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  • von Sünne Juterczenka

    Stickmustertücher (samplers) waren in der Frühen Neuzeit ein fester Bestandteil des Handarbeitsunterrichts. Sie wurden teils von sehr jungen Mädchen angefertigt, um Techniken zu erlernen, Muster zu memorieren und Geschick unter Beweis zu stellen. Einerseits dienten sie damit der Vermittlung „weiblicher“ Fertigkeiten und der Vorbereitung auf die Rolle als Ehefrauen und Mütter. Andererseits wurde auf ihnen auch das Zeitgeschehen reflektiert, beispielsweise die europäische Welterkundung und Kolonisierung. In Großbritannien und Nordamerika wurden sie im Zeichen sich wandelnder Bildungsideale unter anderem im Geografieunterricht eingesetzt. Samplers lassen sich als materieller Ausdruck eines Verständnisses von Europas Rolle in der Welt lesen, das Frauen und Mädchen einbezog. An dem Beispiel einer Stickmustervorlage der Firma Laurie & Whittle aus dem Jahr 1798 wird diese Lesart hier erprobt.

  • von Maria Katharina Wiedlack

    This article analyzes a chapter from Charles Ellms’s book “The Tragedy of the Seas” (1848). The chapter recounts the historical events around a schooner belonging to the Russian American Company, which was shipwrecked close to the Olympic Peninsula in 1808. After the disaster, the ship’s crew, and Anna Petrovna Bulygin, the captain’s wife, were taken hostage by indigenous people. The article examines Anna Petrovna Bulygin’s female agency within Ellms’s narrative, arguing that it is exceptional within the genre of maritime frontier adventures, as well as early 19th century Russian culture. Importantly, a focus on her agency offers interesting insights into the Russian colonial gaze on the indigenous peoples of America.

  • von Oliver Krause

    Abstract An den drei Karten, die alle auf imaginierte,globale Raumordnungen zurückgehen, die Halford J. Mackinder zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt hatte, lassen sich die Internationalisierung europäischen Wissens am Transfer eines geopolitischen Konzepts, dessen Anpassung und Instrumentalisierung nachzeichnen. Die Karten prägten je spezifische Imaginationen einer globalen Raumordnung, die die Wahrnehmung der Welt aus nationalen Perspektiven heraus präfigurierten. Auf dieser Grundlage entstanden unterschiedliche Globalisierungsszenarien. Im Deutschen Reich wurde Mackinders imaginierte globale Raumordnung zur Utopie deutscher Großmachtstellung umgedeutet. In den USA behielt sie den ursprünglich dystopischen Charakter zukünftiger Vorherrschaft einer eurasischen Landmacht, die als legitimierendes Narrativ US-amerikanischer Außenpolitik gegenüber der Bevölkerung nutzbar wurde.

  • von Janis Maximilian Meder

    Das vorliegende Essay betrachtet den mit der 68er- und Umweltbewegung einhergehenden Wertewandel als richtungsweisend für das westeuropäische Narrativ des verantwortungsbewussten Unternehmens. In den 1970er- und 1980er-Jahren gründeten junge Menschen in den Industrienationen Westeuropas Unternehmen mit gesellschaftlichen Visionen. Als symptomatisch für das Verständnis unternehmerischer Verantwortung gilt das 1976 von Anita Roddick in Brighton gegründete Unternehmen The Body Shop. Das Unternehmen verzeichnete in den folgenden Dekaden Erfolge, war jedoch zunehmend mit dem Konflikt zwischen Egoismus und Altruismus konfrontiert.

  • von Erik Liebscher

    Forschungsreisen bildeten einen wichtigen Bezugspunkt für die Konstruktion einer deutschen Nation im 19. Jahrhundert. Dies lässt sich insbesondere an den ‚deutschen‘ Polarexpeditionen der 1860er- und 70er-Jahre beobachten. Anhand eines Briefes, den der in Mexiko lebende, unbekannte deutsche Musiker und Botaniker Luis Hahn (†1873) an den Initiator dieser ‚Nordfahrten‘, den Kartografen August Petermann (1822–1878), sandte, lässt sich rekonstruieren, wie diese Expeditionen ausgedeutet und angeeignet wurden. Hahn, der die Polarreisen lediglich in Zeitschriften verfolgte, entwarf seine eigene chauvinistische Vision einer Eroberung des Nordpols, plante zu deren Finanzierung eine musikalische Werbekampagne und imaginierte sich so selbst als Teil eines nationalen und kolonialen Projektes. Dieses exaltierte Engagement zeigt einerseits die Wirkmacht imperialer Phantasien und verdeutlicht andererseits das komplexe Wechselverhältnis zwischen Wissenschaftsakteuren und der zeitschriftenlesenden Öffentlichkeit, das mit dem einseitigen Konzept der Popularisierung nur unzureichend erfasst wird.

