Augenzeugenbericht von Amir, protokolliert auf Chios, Griechenland

Der Augenzeugenbericht, der im Oktober 2015 auf Chios im Rahmen einer Feldforschung protokolliert wurde, rekonstruiert die Erzählung eines syrischen Geflüchteten von seiner Überfahrt aus der Türkei auf diese griechische Insel. Während es keine Garantie geben kann, dass die Fakten, die er und seine Mitreisenden erlebt haben, genauso stattgefunden haben, gibt es ebenfalls keine Gründe, daran zu zweifeln. Beide beschriebenen Handlungsmuster – Abschreckung oder direkte Attacke einerseits, und humanitäre Rettung andererseits – stimmen mit dokumentierten Berichten über die Lage im griechisch-türkischen Seegrenzraum in diesen Jahren sowie mit den Aussagen mehrerer meiner InterviewpartnerInnen in Griechenland und der Türkei zwischen 2013 und 2016 überein.

Augenzeugenbericht von Amir, protokolliert auf Chios, Griechenland (13. Oktober 2015)[1]

Ich bin Arzt und fliehe vor dem Bürgerkrieg in meinem Land. Ich bin nach Izmir in der Türkei geflogen, und habe mich in der Nähe von Çeşme mit einer Gruppe in einem kleinen Schlauchboot spät abends auf den Weg gemacht. Um 23 Uhr haben wir die türkische Küste verlassen. Gegen Mitternacht haben wir auf dem GPS unserer Smartphones festgestellt, dass wir die türkischen Gewässer verlassen haben. Gleich danach hat sich ein Patrouillenschiff sehr schnell unserem Boot genähert und das Licht eines starken Scheinwerfers auf uns gerichtet. Ich konnte die Zeichen auf der Seite des Schiffes nicht genau erkennen, sie sahen wie griechische Buchstaben aus. Die drei Besatzungsmitglieder an Bord waren maskiert. Sie haben ihr Schiff neben unser fragiles Boot gefahren. Wir dachten, sie werden uns helfen. Als sie nah genug waren, haben sie aber mit einem langen Stock die Ölleitung des Bordmotors unseres Bootes kaputt gemacht. Wir sollten 20 Minuten dort warten, haben sie dann gesagt, sind dann aber nicht wiedergekommen. Irgendwann haben wir angefangen zu rudern, waren dabei aber zu unkoordiniert. Beide Ruder sind kaputt gegangen, dann haben wir angefangen, mit den Händen zu rudern. Wir hatten Angst. Einige haben geschrien oder gebetet. Wir haben alle uns bekannten Notrufnummern in Europa angerufen. Nur eines wollten wir nicht: die türkische Gendarmerie anrufen und zurück in die Türkei zu müssen. Ohne Motor und ohne Ruder waren wir so langsam, dass wir unsere Bewegung auf dem GPS unserer Mobiltelefone kaum mitverfolgen konnten. Die ganze Nacht waren wir unsicher, ob die Richtung, in die wir uns bewegten stimmte oder ob wir überhaupt vorankamen. Nach acht Stunden auf hoher See, als wir der griechischen Insel doch schon nah waren, hat sich nochmals eine Patrouille genähert. Die drei Uniformierten an Bord haben uns gerettet und auf ihrem Schiff sicher nach Chios gebracht. Ich glaube, dass es dasselbe Schiff und dieselbe Besatzung der griechischen Küstenwache war, die uns nachts angegriffen hatte. Einer unserer Mitfahrenden sagt, er habe das kaputte Ölrohr von unserem Boot auf deren Schiff gesehen. Ein anderer habe ein Mitglied der Besatzung direkt gefragt: „Mitternacht schrecken Sie uns ab, morgens retten Sie uns. Warum?“ Der griechische Offizier habe geantwortet „Wir wollen nicht, dass Ihr zu uns kommt“. Das Geschehene habe er dabei nicht geleugnet.


[1] Quelle zu dem Essay: Estela Schindel, Versicherheitlichung versus humanitäre Rettung? Ambivalenzen des EU Grenzregimes und biopolitische Gouvernmentalität, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2022, URL:<https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-117446>; Schindel, Estela, Augenzeugenbericht von Amir, Chios 2015.


Zugehöriger Essay: Versicherheitlichung versus humanitäre Rettung? Ambivalenzen des EU Grenzregimes und biopolitische Gouvernmentalität

Versicherheitlichung versus humanitäre Rettung? Ambivalenzen des EU Grenzregimes und biopolitische Gouvernementalität[1]

Von Estela Schindel

Der Augenzeugenbericht, der im Oktober 2015 auf Chios im Rahmen einer Feldforschung protokolliert wurde, rekonstruiert die Erzählung eines syrischen Geflüchteten von seiner Überfahrt aus der Türkei auf diese griechische Insel.[2] Während es keine Garantie geben kann, dass die Fakten, die er und seine Mitreisenden erlebt haben, genauso stattgefunden haben, gibt es ebenfalls keine Gründe, daran zu zweifeln. Beide beschriebenen Handlungsmuster – Abschreckung oder direkte Attacke einerseits, und humanitäre Rettung andererseits – stimmen mit dokumentierten Berichten über die Lage im griechisch-türkischen Seegrenzraum in diesen Jahren sowie mit den Aussagen mehrerer meiner InterviewpartnerInnen in Griechenland und der Türkei zwischen 2013 und 2016 überein. Fälle von maskierten Kommandos auf Schnellbooten, die in der nördlichen Ägäis MigrantInnenboote abschrecken und schwer misshandeln, waren zum Zeitpunkt meines Gesprächs mit Amir bereits seit Jahren bekannt und von Menschenrechtsorganisationen angeprangert worden.[3]

