Aktion sauberes Auto, ADAC Motorwelt (1983)



Aktion sauberes Auto, ADAC Motorwelt (1983)[1]


[1] Aktion sauberes Auto, in: ADAC Motorwelt H. 9 (1983), S. 36–49. Die Veröffentlichung dieses Artikels geschieht mit freundlicher Genehmigung vom ADAC Verlag, Hansastr. 19, 80686 München, www.adac.de/verlag.


Die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos in den 1980er-Jahren im Spannungsverhältnis von Wirtschaft, Politik und Konsum[1]

Von Christopher Neumaier

Einleitung

„Kraftwerke, Autofahrer und andere Giftproduzenten sollen sich nicht gegenseitig den Schwarzen Peter für die Luftverschmutzung zuschieben“[2], zitierte die Zeitschrift ADAC Motorwelt ihren Leser Peter Ditter im Beitrag „Aktion sauberes Auto“ der Septemberausgabe 1983. Ditter ging in seinen Ausführungen sogar noch einen Schritt weiter und plädierte dafür, dass die Initiative zur Einführung eines „umweltfreundlichen“[3] Autos von den Autofahrern selbst ausgehen solle: „Machen wir Autofahrer doch den ersten Schritt und nehmen der Gegenseite die Argumente!“[4] Diese Meinung war nach Darstellung der Mitgliederzeitschrift des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) im Spätsommer 1983 bei den Clubmitgliedern durchaus mehrheitsfähig. Der programmatische Beitrag „Aktion sauberes Auto“ lieferte jedoch mehr als lediglich ein Plädoyer für die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos. Er analysierte die Ausgangskonstellation im Jahr 1983, benannte Fakten, Zahlen und gibt Einblick in die gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse, welche die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos begleiteten. Auch ließ er die verschiedenen an der Debatte beteiligten Akteure wie Politiker, Industrievertreter, Wissenschaftler und Konsumenten zu Wort kommen.

Die Zeitschrift ADAC Motorwelt ist eine aufschlussreiche Quelle für die Verkehrs-, Technik- und Umweltgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Sie enthältneben Testberichten zu neuen Automobilen und Pannenstatistiken auch Artikel, die sich mit der Verkehrs- oder Umweltpolitik auseinandersetzen. Die Mitgliederzeitschrift des ADACwar 1983 mit einer durchschnittlichen Jahresauflage von 7.079.598 Exemplaren die auflagenstärkste Publikation in der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Reichweite muss als noch höher eingestuft werden, da sie u.a. auch in Arztpraxen auslag. Infolgedessen konnte sie durchaus ein erheblicher Faktor bei der Meinungsbildung unter Autofahrern sein, wenn Themen von gesellschaftspolitischer Relevanz angesprochen wurden. Gleichzeitig finanzierte sich die Zeitschrift insbesondere über die von Automobilherstellern und Zulieferern geschalteten Werbeanzeigen, sodass sie auch Rückschlüsse ermöglicht auf die Verflechtung von Lobbyismus, Wirtschaft, Politik und Konsum.[5]

Mein Essay analysiert exemplarisch anhand des Beitrags „Aktion sauberes Auto“ die Entscheidungen, Kontroversen und unterschiedlichen Positionen, welche die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos in der Bundesrepublik Deutschland in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre begleiteten. Zu klären ist zunächst, welche Rolle die Waldsterben-Debatte bei der Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos spielte: Wann setzte die Debatte ein, welche Argumente wurden diskursiv verhandelt und zu welchem Zeitpunkt richteten sich diese gegen das Automobil als „Umweltfeind Nummer Eins“[6]? Wie wurden technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge in der medialen Debatte aufbereitet? Wie reagierten die Bundesregierung und die Autofahrer auf die Waldsterben-Debatte? Gewichteten die Konsumenten den Faktor „Umweltschutz“ stärker als die anfallenden „Kosten“? Welche Positionen vertraten die deutsche Automobilindustrie und die Mineralölwirtschaft bei der Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos? Thematisierten die beteiligten Akteure den europäischen Kontext, in den ihr jeweiliges Handeln eingebettet war, oder blieb dies unberücksichtigt? Mit diesen Fragen möchte der Essay schlaglichtartig das Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und Konsum in den Blick nehmen.

Der Ausgangspunkt: die Waldsterben-Debatte

Die deutschen Medien berichteten 1979 erstmals über das Tannensterben in den Wäldern, doch erst im Winter 1981 zog das Waldsterben massives öffentliches Interesse auf sich. Auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und den skandinavischen Staaten wurde das Thema zur selben Zeit öffentlich diskutiert. Der Zeitraum von 1979 bis 1981 gilt als der Startpunkt der Waldsterben-Debatte. Gerade in der Bundesrepublik sensibilisierte sie weite Teile der Öffentlichkeit für die Themen Umweltverschmutzung und Umweltschutz.[7] In einer dreiteiligen Artikel-Serie zum „sauren Regen“ im Nachrichtenmagazin Der Spiegel vom November 1981 findet sich eine für die Waldsterben-Debatte charakteristische Art der Darstellung.[8] In vielen Fällen überzeichneten die zitierten Wissenschaftler, Politiker und die Medien zukünftige Schreckensszenarien.[9] Der Forstbotaniker Peter Schütt warnte vor einer „Umweltkatastrophe von bisher unvorstellbarem Ausmaß“.[10] In das gleiche Horn stieß der Bodenkundler Bernhard Ulrich: „Die ersten großen Wälder [...] werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben. Sie sind nicht mehr zu retten.“[11] Zum Höhepunkt der Debatte im Jahr 1983 waren die Warnungen noch eindringlicher geworden: „Wir stehen vor einem ökologischen Hiroshima“[12], betitelte Der Spiegel am 14. Februar 1983 einen Artikel zum Waldsterben. An dramatisierender Wirkung war dieser Vergleich freilich kaum noch zu überbieten.

