Im September 1919 reiste eine Delegation im Auftrag der deutschen Regierung durch den Nordosten Frankreichs. Ziel der Reise war es, sich ein Bild zu machen: davon, wie es ein knappes Jahr nach dem Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und den Staaten der Entente um die Gebiete an der ehemaligen Westfront bestellt war; davon, welches Ausmaß der Zerstörungen sich in der Region nördlich und östlich der französischen Hauptstadt bot; davon, was zu tun sei, um den Wiederaufbau voranzutreiben, der auf der Friedenskonferenz in Versailles, in der französischen Presse und in der lokalen, regionalen und nationalen Politik als drängendes Problem gehandelt wurde. [...]
Mit den Schlagworten „Amerika“ und „Amerikanisierung“ verband sich nach dem Ersten Weltkrieg in Europa eine massive wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Herausforderung. Der Beitrag bewertet im deutsch-französischen Vergleich das jeweilige Ausmaß dieses Vorgangs. Nach einem ersten Abschnitt zu den historischen Voraussetzungen der jeweiligen nationalen Amerika-Diskurse werden im zweiten Kapitel verschiedene Erscheinungsformen der „amerikanischen“ Herausforderung vorgestellt und systematisiert (wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in den USA; massenkulturelle „Importe“ aus den USA; generelle technische und soziokulturelle Modernisierungen, die vielfach mit dem Begriff des „Amerikanismus“ identifiziert wurden). Dabei wird auch auf die charakteristischen Reaktionen eingegangen, wie sie in den deutschen und französischen Amerika-Debatten zum Ausdruck kamen. Im dritten Kapitel folgen dann eine komparatistische Synthese und ein kurzer Ausblick bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Golo Manns Bildungsweg umspannt Schul-, Studien- und Lehrerfahrungen in Deutschland bzw. Frankreich in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren und gewährt Einblick in eine Zeit, in der die Bildungskulturen in den Nachbarländern zunehmend divergierten. Während in Frankreich Bildungseinrichtungen mit dezidiert demokratischer Ausrichtung bereits vor dem Ersten Weltkrieg etabliert waren, setzten sich obrigkeitsstaatliche Traditionen im Bildungswesen der Weimarer Republik weitgehend fort. Demokratische bildungspolitische Ansätze blieben schwach bzw. erlebten nur am Rande eine kurze Blüte. Der Beitrag ordnet die persönlichen, in Memoiren, Tagebüchern und der Korrespondenz Manns widergespiegelten Erfahrungen in den breiteren Rahmen der Bildungskulturen beider Länder zwischen den Kriegen ein und weist auf die Bedeutung interkultureller Bildungserfahrungen für die Persönlichkeitsentwicklung hin.