Dass die Menschen auf den Booten, wenn sie sich bereits in griechischen Gewässern befanden, meistens gerettet und zum Hafen gebracht wurden, war zur Zeit dieses Gesprächs 2015 alltägliche Praxis geworden. Was an Amirs Geschichte als einzigartig auffällt, ist aber, dass beide Aktionen in derselben Nacht mit nur wenigen Stunden Abstand stattfanden und vielleicht sogar von denselben Männern durchgeführt worden sind. Amirs Erzählung weist besonders deutlich auf ein ambivalentes Handlungsmuster hin, das sowohl auf Abschreckung als auch auf Rettung basiert. Sie illustriert das doppelte Mandat, mit dem die Europäische Union (EU) die geografischen Außengrenzen seit der Einführung des gemeinschaftlichen Grenzregimes zu managen versucht hat, nämlich gleichzeitig zu sichern und zu retten: Die Grenze vor ungewollten Einreisenden ‚schützen‘, dabei aber humanitär bleiben. Für die BewohnerInnen Europas soll Sicherheit garantiert werden, zugleich möchte man sich aber auch zu den universellen europäischen Werten der Humanität und Menschenrechte bekennen.

Die Diskrepanz zwischen den Diskursen der „Versicherheitlichung“ (securitization) und der humanitären Pflicht hat die Arbeit von Frontex, der EU-Grenzagentur, seit ihrer Gründung 2004 begleitet. Die Geschichte der Auseinandersetzungen mit Frontex in der europäischen Öffentlichkeit verlief lange entlang der Bruchlinie zwischen dem Mandat der „Sicherheit“ und dem moralisch-ethischen Imperativ des humanitären Schutzes. Die Reaktionen von Frontex schienen sich am jeweiligen Pegelstand der öffentlichen Meinung zu orientieren: Wuchs der innenpolitische Druck in den EU-Ländern gegen die Aufnahme von Schutzbedürftigen, so verstärkte sich das Verlangen nach strengeren Kontrollen und Überwachung an den maritimen Südgrenzen Europas. Starben auf einmal hunderte von Menschen bei einem Schiffbruch im Mittelmeer, oder wurde das Bild eines toten syrischen Kindes am Strand zu einer globalen medialen Ikone, dann wuchs der Ruf nach humanitärem Eingreifen und Rettungsaktionen. Der extreme Fall der griechischen Küstenwache in der Nähe von Chios kann als konzentrierte Version dessen gesehen werden, was seit über einem Jahrzehnt an den EU-Grenzen passiert.

Diese Diskrepanz könnte in einer ersten Lektüre als ein Widerspruch verstanden werden: das Koexistieren von gegensätzlichen oder unvereinbaren Praktiken, denn Menschenleben gefährden und retten folgen jeweils widerstreitenden Logiken. Sollte eine dieser Handlungen ausfallen, ließe sich die Kontradiktion aufheben. Diese beiden Praktiken werden hier jedoch nicht als Widerspruch, sondern als Ambivalenz im Kern der europäischen Grenzpolitik interpretiert. Im Folgenden wird diese Ambivalenz als Ausdruck von ein und derselben Operation analysiert, nämlich einer, die die biopolitische Konstruktion der unerwünschten GrenzüberquererInnen durch die restriktive Migrationspolitik und Grenzüberwachung zugleich als gefährdetes und rettungsbedürftiges Leben produziert. Anhand des konzeptuellen Instrumentariums der Biopolitik nach Foucault und Agamben kann die schiere Produktion von „nacktem“, in seiner bloßen Existenz bedrohtem, Leben als eine Operation charakterisiert werden, die beiden dargestellten Handlungsmustern zugrunde liegt und diese miteinander kompatibel macht.

Frontex: Ambivalenzen der EU-Grenzagentur

Die Agentur Frontex wurde 2004 als Reaktion auf und Ergänzung zur Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen der EU gegründet. Diese ursprüngliche Dualität des Gemeinschaftsprojekts, das die Binnengrenzen im Austausch für die Verstärkung der Kontrollen an den Außengrenzen aufweicht, kann an sich ebenfalls als eine Art der Ambivalenz des europäischen Grenzregimes verstanden werden. Im Vordergrund stand zunächst eine Verschiebung der Versicherheitlichung: Die Vertragsstaaten harmonisierten das Management der gemeinsamen Außengrenzen des Schengen-Raums und erschwerten damit den Grenzübertritt für Menschen aus Drittländern.

Dabei befanden sich die Debatten während der Gründung von Frontex in einem Spannungsverhältnis zwischen der Position derjenigen, die die Bildung einer operativen Grenzpolizei anstrebten (einschließlich Deutschland, Italien und der Europäischen Kommission) und denen, die es vorzogen, der Gemeinschaftsagentur weniger Befugnisse zu übertragen, um ihr eine vorrangig koordinierende und harmonisierende Rolle zuzuweisen. Der Konflikt drehte sich mithin um die Frage, wie viel nationale Souveränität bei der Grenzkontrolle die Staaten aufzugeben bereit waren, um eine gemeinsame Kontrolle zu erreichen.[4] Als Ergebnis eines Kompromisses zwischen den beiden Positionen wurde Frontex als Koordinierungsorgan und Dienstleistungsanbieter für die Mitgliedstaaten geschaffen. Die Agentur ersetzte nicht die nationalen GrenzschutzbeamtInnen, verfügte über wenige Exekutivbefugnisse sowie fast keine eigenen operationellen Ressourcen und bediente sich stattdessen an einem von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten „Pool“ von Ressourcen. Humanitäre Verpflichtungen wie die Rettung von Menschenleben wurden in ihrem Gründungstext vorerst nicht berücksichtigt.[5]

