Essays/

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  • von Relinde Meiwes

    Im Spätsommer des Jahres 1877 begab sich eine kleine Gruppe junger Novizinnen der Schwestern von der heiligen Katharina aus der ostpreußischen Stadt Braunsberg auf eine Reise nach Skandinavien. Ziel war die finnische Hauptstadt Helsinki, die damals den schwedischen Namen Helsingfors trug. Die Schwestern wollten hier in der katholischen Kirchengemeinde als Lehrerinnen arbeiten. Wie sie waren seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Männer und Frauen im Namen der Kirche unterwegs in Europa. Sie hatten sich die Verkündigung des Evangeliums zur Aufgabe gemacht und arbeiteten vor allem im Schulwesen und in der Krankenpflege. Eingebunden in religiöse Netzwerke reisten also nicht nur Missionare, Ordensmänner, Brüder oder Diakone, sondern auch Ordensfrauen, Diakonissen, Schwestern und Missionarinnen. Doch was bedeuteten diese weiblichen Aktivitäten? [...]

  • von Ulrich Wyrwa

    Der Begriff Antisemitismus ist bekanntlich im Herbst 1879 im Kreis des einst radikaldemokratischen, nunmehr zutiefst frustrierten und hoffnungslosen Schriftstellers Wilhelm Marr geprägt worden. Gleichzeitig hatte der preußische Hofprediger Adolf Stoecker die mit diesem Neologismus intendierte neue judenfeindliche Einstellung in breiten Teilen des Mittelstandes populär gemacht und der Berliner Historiker Heinrich von Treitschke zur Verbreitung des Antisemitismus im Bildungsbürgertums, vor allem unter der akademischen Jugend, beigetragen. Nicht zuletzt die von über einer Viertel Million Menschen unterzeichnete „Antisemiten-Petition“ von 1880/81 trug wesentlich dazu bei, dass der neue Terminus eine sehr rasche Verbreitung im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch fand. Vor allem der Philosoph Eugen Dühring schließlich sorgte für die rassistische Aufladung des neuen Begriffs, auch wenn die Sprache des Rassismus nicht von allen Judenfeinden dieser Zeit geteilt wurde.

  • von Thomas Mergel

    Der katholische Geistliche Heinrich Hansjakob, Pfarrer in Hagnau am Bodensee, Abgeordneter der Katholischen Volkspartei im Badischen Landtag und ein bekannter Volkserzähler und Publizist, reiste im Jahre 1874 für mehrere Wochen nach Frankreich. Selbstverständlich führte ihn sein Weg nach Paris und zu anderen touristischen Sehenswürdigkeiten, doch da er sich die Reise von seinem Bischof als Wallfahrt hatte genehmigen lassen, standen im Mittelpunkt die berühmten Anbetungsstätten in Lourdes, wo seit 1858 Marienerscheinungen zu einer der größten Wallfahrten Europas geführt hatten, und in Paray, dem Mittelpunkt der Herz-Jesu-Frömmigkeit, die im 19. Jahrhundert einen enormen Aufschwung als international verbreiteter und organisierter Kern ultramontaner Religiosität erlebte.[...]