch nach außen hin deutlich zu zeigen. An der Spitze der Sozietät standen zunächst vier Kaufmannsälteste. Deren Zahl wurde bis 1730 auf sieben erhöht und wuchs weiter, je imposanter das Handelsvolumen ihrer Mitglieder wurde. Immerhin fielen mehr Aufgaben an, die das Leitungsgremium der Sozietät bewältigen musste. Vor allem die Konzentration des Exporthandels in den Händen der städtischen Kaufmannschaft sowie die Sicherung des zur Leinwandherstellung benötigten Rohstoffangebots waren oberstes Ziel der Korporation.[43] Ihr Bestreben wurde durch die merkantil ausgerichtete Wirtschaftspolitik der österreichischen, ab 1742 der preußischen Provinzialverwaltung unterstützt. Man setzte dabei auf die Nutzung inländischer Rohstoffe, deren Veredelung und Verarbeitung zu einer deutlichen Wertsteigerung führte. Für das schlesische Textilgewerbe bedeutete das eine möglichst strikte Überwachung der Flachs- und Garnausfuhren, um stets ein ausreichendes Angebot für die heimischen Spinner und Weber zu garantieren. Gleichzeitig sollte der Exporthandel mit gebrauchsfertiger Leinwand gefördert werden, der über Zollregelungen mehr Einkünfte für den Staatshaushalt versprach, als der Versand von naturbelassenen, nicht aufgewerteten Materialien. Im Gegenzug wurde durch entsprechend hohe Zölle oder gar Verbote versucht, die Einfuhr ausländischer Stoffe möglichst gering zu halten, um so die heimische Tuchproduktion zu schützen.[44]

Die Überzeugung, durch strikte staatliche Eingriffe die Wirtschaftskraft des Landes zu steigern, war im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts weit verbreitet. Somit entsprach die in dem Brief der Hirschberger Kaufleuten an den schlesischen Provinzialminister[45] Schlabrendorff beschriebene wirtschafts-politische Anordnung, wonach in Frankreich die Einfuhr „aller Schles[ischen], Sächs[ischen] ūnd Westphäl[ischen] Leinen Waren, zūr einländischen Consumtion, gänzlich verboten ist“, der gängigen Praxis konkurrierende Waren vom heimischen Markt fern zu halten. Der Zusatz, „[w]ohingegen alle Sorten von leinen Waaren in die Freyhäfen Bajonne ūnd Marseille, zūr Exportation, eingeführet werden dürfen“, macht die mangelnde Bereitstellung von Textilien heimischer Produktion für den französischen Export offenkundig. Die Regelung stellte sicher, dass die benötigte Ware für den Handel trotzdem bereit stand.

In der Wendezeit vom 17. zum 18. Jahrhundert zog Hirschberg auch kapitalkräftige Kaufleute aus weiter entfernten Regionen an. Die weiteste Anreise hatten sicherlich die Contessas hinter sich, die ursprünglich am Comer See beheimatet waren. Johann Jäger wanderte aus Nürnberg zu; Johann Hartmann kam aus Kempten im Allgäu nach Schlesien. Die später mit zu den reichsten Kaufleuten der Stadt Hirschberg gehörenden Daniel Buchs und Johann Martin Gottfried stammten eigentlich aus Pätzig (Kreis Königsberg in der Neumark) und aus Großenhain in Sachsen.[46] Mit der wachsenden Zahl derjenigen, die sich entschlossen, in Hirschberg ihr Glück im Exportgeschäft mit Leinwand zu versuchen, verschärften die etablierten Kaufleute die Aufnahmebedingungen in die Sozietät. Mitte des 18. Jahrhunderts mussten schon sechs Lehrjahre, ein zweijähriger Dienst als Handlungsgehilfe und mindestens zwei Ausbildungsjahre bei einem Kaufmann im Ausland nachgewiesen werden und es war eine deutlich erhöhte Aufnahmegebühr in die Innung zu entrichten.[47] So konnte das Ziel, den Handel in den Händen weniger städtischer Kaufleute zu konzentrieren, erfolgreich durchgesetzt werden. Nichtsdestotrotz verzeichnete die Sozietät von 1660 bis 1765 einen enormen Anstieg ihrer Mitgliederzahl von 18 auf 171.[48]