In den Beiträgen wurden jedoch nicht nur Warnungen ausgesprochen, sondern auch die Ursachen des Waldsterbens eingehend untersucht. Interessant ist, dass die Rolle des Kraftverkehrs in den Artikeln vom Winter 1981 noch weitgehend unberücksichtigt blieb.[13] Das hing eng mit den diskutierten Schadstoffen zusammen. Im Fokus des öffentlichen Interesses standen 1981 Schwefeldioxidemissionen (SO2), die primär von Kraftwerken, Erzhütten und Raffinerien – nicht aber Autos – an die Umwelt abgegeben wurden. Nach Expertenmeinungen war insbesondere die von dieser Emissionsart hervorgerufene Luftverschmutzung für das Waldsterben[14] verantwortlich, da SO2 u.a. in Verbindung mit Wasser zu schwefliger Säure reagierte und ein wichtiger Bestandteil des „sauren Regens“ war.[15] Am Rande ging die Artikel-Serie vom November 1981 noch auf einen zweiten Säurebildner ein: Stickoxide (NOX) bilden in Reaktion mit Wasser Salpetersäure.[16]

Während die Rolle der Stickoxidemissionen beim „sauren Regen“ 1981 kaum problematisiert worden waren, rückten sie in den kommenden zwei Jahren allerdings immer stärker in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses und galten 1983 neben SO2-Emissionen als zweiter Auslöser des Waldsterbens. Da Stickoxide insbesondere von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen[17] freigesetzt wurden, konnte der Kfz-Verkehr – neben Industrieanlagen und Kohlekraftwerken – allmählich als einer der drei Hauptverursacher des Waldsterbens identifiziert werden.[18]

Diese Veränderung spiegelt auch die Berichterstattung im Magazin DerSpiegel wider, das 1983 die waldschädigende Wirkung sowohl von Schwefeldioxid als auch von Stickoxiden thematisierte: „Mit einem plötzlich einsetzenden Waldtod rechnen auch jene Wissenschaftler, die, neben SO2, vor allem die Stickoxide für eine der wichtigsten Ursachen des Waldsterbens halten; diese Stoffe entstammen unter anderem den Auspufftöpfen von Fahrzeugen, wie sie die deutsche Autoindustrie noch immer für den Inlandsmarkt (nicht aber für den Export in die USA) baut.“[19] Diese Passage benannte Stickoxide und den Kfz-Verkehr als umweltpolitische Probleme. Zugleich betonte sie aber auch, dass technologische Geräte zur Abgasreinigung von Ottomotoren existierten und von deutschen Herstellern in ihre für die USA bestimmten Exportmodelle bereits eingebaut wurden. Ohne es explizit im Artikel zu benennen, bezog sich die Anspielung auf die Katalysatortechnologie, die den Schadstoffausstoß der benzinbetriebenen Pkw erheblich reduzierte.

Da also Stickoxide neben Schwefeldioxidemissionen als zweite Ursache des Waldsterbens identifiziert worden waren, gerieten auch Pkw zusehends in die Kritik und wurden von der besorgten Öffentlichkeit als „Umweltverschmutzer Nr. 1“[20] identifiziert.[21] Welchen prozentualen Anteil der Schadstoffausstoß des Kfz-Verkehrs am „sauren Regen“ hatte, legte Der Spiegel jedoch nicht mehr offen.[22] An dieser Stelle setzte der ADAC an, der seinen Mitgliedern erläuterte, dass der „saure Regen“ zu zwei Dritteln von Schwefeldioxid- und zu einem Drittel von Stickoxid-Emissionen verursacht werde. Da sich der Verkehr für drei Prozent der SO2-Emissionen und 45 Prozent der NOX-Emissionen verantwortlich zeichnete, berechnete der ADAC den Anteil der Kfz-Emissionen am „sauren Regen“ auf 15 Prozent.[23] Diese Kalkulation relativierte die umweltschädigende Wirkung des Kfz-Verkehrs und entlastete damit das Auto etwas vom Vorwurf des Umweltbundesamts, „das Umweltproblem Nummer eins“[24] zu sein. Da allerdings technische Lösungen zur Senkung des Pkw-Schadstoffausstoßes wie der Katalysator bereits ihre Praxistauglichkeit unter Beweis gestellt hatten, verbreitete sich dennoch die Forderung nach „schadstoffarmen“ Autos selbst unter Autofahrern, schließlich habe der „Baumtod alarmierende Ausmaße angenommen“.[25]

„Trivialisierung“ technischer und naturwissenschaftlicher Zusammenhänge im öffentlichen Diskurs

Da den ADAC-Mitgliedern als Zielgruppe der Zeitschrift ADAC Motorwelt im Regelfall das Fachwissen über die Katalysatortechnologie fehlte und ihnen darüber hinaus oftmals auch nicht klar war, wie bestimmte Schadstoffe wirkten, behandelte der Artikel „Aktion sauberes Auto“ die gesundheitsschädigenden Wirkungen der Auspuffgase und die Möglichkeiten der Abgasreinigung eingehend. Ein dem Beitrag zwischengeschalteter Kasten erläuterte die grobe Funktionsweise des Katalysators. Neben der Erläuterung in Textform verdeutlichten eine dreidimensionale Schnittzeichnung eines Katalysators und zwei Detailaufnahmen den Aufbau des technischen Geräts und den Ablauf der katalytischen Reaktion allgemein verständlich. Zudem zeigte der Beitrag zur praktischen Veranschaulichung das Schnittmodell eines von BMW eingesetzten Katalysators.[26] Bei den vom Kfz-Verkehr emittierten Schadstoffen Blei, Stickoxide (NOX), Kohlenwasserstoffe (HC) und Kohlenmonoxid (CO) abstrahierte der Artikel stark von den wissenschaftlichen Details. Den Lesern der ADAC Motorwelt wurden stattdessen die zentralen gesundheitlichen Risiken geschildert, die von den Schadstoffen ausgingen. So war z.B. zu lesen, dass sich Blei im Skelett ablagern und die Abwehrkraft der Lunge verringern würde. Zudem wirke es nervenschädigend. Stickoxide wiederum seien nicht nur für „sauren Regen“ verantwortlich, sondern könnten auch die Atmung beeinträchtigen und in Kombination mit Kohlenwasserstoffen photochemischen Smog bilden.[27]

