Männlichkeit als Groteske. Koloniale (Un-)Ordnung auf Bildpostkarten um 1900

Um 1900 avancierte die Bildpostkarte zu einem Massenmedium. Insbesondere fotografische Ansichtskarten (von Städten, Gebäuden, Landschaften etc.), aber auch (gezeichnete) Humorpostkarten erfreuten sich großer Beliebtheit – als postalisches Nachrichtenmedium sowie als Sammelobjekt einer sich schnell etablierenden Sammelszene. [...]

Männlichkeit als Groteske. Koloniale (Un-)Ordnung auf Bildpostkarten um 1900[1]

Von Felix Axster

Um 1900 avancierte die Bildpostkarte zu einem Massenmedium.[2] Insbesondere fotografische Ansichtskarten (von Städten, Gebäuden, Landschaften etc.), aber auch (gezeichnete) Humorpostkarten erfreuten sich großer Beliebtheit – als postalisches Nachrichtenmedium sowie als Sammelobjekt einer sich schnell etablierenden Sammelszene. Die Popularität der Bildpostkarte verdankte sich nicht zuletzt dem Umstand, dass sie von einer prosperierenden Privatindustrie relativ günstig hergestellt wurde und somit breiten Käufer_innenschichten als alltäglicher Gebrauchsgegenstand zur Verfügung stand. Entsprechend lässt sich die Karriere der Bildpostkarte als Chiffre jener sozialen und gesellschaftlichen Transformationen verstehen, die gemeinhin mit der Etablierung der Massen- oder Populärkultur um 1900 assoziiert werden.[3]

Zeitgleich mit dieser Karriere befand sich der seit Jahrhunderten andauernde Prozess der kolonialen Expansion Europas in einer Hochphase – ausgelöst unter anderem durch die Aufteilung und Inbesitznahme Afrikas im Zuge der sogenannten Kongo-Konferenz, die 1884/85 in Berlin unter Leitung von Reichskanzler Otto von Bismarck stattfand.[4] Die Kunsthistorikerin Saloni Mathur bemerkt in diesem Zusammenhang: „The extraordinary popularity of the postcard from roughly 1890 to the First World War, a period in which postcards were produced, collected and circulated with an energy that remains historically unmatched, must be understood within this context of ‚high‘ empire.“[5] Das heißt, der Aufstieg der Bildpostkarte verweist auch auf das Zeitalter des Imperialismus bzw. schufen der Imperialismus und das mit diesem zusammenhängende Ausmaß an globaler Vernetzung – der Historiker Sebastian Conrad spricht von einer „koloniale[n] Globalität“ – Bedingungen, die den Postkartenboom um 1900 zumindest begünstigten.[6]

Im Folgenden will ich mich mit den kolonialen Implikationen des – wie es in der Forschung oftmals heißt – ‚goldenen Zeitalters der Bildpostkarte‘ auseinandersetzen.[7] Dabei werde ich mich auf die Inszenierung von kolonialer Männlichkeit konzentrieren.[8] Im Fokus stehen weniger gewissermaßen klassische Motive oder Konstellationen, die hinsichtlich der Inszenierung von kolonialer Männlichkeit einschlägig sind – heroische Szenen der Eroberung, der Jagd, des militärischen Gefechts, der wissenschaftlichen Expeditionen etc.[9] Vielmehr interessieren mich solche Inszenierungsformen, die Ambivalenzen erkennen lassen bzw. das heroische Moment in gewisser Weise ad absurdum führen. Als Aufhänger dient mir das insbesondere aus der Geschichte des Karnevals bekannte Motiv der ‚verkehrten Welt‘, das wesentlich durch die Inversion geschlechtsspezifischer Rollenvorstellungen und also auch durch ein humoristisches Spiel mit Szenarien der Verweiblichung charakterisiert ist.[10] Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, kam dieses Motiv auch auf kolonialen Bildpostkarten zum Einsatz, auf Bildpostkarten also, die sich dem kolonialen Diskurs oder dem Dispositiv des Kolonialismus zuordnen lassen.[11] Doch worin bestand die Spezifik des ‚kolonialen Karnevals‘? Wie gestalteten sich die Rahmenbedingungen, auf die er Bezug nahm? Und wie ist der humoristische Faktor zu veranschlagen, der die Bezugnahme strukturierte?

Um diese Fragen kreisen die folgenden Überlegungen. Vorausgeschickt sei, dass die Karte, die hier im Mittelpunkt stehen soll, nicht gelaufen ist. Das heißt, dass sich der Prozess der Aneignung und Nutzung bzw. die Praxis der Beschriftung kaum thematisieren lassen. Dies ist insofern von Bedeutung, als gerade die Kombination aus massenhaft reproduziertem Bild und individuell hinzugefügtem Text ein zentrales Charakteristikum der Bildpostkarte darstellt. Allerdings sei daran erinnert, dass zahlreiche Karten, ohne gelaufen zu sein, in Sammler_innenkreisen zirkulierten und eben auch die Praxis des Sammelns als eine Form der Aneignung und Nutzung verstanden werden kann.[12] Zudem stellt die Praxis der Beschriftung für die historische Analyse zwar ein Moment der Verdichtung dar, da sie Rückschlüsse auf den alltäglichen Umgang mit industriell hergestellten Massenbildern erlaubt; doch handelt es sich bei den individuell hinzugefügten Botschaften der Nutzer_innen zumeist um Texte, die sich im Hinblick auf die Bildebene durch Arbitrarität auszeichnen.[13]

Um nicht missverstanden zu werden: Auch der Nicht-Bezug stellt eine Form der Bezugnahme dar. Insofern können handschriftliche Mitteilungen auf Bildpostkarten, die angesichts des Motivs beliebig erscheinen, durchaus Indikatoren für die Wirkmächtigkeit von Bildern sein und zum Beispiel Normalität suggerieren.[14] Gleichwohl handelt es sich bei Bildpostkarten – ob mit oder ohne Beschriftung – um äußerst flüchtige und gewissermaßen sperrige (historische) Exponate, die sich klassischen Parametern der Quellenkritik (Autor_innenschaft, Entstehungszeitpunkt, Verhältnis zwischen Original und Kopie, Motivation etc.) entziehen. Gerade die Frage nach der konkreten Entstehungs- und Wirkungsgeschichte von jeweiligen historischen Bildpostkarten wird in den meisten Fällen unbeantwortet bleiben müssen. Entsprechend geht es eher darum, mögliche Entstehungsbedingungen und Wirkpotenziale zu eruieren.[15]

Kolonialer Karneval 1

Zu sehen ist eine Postkarte, die ein komplexes Bild-Text-Arrangement darbietet [Abb. 1].[16] Es handelt sich um einen gezeichneten Bilderwitz, der in fünf Stationen erzählt wird. Als Rahmung fungiert eine Überschrift: „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe.“ Im mittleren kreisrunden Bild hängt ein Schild an der Wand, auf dem „Heirath’s-Prüfungscommission“ steht. Am unteren Bildrand ist zu lesen: „Tauglich zum Heirathen.“ Zwei schwarze Frauen in Tüchern werden gewogen und vermessen. Zwei weiße Männer halten die Untersuchungsergebnisse fest. Ein weißer Matrose, dessen Gesichtszüge grotesk anmuten, begutachtet eine der Frauen und kitzelt sie unter dem Kinn. Auch ihr Gesicht hat etwas Fratzenhaftes, was vor allem an den in knallroter Farbe gehaltenen und überproportional großen Lippen liegt. Im linken unteren Bild sind weiße Matrosen zu sehen, die schwarze Frauen im Bastrock küssen. Dahinter stehen zwei schwarze Männer, die Keulen schwingen und Fäuste recken. Untertitelt ist diese Sequenz mit: „Frieden’s-Unterhandlungen in Südwest-Afrika.“ Im rechten oberen Bild werden ein weißer Matrose und eine schwarze Frau – mit Tuch – von einem Schutztruppenoffizier getraut. Außerdem sind ein weiterer weißer Matrose und eine weitere schwarze Frau zu sehen, die vermutlich auf ihre Trauung warten. Unter dem Bild heißt es: „Für treu gediente 3 jährige Dienstzeit.“ Das Bild links oben zeigt zwei weiße Männer, die schwarze Kinder auf dem Rücken tragen und sich daher beim Gehen nach vorne beugen. Ihnen folgen zwei schwarze Frauen, abermals in Tüchern. Die Bildunterschrift verrät: „Einst flatterten wir durch’s Leben hin/jetzt stecken im Ehejoch wir drinn.“ Schließlich das letzte Bild auf der rechten unteren Seite: Drei schwarze Frauen in Schutztruppenuniform braten ein Stück Fleisch am Spieß. Erneut fallen die knallroten und überdimensionierten Lippen auf, die einen Großteil der wie verzerrt wirkenden Gesichter ausmachen. Der Text besagt: „Im Biwak.“