Seit der Gründung ist Frontex in Bezug auf Budget, Personal, Autonomie und Kompetenzen exponentiell gewachsen. Von einem anfänglichen Budget von 12 Millionen Euro und 51 MitarbeiterInnen im ersten Jahr war das Budget 2008 auf 22 Millionen und die Zahl der MitarbeiterInnen auf 138 Personen angewachsen.[6] Im Jahr 2018 verfügte Frontex laut ihrer Website über ein Budget von 320 Millionen Euro und im Jahr 2019 über 700 Mitarbeiter, die voraussichtlich 2021 auf 1000 in der Warschauer Zentrale, 250 in der Verwaltung des European Travel Information and Authorisation System (ETIAS) und bis zu 750 im eigenen operativen Korps der Grenzkontrolle aufgestockt werden sollen.[7] Die Gründungsverordnung von Frontex wurde zweimal geändert, um Befugnisse und Ressourcen zu erweitern: erstmals 2007 zur Unterstützung von Soforteinsatzteams an der Grenze und dann noch einmal 2011.

Als Reaktion auf die sogenannte „Flüchtlingskrise“ hat die Europäische Kommission 2016 erneut die Kompetenzen von Frontex deutlich ausgebaut und die alte Agentur durch eine Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache ersetzt.[8] Die erweiterte Frontex-Agentur sollte mit exekutiven Befugnissen ausgestattet werden, über ein eigenes Korps von „mindestens 1500“ GrenzschützerInnen sowie über eigene Ausrüstung verfügen und im Extremfall sogar gegen den Willen eines Landes aktiv werden können (anstatt auf Material und Personal der Mitgliedstaaten angewiesen zu sein).[9] Diese Transformation ist neben anderen Aspekten dafür kritisiert worden, dass die Agentur in die nationale Souveränität der Mitgliedstaaten eingreifen würde und dass es mangelnde Garantien gegen die Verletzung von Grundrechten sowie schwache Mechanismen für eine Rechenschaftspflicht seitens Frontex gebe.[10] Auch die Verwischung von Verantwortlichkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten wurde kritisiert.[11]

Eine weitere ambivalente Ebene besteht in der narrativen Konstruktion von Frontex als ‚europäisierendem‘ Akteur, während die Anschuldigung der menschenrechtswidrigen Aktionen auf die Mitgliedsstaaten verlagert werden, wie etwa auf die griechischen Sicherheitskräfte. Im Kontrast zur Brutalität oder des Fehlens „europäischer“ Standards bestimmter nationaler GrenzschutzbeamtInnen präsentiert sich Frontex als eine harmonisierende, zivilisierende, professionelle und technologisch fortschrittliche Einheit.[12]

Die ambivalenten Praktiken und Diskurse von Frontex werden hier als Ausdruck der europäischen Position und Politik angesehen und somit als inhärente Ambivalenzen analysiert, die sowohl das moderne europäische Projekt als auch den Integrationsprozess der Europäischen Union prägen.[13] Als Folge dieses Prozesses enthält Frontex – wie das europäische Grenzregime im Allgemeinen – einige dieser inhärenten Ambivalenzen und setzt diese fort. Auch die strukturellen Spannungen, die sich in ihrem ambivalenten Mandat zwischen operativen Befugnissen und der lediglich koordinierenden Rolle widerspiegeln, können in diesem Rahmen verstanden werden. So hat sich bei Frontex allmählich eine Verschiebung hin zur Exekutive entwickelt: Was zunächst vor allem die Aufgaben von Koordination und Harmonisierung beinhaltete, wandte sich dann dem operativen Bereich, der schnellen Intervention und dem Risikomanagement zu.

Die Einsätze von Frontex sind nach griechischen Gottheiten aus der Antike benannt, was sowohl ein heroisches Epos als auch einen Ankerplatz in einer klassischen europäischen Tradition konnotieren soll. Anders als bei den Narrativen der klassischen Mythen lässt sich aber hier die Entwicklung der Ereignisse kaum rekonstruieren. Die Einsätze der Agentur sind wenig transparent in Bezug auf die tatsächlich durchgeführten Aktionen. Hinter einem technokratisch orientierten und sehr allgemeinen Vokabular ist es schwierig, genau nachzuvollziehen, woraus sie konkret bestehen.[14] Nichtregierungsorganisationen (NROs) und Menschenrechtsorganisationen haben von Anfang an den Mangel an Rechenschaftspflicht und Kontrolle der Agentur sowie den Verdacht auf Push-Back-Praktiken an den Schengen-Grenzen angeprangert.[15]

Seit der Gründung hat sich Frontex für die Erweiterung der Operationen auf dem Mittelmeer auf das Mandat berufen, nicht nur die EU-Grenzen zu schützen, sondern auch MigrantInnen vor Leiden und Sterben auf hoher See sowie vor Ausbeutung durch kriminelle Organisationen zu retten. Im Laufe der darauffolgenden Jahre sind die Befugnisse und die strukturellen Kapazitäten von Frontex immer wieder erweitert worden. Die Autonomie der Agentur sowie ihr Budget wurden als Reaktion auf die Ereignisse im Mittelmeerraum, die als „Krisen“ bezeichnet wurden, wiederholt erhöht.[16] Ein Wendepunkt schien das Schiffsunglück vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa im Oktober 2013 zu sein, das rund 400 Todesopfer forderte, und eine diskursive Neuausrichtung in der öffentlichen Auseinandersetzung um das europäische Grenzregime anstieß.[17] Danach wurde eine Stärkung der Frontex-Aktivitäten im zentralen Mittelmeerraum vom Europäischen Rat gefordert und die Agentur bekam mehr als 7,9 Millionen Euro, um die Aktivitäten in der Straße von Sizilien zu verstärken.[18] Als 2014 das Budget der Agentur erhöht wurde, um die italienische Operation Mare Nostrum zu ersetzen, wurde ebenfalls argumentiert, dass dies zugunsten von Such- und Rettungsaktionen geschehe. Auch die Budgeterhöhung 2015 wurde als Reaktion auf den Tod von mehr als 800 Menschen bei einem Vorfall im April desselben Jahres erklärt.[19] Die Tatsache, dass die Rhetorik der Lebensrettung letztendlich zur Erhöhung des Budgets und der Zuständigkeiten von Frontex beiträgt, kann deshalb als paradox bezeichnet werden, da der Schutz von Menschenleben nie zu den expliziten Zielen der Agentur gehörte.[20]

