Zwischenstaatliche Verträge zur Gründung des Europäischen Kulturkanals ARTE; Vertrag zum Europäischen Fernsehkulturkanal (2. Oktober 1990) und Gründungsvertrag der ARTE G.E.I.E. (30. April 1991); [Auszüge]
Quelle 1:
Vertrag zwischen den deutschen Bundesländern und der Französischen Republik zum Europäischen Fernsehkulturkanal[1]
vom 2. Oktober 1990
[…]
Das Land Baden-Württemberg
der Freistaat Bayern
das Land Berlin
die Freie Hansestadt Bremen
die Freie und Hansestadt Hamburg
das Land Hessen
das Land Niedersachsen
das Land Nordrhein-Westfalen
das Land Rheinland-Pfalz
das Saarland
das Land Schleswig-Holstein,
vertreten durch die Ministerpräsidenten,
und die Französische Republik,
vertreten durch Herrn Jack Lang, Minister für Kultur, Kommunikation, große Baumaßnahmen und für die 200-Jahr-Feier der Französischen Revolution und Frau Catherine Tasca, Staatsministerin für Kommunikation beim Minister für Kultur,
das Vorhaben der französischen Fernsehgesellschaft La Sept sowie der von den deutschen öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten der ARD und dem ZDF gegründeten Beteiligungsgesellschaft begrüßend, eine gemeinsame unabhängige Fernsehgesellschaft mit kultureller und europäischer Ausrichtung mit Sitz in Straßburg, nachstehend „Europäischer Fernsehkulturkanal“ (EKK) benannt, zu errichten,
in dem Bestreben, das Verständnis und die Annäherung zwischen den Völkern in Europa zu festigen,
in dem Wunsch, den Bürgern Europas ein gemeinsames Fernsehprogramm anzubieten, welches der Darstellung des kulturellen Erbes und des künstlerischen Lebens in den Staaten, Regionen und der Völker Europas und der Welt dienen soll,
in der Absicht, die Ausstrahlung eines solchen europäischen Fernsehangebots gemäß den Grundsätzen des freien Flusses von Informationen und Ideen sowie der Unabhängigkeit von Rundfunkveranstaltern zu gewährleisten,
sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Der EKK hat die alleinige Verantwortung für die Programmplanung. Er ist gleichermaßen verantwortlich für die Programmrealisierung, die er ebenso wie die Verwaltung des Personals und die Haushaltsbewirtschaftung unter ausschließlicher Aufsicht und Kontrolle der Gesellschafter wahrnimmt und damit unabhängig von staatlichen Eingriffen einschließlich unabhängiger Instanzen der Gestaltung des Rundfunkwesens des Sitzlandes. Ebenso steht die Leitung, die Verwaltung und die Bezahlung des Personals sowie der Haushaltsplan der französischen und deutschen Gesellschafter des EKK in der alleinigen Verantwortung dieser Gesellschafter.
Die französischen und deutschen Gesellschafter bestimmen vertraglich die Regeln für die Gestaltung des vom EKK ausgestrahlten Programms. Diese Regeln sind in dem Gesellschaftsvertrag des EKK enthalten.
Artikel 2
Das Programm wird über den Rundfunksatelliten TDF abgestrahlt. Die Vertragsstaaten streben darüber hinaus an, durch Bereitstellung zusätzlicher Übertragungswege eine möglichst gleichgewichtige Versorgungsreichweite zu erreichen.
Artikel 3
Die französische Regierung verpflichtet sich, dass die deutschen und französischen Finanzleistungen für den EKK nicht durch die Zahlung von Mehrwertsteuern verringert werden.