  • von Ansgar Engels

    Bei der Compañía Guipuzcoana handelt es sich um eine baskische Handelskompanie, die im 18. Jahrhundert das Monopol auf den Handel zwischen der Kolonie Venezuela und dem Mutterland Spanien innehatte. Ihr ökonomisches Fundament ruhte auf der Versorgung des spanischen Marktes mit dem im Venezuela produzierten Kakao. Eine Rebellion in Venezuela im Jahr 1749, in der sich die koloniale Bevölkerung gegen die dominierende Rolle der Kompanie im Kakaohandel und in der Provinz als Ganzes wandte, nahm die Compañía Guipuzcoana zum Anlass ein Manifest zu verfassen. In dem Beitrag soll dieser historischen Hintergrund kurz ausgeleuchtet und auf die Funktion der Kompanie als Vermittlungsinstanz zwischen Spanien und Venezuela eingegangen werden.

  • von Sophie Lange

    Im Jahr 1979 fand in Genf eine „hochrangige Tagung“ der Economic Commission for Europe zum Thema Umweltverschmutzung statt. Diese Konferenz diente im Kalten Krieg entspannungspolitisch zum einen als Brücke im sich wieder anspannenden Ost-West-Verhältnis. Gleichzeitig zeigt ein näherer Blick darauf jedoch über eine Zweiteilung Europas in Ost und West hinaus und weist den nordeuropäischen Staaten als Akteuren ein eigenes Gewicht zu. Nicht zuletzt nahm über diese Konferenz das neu aufgekommene Thema Umweltschutz auf der internationalen Ebene rasant an Fahrt auf, weshalb es galt, dieses auch politisch beispielsweise in einer "Konvention über weiträumige Luftverschmutzung" zu verankern.

  • von Anna Corsten

    Bereits unmittelbar nach Kriegsende nutzten deutsche Politiker:innen Deutungen über die Schuld und Verantwortung am NS-Regime und den begangenen Massenverbrechen, um die eigenen Vorhaben vor der Bevölkerung und den Besatzungsmächten zu legitimieren. Während der angespannten Versorgungslage, insbesondere in der Hungerkatastrophe 1946 und 1947, verfolgten sie auf diese Weise das Ziel, gegenüber den Besatzungsmächten an Autorität und Handlungsspielräumen zu gewinnen. Eine Verantwortung für das NS-Regime und sein 12-jähriges Bestehen schrieben sie insbesondere den Alliierten zu. Die deutsche Bevölkerung stellten sie dagegen als Opfer dar.

  • von Thomas Schader

    Der Jesuitenorden gilt als einer der ersten Global Player der Frühen Neuzeit. Ausschlaggebend für die weltweite Ausrichtung der Gesellschaft Jesu war ihr missionarisches Engagement in den für Europa unbekannten Gebieten jenseits der Ozeane. Vor allem im Patronat der spanischen Krone, in Teilen des heutigen Lateinamerikas und des Westpazifik, war der Orden aktiv. Im Laufe des 17. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Missionaren aufgrund der expandierenden Missionsgebiete stetig an. Waren die Missionen in Übersee lange Zeit fast ausschließlich geistlichen Untertanen der spanischen Krone vorbehalten, so lockerten sich die Beschränkungen allmählich, und der Ruf nach Übersee erreichte auch die Territorien des Heiligen Römischen Reiches. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts verließen hunderte Jesuiten aus Assistentia Germania ihre Heimat, um in den spanischen Kolonien zu missionieren.

  • von Sebastian Dorsch

    Die Corona-Krise zeigt eindrücklich, wie zentral das Thema Grenzen in den politischen, wissenschaftlichen, aber auch Alltagsdebatten zu Europa ist. Obwohl ExpertInnen wie beispielsweise die europäische Epidemie-Agentur ECDC von Beginn an die Devise verkündeten, Kooperation sei essentiell, um einer universellen Herausforderung wie Corona zu begegnen, schlossen fast alle europäischen Länder wie auch die EU selbst reflexartig ihre Grenzen. „Die Geschichte Europas, der Europäer/innen und des Europäischen“ kritisch zu behandeln, dieses Ziel hat sich das Themenportal Europäische Geschichte gesteckt. Was aber ist das: Europa, die EuropäerInnen und das Europäische? Wie werden sie definiert, das heißt vom Nicht-Europäischen, vom Anderen abgegrenzt? Welche Rolle spielt dabei „die Geschichte“? Mit Hilfe der beiden ausgesuchten Quellen unternimmt dieser Artikel vielfache Grenzgänge, um diese Fragen zu reflektieren.