Die Karte selbst gibt keine Reihenfolge der Bilder vor. Und doch gibt es eine Dramaturgie, die vor allem durch die Bekleidung der Frauen indiziert wird. Demzufolge lässt sich eine Entwicklung nachvollziehen, die von Baströcken (‚Friedensunterhandlungen‘) über Tücher (Vorbereitung und Vollzug der Eheschließung) bis zu Uniformen (‚Biwak‘) reicht. Korrespondierend vollzieht sich eine Entwicklung der weißen Männer: Das soldatische Leben mündet in das ‚Joch‘ der Ehe mit schwarzen Frauen, die vor allem dadurch gekennzeichnet zu sein scheint, dass die Männer an der Aufzucht der Kinder schwer zu tragen haben. Und in dem Moment, in dem die schwarzen Frauen Uniformen tragen bzw. übernehmen, sind die weißen Männer gänzlich von der Bildfläche verschwunden.

Die Karte thematisiert den Übergang von einem Kriegs- in einen Friedenszustand. Dieser Übergang wird zwischen weißen Männern und schwarzen Frauen ausagiert bzw. durch koloniale Geschlechterverhältnisse symbolisiert und gerahmt. Vor dem Hintergrund patriarchal-bürgerlicher und kolonialrassistischer Ordnungsvorstellungen allerdings mutet der Friedenszustand wie eine verkehrte Ordnung an. Insbesondere die Kinder tragenden weißen Männer sowie die Uniformen tragenden schwarzen Frauen deuten darauf hin, dass es sich um eine Ordnung handelt, die gleichsam auf dem Kopf steht.

Formen der Bezugnahme 1

Die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ nimmt dezidiert Bezug auf Kriegshandlungen in Namibia, vermutlich auf den von 1904 bis 1907 andauernden Kolonialkrieg zwischen den Herero und Nama einerseits und der deutschen Kolonialarmee andererseits.[17] Damit rückt ein Ereignis in den Blick, das dem kolonialen Engagement des Deutschen Kaiserreichs in besonderer Weise Aufmerksamkeit verschaffte – und zwar gerade auch in erinnerungspolitischer Hinsicht. Denn die seit einigen Jahren sich abzeichnende Konjunktur der Beschäftigung mit dem Kolonialismus innerhalb der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft wurde nicht nur durch die verstärkte Rezeption der postkolonialen Theorie ausgelöst, sondern auch durch die von einigen Forscher_innen aufgeworfene Frage, ob es sich bei dem Kolonialkrieg in Namibia und insbesondere bei der Ermordung Zehntausender Herero in der Omaheke-Wüste um Deutschlands ersten Völkermord handele, und ob sich die deutschen Kolonialverbrechen gewissermaßen als Vorboten der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen verstehen ließen.[18] Für den Versuch, den Nationalsozialismus aus postkolonialer Perspektive zu historisieren, ist der Kolonialkrieg in Namibia also eine wesentliche Referenz. Ein weiterer wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist der bereits Jahrzehnte andauernde Kampf vor allem der Herero und Nama um Anerkennung und Entschädigung.[19]

Auch in historischer Perspektive führte der Kolonialkrieg zu einem verstärkten Interesse für das koloniale Projekt. Zumindest wurde der Krieg im Kaiserreich breit rezipiert, weshalb der Literaturwissenschaftler und Historiker Medardus Brehl von einem „regelrechte[n] Diskursereignis“ spricht.[20] Er hat dabei zahlreiche literarische Veröffentlichungen im Blick, die teilweise schon während des Krieges publiziert wurden.[21] Doch es ließe sich auch auf die journalistische Kriegsberichterstattung verweisen, die nicht zuletzt von zwei Korrespondenten ausging, die im Auftrag der Kölnischen Zeitung und des Berliner Lokal-Anzeigers aus Namibia berichteten.[22] Zudem wäre an die Debatten über den Krieg im Berliner Reichstag zu erinnern sowie vor allem an dessen Auflösung im Dezember 1906 – Grund war die Nichtbewilligung von ca. 30 Millionen Reichsmark für den Militäreinsatz durch SPD, Zentrum und polnische Fraktion. Die folgenden Neuwahlen erlangten unter dem Schlagwort ‚Hottentottenwahlen‘ Berühmtheit.[23]

Der Kolonialkrieg war darüber hinaus – so ließe sich Brehls Diagnose weiter ergänzen – auch ein visuelles Diskursereignis. Zahlreiche während des Kriegs erschienene Romane, Tagebücher und populärgeschichtliche Darstellungen, in denen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Schutztruppe und den Herero und Nama thematisiert wurden, waren mit Zeichnungen oder Fotografien versehen, die die Texte illustrierten.[24] Firmen der Konsumgüterindustrie wie zum Beispiel Liebig (Hersteller von Fleischextrakt) oder Stollwerck (Produzent von Schokolade) gaben meist kleinformatige Serien von Sammelbildern heraus, in denen ebenfalls Kriegsszenen zeichnerisch dargestellt wurden.[25] Die weithin bekannte Satirezeitschrift Simplicissimus veröffentlichte im Mai 1904 eine Spezialnummer, die gänzlich dem Thema Kolonialismus gewidmet war.[26] 1904 und 1907 erschienen die ersten Kolonialfotobildbände, in denen jeweils auch Bilder vom Kriegsgeschehen abgebildet waren.[27] Schließlich zirkulierten Millionen von der Front verschickte Feldpostkarten, auf denen mitunter ebenfalls fotografische Eindrücke des Krieges vermittelt wurden.[28]

Die auf der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ ersichtliche Bezugnahme auf den Kolonialkrieg in Namibia war folglich Bestandteil eines in zahlreichen Medien zu beobachtenden Prozesses, in dem Wissen über den Kolonialkrieg sowie allgemein über den Kolonialismus breit vermittelt bzw. popularisiert und überhaupt erst generiert wurde. In diesem Sinne ließe sich argumentieren, dass die Bezugnahme sich weniger auf die Kriegshandlungen vor Ort, sondern vor allem auf deren mediale Aufbereitung durch Presse, Karikatur, Literatur etc. richtete.[29] Im Zuge dieser Aufbereitung jedenfalls wurden unterschiedliche Formen der Kritik formuliert – insbesondere seitens der Sozialdemokratie und des Zentrums –, aber auch diverse Formen der Rationalisierung und Legitimierung von kolonialer entgrenzter Gewalt und Vernichtung.[30] Auch die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ lässt einen spezifischen Umgang mit Gewalt erkennen. Denn die küssenden Paare als vermeintliche Agenten des ‚Friedensprozesses‘ zeugen von einer Strategie der Verharmlosung oder Bagatellisierung, in deren Folge koloniale Gewalt gänzlich unsichtbar gemacht wird. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Narration, derzufolge der Krieg durch einen interkulturellen Friedenskuss beendet und der Frieden durch die interkulturelle Eheschließung gleichsam befestigt würde, wenn auch als grotesker Zustand, in gewisser Weise quer steht zu anderen Narrationen, wie sie sich zum Beispiel in der Kolonialliteratur oder der kolonialen (Populär-)Wissenschaft herausbildeten. Häufig nämlich wurde im Grunde eine gegenläufige Erzählung in Anschlag gebracht, wonach der Ausbruch des Krieges dazu geführt habe, das – wie es dann mitunter hieß – ‚rassische Bewusstsein‘ oder ‚Rassegefühl‘ der Deutschen überhaupt erst zu erwecken und entsprechend eine als notwendig erachtete Politik der ‚Rassentrennung‘ zu implementieren.[31] Auch an dieser Stelle lässt sich also eine Form der Bezugnahme ausmachen, wobei die Karte das Erweckungsnarrativ variiert und sogar in sein Gegenteil verkehrt – hierauf wird am Ende dieses Textes zurückzukommen sein.