Humanitäre Rhetorik und Versicherheitlichung

Diverse AutorInnen haben auf die Verflechtung von humanitärer Rhetorik und sicherheitsbezogener Ansätze im EU-Grenzregime hingewiesen. Frontex-BeamtInnen äußern sich zu humanitären Aufgaben, Menschenrechten und Sicherheitsmandaten gleichzeitig, ohne eine Diskrepanz zwischen diesen Bereichen aufzuzeigen. Stattdessen werden sie als kompatibel präsentiert (zum Beispiel in Anspielung auf ein „Risiko“, mit dem sowohl das Risiko, das die MigrantenInnen selbst eingehen als auch sie selbst als Risikofaktor für die Sicherheit der EU gemeint sind).[21] Nach diesem Narrativ muss die „illegale“ Person zuerst aufgespürt und abgefangen werden, damit sie „geschützt“ werden kann: Eine rhetorische Operation, die es erlaubt, gerade die Abschreckungs- und Überwachungsmanöver, die MigrantInnen zu gefährlicheren Routen drängen, als humanitär zu präsentieren.[22]

Die Anspielung auf den humanitären Schutz wird oft in Anlehnung an eine Rhetorik des Notfalls assoziiert und somit wiederkehrend von südeuropäischen Ländern instrumentalisiert, um materielle und finanzielle Unterstützung von den nordeuropäischen Ländern zu fordern, (die ihrerseits wiederum einen systematischen und weniger an humanitärer Not orientierten Ansatz zur Grenzkontrolle verlangen).[23] Die Rhetorik des Humanitarismus dient so zu einer Erweiterung des Spektrums der Überwachungsoperationen.[24]

Frontex hat sich im Kontext einer Ambivalenz zwischen der technokratischen Ideologie des (langfristigen) risk management (Risikomanagement) und der situational awareness (situationsbezogenes Bewusstsein) einerseits, und des immer wiederkehrenden Appells für Notmaßnahmen andererseits entwickelt. Letztendlich hat aber jede „Tragödie“ zu einer Ausweitung der operativen Aktivitäten geführt, die sich aber des Vokabulars der „humanitären Not“ bedient.[25] Gleichzeitig hat die Agentur versucht, ihr humanitäres Profil diskursiv zu schärfen.[26] In Frontex-Diskursen wurden MigrantInnen weniger als „Risiko“ und stattdessen zunehmend als schutzbedürftige „Opfer“ bezeichnet.[27] Die Integration einer humanitären Rhetorik produziert allerdings den Effekt Menschenrechtsverletzungen, die auf das operative Modell von Frontex zurückzuführen sind, zu verschleiern. Parallel dazu dient diese diskursive Verschiebung dazu, alternative Definitionen von Humanitarismus, die von anderen internationalen Akteuren wie NROs und Menschenrechtsorganisationen getragen werden, zu delegitimieren oder zu entkräften.[28] So werden humanitäre Anliegen für die Ausweitung von restriktiven Politiken instrumentalisiert. Diese Entscheidungen werden so dargestellt, als ob sie für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber internationalen Asylregeln nötig wären.

Die steigende Anzahl der Toten im Mittelmeer scheint deshalb eine paradoxe Wirkung zu haben. Sie ist Katalysator jener Politiken, die gerade durch die Schließung von legalen Migrationskanälen nach Europa zur eindeutigen Zunahme der Todesopferzahlen beitragen, denn die MigrantInnen weichen auf immer gefährlichere Routen aus. Die Beschwörung humanistischer Werte durch die EU einerseits und andererseits die Praktiken, die darauf zielen, jenen die Ankunft in Europa zu erschweren, können in der Tat als widersprüchlich empfunden werden. Als Hintergrund dieses Paradoxes sieht Bernd Kasparek die Tatsache, dass die EU das Asylrecht nicht abschaffen kann, und somit zum Schutz der Menschen auf der Flucht verpflichtet ist, gleichzeitig aber die meisten Mitgliedstaaten der EU Migration nur unter sehr restriktiven Rahmenbedingungen zulassen wollen.[29]

Das Asylrecht wird also nicht abgeschafft. Der Zugang zu ihm wird aber dermaßen erschwert, dass die Geografie und die Naturgewalten gegen die Mobilitätsansprüche von Menschen auf der Flucht gerichtet werden.[30] Denn beim EU-Grenzregime handelt es sich nicht oder nicht nur um eine Ambivalenz der Diskurse, die Humanitarismus betonen, während durch Überwachung und repressive Kontrolle etwas anderes in der Praxis stattfindet. Vielmehr geht es eben um eine Ambivalenz der Praktiken selber, die sich stets in der Spannung zwischen dem Mandat, die Grenzen zu sichern und sich zur Achtung der fundamentalen Rechte und der Würde des Menschen zu bekennen, entfaltet. Mehr als um eine Diskrepanz zwischen Rhetorik und Realität geht es deshalb darum, dass die vermeintlichen Widersprüche genau durch die Umsetzung des Frontex-Mandats zustande kommen. Humanitärer Schutz und Versicherheitlichung folgen allerdings nur dem Anschein nach entgegengesetzten Logiken: Beide beruhen nämlich auf der gleichen, zutiefst ambivalenten biopolitischen Operation, die symbolisch und materiell unerwünschte GrenzübertreterInnen als Gefährdete und somit als Objekt humanitären Schutzes produziert.