Die Hirschberger Kaufleute betrieben das Leinwandgeschäft meist in Form des Versandhandels im Auftrag ausländischer Geschäftspartner. Der Kaufmann wurde in diesem Falle zum Kommissionär eines Fremden, der bestimmte Leinwandsorten in Schlesien orderte, deren Bleichegrad und Zuschnitt bestimmte und vorschrieb, wie der Abtransport zu erfolgen hatte. Hauptausfuhrhafen und in der Regel Bestimmungsort der bestellten Leinwand war Hamburg. Die Stadt an der Elbe bot mit einem direkten Zugang zur Nordsee ideale Voraussetzungen für den Export der leinenen Waren nach London, Amsterdam, Bordeaux, Marseille, Nantes, Lissabon und Cádiz. Auswärtige Kaufleute wiesen das Geld für Waren wie Provision auf Breslau an, sodass der Hirschberger weder aus eigener Tasche vorstrecken musste noch lange auf seinen Gewinn zu warten brauchte. Das Risiko trug allein der Auftraggeber, da etwaige Verluste oder Schäden, die während des Transports drohen konnten, nicht mehr in der Verantwortung des schlesischen Kaufmannes lagen. Dieser indirekte Handel verhieß stetige Gewinne bei begrenztem Risiko. In einigen Fällen traten die Hirschberger Händler als Kommittenten in Erscheinung und wiesen ihre Geschäftspartner in den Hafenstädten an, die ihnen aus Schlesien zugeschickte Leinwand auf ihre Rechnung (des Kommittenten) zu verkaufen. Dieses Geschäftsmodell kam vor allem dann zur Anwendung, wenn die Hirschberger über die günstige Konjunkturlage Bescheid wussten und diese zur Gewinnoptimierung nutzen wollten. Bezogen die Hirschberger als Auftragnehmer zwölf Prozent Provision, so konnten sie bei einem Verkauf der Leinwand auf eigene Rechnung mit bis zu 50 Prozent rechnen.[49] Besonders verheißungsvoll war der Handel in den Kolonien selbst, denn hier war der Bedarf an Leinwand groß und die Preise waren dementsprechend hoch. Allerdings bedurfte es gerade hier ausländischer Partner, denen der direkte Handel mit den Kolonien erlaubt war. Die langen Fristen von bis zu vier Jahren vom Ankauf bis zur Veräußerung der Leinenwaren in „Westindien“, die Wartezeit, bis der Ertrag per Wechsel schließlich im Rechnungsbuch des schlesischen Kaufmannes erschien und die Gefahr, das investierte Kapital während der Atlantiküberfahrt zu verlieren, waren jedoch nicht eben attraktiv. Daher sind solche Geschäfte eher selten gewesen. Ungeachtet dessen blühten der schlesische und besonders der Hirschberger Exporthandel mit leinenen Waren.

Das Gesamtvolumen aller in Schlesien produzierten und ausgeführten Gewerbeprodukte wurde in den 1780er-Jahren auf sechs Millionen Reichstaler jährlich geschätzt; dabei entfielen auf Leinwand- und Schleierartikel rund vier Millionen Reichstaler. Die Weberzeugnisse machten also zwei Drittel des schlesischen Gesamtexportwerts aus. Für das Jahr 1785 wird der Wert der im Hirschberger Tal für den Export produzierten Leinwand und Schleier mit 1.982.899 Reichstalern angegeben. Zieht man davon die rund 200.000 Reichstaler ab, die mit dem Handel nach Böhmen und Sachsen erwirtschaftet wurden, so wird das Ausmaß der für den Überseehandel bestimmten Stoffproduktion deutlich. Immerhin handelt es sich um einen Wert von rund 1,8 Millionen Reichstaler.[50] Vor allem wird hier die wirtschaftliche Potenz des Hirschberger Kreises offensichtlich, der fast die Hälfte der schlesischen Exportleinwand lieferte.