  • von Konrad H. Jarausch

    To a large part of the American public, Europe has become “a dirty word.” Even respectable Republicans echo Mitt Romney’s campaign promise “I do not want to become more like Europe” while the Alt-Right is promoting a visceral fear of “socialism” so as to defend American exceptionalism and encourage anti-EU populism in Europe. President Donald Trump’s call to “make America great again” is also predicated on seeing the European Union as “the enemy” which has cheated the US in trade and freeloaded to secure its defense. So as to reject the continental preference for peace, equality and civility the conservative media have been predicting the <em>Strange Death of Europe</em> – even if that has refused to happen. In the rightist discourse, Europe has become a symbol for everything it detests.

  • von Volker Berghahn

    Viewed from across the Atlantic, it is no doubt remarkable that a growing number of prominent historians, Ute Frevert and Hartmut Kaelble among them, have been vigorously promoting the notion of a “Europeanization” of German historiography whose predominant focus so far has been the rise and development of the modern nation-state. Whether this has something to do with the Zeitgeist of the enlarging European Union or is due to the fact that multi-volume national histories like those by Thomas Nipperdey and Hans-Ulrich Wehler have lost their allure, it represents a shift that is presumably permanent. [...]

  • von Ulf Brunnbauer

    Am Beginn des 20. Jahrhunderts kamen die Abgeordneten des Landtags (Sabor) des Königreichs Kroatiens, Slawoniens und Dalmatiens einige Male auf das Thema Emigration zu sprechen. Dies war nicht weiter verwunderlich angesichts der Dimension der Amerikaauswanderung aus Kroatien. Gemäß der offiziellen Emigrationsstatistik wanderten von 1899 bis 1914 rund 207.000 Menschen aus Kroatien aus, davon mehr als 170.000 nach Nordamerika, wobei noch viel mehr Emigrationspässe ausgestellt wurden. Kroatien stand damit nicht alleine, sondern spiegelte den Gesamttrend der Habsburger Monarchie wider, die Anfang des 20. Jahrhunderts zum wichtigsten Sendeland von Einwanderern in die USA geworden war. Mehrfach forderten Abgeordnete des kroatischen Landtags die Landesregierung mit Interpellationen auf, in das Emigrationsgeschehen einzugreifen. [...]

  • von Helmut Peitsch

    Vom 10. bis 13. September 1941 fand in London der XVII. Kongress des Internationalen PEN statt. In London war die Schriftstellerorganisation, die sich für Völkerverständigung, Frieden und die Freiheit der Literatur und Kultur einsetzte, im Jahr 1921 gegründet worden. Zunächst lag der Schwerpunkt der internationalen Schriftstellervereinigung auf Europa – 1925 zählte sie dort 25 nationale Zentren. Danach expandierte sie in die ganze Welt und umfasste im Jahr 1939 sowohl Zentren in Nord- und Südamerika, als auch in Ägypten, Palästina, dem Irak, Indien, Japan und Neuseeland. [...]

  • von Katja Naumann

    Im Winter des Jahres 1896 setzte der Historikerverband in den USA, die American Historical Association (AHA), eine Kommission ein, in der sechs ihrer führenden Köpfe und ein Lehrer die Lage des Faches an den Schulen sowie den Übergang an die Universität bewerteten und Empfehlungen formulierten, wofür sich die Berufsvereinigung in diesem Bereich einsetzen sollte. Ihr Bericht mit dem Titel The Study of History in Schools (1898) zirkulierte innerhalb des Verbandes, wurde aber vor allem an Schulleiter und Geschichtslehrer im ganzen Land versandt. Er enthielt den Vorschlag eines vierjährigen Lehrplanes für das Fach Geschichte, der zunächst die Alte Geschichte bis zum Jahr 800 behandeln würde, danach das Mittelalter und das Moderne Europa, gefolgt von einem Jahr Unterweisung zur Englischen Geschichte und der abschließenden Erörterung der US-Geschichte. [...]