Humanitarismus und die Produktion von „nacktem Leben“

Im Bereich der Migrations- und Grenzforschung ist aus unterschiedlichen Perspektiven gezeigt worden, dass Humanitarismus und Repression keine entgegengesetzten, sondern komplementäre Machthandlungen sind. Die humanitäre Begründung ist, dieser Lektüre zufolge, nicht der Pol, der Mechanismen der Eindämmung und Kontrolle gegenüberliegt. Stattdessen handelt es sich um eine
der effektivsten Technologien zur Steuerung, Auswahl und Repression von menschlicher Mobilität, die als eine „humanitäre Technologie der Gouvernementalität“ bezeichnet werden kann.[31]

Während aus Sicht des Sicherheitsparadigmas unerwünschte MigrantInnen als Bedrohung konstruiert werden, repräsentieren Menschenrechte und humanitäre Ansprüche sie als Opfer. Laut Martina Tazzioli wird der Humanitarismus, der historisch an Interventionen zur Linderung menschlichen Leidens erinnert, in diesem Zusammenhang zu einer sogenannten „Rettungspolitik“ umgestaltet, deren Ziel es ist, die Mobilität von Menschen einzudämmen und zu kanalisieren.[32] In diesem Zusammenhang sei es nicht nur oft schwierig, zwischen Rettungseinsätzen und Patrouilleneinsätzen zum Abfangen von MigrantInnenschiffen zu unterscheiden. Es sei auch zu beachten, dass die Rettungseinsätze und die humanitäre Regulierung der Migration auf See eine zweifache Wirkung haben: Migrierende in Sicherheit zu bringen und sie für die Steuerung ihrer Mobilität aufzugreifen und zu erfassen.[33] Die gleichzeitigen Rettungs- und Patrouilleneinsätze eröffnen so neue Räume der biopolitischen Gouvernementalität. So erklärt sich der scheinbare Widerspruch zwischen den Praktiken, die nach Amirs Erzählung von ihm und seinen Mitreisenden in ein und derselben Nacht erlitten wurden, da die Produktion von schiffbrüchigen Leben oder von Leben, die dem Risiko eines Schiffbruchs ausgesetzt sind, im Kern der gegenwärtigen militärisch-humanitären Gouvernementalität der Migration stehen.

Durch die Arbeiten von Michel Foucault wissen wir, dass Macht nicht nur über Repression ausgeübt wird, sondern auch eine produktive Funktion hat.[34] Macht existiert nicht nur als Verpflichtung oder Verbot, sondern wirkt in ihrer Produktivität auch auf die Ausformung der Bevölkerung ein, als Ensemble von Verwaltungstechniken, zu der auch die humanitäre Versorgung gehört. Als Ergebnis einer solchen Verwaltungstechnik kann auch die Praxis von Frontex verstanden werden. Attackieren und Retten sind aus der Perspektive der Gouvernementalität kein Widerspruch, sondern bilden Kompetenzen und Techniken der Macht ab. Menschenmassen werden zu Objekten einer biopolitischen Intervention gemacht, die vor allem auf die bloße organische Existenz der Individuen zielt.

In diesem konzeptuellen Rahmen sind beide Ansätze, Versicherheitlichung und humanitärer Schutz, nicht nur nicht konträr, sondern sogar Objekt von ein und derselben Machtoperation, nämlich einer, die unerwünschte Reisende weniger als Rechtssubjekte und vielmehr als nackte biologische Existenz betrachtet – sei es um sie abzuschrecken oder um sie eben zu retten.[35] Anhand der altgriechischen Begriffe für „Leben“ unterscheidet Giorgio Agamben zwischen dem „qualifizierte[n] Leben des Bürgers“, der mit Rechten ausgestattet ist (bios), und der bloßen biologischen Existenz (zoe).[36] Folgt man diesen Konzepten, werden illegalisierte Migrierende in eine Sphäre abgedrängt, die sie dem zoe ausliefert: Alleingelassen mit ihrer biologischen Existenz und ihrer staatsbürgerlichen Rechte beraubt. Es sind die Praktiken des EU-Grenzmanagements, die diese Trennung zwischen dem humanitären Bereich und dem Politischen in erster Linie hervorbringen und zwar durch eine biopolitische Operation, nämlich die Umsetzung von Maßnahmen, die das Lebensrisiko der Reisenden erhöht und sie somit als Schutz- oder Rettungsbedürftige produziert.

Kriminalisierung der Rettung: Das Ende der Ambivalenz?