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang letztlich, dass die ADAC Motorwelt nicht die ingenieurwissenschaftlichen, chemischen, physikalischen und medizinischen Details zur Entstehung, Verbreitung und gesundheitsschädigenden Wirkung der jeweiligen Emissionsarten darstellte. Die technische Funktionsweise eines Katalysators wurde ebenfalls nicht mit den chemischen Reaktionsgleichungen und mathematischen Berechnungen aufbereitet. Vielmehr präsentierte die Zeitschrift die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge in trivialisierter und allgemein verständlicher Form. Damit bildet der Beitrag aus der ADAC Motorwelt ein Charakteristikum des öffentlichen Diskurses über Schadstoffemissionen und technologische Artefakte ab[28], das der Soziologe Peter Weingart als „Trivialisierung bzw. Entprofessionalisierung der Technik“[29] bezeichnet hat. Demnach müssen hochkomplexe Zusammenhänge allgemein verständlich dargestellt und auf die entscheidenden Kerngrößen reduziert – also trivialisiert – werden, um für die allgemeine Öffentlichkeit verständlich zu werden. Erst dann bekommen gesellschaftliche Akteure Orientierungsrichtlinien an die Hand, mittels derer normative Aussagen über ein Produkt oder eine Substanz gemacht werden können. Sie können dank der Komplexitätsreduzierung darlegen, was „gut“ oder „was“ schlecht an den jeweiligen Schadstoffarten wie NOX bzw. Technologien wie dem Katalysator ist. Infolgedessen können Konsumenten sich entscheiden, ob sie die Emissionsarten als gesundheitsgefährdend einstufen oder nicht und ob sie sich für die jeweilige Technologie entscheiden wollen.[30]

Die Trivialisierung erfolgte im Artikel „Aktion sauberes Auto“ in doppelter Hinsicht. Neben den Inhalten wurde auch die Anzahl der gesundheitsschädigenden Schadstoffe auf eine überschaubare Menge reduziert. Im Jahr 1983 zirkulierte die Debatte über die vom Pkw ausgehenden gesundheitlichen Risiken um die vier Schadstoffe Blei, NOX, HC und CO.[31]

Um das Prädikat „umweltfreundliches“ Auto in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre verliehen zu bekommen, musste ein Pkw wenig von diesen vier Schadstoffen an die Umwelt abgeben. Wie sich jedoch die gesellschaftlich verhandelte Definition von „umweltfreundlich“ im Laufe des Jahrzehnts verschob, lässt sich am Beispiel des Diesel-Pkw nachzeichnen. Bis ins Jahr 1984 galten Dieselautos – neben Katalysator-Autos – ebenfalls als „umweltfreundlich“, da sie wenig HC- und CO-Emissionen sowie keine Bleipartikel emittierten. Ihr im Vergleich zum Katalysator-Auto höherer NOX-Ausstoß wurde zudem kaum öffentlich problematisiert. Als jedoch um das Jahr 1984 die bei der Verbrennung des Dieselmotors freigesetzten Rußpartikel aufgrund ihrer potenziell krebserregenden Wirkung ins Gerede kamen, gerieten Dieselautos zusehends in die Kritik. Im Jahr 1987 waren Dieselpartikel im öffentlichen Diskurs endgültig als krebserregend gebrandmarkt, sodass sie das Attribut „umweltfreundlich“ verloren. Erst als zum Ende des Jahrzehnts „umweltfreundliche“ Diesel-Pkw mit einem niedrigeren Partikelausstoß als ihre Vorgängermodelle auf den Markt kamen und in etwa zeitglich kontrovers über Treibhausgase und Klimaerwärmung debattiert wurde, erschienen die Dieselautos in einem neuen Licht. Jetzt galten die im Vergleich zu Benzin-Pkw sparsameren Dieselautos als „umweltfreundliche“ Technologien, da sie helfen sollten, den Kohlendioxidausstoß zu senken und so den Treibhauseffekt einzudämmen. Einem solchen Wandel unterlag die öffentliche Wahrnehmung des Katalysator-Autos demgegenüber in den 1980er-Jahren nicht. Katalysator-Pkw galten stets als „umweltfreundlich“.[32]

Bereits im September 1983 setzte sich der ADAC mit Nachdruck für die Markteinführung eben dieser Katalysatortechnologie ein, um präventiv gegen einen weiteren Anstieg gerade der innerstädtischen Schadstoffkonzentration vorzugehen. Das Schlagwort in diesem Zusammenhang lautete „Vorsorgeprinzip“: „Vorbeugen ist besser als heilen, zumal man für viele Schäden kein Heilmittel kennt“[33], so das eindeutige Plädoyer des ADAC.

Umweltpolitisches Umdenken der Bundesregierung und Unterstützung durch die Autofahrer trotz Verteuerung der Kosten?

Bevor der ADAC im Herbst dieses Kredo veröffentlichte, hatte die Bundesregierung bereits im März 1983 auf die Waldsterben-Debatte reagiert und Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann im Alleingang die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos in der Bundesrepublik beschlossen.[34] „Ohne Rücksicht auf mögliche Auseinandersetzungen mit der Automobilindustrie und unter Inkaufnahme erheblicher Dissonanzen innerhalb der Regierung“[35] sei dieser Schritt Zimmermanns erfolgt, urteilt der Historiker Andreas Wirsching. Die politische Umsetzung dieses Entschlusses folgte in zwei Kabinettssitzungen der Bundesregierung vom Juli und Oktober 1983. Danach stand fest, dass in Deutschland ab dem 1. Januar 1986 US-Abgasgrenzwerte gelten sollten. Dieser Beschluss hatte direkte Folgen für die Automobilindustrie und die Mineralölwirtschaft. Sie mussten bis zu diesem Datum Pkw mit Katalysatoren und bleifreien Kraftstoff auf den Markt bringen, schließlich galten beide Technologien als unabdingbar für die Einhaltung der US-Grenzwerte.[36]

Die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos ist aber noch hinsichtlich eines weiteren Aspekts von zentraler Bedeutung, denn mit dieser Entscheidung der Bundesregierung brach der „stillschweigende Konsens“[37] zwischen der Industrie und Umweltpolitikern auf. Beide Seiten hatten zuvor stets die Einführung von Katalysatortechnologie und bleifreiem Benzin „als [für] ‚in Europa nicht geeignet‘“[38] bezeichnet. Jetzt wich die Bundesregierung von diesem Grundsatz ab und forcierte technischen Fortschritt, wie es die US-Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) seit den 1970er-Jahren praktizierte. Trotz der offensichtlichen Vorbildfunktion der US-Umweltschutzpolitik kam es aber weder in Deutschland noch auf der Ebene der EG zur generellen Übernahme des Regelungskonzepts „technology forcing“. Der ehemalige Direktor der Abteilung Verkehr am Wuppertal Institut, Rudolf Petersen, schlussfolgerte rückblickend, die „sprunghafte Verschärfung der Emissionsgrenzwerte war in der traditionellen deutschen und europäischen Regelungslogik ein ‚Ausrutscher‘.“[39] Während also in den USA technologischer Fortschritt durch umweltpolitische Entscheidungen vorangetrieben werden sollte, schrieb das europäische Modell stets lediglich den Stand der Technik gesetzlich fest. Von diesem Grundsatz muss lediglich Zimmermanns Entscheidung aus dem Jahr 1983 ausgenommen werden.[40]