Das „weltgeschichtliche Ringen“ der europäischen Seemächte Portugal, Spanien, der Niederlande, Frankreich und England um die Vormachtstellung auf den Meeren und der Kampf um den Erhalt oder auch um die Erweiterung ihres kolonialen Besitzes im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts führte zu ozeanumspannenden Krisensituationen. Der Wechsel von Krieg und Frieden bestimmte daher den Erfolg oder auch Misserfolg aller Kaufleute, die ihr Vermögen im Exportgeschäft zur See zu mehren hofften, egal, ob sie nun direkt oder auch nur indirekt daran beteiligt waren. Die konjunkturellen Schwankungen wirkten sich natürlich auch auf die Leinwandproduktion in Schlesien aus. Wuchs die Gefahr von Kaperfahrten infolge von kriegerischen Auseinandersetzungen oder stockte der Absatz von Leinwand in den Kolonien aufgrund von Kampfhandlungen, sank die Nachfrage nach Leinwand. Gingen bei den schlesischen Kaufleuten keine Lieferbestellungen ein, kauften diese den Webern ihre fertige Ware nicht ab, weshalb diese wiederum den Spinnern kein Garn abnahmen. Vor allem diejenigen Bevölkerungsschichten, die mit Spinn- oder Webarbeiten ihren Lebensunterhalt bestreiten mussten, hatten in absatzschwachen Jahren zu leiden.

Mit der Ausweitung des globalen Handelsnetzes im 17. und 18. Jahrhundert ergaben sich für Schlesien neue, gewinnversprechende Absatzmärkte. Trotz ihrer aus Sicht der Atlantikanrainer peripheren Lage lieferte die exportorientierte Textilwirtschaft der Region ein wichtiges Handelsgut, das in hoher Stückzahl an der afrikanischen Küste gegen die von allen europäischen Nationen begehrten Sklaven eingetauscht wurde. Dieser Wirtschaftszweig hätte innerhalb des atlantischen Wirtschaftsraumes ohne die Zufuhr von Stoffen aus dem europäischen Hinterland niemals in einem solchen Umfang funktionieren können. Die europäische Expansion ist demnach stärker als bisher als gesamteuropäisches Phänomen zu denken. Handelsballungszentren an der atlantischen Küste sind wie die Hafenplätze an der Nord- und Ostsee ebenso in den Blick zu nehmen wie die Haupthandelsorte und die wirtschaftlichen Leistungen der Bevölkerung im europäischen Binnenland. Nur so wird man den komplexen Handelsstrukturen der frühen Neuzeit gerecht, in denen Akteure aus den unterschiedlichsten Regionen Europas zusammenwirkten und nur auf diesem Wege in der Lage waren, Nachfrage und Angebot in der gewünschten Balance zu halten.



[1] Essay zur Quelle: Brief der Hirschberger Kaufmannsältesten an den Minister Schlabrendorff (8. August 1768).

[2] Vgl. Aufsätze in: Greene, Jack P.; Morgan, Philip D. (Hgg.), Atlantic History. A Critical Appraisal, Oxford 2009.

[3] Gilroy, Paul, The Black Atlantic: Modernity and Double-Consciousness, London 1995.

[4] Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 1, München 1987, S. 53. Kindleberger, Charles P., World Economic Primacy: 1500–1990, Oxford 1996, S. 22, unter Bezug auf F. Braudel: „Apart from those in its cities of Hamburg, Lübeck and Cologne, the Germany of the Holy Roman Empire lacked effective merchants for the marketing of Renish cloth, Silesian linens, and East Prussian grain and timber.“

[5] Vgl. die zu diesem Essay veröffentlichte Quelle Kopie des Briefs der Hirschberger Kaufmannsältesten an den Minister Schlabrendorff vom 08.08.1768, in: Archiwum Państwowe, oddział w Jeleniej Górze (Staatliches Archiv, Außenstelle in Jelenia Góra, im Folgenden als APJG), zespół 102, sygn. 335, Jour No. 236. Der verschickte Brief konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden.

[6] APJG, zespół 103, sygn. 16, Nr. 6 und 7.

[7] Klinkenborg, Melle, Untersuchungen zur Geschichte der Staatsverträge Friedrichs des Großen, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 17, 1904, S. 143–161 [483–501].

[8] U.a. Gustav Aubin, Herbert Kisch, Arno Kunze, Antoni Mączak, Marian Małowist, Adam Nahlik, Zsigmond P. Pach, Irena Turnau.

[9] Vgl. Voyages. The Trans-Atlantic Slave Trade Database, URL: <http://www.slavevoyages.org/assessment/estimates> (22.12.2016).

