Briefe der Leipziger Kaufmannsfrau Anne Louise Dufour an ihren Sohn Ferdinand Dufour (1781/1783); [Übersetzung; Auszüge][1]
[Früherer Titel der Quelle: Briefe der Leipziger Kaufmannsfrau Anne Louise Dufour an ihren Sohn Ferdinand Dufour, 1781/83. Deutsche Übersetzung]
Morillion [bei Genf], 2. Juli 1781[2], „Ich glaube gern, dass Du mit mir nicht ganz einer Meinung bist und dass Du den brillanten Winter, den Du in Lyon verbringst, nicht selten bedauerst. In Deinem Alter solltest Du aber bedenken und wirst es eigentlich auch fühlen, dass Du von dieser Zeit, in der Du Frankreich als Kind gesehen hast, Dein ganzes Leben lang profitieren kannst. Ich zweifle keinen Augenblick daran, dass Du Frankreich wiedersehen willst, wenn sich Deine Einstellung geändert hat, denn um an Dein Ziel zu gelangen, gibt es keine bessere Möglichkeit, als aus der jetzigen Zeit einen Nutzen zu ziehen. Dies ist der richtige Moment, es gibt keinen passenderen Zeitpunkt als diesen, mein teures Kind, denn dies sind Deine schönsten Jahre, mit denen Du gut umgehen solltest. Unterschätze also nicht Deinen Aufenthalt in Lyon – weder in Hinsicht der nützlichen Bekanntschaften noch hinsichtlich derer, die Du nur für Dein Vergnügen schließt.
Du hast einen kleinen Teil von der Welt gesehen und solltest daraus schließen können, dass es wichtig und nützlich ist, auf dieser Welt nicht ganz unbemittelt zu erscheinen. […]“
Leipzig, Januar 1783[3], „Nun weilst Du also, mein lieber Ferdinand, das dritte Mal in Deinem Leben in der schönen Stadt Lyon. Ich liebe Dich zu sehr, als dass ich Dich um Dein Schicksal beneiden könnte; aber im gleichen Augenblick merke ich, dass sich alle meine Wünsche darauf richten, dass Du Deine Zeit nicht verschwendest. Meine Zuneigung zu Dir gibt mir das Recht, zu Dir in aller Freundschaft zu sprechen – glaube den Ratschlägen einer Mutter und gehe sorgsam mit der Zeit um, mein teurer Freund, und überlasse Dich nicht zu sehr dem Gedanken, dass Du noch jung bist. Lass lieber Deinen Verstand zu Wort kommen und setze ihn schon in Deinen jungen Jahren ein. Arbeite mit großem Eifer und unterdrücke Deine kleinen Fehler, die Du aufgrund deines Mangels an Erfahrung noch nicht ganz gemeistert hast, folge den Ratschlägen von vernünftigen Leuten, die sich in ihren Angelegenheiten gut auskennen, aber vermeide die Art von Personen, die nur Deinem Geschmack schmeicheln wollen. […]
Als letzten Beweis Deiner Zuneigung zu mir bitte ich Dich, die Weltläufigkeit eines jungen Mannes zu erwerben, der viel reist und sich in guter Gesellschaft befindet, vereinige dies mit etwas mehr Lieblichkeit Deines Charakters; verstelle Dich nicht, gib aber auch nicht zu allen Anlässen Deine Meinung kund. Lerne, Dich mit Würde und Ehrlichkeit, jedoch ohne Dünkel, zu präsentieren. Vor allem sei den Frauen gegenüber würdevoll und ehrlich, denn dies sind die einzigen Mittel, um bei den Frauen etwas zu erreichen. Und wenn Dein Herz für eine Schöne oder Hässliche schlägt, dann sollte das nicht bedeuten, dass Du diejenigen vernachlässigst, die nicht den gleichen Eindruck auf Dich gemacht haben. Lass Dir schließlich von Deinem Vater einige Tanzstunden bezahlen, und nutze sie nicht nur wegen der Freude am Tanzen, sondern vor allem um Dir Deine gute Haltung zu bewahren. Vernachlässige weiterhin weder Deine Geige noch Dein Cembalo. Das eine oder das andere werden dir nützlich sein, selbst wenn Du es Dir jetzt noch nicht vorstellen kannst. Eine Schöne, die Dich vielleicht gar nicht wahrgenommen hätte, spürt nun den Charme der Musik, und so kannst Du ihr Herz mit Deinen Talenten beeindrucken, was Dir sonst nicht gelungen wäre.