Dieser Entschluss stieß im Sommer nach Darstellung der ADAC Motorwelt selbst unter Autofahrern auf positive Resonanz. „Endlich ist es soweit“[41], lautete der mehrheitliche Tenor der ADAC-Mitglieder zur Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos. Auf den ersten Blick mag diese Haltung überraschend anmuten, da Autofahrer nach Einschätzung der allgemeinen Öffentlichkeit oftmals als wenig sensibilisiert für die Themen Umweltverschmutzung und Umweltschutz gelten. Doch gerade die Waldsterben-Debatte hatte diesbezüglich offensichtlich bei zahlreichen Autofahrern zumindest temporär einen Einstellungswandel ausgelöst. Wie stark das Umweltbewusstsein der Autofahrer zum Höhepunkt der Waldsterben-Debatte geprägt worden war, wollte der ADAC mit einer Mitgliederumfrage verdeutlichen: 75 Prozent der befragten Mitglieder sprachen sich für eine sofortige „Abgasentgiftung“ aus, obwohl deren schädigende Wirkung noch nicht genau wissenschaftlich bestimmt worden war. Sollte der wissenschaftlich abgesicherte Beweis hierfür erbracht werden, dann fiel die Unterstützung sogar noch größer aus. In diesem Fall traten 78 Prozent der Befragten bei der Reduzierung des Pkw-Schadstoffausstoßes für einen Alleingang der Bundesrepublik ein. Eine europaweite Lösung des Problems war für die ADAC-Mitglieder hingegen nicht von Bedeutung. Selbst wenn die Abgasreinigung eines Pkw die Kosten für das Autofahren erheblich verteuern würde – höhere Anschaffungskosten von 1.000 bis 1.500 DM und mehr Kraftstoffbrauch –, waren noch 66 Prozent der befragten ADAC-Mitglieder bereit, ein „umweltfreundliches“ Auto zu kaufen.[42] Diesem Umstand kommt insofern eine große Bedeutung zu, als sich sowohl die Automobilzeitschriften als auch die Autofahrer in regelmäßigen Abständen vehement gegen eine Verteuerung des Autofahrens aussprachen.[43] In der Debatte um die Einführung des Katalysator-Autos hatte jedoch dieses Kosten-Argument zumindest zeitweise an Durchschlagskraft verloren.

Welche Mehrkosten der Einbau eines Katalysators tatsächlich nach sich zog, war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch unklar. Die Automobilzeitschriften und Nachrichtenmagazine kalkulierten mit einem kostensteigernden Effekt der Katalysatortechnologie in vierfacher Hinsicht. Erstens verteuere der Preis des Katalysators den Verkaufspreis der Wagen nach Schätzungen um durchschnittlich 1.200 DM. Darüber hinaus rechneten die Hersteller zweitens mit einem Anstieg der Wartungskosten und drittens der Kraftstoffkosten, da es teurer war einen Liter bleifreien Kraftstoff herzustellen als bleihaltiges Benzin.[44]

Viertens wurde vermutet, dass Katalysator-Autos aufgrund technischer Vorgaben mehr Kraftstoff pro gefahrener 100 km verbrauchten. Da die katalytische Abgasnachbehandlung nur bei einem ganz bestimmten Kraftstoff-Luft-Gemisch optimal ablief, konnten die Motoren nicht mager, d.h. sparsam, eingestellt werden.[45] Jedoch divergierten die Schätzungen über den daraus resultierenden Verbrauchsanstieg. Während Techniker des Umweltbundesamts nicht von einem zwangsläufig höheren Kraftstoffverbrauch der Katalysator-Autos ausgingen, rechneten Industrievertretern mit einem Verbrauchszunahme von zehn Prozent.[46]

Um in dieser Frage Klarheit zu bekommen, führte der ADAC 1983 einen Praxistest mit jeweils vier deutschen und US-amerikanischen Modellen der Hersteller Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW und Audi durch. Der Test lieferte jedoch kein eindeutiges Ergebnis, da die deutschen und US-amerikanischen Modelle unterschiedliche technische Spezifikationen aufwiesen. Ob also Katalysator-Autos im Praxisbetrieb tatsächlich mehr Kraftstoff konsumierten, ließ sich im Herbst 1983 keinesfalls eindeutig bestimmen.[47] Da einige der deutschen Modelle teures Superbenzin benötigten und die US-Versionen durchweg mit bleifreiem Normalbenzin liefen, schlussfolgerte der ADAC bei allen Unwägbarkeiten, dass sich selbst ein höherer Kraftstoffverbrauch nicht zwangsläufig in höheren Kraftstoffkosten niederschlug.[48]

Gewissheit bestand für die Automobilhersteller, den ADAC und die Autofahrer lediglich darüber, dass der Verkaufspreis der Wagen mit dem Einbau eines Katalysators ansteigen würde. „Umweltschutz zum Nulltarif gibt es nicht“[49], dessen war sich infolgedessen der ADAC bewusst. Dennoch unterstützte der Automobilclub die Einführung des Katalysator-Autos in Deutschland. Dass die Autofahrer nach eigenem Bekennen bereit waren, die anfallenden Kosten für diesen Wechsel zu bezahlen, stand für den ADAC 1983 fest. Zugleich propagierte der Automobilclub, dass den Autofahrern eine gesellschaftliche Vorbildfunktion zukomme, die es ermögliche, umweltfreundliches Handeln auch in anderen Bereichen einzufordern: „Der Autofahrer wird den Preis für saubere Luft zahlen. Er tut damit den ersten Schritt. Er kann aber auch verlangen, daß die anderen Luftverschmutzer, allen voran Kraftwerke und Industrie, schnellstens folgen.“[50]