[10] Alpern, Stanley B., What Africans Got For Their Slaves. A Master List of European Trade Goods, in: History in Africa 22 (1995), S. 5–43.

[11] Geggus, David P., Indigo and Slavery in Saint Domingue, in: Shepherd, Verene A. (Hg.), Slavery without Sugar. Diversity in Caribbean Economy and Society since the 17th Century, Gainesville 2002, S. 19–35.

[12] Aubin, Hermann, Die Anfänge der grossen schlesischen Leineweberei und –Handlung, in: Grundlagen und Perspektiven geschichtlicher Kulturraumforschung und Kulturmorphologie. Aufsätze zur vergleichenden Landes- und Volksgeschichte (…), hg. von Petri, Franz, Bonn 1965, S. 698; Guidi Bruscoli, Francesco, Der Handel mit Seidenstoffen und Leinengeweben zwischen Florenz und Nürnberg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 86, Nürnberg 1999; Diefenbacher, Michael, Der Handel des Nürnberger Patriziats nach Osten – das Beispiel Tucher um 1500, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 94, Nürnberg 2007.

[13] Kühn, Siegfried, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel von 1648–1806, Breslau 1938, S. 45.

[14] Die genaue Funktionsweise des Verlagssystems ist genauer erklärt bei Völker-Rasor, Anette (Hg.), Frühe Neuzeit, München 22006, S. 155.

[15] Michael, Ernst, Die Hausweberei im Hirschberger Tal. Heimarbeit und Verlag in der Neuzeit, H. 7, Jena 1925.

[16] Zu den Handelswegen siehe Heller, Friedrich H., Die Handelswege Inner-Deutschlands im 16., 17. und 18. Jahrhundert und ihre Beziehungen zu Leipzig. Nach archivalischen Quellen bearbeitet, Dresden 1884.

[17] Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel; Perschke, Wilhelm, Beschreibung und Geschichte der Stadt Landeshut in Schlesien. […] Größtentheils aus noch ungedruckten Quellen geschöpft und verfaßt, Landeshut 1829; Schumann, Otto, Die Landeshuter Leinenindustrie in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Beitrag zur Geschichte der schlesischen Textilindustrie, Jena 1928; Teichgraeber, Hermann (Hg.), Greiffenberger Leinenkaufleute in vier Jahrhunderten, bearb. von Elisabeth Zimmermann, Görlitz 1938; Zimmermann, Alfred, Blüthe und Verfall des Leinengewerbes in Schlesien. Gewerbe- und Handelspolitik dreier Jahrhunderte, Breslau 1885; Muzeum Tkactwa Dolnośląskiego w Kamiennej Górze: Z dziejów Kamiennej Góry/ Aus der Geschichte Landeshuts, Kamienna Góra 2005.

[18] Vocelka, Karl, Geschichte der Neuzeit, 1500–1918, Köln 2010, S. 79; North, Michael, Kleine Geschichte des Geldes. Vom Mittelalter bis heute, München 2009, S. 91–94; Flynn, Dennis O.; Giráldez, Arturo, Born with a „Silver Spoon“: The Origin of World Trade in 1571, in: Journal of World History 2 (1995), S. 201–221, bes. S. 202.

[19] Weigel, zit. nach Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 133–136; Cassel, Gertrud-Ottilie, Die Hirschberger Kaufmanns-Sozietät (von 1658–1740). Ein Beitrag zur Geschichte der Weberei im Riesengebirge im Rahmen der österreichischen Merkantilpolitik in Schlesien, Hirschberg 1918, S. 42.

[20] Hasenclever, Ueber die jezige Lage der Schlesischen Leinwandhandlung, S. 220 und 230.

[21] Norrmann, Gerhard Ph. H., Vollständigeres Wörterbuch der Produkten- und Waarenkunde. Eine alphabetische Beschreibung […], zweyter Band, Hamburg 1806, S. 362–365.

[22] Vgl. Leonhardi, Friedrich G., Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie. Zweyter Band, Halle 1792, S. 52; Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 133.

[23] Siehe Reiseberichte aus dem 17. Jahrhundert in: Jones, Adam, German Sources for West African History, 1599–1669, Wiesbaden 1983, S. 34, 87, 203f., 218, 247.

[24] Vgl. Norrmann, Vollständigeres Wörterbuch der Produkten- und Waarenkunde, S. 362f.