Nun endlich, mein Freund, bleibt es mir nur noch einen letzten, aber vielleicht den wichtigsten, Ratschlag zu geben. Dieser betrifft das Verhältnis zum Spiel und ich gehe davon aus, dass Du Dir meinen Ratschlag vernünftig anhören wirst. Nichts kündigt weniger von einer guten Erziehung, als ein junger Mann, der schlecht spielt oder ein schlechter Spieler ist. Ersteres ist verzeihlich, aber letzteres ist eine Untugend, die man nicht durchgehen lässt. Die Offenheit, mit der ich zu Dir spreche, mein lieber Ferdinand, betrifft Deine verschiedenen kleinen Fehler, von denen ich von ganzem Herzen hoffe, dass Du sie korrigieren wirst. Diese Offenheit erlaubt es mir auch zu sagen, dass von allen Fehlern, die Du in Deinem Herzen unterdrücken solltest, meiner Ansicht nach das Spiel den größten Platz eingenommen hat. Verstelle Dich also nicht vor Dir selber, und wenn Du dies liest, dann vergleiche Dich in aller Ruhe mit einem guten Spieler und sieh zu, dass Du, wie auch er, Deine Leidenschaften meisterst. Und trotzdem ist die Spielleidenschaft eine der wichtigsten Dinge, und ein schlechter Spieler zu sein, ist eine schreckliche Sache. Ich beschwöre Dich also, versuche diesen unglücklichen Fehler zu bekämpfen – wenn Du Dich nicht selbst in der Gewalt hast, dann vermeide die Freude an einer Partie, spiele nie wegen der Verlockung des Geldes. Wenn Du allerdings aus Geldsucht spielst, dann wirst Du, dass ist sicher, nie ein guter Spieler werden. […]
Nun gut, lieber Ferdinand, das ist also alles, was ich Dir aufgrund meiner Freundschaft zu Dir glaubte sagen zu müssen. Du bist in einem Alter, in dem Du selbst noch besser als ich weißt, was Dir noch fehlt um den Grad an Perfektion zu erwerben, den ich mir wünsche. […].“
[1] Übersetzung aus dem Französischen von Dorothea Trebesius. Die Briefe befinden sich im Stadtarchiv Leipzig (StaAL).
[2] StaAL NL Dufour 1, Bl. 45.
[3] StaAL NL Dufour 1, Bl. 55f.