Sicherlich waren nach der ADAC-Umfrage von 1983 die meisten Clubmitglieder bereit, die anfallenden Mehrkosten für „umweltfreundliche“ Autos zu bezahlen. Auch 1984 gaben 60 Prozent der Autobesitzer bei einer vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Umfrage an, für den Umweltschutz ein „schadstoffarmes“ Auto kaufen zu wollen, selbst wenn das zu einer Verteuerung des Autofahrens führe. Diese Bereitschaft muss jedoch erheblich relativiert werden. Denn 1985 wollten die meisten Konsumenten beim Autokauf doch noch abwarten. Lediglich 10,5 Prozent der Befragten und 15 Prozent der Autobesitzer waren bereit, einen teuren „schadstoffarmen“ Pkw zu kaufen. Dieser Einstellungswandel resultierte nach Ansicht des späteren Ministerialrats im Bundesumweltministerium Eberhard Westheide aus der zeitlichen Nähe der möglicherweise mit Nachteilen behafteten Investitionsentscheidung.[51] Da 1985 der Höhepunkt der Waldsterben-Debatte bereits überschritten war, hatte zudem auch die Sensibilisierung für umweltfreundliches Konsumverhalten wieder begonnen abzunehmen. Um das Kaufverhalten dennoch zugunsten „umweltfreundlicher“ Pkw zu beeinflussen, plante die Bundesregierung die Schaffung eines doppelten Anreizsystems aus einer reduzierten Kfz-Steuer für „umweltfreundliche“ Pkw und der steuerlichen Subvention des bleifreien Kraftstoffs.[52]

Haltung der Automobilhersteller und der Mineralölindustrie und europäische Dimension der Einführung des Katalysator-Autos

Die ADAC Motorwelt zeigte sich im Artikel „Aktion sauberes Auto“ auch bemüht, die Industrievertreter zu Wort kommen zu lassen. Nach Darstellung der Zeitschrift würde sich selbst die Automobilindustrie nicht gegen die Einführung des Katalysator-Autos in Deutschland sperren. Doch sei es nicht möglich, bis zum Stichtag 1. Januar 1986 eine ausreichende Zahl an Katalysator-Autos auf den Markt zu bringen. Erst mit einem zeitlichen Vorlauf von vier bis fünf Jahren könne die gesamte Autoproduktion auf Katalysator-Pkw umgestellt werden. In diesem Punkt waren sich die deutschen Hersteller einig. Als Gründe für den langen zeitlichen Vorlauf führten Ingenieure eine Vielzahl an technischen Problemen an, die erst gelöst werden mussten. Zum Beispiel würden einige der Pkw-Motoren bleihaltigen Kraftstoff für die „Haltbarkeit der Ventilsitze“[53] benötigen. Diese Motoren müssten bei einer Umstellung mit anderen Materialen hergestellt und mit neuen Zylinderköpfen bestückt werden. Darüber hinaus mache die Lambda-Sonde, welche das Kraftstoff-Luft-Gemisch im Motor regelte, eine elektronische Motorsteuerung obligatorisch.[54]

Während in der Automobilindustrie eine Umstellung der Produktion nach eigenen Angaben nicht problemlos möglich war, traf dies für die Mineralölindustrie nicht zu. Die Mineralölindustrie plante zukünftig drei Kraftstoffsorten anzubieten: Normal- und Superbenzin waren für die alten, auf bleihaltigen Kraftstoff angewiesenen Pkw bestimmt; im Vergleich zu Blei-Benzin zwei bis fünf Pfennig teureres bleifreies Normalbenzin (Oktanzahl 91–92) sollte für Katalysator-Autos verfügbar sein. Diese Entscheidung barg durchaus auch Konfliktpotenzial, denn die Automobilhersteller wie Daimler-Benz favorisierten, dass bleifreier Superkraftstoff – anstelle von bleifreiem Normalbenzin – flächendeckend angeboten wurde. Die Mineralölindustrie widersetzte sich jedoch dieser Forderung mit dem Argument, es sei technisch nicht möglich, ausreichende Mengen dieses teureren Kraftstoffs herzustellen. Erst mit erheblich zeitlicher Verspätung kam es infolgedessen zu einem Ausbau eines flächendeckenden Angebots an bleifreiem Superbenzin bis zum Jahresende 1986.[55]

Auffällig ist in der Berichterstattung des ADAC die weitgehende Ausklammerung der europäischen Dimension, da politische und juristische Fragen zur Regelung des Pkw-Schadstoffausstoßes bereits damals auf der Ebene der EG geklärt wurden. Das hing vermutlich damit zusammen, dass für die deutschen Autofahrer Europa offensichtlich nur dann ein Thema war, wenn es ihre Urlaubspläne betraf. Eine Vielzahl von Autofahrern äußerten sich besorgt darüber, dass mit der Einführung des „umweltfreundlichen“, auf bleifreien Kraftstoff angewiesenen Autos die „Urlaubsreise in Gefahr“[56] sei. Doch bereits im September 1983 beruhigte der ADAC seine Mitglieder. Mindestens acht EG-Nationen sowie die Schweiz, Österreich und die skandinavischen Staaten würden bereits im September 1983 planen, bleifreien Kraftstoff flächendeckend verfügbar zu machen. Selbst Frankreich hatte in dieser Frage, so der ADAC, seine harte Opposition bereits aufgegeben. Lediglich im Hinblick auf Italien bestand noch Unklarheit. Gleichwohl ging der ADAC davon aus, dass auch dort vermutlich bleifreies Benzin angeboten werde – schon allein, damit deutsche Touristen weiterhin das Land bereisen konnten.[57]