[25] Die Meterangabe ist als ungefährer Vorstellungswert zu verstehen. Je nach Land und Region konnte eine Elle unterschiedlich lang sein. So maß eine Hirschberger Elle 58 Zentimeter, die Breslauer Elle jedoch nur 57 Zentimeter, eine Böhmische Elle wird mit 59 Zentimetern angegeben. Vgl. Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 10.

[26] Geschäftsbrief von Jean Daniel Schweighauser aus Nantes an Johann Friedrich Ketzler in Hirschberg am 03.06.1778, in: APJG, sygn. 2272, Nr. 46.

[27] De Marees, Pieter, Historische Verhael van het Gout Koninckrijck van Gunea […], hg. von Naber, S. P. L’Honoré, S-Gravenhage 1912, S. 52.

[28] Law, Robin, The English in West Africa. The Local Correspondence of the Royal African Company of England 1681–1699, Bde. 1–3, Oxford 1997/ 2001/ 2006.

[29] Ebd., Bd. 1, S. 108.

[30] Die Umrechnung erfolgte auf Basis der gemachten Angaben im Brief von Ralph Hassel aus James Fort am 17. November 1682 und den im Glossar angegebenen Umrechnungswerten. Vgl. ebd., Bd. 1, S. xviii und 193f. 1 Bendy = 8 Pfund Sterling = 2 Unzen Gold; 1 Pezo = 1 Pfund Sterling = ¼ Unze Gold; 1 Angle = 5 Schilling = 1/16 Unze Gold; 1 Sklave = 1 Bendy; 1 Sklavin = 6 Pezos; 1 Stück feiner schlesischer Leinwand = 9 Angles, 1 Stück grober schlesischer Leinwand = 5 Angles.

[31] Die Rechnung basiert auf den Angaben in den Briefen im Zeitraum vom 19.05.1691 bis zum 20.05.1692 (19.05.1691, 26.06.1691, 13.08.1691, 01.09.1691, 26.11.1691, 05.01.1692, 20.05.1692), in: ebd., Bd. 3, S. 278–293.

[32] 621 Stück Leinwand entsprechen schätzungsweise 6.000 Meter Stoff, für die ein Weber ungefähr drei Jahre Arbeitszeit gebraucht hätte, nimmt man an, dass ein Weber pro Woche einen Schock Leinwand (1 Schock = 60 Ellen = ca. 40 Meter) zu weben in der Lage war und ein Stück Leinwand, wie oben beschrieben, um die 15 Ellen maß. Vgl. Boldorf, Marcel, Märkte und Verlage im institutionellen Gefüge der Leinenregion Niederschlesien des 18. Jahrhunderts, in: Ellerbrock, Karl-Peter; Wischermann, Clemens (Hgg.), Die Wirtschaftsgeschichte vor der Herausforderung durch die New Institutional Economics, Dortmund 2004, S. 181.

[33] Brief von Arthur Richards aus Anishan am 03.10.1681 und Brief von Ralph Hassell aus Accra am 17.11.1682, in: Law, The English in West Africa, Bd. 1, S. 77 und 193f.; Brief von John Gregory aus Annamaboe am 01.09.1691 in: ebd., Bd. 3, S. 282.

[34] Siehe Fn. 30.

[35] Alle englischen Forts und die Handelsniederlassungen der anderen europäischen Nationen dürften ähnliche Mengen an schlesischer Leinwand gehandelt haben, auch wenn die Nachfrage an unterschiedlichen Küstenabschnitten verschieden ausfiel. Ab 1681 hatten die Engländer sechs Forts an der Sklaven- und Goldküste errichtet: Zu ihrem Hauptsitz in Cape Coast Castle kamen Stützpunkte in Anashan, Anomabu/ Annamaboe (Charles Fort), Egya, Accra (James Fort) und in Offra hinzu. Bis 1683 wurden Niederlassungen in Sekondi, Komenda und Whydah gegründet. Das Fort in Winneba wurde schnell wieder aufgegeben. Vgl. Law, The English in West Africa, Bd. 1, S. xii.