Mit den küssenden Paaren zeichnen sich weitere Formen der Bezugnahme ab, die hier kurz skizziert werden sollen. Insbesondere geht es um die von der Literaturwissenschaftlerin Susanne Zantop als „koloniale[] Ur-Fiktion“ bezeichnete Vorstellung einer „erotischen Begegnung zwischen einem Europäer und einer ‚Eingeborenen‘“.[32] Wesentlicher Bestandteil dieser Vorstellung war ein spezifisches Bild von kolonialer Eroberung, wobei die militärisch-administrative Inbesitznahme des fremden Territoriums durch die von weißen Männern ausgehende sexuelle Eroberung einheimischer Frauen symbolisiert wurde.[33] Die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ verweist auf die der kolonialen Urfiktion bzw. allgemein kolonialen Geschlechterverhältnissen inhärente Ambivalenz, und zwar indem sie die Eroberung schwarzer Frauen durch weiße (soldatische) Männer in eine Narration einbettet, die insbesondere von einem geschlechtsspezifischen Rollentausch gekennzeichnet ist. Das heißt, die koloniale Urfiktion erscheint gewissermaßen in einem anderen Licht: Im Vordergrund stehen weder Romantisierung noch heroische Männlichkeit, sondern die Karikatur einer kolonialen Ordnung. Insofern handelt es sich eher um eine humoristisch-polemische oder zynische Variante der kolonialen Urfiktion.

An dieser Stelle sei auf den Versuch der Regulierung sexueller Verhältnisse in den Kolonien verwiesen: Bis zur Jahrhundertwende waren solche Verhältnisse – wie Pascal Grosse resümiert – „an der Tagesordnung“.[34] Zumeist handelte es sich um Beziehungen zwischen weißen Männern und schwarzen Frauen, da die Anzahl von weißen Frauen in den Kolonien zunächst sehr gering war. Schwarzen Frauen hingegen kam durch ihre Beziehungen zu weißen Männern oftmals die Rolle und Funktion von Vermittlerinnen zu.[35] Gerade dieser Aspekt der Vermittlung war ein wesentlicher Grund, warum zum Beispiel Missionare Eheschließungen zwischen weißen Männern und schwarzen Frauen zu Beginn der Kolonisierung aus kolonialstrategischen Erwägungen durchaus befürworteten.[36]

Gleichwohl waren sexuelle Beziehungen und gerade Eheschließungen zwischen Kolonisierenden und Kolonisierten von Anfang an umstritten. Insbesondere Protagonist_innen der organisierten Kolonialbewegung zeigten sich besorgt über den weiteren Verlauf des Kolonisierungsprozesses sowie über die Stabilität kolonialer Machtverhältnisse. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die zeitgenössischen Rassentheorien und ihre obsessive Beschäftigung mit den vermeintlich degenerativen Folgen von Mischungen jeglicher Art.[37] Von Bedeutung ist aber auch, dass Ehefrauen von deutschen Männern sowie die gemeinsamen Kinder automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten.[38] Der Kolonialkrieg in Namibia markiert hier eine Zäsur. Denn ein Jahr nach Ausbruch des Krieges wurde auf dem Weg einer amtlichen Verfügung ein zumindest für Namibia geltendes Verbot so genannter Mischehen erlassen.[39] Gerade dieses Verbot ist symptomatisch für eine zunehmend am Imperativ der Segregation ausgerichtete Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreichs, die der Krieg zwar nicht initiierte, aber gewiss beförderte. Und wenn Pascal Grosse resümiert, dass der deutsche Kolonialismus „erstmals die Voraussetzungen für die Konstituierung einer ‚rassischen Ordnung‘ in der neueren deutschen Geschichte“ schuf, so stellte das Verbot der Eheschließungen zwischen Kolonisierenden und Kolonisierten sicherlich eine markante Etappe in diesem Konstitutionsprozess dar.[40] Grosse weist außerdem darauf hin, dass dieses Verbot mit der Vorstellung einer sexuellen Autonomie bürgerlicher Männer kollidierte: „Die Steuerung des generativen Verhaltens in der kolonialen Gesellschaft nach rassischen Kriterien war der Versuch, männliche Sexualität durch einen übergeordneten rassenpolitischen Imperativ einzugrenzen. Ferner stellte das eugenische Postulat, der ‚Rassenreinheit‘ Priorität vor der Einheit der Familie einzuräumen, wenn sich diese aus ethnisch verschiedenen Partnern zusammensetzte, die reproduktive Grundlage des bürgerlichen Nationalstaats teilweise zur Disposition.“[41] Hier zeigt sich ein Konfliktpotenzial, das die Diskussion über die umstrittenen Verbote wesentlich bestimmte. Zudem deutet sich der kolonialpolitische Bedeutungszuwachs von weißen deutschen Frauen an, deren Ausreise in die Kolonien nach Beendigung des Krieges in Namibia verstärkt organisiert wurde.[42]

Die Diskussion über die Legitimität von und den Umgang mit sexuellen Verhältnissen zwischen Kolonisierenden und Kolonisierten wurde im Kaiserreich aber nicht nur anlässlich der so genannten Mischehenverbote geführt, sondern auch und vor allem im Zuge der vielfältigen Kolonialskandale, bei denen es meist um eine Verbindung zwischen Sexualität und Gewalt ging. Mehr noch: Gerade die Kolonialskandale, die im Reichstag, in der Tagespresse oder in Karikaturzeitschriften breit verhandelt und als eine Art Subgenre konstituiert wurden, schufen ein Forum, in dem Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Sexualität, Gewalt und Kolonialismus öffentlichkeitswirksam adressiert werden konnten.[43] Gleichwohl bestand das Charakteristische an den Kolonialskandalen unter anderem darin, dass hier meist Einzelfälle im Fokus der Aufmerksamkeit standen – zum Beispiel männliche Beamte in den Kolonien, deren sexuelle Verhältnisse zu einheimischen Frauen von Gewalt gekennzeichnet waren. Entsprechend resümiert die Historikerin Rebekka Habermas: „Je mehr man skandalisierte, desto mehr verfestigte sich die Vorstellung, brutale Beamte seien die Ausnahme und die Zivilisierungsmission folge einer geordneten, rechtsstaatlichen Regelhaftigkeit.“[44] Das heißt, trotzdem ausführlich und en detail über Sexualität und Gewalt geredet wurde, führte die eigentümliche Logik der Skandalisierung letztlich dazu, dass strukturelle Gewalt bzw. strukturell entgrenzte Gewalt als konstitutives Merkmal kolonialer Macht- und Herrschaftsverhältnisse dethematisiert und somit „ein Prozess des silencing, des Beschweigens […] befördert wurde.“[45] Bemerkenswert ist dennoch, dass und auf welche Weise koloniale Männlichkeit und romantischer Eroberungsdrang gewissermaßen als heroische Komponenten des kolonialen Projekts zur Disposition gestellt wurden bzw. wie bürgerliche Normen hinsichtlich von Sexualität und Geschlecht im Spannungsverhältnis zwischen spezifisch kolonialen und spezifisch metropolitanen Bedingungen und Anforderungen stets neu ausgehandelt und konfiguriert werden mussten. Die Kolonialskandale jedenfalls, auch wenn sie um Einzelfälle als Ausnahmen von der Regel kreisten, nährten potenziell den Verdacht, dass die Kolonien Räume seien, in denen bürgerliche Vorstellungen von Sitte und Anstand konterkariert würden. Insbesondere wurden kolonisierende Männer verdächtigt, in Folge nicht zuletzt von sexuellen Beziehungen zu einheimischen Frauen zu verrohen – auch hierauf wird zurückzukommen sein.