Welches Konfliktpotenzial die Einführung des „schadstoffarmen“ Autos auf europäischer Ebene barg, thematisierte demgegenüber der ADAC nicht. Die Einführung neuer Schadstoffgrenzwerte war aber ein Regelungsfall der nicht ausschließlich aus nationalstaatlicher Perspektive ohne Berücksichtigung des europäischen Kontexts erfolgen konnte. In diesem Zusammenhang betonte gerade der Historiker Andreas Wirsching, dass bei der Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos „die Bundesregierung versuchte, international die ökonomische Bedeutung des Landes direkt als (umwelt-)politisches Druckmittel einzusetzen.“[58] Die Politikwissenschaftlerin Katharina Holzinger wiederum hat sich eingehend mit den politischen Aushandlungsprozessen im Zuge der Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos innerhalb der EG befasst. In Deutschland sei ihrer Ansicht nach die Ausgangslage aufgrund der ökologischen Belastung der Waldbestände und der für Umweltschutz sensibilisierten Bevölkerung weitaus günstiger gewesen als in anderen Ländern wie Großbritannien, Frankreich und Italien.[59] Aber auch der deutschen Automobilindustrie sei eine entscheidende Schlüsselrolle zugekommen. Sie habe nur wenig gegen die Einführung des Katalysator-Autos opponiert, so Holzinger, da sie sich in einer guten wirtschaftlichen Ausgangsposition befunden und zudem die nötige technische Expertise zum Einbau von Katalysatortechnologie besessen habe. Demnach sprachen also durchaus auch wirtschaftliche Interessen für die Einführung des Katalysator-Autos.[60]

Anders hatten hingegen die Rahmenbedingungen in Großbritannien, Frankreich und Italien ausgesehen. Im Unterschied zu Kontinentaleuropa lag in Großbritannien aufgrund seiner Insellage nur eine niedrige Schadstoffbelastung durch Autoemissionen vor und Waldsterben wurde weder als zentrales ökologisches noch als politisches Problem thematisiert. Folglich war in Großbritannien der Handlungsdruck auf die politischen Entscheidungsträger ungleich niedriger als in Deutschland. Überdies befand sich die britische Automobilindustrie in einer schlechten wirtschaftlichen Lage. Auch hatte sie bei der technischen Entwicklung auf das Magerkonzept und nicht auf die Katalysatortechnologie gesetzt, weshalb ihr die nötige technische Expertise fehlte. Selbst wenn mehrere Gründe gegen die Unterstützung des deutschen Vorstoßes sprachen, traten britische Politiker zumindest für die Einführung des bleifreien Kraftstoffs ein, da Blei – insbesondere für Kinder – als gesundheitsgefährdender Schadstoff erkannt worden war und dies auch im öffentlichen Diskurs thematisiert wurde.[61] Die Regierungen Frankreichs und Italiens widersetzten sich der Einführung rigoroser Abgasgrenzwerte und der Katalysatortechnologie, da von der Bevölkerung kein umweltpolitischer Handlungsdruck ausging, obwohl die vom Verkehr hervorgerufene Umweltverschmutzung in beiden Ländern auf einem ähnlichen Niveau lag wie in Deutschland. Zudem sprachen auch ökonomische Interessen gegen die Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos. Die Automobilindustrie in beiden Ländern befand sich in einer kritischen wirtschaftlichen Lage. Der verpflichtende Einbau eines kostspieligen Katalysators hätte überdies den Verkaufspreis der von französischen und italienischen Herstellern vorrangig produzierten kleineren Pkw – im Unterschied zu den ohnehin teuren Mittelklassewagen und Limousinen deutscher Automobilproduzenten – vergleichsweise stark ansteigen lassen, sodass überdies ein Absatzeinbruch gedroht hätte.[62]

Trotz der unterschiedlichen Ausgangslagen in den jeweiligen EG-Ländern, gelang es Politikern, Verbänden, europäischen Behörden und der Industrie bis zum März 1985, den sogenannten Luxemburger Kompromiss auszuhandeln. Diese Vereinbarung schrieb innerhalb der EG je nach Automobilklasse unterschiedliche Abgasgrenzwerte fest: Für Pkw mit mehr als zwei Litern Hubraum galten ab 1989 Grenzwerte, die lediglich mit einem geregelten Dreiwegekatalysator eingehalten werden konnten. Lag der Hubraum zwischen 1,4 und 2,0 Litern, dann wurden ab dem Jahr 1993 die Grenzwerte soweit abgesenkt, dass dann im Regelfall der Einbau eines ungeregelten Katalysators notwendig wurde. Für Kleinwagen mit einem Hubraum unter 1,4 Litern definierte der Kompromiss ab 1990/91 „verschärfte Übergangswerte“[63], die auch ohne Katalysatortechnologie erreicht werden konnten. Die unterschiedlichen Grenzwerte für die jeweiligen Wagenklassen zeigen, dass die französische, italienische und britische Regierung Deutschland bei den Schadstoffgrenzwerten für Fahrzeuge mit größerem Hubraum entgegenkamen und ihrerseits einen Verhandlungserfolg bei Autos mit kleinem Hubraum erzielten. Der Luxemburger Kompromiss legte demnach die Pkw-Abgasgrenzwerte nicht auf der Basis des technisch möglichen fest. Vielmehr handelt es sich bei der Einigung um einen politischen Kompromiss, der auf Betreiben der Bundesregierung im Juni 1989 modifiziert und die EG-weite Einführung der Katalysatorpflicht für Neuwagen ab dem Jahr 1993 beschlossen wurde.[64]

Schlussfolgerungen

Der Beitrag „Aktion sauberes Auto“ in der Zeitschrift ADAC Motorwelt vom September 1983 ist für Studien zur Einführung des „umweltfreundlichen“ Autos in Deutschland und Europa von zentraler Bedeutung, da er sowohl eine prägnante Analyse der unterschiedlichsten Perspektiven wie der Konsumenten, Politiker und Industrievertretern ermöglicht und zugleich die technischen Zusammenhänge und praktischen Konsequenzen für die Konsumenten beleuchtet. Die Quelle gibt so einen kurzen Einblick in das Spannungsverhältnis zwischen Politik, Wirtschaft und Konsum im Spätsommer 1983. Darüber hinaus greift sie auch zukünftigen Entwicklungen vor, die hier nicht im Detail angesprochen werden konnten. So wird in dem Beitrag bereits antizipiert, dass Dieselautos ebenfalls als „umweltfreundliche“ Autos bezeichnet werden müssten, denn sie würden die Abgasgrenzwerte – im Unterschied zum Benzin-Pkw – ohne Abgasnachbehandlung einhalten. Eben das trat in den folgenden Jahren ein, als Katalysator- und Diesel-Autos zumindest für einige Zeit in der öffentlichen Debatte als „umweltfreundliche“ Technologien gehandelt wurden.[65]



[1] Essay zur Quelle: Aktion sauberes Auto, ADAC Motorwelt (1983).

[2] Peter Ditter zit. n.: Aktion sauberes Auto, in: ADAC Motorwelt H. 9 (1983), S. 36–49.

