Essays/

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  • von Anna Karla

    Im September 1919 reiste eine Delegation im Auftrag der deutschen Regierung durch den Nordosten Frankreichs. Ziel der Reise war es, sich ein Bild zu machen: davon, wie es ein knappes Jahr nach dem Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und den Staaten der Entente um die Gebiete an der ehemaligen Westfront bestellt war; davon, welches Ausmaß der Zerstörungen sich in der Region nördlich und östlich der französischen Hauptstadt bot; davon, was zu tun sei, um den Wiederaufbau voranzutreiben, der auf der Friedenskonferenz in Versailles, in der französischen Presse und in der lokalen, regionalen und nationalen Politik als drängendes Problem gehandelt wurde. [...]

  • von Albrecht Götz von Olenhusen und Irmtraud Götz v. Olenhusen

    Siegfried Kracauer (1889–1966) zählt neben Rudolf Arnheim, Béla Balász und Lotte Eisner zu den bedeutendsten Klassikern der deutschen Filmkritik und Filmtheorie der 1920er-Jahre. Seine berufliche Ausprägung als Filmkritiker, namentlich der Frankfurter Zeitung seit Anfang der 1920er-Jahre, kann als ein herausragendes Beispiel dienen, wie sich im Gegensatz zu einer rein ästhetisch geprägten Filmkritik eine soziologische Filmkritik und die Profession des Filmkritikers nach ersten Anfängen vor und im Ersten Weltkrieg insbesondere in den 1920er-Jahren entwickelte. Da weder die Geschichte der Filmkritik noch die Entwicklung der Profession des Filmkritikers unter kultur- und sozialhistorischen Perspektiven im internationalen Kontext hinreichend erforscht sind[3], kann hier nur eine auf einen Exponenten bezogene knappe Skizze geliefert werden. [...]

  • von Klaus Große Kracht

    Mit der Neuzeit begann in Europa zugleich das Zeitalter der Mission. Die koloniale Expansion in die ‚neue Welt’ führte zu einem mehr oder weniger unter Zwang erfolgten globalen Christianisierungsschub, die Glaubensspaltung auf dem Kontinent zu neuen kriegerischen und kontroversen theologischen Versuchen, die jeweils Andersgläubigen auf den richtigen Pfad der Gotteslehre zurückzuführen. Die äußere ‚Heidenmission’ ging somit stets mit einer ‚Heimatmission’ einher, die dann vor allem seit dem 19. Jahrhundert eine immer größere Bedeutung für die Geschichte des europäischen Christentums entfaltete. Man denke nur an die ‚Innere Mission’, die August Hinrich Wichern in den 1830er Jahren aus sozialprotestantischem Geist ins Leben rief, oder an die zahlreichen ‚Volksmissionen’, die katholische Ordensgeistliche nach der Revolution von 1848 aus dem Arsenal der Gegenreformation hervorholten, um die durch die diversen Modernisierungsschübe des 19. Jahrhunderts verwirrten Schäfchen bei der Herde zu halten. [...]

  • von Friedrich Kießling

    Vorstellungen davon, wie die internationalen Beziehungen gestaltet werden könnten oder sollten, verändern sich nicht von heute auf morgen. In den meisten Fällen ist vielmehr von langfristigen Wandel- und Ablösungsprozessen auszugehen, die überdies keineswegs kontinuierlich verlaufen müssen. Auch „Europa“ als Ordnungsvorstellung der internationalen Beziehungen macht da keine Ausnahme. Gezeigt werden kann das zum Beispiel am sogenannten Briand-Plan für eine „europäische Union“ von 1929/30. Neben politisch-diplomatischen müssen dabei allgemein ideen- und mentalitätshistorische Prozesse in den Blick genommen werden.[...]

  • von Hans Manfred Bock

    Im Jahre 1928 lancierte die Redaktion der „Deutsch-Französischen Rundschau“ eine Enquête, in der bekannte und einschlägig ausgewiesene Wissenschaftler und Schriftsteller dazu befragt wurden, wie sich aus ihrer Sicht die deutsch-französischen Beziehungen praktisch verbessern ließen. Die Initiative ging von den Berliner Gründern der Deutsch-Französischen Gesellschaft (DFG) aus, die Ende 1927 ins Leben gerufen wurde.[...]

  • von Thomas Raithel

    Mit den Schlagworten „Amerika“ und „Amerikanisierung“ verband sich nach dem Ersten Weltkrieg in Europa eine massive wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Herausforderung. Der Beitrag bewertet im deutsch-französischen Vergleich das jeweilige Ausmaß dieses Vorgangs. Nach einem ersten Abschnitt zu den historischen Voraussetzungen der jeweiligen nationalen Amerika-Diskurse werden im zweiten Kapitel verschiedene Erscheinungsformen der „amerikanischen“ Herausforderung vorgestellt und systematisiert (wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in den USA; massenkulturelle „Importe“ aus den USA; generelle technische und soziokulturelle Modernisierungen, die vielfach mit dem Begriff des „Amerikanismus“ identifiziert wurden). Dabei wird auch auf die charakteristischen Reaktionen eingegangen, wie sie in den deutschen und französischen Amerika-Debatten zum Ausdruck kamen. Im dritten Kapitel folgen dann eine komparatistische Synthese und ein kurzer Ausblick bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

  • von Matthias Schulz

    Golo Manns Bildungsweg umspannt Schul-, Studien- und Lehrerfahrungen in Deutschland bzw. Frankreich in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren und gewährt Einblick in eine Zeit, in der die Bildungskulturen in den Nachbarländern zunehmend divergierten. Während in Frankreich Bildungseinrichtungen mit dezidiert demokratischer Ausrichtung bereits vor dem Ersten Weltkrieg etabliert waren, setzten sich obrigkeitsstaatliche Traditionen im Bildungswesen der Weimarer Republik weitgehend fort. Demokratische bildungspolitische Ansätze blieben schwach bzw. erlebten nur am Rande eine kurze Blüte. Der Beitrag ordnet die persönlichen, in Memoiren, Tagebüchern und der Korrespondenz Manns widergespiegelten Erfahrungen in den breiteren Rahmen der Bildungskulturen beider Länder zwischen den Kriegen ein und weist auf die Bedeutung interkultureller Bildungserfahrungen für die Persönlichkeitsentwicklung hin.

  • von Andreas Eckert

    Léopold Sédar Senghor (1906-2001), der erste gewählte Staatspräsident des unabhängigen Senegal, war im April 1961 erst seit wenigen Monaten im Amt. Seine erste Reise nach Europa führte ihn, wenig überraschend, zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. In seinen Reden während des Staatsbesuches, wie auch in seiner Ansprache auf dem Empfang des Stadtrates von Paris am 20. April, die der vorliegende Essay als Ausgangspunkt wählt, betonte Senghor wiederholt die engen und positiven Verbindungen zwischen den beiden Ländern. [...]

  • von Wolfgang Kaschuba

    Die im Anschluss an diesen Essay abgedruckte Collage europäischer Mentalitäten und Stereotypen stammt aus keiner deutschen Feder, dazu ist sie ganz offensichtlich zu leicht, zu frech, mit zu viel Esprit geschrieben. Doch vielleicht ist auch diese Einordnung bereits wieder einem alten und noch gängigen europäischen Klischee verpflichtet, das solchen Witz automatisch der französischen Kultur zuschreibt. Wie auch immer: Der Autor heißt jedenfalls Aristide Briand, ist also in der Tat Franzose und kein Unbekannter, wenn es um die europäische Geschichte und Kultur des 20. Jahrhunderts geht.[...]