Festzuhalten bleibt, dass die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ hinsichtlich der Bezugnahme sowohl auf den Krieg in Namibia als auch auf die sexuelle Dimension kolonialer Macht- und Herrschaftsverhältnisse in vielerlei Hinsicht anschlussfähig war. Sie lässt sich innerhalb eines weit verzweigten massenmedialen Ensembles situieren, in dem sich jeweilige Perspektivierungen von kolonialer Gewalt und kolonialer Sexualität wechselseitig überlagerten und zum Teil auch widersprachen. Doch worin besteht die spezifische Perspektivierung von Kolonialismus, Gewalt und Sexualität auf der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“? Wie lässt sich die rätselhafte Verbindung von Gewalt-Bagatellisierung, ‚Mischehe‘ und geschlechtsspezifischem Rollentausch verstehen? Die folgenden Überlegungen entsprechen dem Versuch, sich diesen Fragen weiter anzunähern.

Formen der Bezugnahme 2

Das Motiv des küssenden Paares, das augenzwinkernd mit einem Friedensprozess in Verbindung gebracht wird und sich als zynische Variante der kolonialen Urfiktion erweist, begegnet auch auf anderen Bildpostkarten. Somit ist ein dem Medium inhärenter serieller Charakter angedeutet. Dieser ergab sich nicht nur aus dem Umstand, dass die Karten massenhaft hergestellt wurden, sondern eben auch aus der Zirkulation von Motiven, die immer wieder verwendet und dabei bisweilen leicht variiert wurden. Zudem wurden zahlreiche Karten als Bestandteile einer Serie (oder zumindest eines Genres) produziert. Dies gilt auch für die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“, und zwar mindestens in zweifacher Hinsicht: Mit dem mittleren Bild, das eine ‚Heiratsprüfungskommission‘ bei der Arbeit zeigt, reiht sich die Karte in das Genre der Musterungskarten ein.[46] Zwar werden hier Frauen vermessen und medizinisch begutachtet, und das Setting ist eben keine Musterungs-, sondern eine Heiratsprüfungskommission; gleichwohl haben sich die schwarzen Frauen am Ende der humoristischen Narration in Soldatinnen verwandelt. Die Nähe zum Genre der Musterungskarten ergibt sich also zum einen durch die narrative Dimension, zum anderen lassen sich aber auch hinsichtlich des Motivs deutliche Überschneidungen erkennen. Um dies zu veranschaulichen, sei hier auf eine weitere Karte verwiesen, die „Zukunftsbild der Infanterie“ betitelt ist [Abb. 2]. Ähnlich wie bei der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ wird hier ein Bilderwitz in fünf Stationen erzählt. Das mittlere Bild zeigt eine Musterungskommission bei der Arbeit.

Musterungskarten zirkulierten um 1900 in unzähligen Variationen. Meist waren es gezeichnete Karten, die den Weg junger Männer in die Welt des Militärs mal feierlich, mal humoristisch visualisierten. Mitunter waren auf diesen Karten vorgedruckte Textbausteine angebracht, wobei lediglich der Name des/der Adressat_in sowie der Tauglichkeitsgrad eingetragen werden mussten. Fast immer taucht das Motiv der Musterungskommission auf, wodurch der Übergang von der zivilen in die militärische Welt und zugleich die Tauglichkeit als Parameter für Männlichkeit markiert wurden. Zentrale Bestandteile dieses Motivs sind neben den Musternden und den Gemusterten zum Beispiel die Vermessungsgeräte sowie der Schreibtisch, an dem die gewonnenen Daten aufgeschrieben werden. Es handelt sich folglich um ikonische Bildelemente, die Serialität generieren und somit zur Konstitution eines Genres beitragen.[47]

Die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ greift diese Elemente auf und führt sie in gewisser Weise ad absurdum. Anders formuliert: Sie spielt im Register des Genres und treibt es sogleich über seine Grenzen hinaus. Bestandteil des Witzes ist ja gerade, dass aus der Musterungs- eine Heiratsprüfungskommission und aus weißen Soldaten schwarze Soldatinnen werden. Beziehungsweise erscheint eine Kommission, die schwarze Frauen vermisst, um ihre Tauglichkeit zum Heiraten feststellen zu können, ebenso grotesk wie die Existenz schwarzer Frauen, die Uniformen der Kaiserlichen Schutztruppe tragen. Um nicht missverstanden zu werden: Die Praxis der Vermessung von (männlichen und weiblichen) Körpern war um 1900 durchaus verbreitet, und zwar nicht nur im militärischen Kontext, sondern auch in wissenschaftlichen Disziplinen wie der Anthropologie, der Kriminologie oder allgemein der sogenannten Rassenkunde.[48] Zudem war die Idee einer Ehetauglichkeitsprüfung als bevölkerungspolitisches Regulationsinstrument virulent.[49] Insofern ließe sich argumentieren, dass die Karte auch auf rassenkundlich-eugenische Verfahren der Wissensproduktion anspielt. Zumindest eröffnet sich mit dem mittleren Bild der Assoziationsraum des wissenschaftlichen Rassismus.[50] In diesem Zusammenhang allerdings mutet eine Institution wie die Heiratsprüfungskommission sonderbar an. Denn ausgehend von dem Reinheitspostulat von Rassetheorie und Eugenik war die Frage, ob schwarze Frauen für die Ehe mit weißen Männern tauglich seien, obsolet, bzw. wurde ihre Untauglichkeit vorausgesetzt. Das heißt, dass der Bilderwitz seine Komik nicht zuletzt durch die scheinbare Absurdität der Überprüfung der Ehetauglichkeit von schwarzen Frauen sowie durch eine verfremdende Wiederholung und also durch ein Spiel mit den Konventionen des Genres erzeugt.