In der Zeit zwischen dem Gespräch, das als Quelle für diesen Text dient (2015) und dem Schreiben dieses Essays (Ende 2019) hat sich die Lage auf den griechischen Inseln für Menschen auf der Flucht deutlich verschlechtert. Amir lebt seit Anfang 2016 in Deutschland, hat seine Sprach- und Integrationskurse erfolgreich absolviert und wartet nun darauf, dass sein Diplom als Arzt anerkannt wird und er zu arbeiten anfangen kann. Die vielen, die nach ihm über die Ägäis die Flucht nach Europa versucht haben oder es immer noch tun, hatten diese Möglichkeit häufig nicht mehr. Seit der Einführung des Abkommens zwischen der EU und der Türkei für die Rückführung von Asylsuchenden und des „Hotspot“-Ansatzes in Griechenland und Italien stranden tausende von Menschen auf den Inseln, wo sie bleiben und unter menschenverachtenden Bedingungen in überfüllten Lagern auf unbestimmte Zeit warten müssen.[37] Diese Blockade hat mehr Personen dazu bewegt, auf die sogenannte Mittelmeerroute auszuweichen, wo sich die Situation auf hoher See inzwischen auch dramatisch verändert hat.

Die Einstellung der italienischen Mission Mare Nostrum 2014 und ihre Ersetzung durch militarisierte Einsätze wie Triton und das 2015 gestartete European Union Naval Force (EU NAVFOR) implizierten erneut eine Priorisierung der Manöver von Abschreckung und Kontrolle gegenüber etwaigen Rettungsaktivitäten. Die zuletzt genannte Einheit hatte sich als Ziel die Bekämpfung von „Schlepperbanden“ im Mittelmeer gesetzt, wozu proaktiv versucht werden sollte, deren Boote zu zerstören, um ihnen die materielle Basis ihres Geschäfts zu entziehen. In der Praxis heißt das allerdings, die (einzigen) Mobilitätsmittel, die illegalisierten MigrantInnen zur Verfügung stehen, anzugreifen. Die Einsätze führten damit erneut zu einer verstärkten Militarisierung. So hat sich die Versicherheitlichung weiter radikalisiert, wiederum unterstützt durch humanitäre Narrative, die nun darauf ausgerichtet sind, Migrierende vor „kriminellen Schleppern“ zu retten.

Diese Veränderungen brachten für die MigrantInnenboote ein größeres Risiko mit sich und weniger Möglichkeiten der Rettung. Dadurch vollzog sich auch eine neue Entwicklung: Seit 2015 sind auch zivile Rettungsschiffe von privaten Organisationen auf der zentralen Mittelmeerroute aktiv, die sich auf die Suche nach MigrantInnenbooten in Not machen, um das Sterben von Menschen auf hoher See zu verhindern. Durch den Einsatz der fast zwanzig Schiffe, die zu verschiedenen Zeitpunkten im Mittelmeer präsent waren und bis zum Verfassen dieses Essays immer noch sind, hat sich die Lage wiederum signifikant verändert.

Die Aktionen der zivilen Rettungsschiffe stoßen unter Regierungen der EU-Staaten auf geteilte Reaktionen und in der europäischen Öffentlichkeit auf unterschiedliche Meinungen. Während die Beurteilung seitens deutscher PolitikerInnen und Medien überwiegend wohlwollend ausfiel, kam von italienischer Seite teils harsche Kritik. Die Schiffe der UnterstützerInnen wurden zeitweise zur Stilllegung gebracht, etwa als Italien und Malta sich weigerten, ihnen ihre Häfen zu öffnen und Schwierigkeiten bei der Registrierung der Schiffe feststellten, sodass sie den Flaggenstatus verloren oder die SchiffskapitänInnen sogar festnahmen.

Durch die offene Kriminalisierung der Seenotrettung wurde allerdings zugleich ein Novum geschaffen, nämlich die Möglichkeit, dass das Retten von Menschenleben nicht mehr selbstverständlich ist. Was sich verschoben hat, scheint die Schwelle zu sein, ab der die Rettung von gefährdeten Personen als legitim gilt. Als Ausdruck dieses Meinungswandels in der deutschen Öffentlichkeit kann der 2018 in der Wochenzeitung Die Zeit veröffentlichte Artikel mit dem Titel „Oder soll man es lassen?“ gesehen werden, der Argumente „pro“ und „contra“ zivile Rettungsinitiativen als gleichgesetzt nebeneinander präsentiert. Nachdem der Artikel als zynisch und respektlos gegenüber dem Leiden von MigrantInnen kritisiert wurde, entschuldigte sich die Redaktion für die zugespitzte Formulierung der Frage. Dass er aber überhaupt auf der Titelseite publiziert wurde, wirft die Frage auf, ob gegenwärtig der humanitäre Imperativ tatsächlich seine Gültigkeit verloren hat. Dann gäbe es keine Ambivalenz mehr, sondern das Sicherheitsmandat hätte sich durchgesetzt. Was letztendlich auf dem Spiel steht, ist nicht nur, ob und unter welchen Umständen, Leben zu retten sind, sondern letztendlich die Frage, was menschliches Leben als solches qualifiziert und zu einem rettungswürdigen macht.

Durch die abschreckenden Einsätze im Mittelmeer und die strafrechtliche Verfolgung der zivilen RetterInnen steht immer weniger ein ambivalentes Handlungsmuster im Vordergrund und immer mehr die eindeutige Entschlossenheit, Abschreckungsmaßnahmen auch auf Kosten von Menschenleben durchzusetzen. Im Jahr 2019 scheint es nicht mehr die rhetorische Ambivalenz zu sein, die die EU-Praktiken an den Grenzen prägt und die durch das Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten und zum Schutz des menschlichen Lebens die Pflicht zu retten aufrechterhielt. Das ambivalente Muster gegenüber MigrantInnenbooten, wie es Amir und seine Mitreisenden erfahren haben, weicht dem harten Kurs von Abschrecken und Sterben lassen.