[3] Umweltfreundliches Auto bezieht sich auf ein mit bleifreiem Kraftstoff betriebenen Katalysator-Pkw.

[4] Peter Ditter zit. n.: Aktion sauberes Auto, S. 36.

[5] Vgl. PZ-online. Die Mediadaten der Publikationszeitschriften im VDZ, URL <http://www.pz-online.de/> (23.09.2012); Fischer, Günther, Die stille Macht. ADAC Motorwelt, in: Sueddeutsche.de, Medien, URL <http://www.sueddeutsche.de/medien/adac-motorwelt-die-stille-macht-1.71925> (23.09.2012).

[6] Gaul, Richard; Mayer-List, Irene, Sauber, sauber. Die neue Bundesregierung macht ernst: Das Auto, schon von der sozial liberalen Koalition als „Umweltfeind Nummer Eins“ gescholten, soll jetzt endlich entgiftet werden, in: Die Zeit 29. Juli 1983, S. 9–10.

[7] Vgl. Radkau, Joachim, Die Ära der Ökologie: Eine Weltgeschichte (= Bundeszentrale für politische Bildung. Schriftenreihe, Bd. 1090), Bonn 2011, S. 235f. Zum DFG-geförderten Waldsterben-Projekt vgl. <http://www.waldsterben.uni-freiburg.de/> (20.09.2012). Für einen Überblick über die Waldsterben-Debatte vgl. Detten, Roderich von, Umweltpolitik und Unsicherheit. Zum Zusammenspiel von Wissenschaft und Umweltpolitik in der Debatte um das Waldsterben der 1980er-Jahre, in: Archiv für Sozialgeschichte 50 (2010), S. 217–269.

[8] Vgl. Radkau, Ära, S. 236; Uekötter, Frank, Am Ende der Gewissheiten. Die ökologische Frage im 21. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2011, S. 113f. Zur Serie vgl. Spiegel-Titelblatt vom 16. November 1981; Säureregen: „Da liegt was in der Luft“, in: Der Spiegel H. 47 (1981), S. 96–110 (Säureregen I); „Da liegt was in der Luft“, in: Der Spiegel H. 48 (1981), S. 188–200 (Säureregen II); Säure-Regen: „Da liegt was in der Luft“, in: Der Spiegel H. 49 (1981), S. 174–190 (Säureregen III).

[9] Vgl. Wirsching, Andreas, Abschied vom Provisorium 1982–1990 (= Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 6), München 2006, S. 365; Radkau, Ära, S. 236.

[10] Peter Schütt zit. n.: Säureregen (I), S. 99.

[11] Bernhard Ulrich zit. n.: Ebenda.

[12] Wir stehen vor einem ökologischen Hiroschima, in: Der Spiegel H. 7 (1983), S. 72–92, hier S. 72.

[13] Vgl. Säureregen (I), S. 96.

[14] Schwefeldioxidemissionen standen darüber hinaus aber auch unter dem Verdacht, dass sie die Landwirtschaft und Bauwerke schädigen und beim Menschen Lungenkrebs, Nierenleiden sowie vermutlich Erbkrankheiten auslösen würden. Vgl. Säureregen (II), S. 188.

[15] Vgl. Säureregen (I), S. 99.

[16] Darüber hinaus tragen Stickoxide unter Sonneneinstrahlung erheblich zur Ozonbildung bei, was wiederum eine Hauptursache für photochemischen Smog ist. Smog wurde nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals in Südkalifornien als Umweltproblem identifiziert. Vgl. Möser, Kurt, Geschichte des Autos, Frankfurt am Main u.a. 2002, S. 275; McCarthy, Tom, Auto Mania. Cars, Consumers, and the Environment, New Haven 2007, S. 115–129; Klenke, Dietmar, Das automobile Zeitalter. Die umwelthistorische Problematik des Individualverkehrs im deutsch-amerikanischen Vergleich. in: Bayerl, Günter; Fuchsloch, Norman; Meyer, Torsten (Hgg.), Umweltgeschichte. Methoden, Themen, Potentiale. Tagung des Hamburger Arbeitskreises für Umweltgeschichte, Hamburg 1994, Münster 1996, S. 267–281, S. 270f.

[17] Als weitere Quellen galten Kohlekraftwerke und Düngemittelfabriken.

[18] Vgl. Säureregen (II), S. 200; Wir stehen vor einem ökologischen Hiroschima, S. 79; Wirsching, Abschied, S. 365; Der Wald stirbt immer schneller. Was ist schuld daran?, in: ADAC Motorwelt H. 9 (1983), S. 38.

[19] Wir stehen vor einem ökologischen Hiroschima, S. 84.

[20] Möser, Geschichte, S. 275.

[21] Vgl. Klenke, Zeitalter, S. 267, 270f.; Möser, Geschichte, S. 275f.

[22] Vgl. Aktion sauberes Auto, 38; Der Wald stirbt immer schneller. Allerdings bestimmte das Nachrichtemagazin in einer Fußnote den prozentualen Anteil der jeweiligen Emittenten am SO2- und NOx-Ausstoß.

[23] Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 38.

[24] Umweltbundesamt zit. n.: „Die Deutschen sind opferbereit“, in: Der Spiegel H. 34 (1983), S. 42–57, hier S. 47.

[25] Aktion sauberes Auto, S. 38.

[26] Vgl. So entgiftete der Katalysator die Auspuffgase, in: ADAC Motorwelt H. 9 (1983), S. 40–41.

[27] Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 38, S. 41.

[28] Auch in anderen Darstellungen findet sich diese trivialisierte Darstellung hochkomplexer Zusammenhänge. Vgl. exemplarisch Die Deutschen sind opferbereit, S. 47f.

[29] Weingart, Peter, Differenzierung der Technik oder Entdifferenzierung der Kultur. in: Joerges, Bernward (Hg.), Technik im Alltag, Frankfurt am Main 1988, S. 145–164, hier S. 156

[30] Vgl. Weingart, Differenzierung, S. 151–156; Wengenroth, Ulrich, Gute Gründe. Technisierung und Konsumentscheidung, in: Technikgeschichte 71.1 (2004), S. 3–18, hier S. 13f.; Neumaier, Christopher, Dieselautos in Deutschland und den USA: Zum Verhältnis von Technologie, Konsum und Politik, 1949-2005 (= Transatlantische Historische Studien, Bd. 23), Stuttgart 2010, S. 18f., S. 144, S. 181.