Die Karte „Zukunftsbild der Infanterie“ spielt selbst mit den Konventionen des Genres – immerhin sind es hier Frauen, die auf ihre militärische Tauglichkeit hin überprüft werden, Uniformen tragen, mit geschulterten Gewehren marschieren etc. Zudem ist – im Gegensatz zu den ‚klassischen‘ Musterungskarten – von einer zukünftigen Infanterie die Rede. Es wird also das Bild eines phantastischen militärischen Systems entworfen, das durch die Auflösung der Grenzen zwischen ehedem als männlich und ehedem als weiblich konnotierten Sphären charakterisiert ist. Mit dieser Stoßrichtung kündigt sich ein weiteres Genre an, dem sich auch die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ zuordnen lässt. Es handelt sich um ein Genre, in dem auf humoristische Weise zukünftige Szenarien einer gesellschaftlichen und sozialen Ordnung durchgespielt werden, bei der die geschlechtsspezifischen Machtverhältnisse invertiert sind. Die Karte „Zukunftsbild der Infanterie“ fügt sich nur bedingt in dieses Schema: Zwar erobern Frauen das Militär als Bastion von Männlichkeit; doch scheinen männliche Soldaten immer noch ranghöhere Funktionen einzunehmen – sie mustern die Frauen, geben den Paradeschritt vor, überprüfen die Uniform beim Wäscheappell usw. Auf anderen Karten hingegen kommt das Motiv des Rollentauschs bzw. der verkehrten Welt zum Einsatz.[51]

Davon zeugen die „Zukunfts-Bilder aus dem Frauenstaat. Unsere Studentinnen“ und „Zur Frauenbewegung. Träume der Frau’n von der Zukunftsehe“ betitelten Karten [Abb. 3 und 4].[52] Hier treten Männer in Frauenkleidern auf und übernehmen als weiblich definierte Aufgaben (Putzen), wohingegen Frauen Anzüge tragen, sich duellieren, im Gerichtssaal Recht sprechen, rauchen, Alkohol trinken sowie als Angehörige studentischer Verbindungen Karten spielen. Beide Karten skizzieren das Szenario eines zukünftigen Gemeinwesens, in dem effeminierte Männer für die häusliche Reproduktion zuständig sein sollen und vermännlichte Frauen das öffentliche Leben dominieren. Vor dem Hintergrund der bürgerlich-heteronormativen Geschlechterordnung mutet ein solches Szenario grotesk an. Demnach ergibt sich das Groteske weniger aus den Physiognomien der einzelnen Protagonist_innen, die bei der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ zumindest teilweise auffällig waren; eher ist es das Auf-den-Kopf-gestellt-Sein der Geschlechterordnung, das den Eindruck einer von Groteske und Verzerrung gekennzeichneten verkehrten Welt vermittelt.

Kolonialer Karneval 2

Ich hatte eingangs erwähnt, dass über die konkreten Entstehungs- und Wirkzusammenhänge historischer Bildpostkarten oftmals nur wenig bekannt ist, und dass sich die Forschung zumeist mit der Erörterung von möglichen Entstehungsbedingungen und Wirkpotenzialen begnügen muss. Dies impliziert eine Form der Geschichtsschreibung, die weniger an der Rekonstruktion von (gesicherten) Fakten, sondern eher an der Plausibilisierung von Vermutungen und Interpretationen orientiert ist.[53] In diesem Sinne will ich hier abschließend einen Interpretationsrahmen skizzieren, innerhalb dessen das auf den Karten verhandelte Motiv der verkehrten Welt meines Erachtens situiert werden kann.

In Anlehnung an Jürgen Links Auseinandersetzung mit dem Normalismus bezeichnet der Medienwissenschaftler Friedrich Balke die Denormalisierungsangst als eine „Grund-Angst der Moderne“.[54] Normalität wiederum sei „keine soziale Perfektionsformel, sondern beschreibt den Modus, wie die Gesellschaft ihre eigene Dynamik reguliert, nachdem sie alle Brücken zu den vormaligen kulturellen Sicherheiten hinter sich abgebrochen hat.“[55] Wesentlicher Bestandteil dieser Dynamik sind soziale Emanzipationsbewegungen, die das Recht auf Anerkennung und Teilhabe einfordern. Das heißt, dass Normalitätsgrenzen stets umkämpft sind und sich permanent verschieben. Die Karten sind Ausdruck solcher Kämpfe und Verschiebungen. Sie sind ein Indikator für Denormalisierungsängste, die auf den Feminismus bzw. die verschiedenen Strömungen der Frauenbewegung des Kaiserreichs (und anderer Länder wie zum Beispiel Großbritannien und die USA) rückführbar sind.[56] Indem sie den zukünftigen ‚Frauenstaat‘ sowie die ‚Zukunftsehe‘ als eine Groteske stilisieren, denunzieren sie die Emanzipationsbestrebungen von Frauen. Sie lassen sich daher – um einen Ausdruck der Historikerin Ute Planert zu verwenden – als „Agenturen des Antifeminismus“ verstehen.[57]

Die Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ zeugt von einer weiteren, einer spezifisch kolonialen Denormalisierungsangst. Diese lässt sich zum einen unmittelbar mit dem Kolonialkrieg in Namibia in Verbindung bringen bzw. mit der Angst vor Aufständen und Revolten, die das koloniale Machtverhältnis zu unterminieren drohten. Zum anderen ergab sich die Angst gewissermaßen aus der Logik der Kolonisierung und des kolonialen Rassismus selbst, aus der Vorstellung nämlich, dass Menschen aufgrund ihrer vermeintlichen rassischen Zugehörigkeit eine bestimmte Wertigkeit zugeschrieben werden könne, und dass durch den Kolonisierungsprozess eine Dynamik in Gang gesetzt würde, in deren Folge eben auch die Zuschreibung von Wert einem Wandel unterliege. Die weit verbreitete Legitimierungsstrategie, derzufolge der Kolonialismus als Zivilisierungsmission dem Fortschritt der Menschheit diene, implizierte ja gerade die Idee einer „moralischen Hebung“, die zum Beispiel durch Erziehung oder die Vermittlung eines bestimmten, im Zuge unter anderem der Entstehung und Ausbreitung des Kapitalismus seit dem 15. Jahrhundert sich etablierenden Arbeitsethos bewerkstelligt werden sollte.[58] Allerdings gab es auch ein der Idee des Hebens komplementäres Szenario, und zwar das Sinken der Kolonisierenden, wobei das fremde Klima, die Adaption von Sprache, Kleidung und Alltagsgewohnheiten der Kolonisierten, die Einsamkeit in den Weiten der Kolonie und der fehlende Kontakt zur Heimat, vor allem aber sexuelle Verhältnisse zu kolonisierten Frauen und Eheschließungen mit (oder Liebesbeziehungen zu) diesen als auslösende Faktoren galten. Im deutschen Kolonialismus wurde ein solches vermeintliches Sinken durch den Begriff der Verkafferung markiert.[59]

Auf der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ resoniert das Szenario der Verkafferung. Immerhin werden hier Ehen zwischen weißen Männern und schwarzen Frauen geschlossen. In dem Bild der Kinder tragenden Väter sowie in dem Bild der schwarzen Frauen in Schutztruppenuniform werden offenbar die Effekte dieser Eheschließung veranschaulicht. Geschlechterordnung wie koloniale Ordnung stehen also gleichermaßen auf dem Kopf. Und wenn im Rahmen der Forschung immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Antifeminismus und Antisemitismus hingewiesen wird, so muss wohl auch nach dem Verhältnis zwischen Antifeminismus und Kolonialrassismus gefragt werden.[60]

Das Szenario der Verkafferung war eine spezifisch deutsche Ausprägung des going native, eines Akkulturationskomplexes also, der in allen Kolonialmächten virulent war. Stets ging es um die Vorstellung, dass sich die Kolonisierenden (bzw. vor allem die kolonisierenden Männer) in kultureller und sozialer Hinsicht an die Kolonisierten annähern oder angleichen könnten. In Abhängigkeit von dem Verhältnis zwischen assimilatorischen und segregierenden Tendenzen innerhalb jeweiliger nationaler Kolonisierungskonzepte und -politiken war diese Vorstellung durchaus unterschiedlich konnotiert. Im kolonialen Diskurs des Deutschen Kaiserreiches jedenfalls war die Diagnose der Verkafferung, die ein symbolisches Schwarz-Werden der Kolonisierenden implizierte, hochgradig normativ aufgeladen und ein zentraler Topos der kolonialen Denormalisierungsangst. Die humoristische Bezugnahme auf das Szenario der Verkafferung wiederum, die gleichzeitig eine Re-Artikulation darstellt, lässt sich als eine spezifische Form der Rationalisierung dieser Angst verstehen. Zwar wurde die verkehrte Welt hier unmittelbar und quasi ungefiltert vor Augen gestellt. Gleichwohl war dieses Vor-Augen-Stellen komisch gemeint und also eine Einladung zum Lachen. Die dargestellte verkehrte Welt sollte als Karikatur einer Ordnung zu erkennen sein. Das heißt, die Möglichkeit von Denormalisierung wurde zwar thematisiert, das Verfahren der Ridikülisierung aber stellte die Normalitätsgrenzen sicher. Es fungierte als Strategie der Selbstvergewisserung und gleichzeitig als Versicherung gegenüber der Denormalisierungsangst.