  • von Charles McClelland

    The “Flexner Report” (originally published in 1910) recently passed its hundredth anniversary. It was the culmination of a study commissioned by the new Carnegie Foundation and carried out by a German-American educational reformer (and former student at Johns Hopkins, Harvard and Berlin Universities), Abraham Flexner. Not only did it ring the death knell of apprentice-like, unscientific and private medical education in the USA; Flexner’s fame led him into a position with the Rockefeller Foundation to channel funding into the reforms he advocated and ultimately to found the Princeton Institute for Advanced Study, thanking German-speaking scholars who inspired him – such as Einstein – by recruiting them and saving them from Nazi persecution. His report may be regarded partly as a cultural manifesto, since it proposed to revolutionize higher education and the ancient “art” of healing. It still makes compelling reading and retains a number of unique features. [...]

  • von Helke Rausch

    Blickt man auf die professionellen Akteure, die Europa als „kulturellen Handlungsraum“ gestaltet haben, so lässt sich die Vorstellung von Europa auf eine spezielle Art plausibel machen: Im Licht ihrer Praktiken und Strategien erscheint Europa nicht nur als Bühne vielfältiger Interventionen, sondern auch als dichtes personales Vernetzungsgefüge und als filigraner Strukturzusammenhang, in dem die Professionalisierungsstrategien mit oftmals politischer Absicht betrieben wurden. Dabei wird versucht, den Blick über die gedachten Randbereiche europäischer Handlungsspielräume und Konstellationen hinaus zu richten. Es soll um ein sprechendes Beispiel für die dynamischen Bezüge europäischer zu außereuropäischen Professionalisierern gehen, die sich spätestens seit dem frühen 20. Jahrhundert in die Definition Europas zutiefst eingeschrieben haben. [...]

  • von Konrad H. Jarausch

    Im Vergleich mit der offeneren Atmosphäre in England und Frankreich hatte die nationalsozialistische Vertreibung fortschrittlicher Historiker einen retardierenden Effekt auf die Entwicklung der deutschen Geschichtswissenschaft. Auch ohne die Zwangsemigration nostalgisch zu verklären, kann man feststellen, dass dieser Aderlass eine dynamische Minderheit der Forscher eliminierte, die nicht nur die Weimarer Republik unterstützt hatten, sondern auch neue methodologische Wege gegangen waren. Die teils populistisch von NS-Studenten betriebene, teils legalistisch von diversen Ministerien verordnete Exklusion unliebsamer Wissenschaftler verdrängte innovative Nachwuchsforscher wie Eckhart Kehr, demokratische Historiker wie Hajo Holborn und renommierte jüdische Gelehrte wie Aby Warburg. Dadurch bekamen die konservativen und nationalistischen Fachvertreter wieder Oberwasser und die jüngere Generation orientierte sich eher in Richtung einer Volksgeschichte, wodurch sie sich international weitgehend isolierte. [...]

  • von Juliane Scholz

    Zur Zeit des Nationalsozialismus flohen zahlreiche Schriftsteller und Drehbuchautoren aus Deutschland in die USA. Manche von ihnen konnten in letzter Minute mit einem rettenden Visum einreisen. Die Erfahrungen der europäischen Exilautoren in den Vereinigten Staaten waren dann allerdings widersprüchlich. Wer in Hollywood, dem Zentrum der amerikanischen Filmindustrie landete, realisierte rasch, dass seine aus Europa mitgebrachten Vorstellungen von Beruf, geistiger Arbeit und individueller Autorschaft in der großbetrieblich organisierten Kulturindustrie der amerikanischen Westküste wenig galten. [...]

  • von Kerstin Lange

    Eine Tangomanie ergriff in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg die europäischen Großstädte. Der argentinische Tango wurde vor allem in der Unterhaltungskultur von Paris, London und Berlin zu einem neuen Modetanz und verbreitete sich von dort aus auch in anderen Städten. Auf den Bühnen der Music Halls und Varieté-Theater kam kaum eine Vorstellung ohne eine Tango-Nummer aus, international erfolgreiche Künstler und Künstlerinnen wie Gaby Deslys oder George Grossmith Jr. nahmen den Tanz in ihr Programm auf. Doch nicht nur auf den Bühnen war der Tango zu sehen, auch das Publikum tanzte. Tanzflächen fanden sich in den Palais de Danse, wie sich die glamourösen Ballsäle des Olympia in Paris oder des Metropolpalastes in Berlin nannten, sowie in den Cafés, Restaurants und neuen Grandhotels entlang der Boulevards der Städte. Tango war in der Vergnügungskultur europäischer Metropolen „en vogue“. [...]

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