[31] Vgl. exemplarisch Aktion sauberes Auto, S. 38; Die Deutschen sind opferbereit, S. 47; So entgiftete der Katalysator die Auspuffgase.

[32] Für eine ausführliche Darstellung dieses Prozesses vgl. Neumaier, Dieselautos, S. 163–200.

[33] Aktion sauberes Auto, S. 41.

[34] Vgl. Ebenda, S. 36; Die Deutschen sind opferbereit, S. 42f.

[35] Wirsching, Abschied, S. 372. Ähnlich bei Petersen, Rudolf, Autoabgase als Gegenstand staatlicher Regulierung in der EG und in den USA. Ein Vergleich, in: Zeitschrift für Umweltpolitik 93.4 (1993), S. 375–406, S. 391.

[36] Vgl. Wirsching, Abschied, S. 365, 372. Die dritte zentrale Forderung bezog sich auf Kraftwerke. Sie sollten mit Entschwefelungsanlagen ausgestattet sein. Vgl. Ebenda, S. 365.

[37] Petersen, Autoabgase, S. 389.

[38] Ebenda, S. 389. Ähnlich bei Möser, Geschichte, S. 275.

[39] Petersen, Autoabgase, S. 378.

[40] Möser, Geschichte, S. 278; Klenke, Zeitalter, S. 274; Neumaier, Dieselautos, S. 57, S. 172; Petersen, Autoabgase, S. 375. Zu generellen Unterschiede bei der Einführung von Abgasgrenzwerten in den USA, Japan und Europa vgl. Heaton, George R., Jr.; Maxwell, James, Patterns of Automobile Regulation: an International Comparison, in: Zeitschrift für Umweltpolitik 84.1 (1984), S. 15–40; Haefeli, Ueli, Luftreinhaltepolitik im Straßenverkehr in den USA, in Deutschland und in der Schweiz. Ein Vergleich der Entwicklung nach 1945, in: Traverse 6.2 (1999), S. 171–191. Zur Einführung des umweltfreundlichen Autos in den USA vgl. McCarthy, Auto Mania, S. 176–206. Volti, Rudi, Cars and Culture. The Life Story of a Technology, Baltimore 2006, S. 119–123.

[41] Aktion sauberes Auto, S. 36.

[42] Vgl. Ebenda, S. 36.

[43] Zur Rentabilitätsberechnung von Pkw vgl. exemplarisch 12 Fahrer fuhren 25 Autos. Hier sehen Sie, wie hoch die Benzinkosten pro 100 km waren, in: ADAC Motorwelt H. 10 (1975), S. 12–13; Besten Tank, in: Auto Motor und Sport H. 12 (1997), S. 68–74.

[44] Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 49; Die Deutschen sind opferbereit, S. 44; „Das Ding geht leicht mal in die Knie“. Möglichkeiten und Grenzen des Abgas-Katalysators, in: Der Spiegel H. 34 (1983), S. 46. Die ADAC Motorwelt lieferte hierzu die genauen Schätzungen: Der Verband der Importeure von Kraftfahrzeugen (VDIK) kalkulierte mit einem Aufpreis von 700 bis 1.500 DM. Die deutschen Hersteller veranschlagten demgegenüber einen Preissprung von 1.000 bis 2.000 DM, wobei für einen Mitteklassewagen ca. 1.250 DM veranschlagt wurden. Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 49.

[45] Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 44.

[46] Vgl. Die Deutschen sind opferbereit, S. 44; Das Ding geht leicht mal in die Knie.

[47] Aktion sauberes Auto, S. 44.

[48] Ebenda.

[49] Ebenda, S. 49.

[50] Ebenda.

[51] Vgl. Westheide, Eberhard, Die Einführung bleifreien Benzins und schadstoffarmer Pkw in der Bundesrepublik Deutschland mit Hilfe ökonomischer Anreize. Umweltpolitische Effizienz sowie wettbewerbs- und außenhandelspolitische Implikationen der Umstellung der Märkte für Benzin und Personenkraftwagen (= Luftreinhaltung in Forschung und Praxis, Bd. 4), Berlin 1987, S. 87f.

[52] Vgl. Neumaier, Dieselautos, S. 168f. Siehe auch Wirsching, Abschied, S. 373f.

[53] Aktion sauberes Auto, S. 44.

[54] Vgl. Ebenda, S. 41, S. 44; So entgiftete der Katalysator die Auspuffgase, S. 41.

[55] Vgl. Aktion sauberes Auto, S. 44; Westheide, Einführung, S. 51f.

[56] 5 Fragen, die immer wieder gestellt werden, in: ADAC Motorwelt H. 9 (1983), S. 49.

[57] Vgl. Ebenda.

[58] Wirsching, Abschied, S. 373.

[59] Vgl. Holzinger, Politik, S. 160, S. 188f.

[60] Vgl. Ebenda, S. 189.

[61] Vgl. Ebenda.

[62] Vgl. Ebenda; Wirsching, Abschied, S. 372; Petersen, Autoabgase, S. 393f.; Die Deutschen sind opferbereit, S. 44.

[63] Wirsching, Abschied, S. 375.

[64] Vgl. Ebenda, S. 375; Möser, Geschichte, S. 278f. Zum Luxemburger Kompromiss siehe auch Holzinger, Politik, S. 146, S. 194–258.

[65] Für Details hierzu vgl. Neumaier, Dieselautos, S. 163–180.



Literatur

  • Möser, Kurt, Geschichte des Autos, Frankfurt am Main u.a. 2002.
  • Neumaier, Christopher, Dieselautos in Deutschland und den USA: Zum Verhältnis von Technologie, Konsum und Politik, 1949–2005 (= Transatlantische Historische Studien, Bd. 23), Stuttgart 2010.
  • Radkau, Joachim, Die Ära der Ökologie: Eine Weltgeschichte (= Bundeszentrale für politische Bildung. Schriftenreihe, Bd. 1090), Bonn 2011.
  • Weingart, Peter, Differenzierung der Technik oder Entdifferenzierung der Kultur. in: Joerges, Bernward (Hg.), Technik im Alltag, Frankfurt am Main 1988, S. 145–164.
  • Wirsching, Andreas, Abschied vom Provisorium 1982–1990 (= Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 6), München 2006.