In ähnlicher Weise lässt sich mit Blick auf die Frage nach der Thematisierung von Gewalt argumentieren: In den ersten Wochen des Krieges besetzten die Herero zahlreiche deutsche Farmen und ermordeten ca. hundert deutsche Siedler.[61] Insofern war der Krieg gerade zu Beginn durchaus bedrohlich. Die Keulen schwingenden schwarzen Männer auf der Karte „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ hingegen wirken keineswegs bedrohlich, sondern muten im Gegenteil lächerlich an, zumal sie von den küssenden Paaren hintergangen werden. So gesehen erweist sich die humoristische Bezugnahme abermals als eine Form der Rationalisierung mit dem Effekt, den bedrohlichen Charakter der antikolonialen Gewalt gewissermaßen zu bändigen und entsprechend die Normalitätsgrenzen sicherzustellen. Die eigene Gewalt wiederum, also die von den Kolonisierenden ausgehende entgrenzte Gewalt, wird wie oben erwähnt gänzlich unsichtbar gemacht.

Es bleibt rätselhaft, warum auf der Karte Krieg, Friedenskuss, Eheschließung und geschlechtsspezifischer Rollentausch derart montiert werden – und zwar, wie ebenfalls oben erwähnt, im Gegensatz zu dem eher klassischen Erweckungsnarrativ, demzufolge der Krieg zu einer rassischen Bewusstwerdung der Deutschen und somit auch zu einer behördlichen Regulierung von ‚Mischehen‘ geführt habe. Möglicherweise wäre hier so etwas wie eine mediale Eigenlogik in Rechnung zu stellen, die sich unter anderem in der Überblendung verschiedener serieller Bildelemente, die auch auf anderen Postkarten verwendet wurden (Friedenskuss), bzw. in der gleichzeitigen Bezugnahme auf verschiedene Genres (Musterungskarten, phantastische Zukunftskarten, Rollentauschkarten) offenbart. Das heißt im Umkehrschluss, dass es vermutlich in die Irre führen würde, eine spezifische Rationalität des humoristischen Kommentars zu unterstellen, derzufolge die Montage der jeweiligen Topoi im Sinne einer Kritik an einer vermeintlich allzu assimilatorisch ausgerichteten Kolonialpolitik erfolgte – zumal der Krieg eben die segregationistischen Tendenzen verstärkte. Der koloniale Bilderwitz auf Postkarten jedenfalls war in besonderer Weise wirkmächtig. Er garantierte die Zirkulation spezifisch kolonialer Denormalisierungsängste und Rationalisierungsstrategien innerhalb der Massen- oder Populärkultur und trug somit zur Popularisierung kolonialrassistischer Ordnungsvorstellungen bei.



[1] Essay zur Quelle: Koloniale Bildpostkarten um 1900.

[2] Aus der inzwischen reichhaltigen Literatur zur Geschichte der (Bild-)Postkarte seien hier lediglich erwähnt Holzheid, Anett, Das Medium Postkarte. Eine sprachwissenschaftliche und mediengeschichtliche Studie, Berlin 2011; Walter, Karin, Postkarte und Fotografie. Studien zur Massenbild-Produktion, Würzburg 1995.

[3] Maase, Kaspar, Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850-1970, Frankfurt am Main 1997, S. 11, datiert den Aufstieg der Massenkultur in Deutschland auf die Jahre zwischen 1869 und 1914 – dies ist genau der Zeitraum, in dem sich der Aufstieg der (Bild-)Postkarte zu einem Massenmedium vollzog.

[4] Zur ‚Kongo-Konferenz‘ siehe Förster, Stig; Mommsen, Wolfgang; Robinson, Ronald (Hgg.), Bismarck, Europe, and Africa. The Berlin Africa Conference 1884-1885 and the Onset of Partition. Oxford u. a. 1988.

[5] Mathur, Saloni, Wanted Native Views. Collecting Colonial Postcards of India, in: Burton, Antoinette (Hg.), Gender, Sexuality and Colonial Modernities, London u.a. 1999, S. 95.

[6] Conrad, Sebastian, Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich, München 2006, S. 44.

[7] Zur Metapher des ‚goldenen Zeitalters‘ in Bezug auf die Geschichte der Bildpostkarte siehe z.B. Hax, Iris, „Gut getroffen, wie der Isaac schmunzelt, nicht wahr?“ Zur Medien- und Rezeptionsgeschichte antisemitischer Postkarten, in: Gold, Helmut; Heuberger, Georg (Hgg.), Abgestempelt. Judenfeindliche Postkarten, Frankfurt am Main 1999, S. 97–123.

[8] Andere Facetten der kolonialen Implikationen des Postkartenbooms um 1900 habe ich in meiner Dissertation thematisiert. Vgl. Axster, Felix, Koloniales Spektakel in 9x14. Bildpostkarten im Deutschen Kaiserreich, Bielefeld 2014.

[9] Vgl. Yekani, Elahe Haschemi, The Privilege of Crisis. Narratives of Masculinities in Colonial and Postcolonial Literature, Photography and Film, Frankfurt am Main u.a. 2011. Siehe auch Pesek, Michael, Die Auferstehung des Kriegshelden aus dem Bett des Offiziers. Die Konstruktion kolonialer Männlichkeit im Ersten Weltkrieg. Beitrag zum Themenschwerpunkt „Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte“, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2009, URL: www.europa.clio-online.de/essay/id/artikel-3547 (27.04.2017).

[10] Zum Motiv der ‚verkehrten Welt‘ als Bestandteil der Kultur des (frühneuzeitlichen) Karnevals siehe Scribner, Bob, Reformation, Karneval und die „verkehrte Welt“, in van Dülmen, Richard; Schindler, Norbert (Hgg.), Volkskultur. Zur Wiederentdeckung des vergessenen Alltags (16. – 20. Jahrhundert), Frankfurt am Main 1984, S. 117–152.

[11] Zum forschungsstrategischen Umgang mit Bildern als Bestandteilen von Diskursen sowie als Gegenständen von Diskurs- oder Dispositivanalysen siehe Eder, Franz X.; Kühschelm, Oliver; Linsboth, Christina (Hgg.), Bilder in historischen Diskursen, Wiesbaden 2014; Maasen, Sabine; Mayerhauser, Torsten; Renggli, Cornelia (Hgg.), Bilder als Diskurse – Bilddiskurse, Göttingen 2006.

[12] Schätzungen zufolge wurden zumindest im Deutschen Kaiserreich ca. 20 Prozent der produzierten Karten direkt von der Sammelszene absorbiert. Vgl. Hax, Zur Medien- und Rezeptionsgeschichte antisemitischer Postkarten, S. 101; Leclerc, Herbert, Ansichten über Ansichtskarten, in: Archiv für deutsche Postgeschichte (1986), H. 2, S. 5–65, hier S. 31.

[13] Dass im Falle der Bildpostkarte nur selten ein expliziter Bezug zwischen Bild und handschriftlicher Mitteilung besteht, wird in der Forschungsliteratur immer wieder hervorgehoben. Vgl. Baldwin, Broke, On the Verso: Postcard Messages as a Key to Popular Prejudices, in: The Journal of Popular Culture 22 (1988), S. 15–28, z.B. spricht mit Blick auf rassistische Postkarten aus den USA von „messages unrelated to the images“ (S. 15).