Artikel 4
Weitere deutsche Länder können diesem Vertrag beitreten. Der Vertrag steht zudem jedem Mitgliedsstaat des Europarates und jeder Vertragspartei des Europäischen Kulturabkommens zum Beitritt offen, wenn Fernsehveranstalter solcher Staaten Gesellschafter des EKK geworden sind oder werden sollen. […]
[…]
Quelle 2:
Gründungsvertrag der ARTE G.E.I.E.[2]
vom 30.April1991
(idF v. 17.10.2001)
[…]
Artikel 1: Gründung
Zwischen den Unterzeichneten [Jérôme Clément für La SEPT und Winfried Enz für ARTE Deutschland GmbH] und allen, die mit irgendeinem Titel Mitglieder werden können, wird eine Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung gegründet […]. […]
Artikel 2: Gegenstand der Vereinigung
2.1. Gegenstand der Vereinigung ist es, Fernsehsendungen zu konzipieren, zu gestalten und durch Satellit oder in sonstiger Weise auszustrahlen oder ausstrahlen zu lassen, die in einem umfassenden Sinne kulturellen und internationalen Charakter haben und geeignet sind, das Verständnis und die Annäherung der Völker in Europa zu fördern. […]
[…]
Artikel 3 Bezeichnung und Sprache
[…]
3.4. Geschäfts- und Arbeitssprachen sind Französisch und/oder Deutsch. […] Dem Personal der Vereinigung ist freigestellt, sich mündlich und schriftlich französisch oder deutsch zu äußern. Die Vereinigung verpflichtet sich, dem Personal die für das Verstehen der beiden Sprachen notwendige Ausbildung zu verschaffen; dies gilt ebenso für Mitglieder der Vereinigung und ihr Personal.
[…]
Artikel 10: Aufnahme neuer Mitglieder und Kooperation mit anderen Partnern
10.1. Die Vereinigung kann im Verlauf ihres Bestehens neue Mitglieder aufnehmen. Voraussetzung ist, dass die neuen Mitglieder ihren Sitz oder ihre Hauptverwaltung in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union haben.
10.2. Die Vereinigung kann andere Rundfunkveranstalter oder sonstige Dritte als assoziierte Mitglieder mit konsultativen Mitwirkungsrechten beteiligen. […]
[…]
Artikel 18: Programmbeirat
18.1. Jedes der Gründungsmitglieder der Vereinigung benennt acht Vertreter des kulturellen Lebens aus seinem Sitzland als Mitglieder des Programmbeirates. Im Falle des Beitritts weiterer Mitglieder entsenden diese aus ihren Ländern eine der Zahl der Mitgliederstimmen entsprechende Zahl von Beiratsmitgliedern.
[…]
Artikel 19: Programmgrundsätze, -Erstellung, -Verantwortung
19.1. Die Programme der Vereinigung unterliegen folgenden Grundsätzen:
- Unabhängigkeit, Pluralismus und Ausgewogenheit der angebotenen Sendungen. Die
Sendungen dürfen keine einseitige Unterstützung vor allem einer Regierung, von Parteien oder anderen Akteuren des sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Lebens enthalten;
[…]
Artikel 20: Herkunft des Personals, soziale Stellung der Angestellten der Vereinigung
20.1. Das Personal der Vereinigung kommt, soweit möglich, aus den Ländern der Mitglieder entsprechend ihren Stimmzahlen. […]
[…]
Artikel 31: Beginn der Sendetätigkeit
Die Vereinigung wird die Sendetätigkeit frühestens dann aufnehmen, wenn ihr besonderer rundfunkrechtlicher Status durch Wirksamwerden des in Art. 2.4 benannten zwischenstaatlichen Abkommens oder durch eine Freistellungserklärung der sonst für Rundfunkveranstalter in Frankreich zuständigen Stelle sichergestellt ist.
[…]
[1] Der vollständige Titel des Vertrages lautet „Vertrag zwischen den Ländern Baden-Württemberg, Freistaat Bayern, Berlin, Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und der Französischen Republik zum Europäischen Fernsehkulturkanal“; er ist in Gänze nachzulesen unter der URL: (02.02.2009).
[2] Der Gründungsvertrag der ARTE G.E.I.E. ist in Gänze nachzulesen unter der URL: (02.02.2009).
Zugehöriger Essay:
Haltern, Nina Johanna: Europa im Fernsehen. Die Gründung des deutsch-französischen Fernsehsenders ARTE