Das Projekt der europäischen Moderne ist mit der Ambivalenz zwischen dem Versprechen von menschlicher Emanzipation und Gleichheit einerseits und dem Schrecken des Kolonialismus, der gewaltsamen Ausgrenzung des „Anderen“ und des Genozids andererseits verbunden. Von Ambivalenz zu sprechen bedeutet in gewisser Weise, dass es sich trotz seiner desintegrierenden und zentrifugalen Aspekte um ein Projekt handelt, das auch nach einem Ideal des Egalitarismus und der Gerechtigkeit von universeller Geltung strebt.[38] Wären diese letztgenannten Werte nicht mehr gültig, stünden wir unmittelbar vor dem Ende der Ambivalenz. Die Tendenz zur Ausgrenzung und Verachtung des Lebens von „Drittstaatsangehörigen“ hätte kein Gegengewicht mehr.



[1] Essay zur Quelle: Augenzeugenbericht von Amir, protokolliert auf Chios, Griechenland (13. Oktober 2015), in: Themenportal Europäische Geschichte, 2022, URL: <https://www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-76099>.

[2] Dieser Artikel ist im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts über das EU-Grenzregime entstanden. Die Feldforschung fand zwischen 2013 und 2017 mit Unterstützung des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen der Integration“ der Universität Konstanz statt. Ich danke Clara Frysztacka für ihre und Kommentare zu früheren Versionen dieses Textes sowie Julia Türtscher für Forschungsassistenz.

[3] Amnesty International, Frontier Europe. Human Rights Abuses on Greece’s Border with Turkey, in: Amnesty International, URL: <https://www.amnestyusa.org/reports/frontier-europe-human-rights-abuses-on-greeces-border-with-turkey/> (2.12.2019); Pro-Asyl, Pushed Back. Systematic Human Rights Violations against Refugees in the Aegean See and at the Greek-Turkish Land Border, in: Pro Asyl, URL: <http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/l_EU_Fluechtlingspolitik/proasyl_pushed_back_24.01.14_a4.pdf> (2.12.2019).

[4] Neal, Andrew, Securitization and Risk at the EU-Border. The Origins of FRONTEX, in: Journal of Common Market Studies 47 (2009), H. 2/5, S. 333–356.

[5] Verordnung Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in: EUR-Lex, URL: <https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:349:0001:0011:DE:PDF> (1.12.2019).

[6] Neal, Securitization and Risk, S. 347.

[7] Frontex, Key Facts, in: Frontex, URL: <https://frontex.europa.eu/faq/key-facts/> (02.11.2019).

[8] Es heißt „die Agentur (soll) die Mitgliedstaaten bei Such- und Rettungsaktionen unterstützen, um erforderlichenfalls Leben zu schützen und zu retten“, siehe: L 251/7 Verordnung (EU) 2016/1624 des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016, in: EUR-Lex, URL: <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32016R1624> (02.11.2019).

[9] Laut dem EU-Rat soll die „ständige Reserve schrittweise aufgebaut werden und bis 2027 auf 10 000 Personen anwachsen“, siehe: Council of the EU, European Border and Coast Guard. Council Adopts Revised Regulation, in: European Council, URL <https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2019/11/08/european-border-and-coast-guard-council-adopts-revised-regulation/> (02.11.2019).

[10] Angelescu, Irina; Trauner, Florian, 10.000 Border Guards for Frontex. Why the EU Risks Conflated Expectations, in: Policy Brief, European Migration and Diversity Programme, European Policy Center, URL: <https://www.ies.be/files/pub_8745_frontex.pdf> (09.06.2020); Campesi, Giuseppe, European Border and Coast Guard (Frontex). Security, Democracy, and Rights at the EU Border, in: Criminology and Criminal Justice, URL: <https://oxfordre.com/criminology/view/10.1093/acrefore/9780190264079.001.0001/acrefore-9780190264079-e-354> (09.06.2020).

[11] Deleixhe, Martin; Duez, Denis, The New European Border and Coast Guard Agency. Pooling Sovereignty or giving it up?, in: Journal of European Integration 41 (2019), H. 7/8, S. 921–936; De Bruycker, Philippe, The European Border and Coast Guard. A New Model Built on an Old Logic, in: European Papers 1 (2016), H. 2/3, S. 559–569; Carrera, Sergio; Den Hertog, Leonhard, A European Border and Coast Guard. What’s in a Name?, in: CEPS Paper in Liberty and Security in Europe 88 (2016), online verfügbar in: SSRN, URL: <https://ssrn.com/abstract=2745230> (09.06.2020).

[12] Perkowski, Nina, Frontex and the Convergence of Humanitarianism, Human Rights and Security, in: Security Dialogue 49 (2018), H. 6/6, S. 457–475, hier S. 471; Aas, Katja Franko; Gundhus, Helene O.I., Policing Humanitarian Borderlands. Frontex, Human Rights and the Precariousness of Life, in: British Journal of Criminology 55 (2015), H. 1/6, S. 1–18.

[13] Siehe Clara Frysztackas Einleitung zu diesem Band.

[14] Es heißt etwa: „Frontex ist in der Lage, kurzfristig Grenzschutz- und Küstenwachbeamte sowie Ausrüstung in EU-Mitgliedstaaten und in assoziierte Schengen-Länder zu senden, die sich an ihren Außengrenzen in einer Notsituation befinden.“ Was aber Frontex dort genau unternimmt, bleibt unklar. Siehe: Frontex, Hauptaufgaben, in: Frontex, URL: (02.11.2019).

[15] Siehe Perkowski, Frontex and the Convergence; Statewatch, A Drop of Fundamental Rights in an Ocean of Unaccountability. Frontex in the Process of Implementing Article 26(a), in: Statewatch, URL: <http://www.statewatch.org/news/2012/may/02-eu-frontex-article26a.html> (02.11.2019).