[14] Vgl. Gugerli, David; Orland, Barbara (Hgg.), Ganz normale Bilder. Historische Beiträge zur visuellen Herstellung von Selbstverständlichkeit, Zürich 2002.

[15] Vgl. Betscher, Silke, Bildsprache. Möglichkeiten und Grenzen einer Visuellen Diskursanalyse, in: Eder u.a., Bilder in historischen Diskursen, S. 63–83.

[16] Für die folgenden Informationen über den Herausgeber der Karte, über den nur wenig bekannt ist, danke ich Björn Berghausen vom Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv: Friedrich Schubert war zwischen 1906 und 1908 in der Lothringerstraße 38 (die heutige Torstraße) in Berlin als Handelsmann eingetragen. Dort saß seit 1905 (und bis 1929) auch Carl Fentzke (manchmal auch Fenske), der eine Kartenhandlung bzw. ein Versandgeschäft betrieb. Wie einige Postkarten, von denen am Ende die Rede sein wird, nahelegen, scheinen zwischen Schubert und Fentzke geschäftliche Beziehungen bestanden zu haben.

[17] Zu diesem Krieg siehe Zeller, Joachim; Zimmerer, Jürgen (Hgg.), Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg (1904-1908) in Namibia und seine Folgen, Berlin 2003.

[18] Zimmerer, Jürgen, Von Windhuk nach Auschwitz? Beiträge zum Verhältnis von Kolonialismus und Holocaust, Münster 2011. Zur Kritik an dieser Forschungsperspektive vgl. Gerwarth, Robert; Malinowski, Stephan, Der Holocaust als „kolonialer Genozid“? Europäische Kolonialgewalt und nationalsozialistischer Vernichtungskrieg, in: Geschichte und Gesellschaft 33 (2007), S. 439–466. Zur Bedeutung des Kolonialkriegs für die Erinnerungspolitik und -kultur in Namibia siehe Förster, Larissa, Postkoloniale Erinnerungslandschaften. Wie Deutsche und Herero in Namibia des Kriegs von 1904 gedenken, Frankfurt am Main 2010; Krüger, Gesine, Kriegsbewältigung und Geschichtsbewusstsein. Realität, Deutung und Verarbeitung des deutschen Kolonialkriegs in Namibia 1904 bis 1907, Göttingen 1999. Zur postkolonialen Theorie siehe Castro Varela, María do Mar; Dhawan, Nikita, Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung, Bielefeld 2015.

[19] Vgl. Böhlke-Itzen, Janntje, Kolonialschuld und Entschädigung. Der deutsche Völkermord an den Herero 1904-1907, Frankfurt am Main 2004. Siehe auch Später, Jörg, Gegenläufige Erinnerungen. Historizität und politischer Kontext der Debatten um Kolonialismus und Nationalsozialismus, in: freiburg-postkolonial.de, URL: http://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/iz3w2008-KD-Spaeter.htm (27.04. 2017).

[20] Brehl, Medardus, „Das Drama spielte sich auf der dunklen Bühne des Sandfeldes ab.“ Die Vernichtung der Herero und Nama in der deutschen (Populär-)Literatur, in: Zeller; Zimmerer, Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, S. 86–96, hier S. 86.

[21] Erwähnt sei hier lediglich der 1906 erschienene Roman „Peter Moors Fahrt nach Südwest. Ein Feldzugsbericht von Gustav Frenssen“, der als eine der populärsten zeitgenössischen Auseinandersetzungen mit dem Kolonialkrieg in Namibia gilt.

[22] Vgl. Zeigerer, Merle, Kriegsberichterstatter in den deutschen Kolonialkriegen in Asien und Afrika. Augenzeugen, Anstifter, Komplizen?, Kiel 2016.

[23] Vgl. van der Heyden, Ulrich, Die „Hottentottenwahlen“ von 1907, in: Zeller; Zimmerer, Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, S. 97–102. Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der rassistischen Kategorie ‚Hottentotten‘ siehe Göttel, Stefan, „Hottentotten/Hottentottin“, in: Arndt, Susan; Hornscheidt, Antje (Hgg.), Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster 2004, S. 147–153.

[24] Vgl. von Liliencron, Adda, Kriegsklänge der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwest-Afrika, Hamburg 1906; Schwabe, Kurd. Mit Schwert und Pflug in Deutsch-Südwestafrika. Vier Kriegs- und Wanderjahre, Berlin 1904; ders., Der Krieg in Deutsch-Südwestafrika 1904-1906, Berlin 1907.

[25] Vgl. Zeller, Joachim, Bilderschule des Herrenmenschen. Koloniale Reklamebilder, Berlin 2008.

[26] Der „Simplicissimus“ ist inzwischen vollständig digitalisiert. Auch die ‚Spezial-Nummer Kolonien‘ steht als Download bereit, URL: http://www.simplicissimus.info/ (27.04. 2017).

[27] Vgl. Spenker Kunstverlag (Hg.), Kreuz und Quer durch Deutsch-Südwest-Afrika, Hamburg 1904; Lange, Friedrich, Deutsch-Südwest-Afrika. Kriegs- und Friedensbilder. 100 Originalaufnahmen, Windhuk 1907.

[28] Vgl. Axster, Felix, „… will try to send you the best views from here.” Postcards from the Colonial War in Namibia (1904-1908), in: Langbehn, Volker (Hg.), German Colonialism, Visual Culture, and Modern Memory, London u.a. 2010, S. 55–70. Der Befund, dass die militärische Auseinandersetzung in Namibia auch ein Bild-Ereignis war, widerspricht der Beobachtung von Gerhard Paul, wonach die Kolonialkriege Anfang des 20. Jahrhunderts zumindest in visueller Hinsicht „zeitgenössisch gewiss unterbelichtet oder gänzlich im Dunkeln blieben“ und der „zunächst verborgene[] Schrecken“ erst durch später aufgetauchte Bilder sichtbar wurde. Paul, Gerhard, Bilder des Krieges – Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges, Paderborn 2004, S. 470. Entsprechend liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem vermeintlich historischen Faktum – die zeitgenössische Unsichtbarkeit der Kolonialkriege in Bildmedien – eher um eine Leerstelle im kulturellen Bildgedächtnis handelt.

[29] Zu Prozessen der intermedialen Bezugnahme siehe Jäger, Ludwig; Fehrmann, Gisela; Adam, Meike (Hgg.), Medienbewegungen. Praktiken der Bezugnahme, München 2012.

[30] Zeigerer, Kriegsberichterstatter in den deutschen Kolonialkriegen, verweist darauf, dass die journalistischen Kriegsberichterstatter „einen aktiven Beitrag zur Ermöglichung kolonialer Gewalträume“ leisteten, und zwar „indem sie eine neue koloniale ‚Gewaltnormalität‘ in den öffentlichen Diskurs des Deutschen Reiches transferierten, die entgrenzte Gewalt bagatellisierte und bzw. oder unsichtbar werden ließ“ (S. 464). Siehe auch Brehl, Medardus, Vernichtung der Herero. Diskurse der Gewalt in der deutschen Kolonialliteratur, München 2007. Zur Kolonialkritik siehe Jansen, Jan, Die Aufstände der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika und die Kolonialkritik im Kaiserreich, München 2007.

[31] Vgl. Grimm, Hans, Der Leutnant und der Hottentott und andere afrikanische Erzählungen, Hamburg 1934; Rohrbach, Paul, Die Kolonie, Frankfurt am Main 1907.

[32] Zantop, Susanne, Kolonialphantasien im vorkolonialen Deutschland (1770-1870), Berlin 1999, S. 10–11.

[33] Siehe McClintock, Anne, Imperial Leather. Race, Gender and Sexuality in the Colonial Contest, London u.a. 1995.