Briefe der Leipziger Kaufmannsfrau Anne Louise Dufour an ihren Sohn Ferdinand Dufour (1781/1783); [Französisches Original; Auszüge][1]
[Früherer Titel der Quelle: Briefe der Leipziger Kaufmannsfrau Anne Louise Dufour an ihren Sohn Ferdinand Dufour, 1781/83 Französisches Original]
Morillion [bei Genf], 2. Juli 1781[2], „Je crois bien que tu ne pense pas tout à fait comme Moi, et que L’hiver brillian que tu a passés a Lyon bien souvent te donne quelque regrets; Mai à Lâge ou tu est, Lon commence a réfléchir et à sentir que dans tous Les Etats de la vie lon peut se faire une resource tu a vie la france comme Enfant, Je ne doutte Nulment que tu ne dessire la revoire en ayant pris une forme differente; pour parvenir à ton but il ny a pas de Moyens plus Sure que selui de Mettre ton tems aprofit Cest bien le beaux Momens Mon cher Enfant, Ce sont les plus belles année quil faut Employer, ne Néglige donc pas se tems la, tant pour les Connaisanses utiles que pour selles qui ne sont que pour Lagrémens, tu a vu un peu le Monde et par la Meme tu dois sentir le besoin et la Nésesite quil y a dy paraître avec de sertaine resource. […]“
Leipzig, Januar 1783[3], „Te voila donc Mon cher Ferdinand pour la Troisième fois de ta vie dans la bonne ville de Lyon, Je t’aime trop pour envier ton sort, Mais je sens en meme tems que tous mes desirs ce portent, pour que tu cherches à Mettre ton tems aprofit, Menage le Mon cher ami, et si Mon amitie pour toi me donne le droit de te parler en amie, Crois en les conseille dune Mere, ne te livre surtout pas trop a Lydée que tu est jeune encore ; que ta Raison te fasse valoir la volonté de ten servir avant Lage ; Travaille avec aplication, reprime avec force les petit défaut dont ton inéxperience ne te rend pas encore Maitre, sui les Conseille de gens sensée en etat den donner, Mais evite avec soin ce genre de Monde qui ce Conforment à tes gouts […]
Je te demande comme derniere preuve de ta tendresse pour Moi, de cherchére à prendre Lusage du Monde, dun jeune homme qui voyage et qui voit bonne Compagnie, réunis à celat un peu plus de douceur dans ton caractére, ne soit pas disimullée, Mais ne dit pas trop ton sentiment sur tout, aprend à te présenter sant fatuitée, Mais avec Nobléssé et honnetée, Soit le beaucoup avec les femmes, Car Cest le seul Moyens de parvenir à etre quelque chose avec elle, et si ton cœur te dit quelque chose en faveur dune jolie ou dune laide, ne te crois pas par la otorisée de Menquer a celle qui qui ne taurons pas fait la Meme impréssion, enfin engage ton pere a te donner une Lecon de Danse profite en non seulement pour le plaisir de ta danse, Mais pour le Maintien de la bonne contenance, ne néglige pas non plus ton violons et ton clavecin, lun ou lautre te rendrons des Service auquel tu ne tatend pas, qui cest si te talens la ne te vosdra peu etre pas le cœur de quelle que belle, sur qui tu n’aurait fait nul impression sent le charme de la Musique, enfin mon bonne ami il ne me reste plus pour derniez conseille a te donner, qui et peut etre un des plus essentiel, Mais que ta Raison me donne lieux de croire que tu le recevra avec Réfléction, cest ce qui Raport au Jeux; Rien Nanoncent Moins la bonne education qu’un jeune homme qui Joue Mal, ou qui est Mauvais Joueur, le premiez ce pardonne, mais le dernier est un vice que lon ne vous passe pas, la franchise avec laquelle je te parle mon chere ferdinand sur les different petit défaut dont mon cœur désire que tu te corrige, ne me permet pas de te dissimuller, que de tous ceux que tu dois chercher à reprimer dans ton cœur, cest celui du jeux qui suivant Moi y a fait le plus de progret, ne te le dissimule pas à toi meme et enfesant ce petit retour regarde toi avec tranquillité a coté dun beaux joueur, vois ci comme lui, tu est Maitre de tes passions, Cest pourtant une des chose les plus essentiel; avoir le passion du Jeux, et etre mauvais joueur est une chose affreuse, cherche donc je ten conjure à vaincre ce malheureux défaut Evite si tu ne te crois pas assée dempire sur toi meme le plaisir dune partie, ne ty nest jamais avec lapas du gain que tu y ferat, tant que ce principe restera gravée dans ton cœur et ton Esprit, a coup sur tu ne serat jamais beau joueur…
Voila je crois apeu près mon cher Ferdinand tout ce que mon amitie pour toi Moblige de te dire tu est en age de sentir Mieux que Moi encore tous ce qui te Menque encore, pour acquerir ce degrés de perfection que je te souhaite. […]“
[1] Die Briefe befinden sich im Stadtarchiv Leipzig (StaAL). Die altertümliche Schreibweise wurde beibehalten.
[2] StaAL NL Dufour 1, Bl. 45.
[3] StaAL NL Dufour 1, Bl. 55f.