[16] Beispielsweise 2011, 2014 und 2015, siehe Carrera, Sergio; Den Hertog, Leonhard; Parkin, Joanna, EU Migration Policy in the Wake of the Arab Spring. What Prospects for EU–Southern Mediterranean Relations?, in: MedPro Technical Report 15 (2012), URL: <https://www.ceps.eu/system/files/MEDPRO%20TR%2015%20EU%20Migration%20Policy%20in%20wake%20of%20Arab%20Spring.pdf> (01.12.2019).

[17] Kasparek, Bernd, Was war Mare Nostrum? Dokumentation einer Debatte um die italienische Marineoperation, in: Movements. Journal für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung 1 (2015), H. 1, online verfügbar unter: Movements, URL: <https://movements-journal.org/issues/01.grenzregime/11.kasparek--mare-nostrum-debatte.html> (09.06.2020).

[18] Campesi, Giuseppe, Frontex, the Euro-Mediterranean Border and the Paradoxes of Humanitarian Rhetoric, in: South East European Journal of Political Science 2 (2014), H. 3/4, S. 126–134; Kasparek, Was war Mare Nostrum?

[19] Perkowski, Frontex and the Convergence, S. 470.

[20] Frontex, Vision, Mission und Werte, in: Frontex, URL: <https://frontex.europa.eu/de/uber-uns/vision-mission-werte/> (02.11.2019).

[21] Perkowski, Frontex and the Convergence, S. 463.

[22] Ebd.

[23] Campesi, Frontex, the Euro-Mediterranean Border; Cuttitta, Paolo, ‚Borderizing‘ the Island. Setting and Narratives of the Lampedusa ‚Border Play‘, in: ACME. An International E-Journal for Critical Geographies 13 (2014), H. 2/4, S. 196–219.

[24] Tazzioli, Martina, Border Displacements. Challenging the Politics of Rescue between Mare Nostrum and Triton, in: Migration Studies 4 (2016), H. 1/3, S. 1–19.

[25] Campesi, Frontex, the Euro-Mediterranean Border, S. 3; Tazzioli, Border Displacements, S. 5.

[26] So wurde in den offiziellen Berichten die Erwähnung von „apprehended migrants“ in „migrants rescued at sea“ geändert, siehe: Campesi, Frontex, the Euro-Mediterranean Border, S. 6.

[27] Perkowski, Nina, A Normative Assessment of the Aims and Practices of the European Border Management Agency Frontex, in: Refugee Studies Centre. Working Paper Series 81 (2012).

[28] Campesi, Frontex, the Euro-Mediterranean Border, S. 6.

[29] Kasparek, Bernd, Europas Grenzen. Flucht, Asyl und Migration. Eine kritische Einführung, Berlin 2017, S. 27–28.

[30] Weber, Leanne; Pickering, Sharon, Globalization and Borders. Death at the Global Frontier, Basingstoke 2011; Mountz, Alison, Shrinking Spaces of Asylum. Vanishing Points where Geography is Used to Inhibit and Undermine Access to Asylum, in: Australian Journal of Human Rights 19 (2013), H. 3/3, S. 29–50; Schindel, Estela, Death by ‚Nature‘. The European Border Regime and the Spatial Production of Slow Violence, in: Environment and Planning C: Politics and Space, URL: <https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/2399654419884948> (09.06.2020).

[31] Bigo, Didier, Security and Immigration: Toward a Critique of the Governmentality of Unease, in: Alternatives 27 (2002), H. 1/4, S. 63–93; Moreno-Lax, Violeta, The EU Humanitarian Border and the Securitization of Human Rights. The ‚Rescue-Through-Interdiction/Rescue-Without-Protection‘ Paradigm, in: Journal of Common Market Studies 56 (2018), H. 1/7, S. 110–140; Tazzioli, Border Displacements; Walters, William, Foucault and Frontiers. Notes on the Birth of the Humanitarian Border, in: Bröckling, Ulrich; Krassman, Susanne; Lemke, Thomas (Hgg.), Governmentality. Current Issues and Future Challenges, London, S. 138–164.

[32] Tazzioli, Border Displacements.

[33] Kasparek, Bernd et al., Border Regime, in: Cultural Studies 29 (2015), H. 1/6, S. 55–87.

[34] Foucault, Michel, Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft; 716), Frankfurt am Main 1983.

[35] Das zeigt Analogien zu den rassifizierenden symbolischen Operationen auf, auf die Paweł Lewicki in seinem Beitrag zu diesem Band hinweist.

[36] Agamben, Giorgio, Homo Sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben (Edition Suhrkamp; 2068), Frankfurt am Main 2002.

[37] Schindel, Estela, Hotspots. Europäische Grenzen als geopolitisches und humanitäres Labor, in: Berliner Debatte Initial 29 (2018), H. 1/4, S. 39–52.

[38] Man denke dagegen an die aggressive Anti-Immigranten-Kampagne der australischen Regierung, die unter dem Namen „No Way“ Menschen auf der Flucht warnt, dass sie nicht nur Gefahren auf hoher See riskieren werden, sondern später auch keine Aufenthaltsrechte auf ihrem Territorium bekommen werden. Eine solche Kampagne wäre für die Europäische Union (noch) schwer vorstellbar. Obwohl sie ihre Grenzpolitik so weit verhärtet, dass die Grenzen tödlich werden, hält sie sich diskursiv noch an bestimmte humanitäre Werte.


Quelle zum Essay
Versicherheitlichung versus humanitäre Rettung? Ambivalenzen des EU Grenzregimes und biopolitische Gouvernmentalität
( 2022 )
Citation
Augenzeugenbericht von Amir, protokolliert auf Chios, Griechenland, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2022, <www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-76099>.
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