[34] Grosse, Pascal, Kolonialismus, Eugenik und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland 1850-1918, Frankfurt am Main u.a. 2000, S. 149.

[35] Allgemein zu diesem Zusammenhang vgl. Theweleit, Klaus, Pocahontas in Wonderland. Shakespeare on Tour. Indian Song, Basel u.a. 1999.

[36] Vgl. Wildenthal, Lora, German Women for Empire, 1884-1945, Durham u.a. 2001, S. 86ff.

[37] Vgl. Young, Robert J.C., Colonial Desire. Hybridity in Theory, Culture and Race, London u.a. 1995.

[38] Vgl. El-Tayeb, Fatima, Schwarze Deutsche. Der Diskurs um „Rasse“ und nationale Identität 1890-1933, Frankfurt am Main 2001.

[39] 1906 und 1912 wurden entsprechende Verbote auch für die deutschen Besitzungen in Ost-Afrika und auf Samoa erlassen. Ausführlich befasst sich mit den Entwicklungen in den jeweiligen Kolonien Wildenthal German Women for Empire, S. 79–130.

[40] Grosse, Kolonialismus, Eugenik und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland, S. 10.

[41] Ebd., S. 148.

[42] Vgl. Walgenbach, Katarina, „Die weiße Frau als Trägerin deutscher Kultur“. Koloniale Diskurse über Geschlecht, „Rasse“ und Klasse im Kaiserreich, Frankfurt am Main u.a. 2005.

[43] Vgl. Bösch, Frank, Öffentliche Geheimnisse. Skandale, Politik und Medien in Deutschland und Großbritannien 1880-1914, München 2009, v.a. S. 225–327; Habermas, Rebekka, Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft, Frankfurt am Main 2016.

[44] Habermas, Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft, S. 21.

[45] Ebd., S. 20.

[46] Zu diesem Genre siehe auch Hartmann, Heinrich, Maßnehmen am Europäer. Wissenschaft und Militarismus im Spiegel der Musterungen, etwa 1890 bis 1914, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2007, URL: http://www.europa.clio-online.de/essay/id/artikel-3418 (27.04. 2017).

[47] Zum Verhältnis zwischen Genre und Serie bzw. Serialität siehe Morsch, Thomas (Hg.), Genre und Serie, Paderborn 2015.

[48] Vgl. Gould, Stephen Jay, Der falsch vermessene Mensch, Frankfurt am Main 1983.

[49] Vgl. Möhring, Maren, Marmorleiber. Körperbildung in der deutschen Nacktkultur (1890-1930), Köln u.a. 2004, v.a. S. 364–377.

[50] Hartmann, Maßnehmen am Europäer, verweist auf das für die Bedeutung der Musterung um 1900 konstitutive „Wechselspiel zwischen Militarismus, entstehender demografischer Wissenschaft und Feindwahrnehmung“ (S. 2) und resümiert darüber hinaus, dass der „Rekrut […] zum Gegenstand wissenschaftlicher Debatten und Spekulationen“ und gleichzeitig „zu einem Objekt rassistischer Klassifizierung wurde“ (S. 7).

[51] Die Karte „Zukunftsbild der Infanterie“ wurde am 30. April 1909 innerhalb Berlins verschickt. In der handschriftlichen Mitteilung heißt es: „Lieber Schwager, angesetzt zur Infanterie. Es grüßt Dein Schwager Emil.“

[52] Die Karten wurden von den Verlagen Schubert und Fentzke herausgegeben, beide ansässig in der Lothringerstraße 38 in Berlin. Es ließen sich noch zahlreiche weitere, nicht nur von Schubert und Fentzke, sondern auch von anderen Verlagen herausgegebene Exemplare anführen, die allesamt entsprechende Szenarien entwerfen.

[53] Vgl. Betscher, Bildsprache. Möglichkeiten und Grenzen einer Visuellen Diskursanalyse S. 63–83.

[54] Balke, Friedrich, Die neue Unübersichtlichkeit ist ziemlich alt. Jürgen Links „Versuch über den Normalismus“, in: Merkur (1998), H. 586, S. 68. Siehe auch Link, Jürgen, Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird, Opladen 1997.

[55] Balke, Die neue Unübersichtlichkeit ist ziemlich alt, S. 69.

[56] Vgl. Gerhard, Ute, Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789, München 2009.

[57] Vgl. Planert, Ute, Antifeminismus im Kaiserreich. Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität, Göttingen 1998, S. 12.

[58] Habermas, Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft, S. 17.

[59] Vgl. Axster, Felix, Die Angst vor dem ‚Verkaffern‘ – Politiken der Reinigung im deutschen Kolonialismus, in WerkstattGeschichte 39 (2005), S. 39–53; Dietrich, Anette, ‚Verkaffern‘, in: Nduka-Agwu, Adibeli; Lann Hornscheidt, Antje (Hgg.), Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen, Frankfurt am Main 2010, S. 204–207.

[60] Zu den Verbindungslinien zwischen Antifeminismus und Antisemitismus siehe Volkov, Shulamit, Antisemitismus und Antifeminismus: Soziale Norm oder kultureller Code, in: dies., Das jüdische Projekt der Moderne. Zehn Essays, München 2001, S. 62–81.

[61] Vgl. Krüger (wie Anm. 17), S. 46. Allgemein zum Verlauf des Krieges siehe Kuß, Susanne, Kriegsführung ohne hemmende Kulturschranke: Die deutschen Kolonialkriege in Südwestafrika (1904-1907) und Ostafrika (1905-1908), in: Klein, Thoralf; Schumacher, Frank (Hgg.), Kolonialkriege. Militärische Gewalt im Zeichen des Imperialismus, Hamburg 2006, S. 208–247.



Literaturhinweise

  • Alloula, Malek, Haremsphantasien. Aus dem Postkartenalbum der Kolonialzeit, Freiburg 1994.
  • Geary, Christraud; Webb, Virginia-Lee (Hgg.), Delivering Views. Distant Cultures in Early Postcards, London u.a. 1998.
  • Jäger, Jens, Bilder aus Afrika vor 1918. Zur visuellen Konstruktion Afrikas im europäischen Kolonialismus, in: Paul, Gerhard, Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 134–148.
  • Kusser, Astrid; Lewerenz, Susann, Genealogien der Erinnerung – die Ausstellung Bilder verkehren im Kontext der Gedenkjahre 2004/2005, in: Hobuß Steffi; Lölke, Ulrich (Hgg.), Erinnern verhandeln. Kolonialismus im kollektiven Gedächtnis Afrikas und Europas, Münster, S. 214–245.
  • Sturani, Enrico, Das Fremde im Bild. Überlegungen zur historischen Lektüre kolonialer Postkarten, in: Fotogeschichte 21 (2001), S. 13–24.

Koloniale Bildpostkarten um 1900

Abb. 1: „Zukunft’s-Bilder unserer Schutztruppe“ (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)


Abb. 2: „Zukunftsbild der Infanterie“ (Historische Bildpostkarten – Universität Osnabrück Sammlung Prof. Dr. Sabine Giesbrecht, www.bildpostkarten.uos.de)

Abb. 3: „Zukunfts-Bilder aus dem Frauenstaat“ (Historische Bildpostkarten – Universität Osnabrück Sammlung Prof. Dr. Sabine Giesbrecht, www.bildpostkarten.uos.de)


Abbildung 4: „Zur Frauenbewegung“ (Deutsches Historisches Museum, Berlin/I. Desnica )



Zugehöriger Essay:
Axster,Felix: Männlichkeiten als Groteske. Koloniale (Un-)Ordnung auf Bildpostkarten um 1900

Für das Themenportal verfasst von

Felix Axster

( 2017 )
Zitation
Felix Axster, Männlichkeit als Groteske. Koloniale (Un-)Ordnung auf Bildpostkarten um 1900, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2017, <www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1708>.
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