[36] Ein englischer Lord verfügte zur gleichen Zeit über ein Jahreseinkommen von 3.200 Pfund Sterling, ein betuchter Gentleman fiel mit 280 Pfund Sterling schon deutlich ab. Vgl. Von Noorden, Carl F. J., Europäische Geschichte Im achtzehnten Jahrhundert: Erste Abtheilung. Der spanische Erbfolgekrieg. Erster Band, Düsseldorf 1870, S. 70f.

[37] Fracht des englischen Sklavenschiffes Mermaid, ausgelaufen in Rotterdam 1732. Gesamtwert der geladenen Textilien belief sich auf 23.335 Pfund Sterling, 11.499 Pfund Sterling entfiel auf schlesische Leinwand (sletias). Kobayashi, Kazuo, British Atlantic Slave Trade and East India Textiles, 1650–1808, Working Paper 2010.

[38] Schück, Karl E., Zur Geschichte der schlesischen Leinenweberei, in: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 117, S. 530–537, bes. S. 530.

[39] Leonhardi, Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie, S. 432f.

[40] Schück, Zur Geschichte der schlesischen Leinenweberei, S. 530–537, bes. S. 532; Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 132f.

[41] Leonhardi, Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie, S. 52f.

[42] Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 5; Gerstmann, Hugo, Mitgliederverzeichnis des Schlesischen Gebirgs-Handelsstandes in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg, Landeshut, Jauer, Goldberg und Waldenburg. […], (nach) 1918, S. III.

[43] Einen guten Überblick über die Ziele der Kaufmannschaft und ihre Vorgehensweise diese zu erreichen, gibt Boldorf in: Märkte und Verlage, S. 179–191.

[44] Eine exzellente Untersuchung zur merkantil geprägten Zoll- und Akzisepolitik in Preußen im 18. Jahrhundert gibt Nolte, Bernhard, Merkantilismus und Staatsräson in Preußen. Absicht, Praxis und Wirkung der Zollpolitik Friedrichs II. in Schlesien und in den westfälischen Provinzen (1740–1786), Marburg 2004.

[45] Der Posten des schlesischen Provinzialministers wurde 1742 nach der Eroberung Schlesiens durch Friedrich II. neu geschaffen und zielte auf eine effektive Verwaltung der für Preußen wirtschaftlich bedeutsamen Provinz. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. das Einholen von Informationen, um staatliche Maßnahmen zur Förderung des Handels auszuarbeiten. Es kann festgehalten werden, dass die ergriffenen Maßnahmen bei den Leinenkaufleuten nicht immer auf Gegenliebe stießen und einige ihrer Forderungen ungehört blieben. Andererseits konnten sie sich ausreichend Gehör verschaffen, um ihr Monopol im Leinwandhandel uneingeschränkt zu festigen. Den Posten bekleideten: Ludwig Wilhelm von Münchow (1742–1753), Joachim Ewald von Massow (1753–1755), Ernst Wilhelm von Schlabrendorff (1755–1769), Karl Georg Heinrich von Hoym (1770–1807).

[46] Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 47 und 118.

[47] Brief, Brunetti an das Commercien-Collegio, 15.12.1725, in: APJG, zespół 102, sygn. 21, Nr. 159–162; außerdem Kühn, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel, S. 5.

[48] Ebd., S. 5 und Gerstmann, Mitgliederverzeichnis des Schlesischen Gebirgs-Handelsstandes, S. IV.

[49] Leonhardi, Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie, S. 57.

[50] Kleine Aufsätze und Auszüge aus Briefen, in: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 1, 1785, S. 135f. sowie Handel und Fabriken, in: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 2, 1785, S. 262.



Literaturhinweise

  • Boldorf, Marcel, Europäische Leinenregionen im Wandel. Institutionelle Weichenstellungen in Schlesien und Irland (1750–1850), Köln 2006.
  • Kühn, Siegfried, Der Hirschberger Leinwand- und Schleierhandel von 1648–1806, Breslau 1938.
  • Steffen, Anka; Weber, Klaus, Spinning and Weaving for the Slave Trade: Proto-Industry in Eighteenth-Century Silesia, in: Slavery Hinterland. Transatlantic Slavery and Continental Europe, 1680–1850, hg. von Felix Brahm und Eve Rosenhaft, Woodbridge 2016.
  • Zimmermann, Alfred, Blüthe und Verfall des Leinengewerbes in Schlesien. Gewerbe- und Handelspolitik dreier Jahrhunderte, Breslau 1885.