Europakarten Auswahl, 18.-20. Jahrhundert

Europakarten (Auswahl, 18.-20. Jahrhundert)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Druckversion des Essays findet sich in Hohls, Rüdiger; Schröder, Iris; Siegrist, Hannes (Hg.), Europa und die Europäer. Quellen und Essays zur modernen europäischen Geschichte, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2005.

Karten – Repräsentationen Europas aus vier Jahrhunderten[1]

Von Bo Stråth

Europakarten bestimmen oft die Grenzen von Europa, insofern stellen sie Repräsentationen von Europa her. Im Wortsinn meint repräsentieren etwas wieder sichtbar machen und weist auf etwas Größeres oder Authentischeres hinter dem Begriff hin. Dieser Zusammenhang wird zum Beispiel deutlich in Bezug auf den Begriff der politischen Re­präsentation, bei dem ein konstituierendes Volk hinter der parlamentarischen Repräsentation mitgedacht wird. Entsprechend sind Karten als Repräsentationen des Raumes zu betrachten: mit der Karte assoziieren wir einen kartografisch aufbereiteten größeren Raum. Der Raum beeinflusst als analytische Kategorie inzwischen wieder mehr die Gesellschaftswissenschaften, weil sich vormalige Grenzen, die wir als unveränderliche Größen angenommen hatten und die zur Kategorisierung in den Wissenschaften dienten, mit dem Ende des Kalten Krieges auflösten. Je poröser und durchsichtiger die Grenzen innerhalb Europas mit der fortschreitenden Integration werden, desto größer scheint das Interesse am europäischen Raum und seinen Außengrenzen zu werden.[2]

Auch Begriffe wie hyper space und virtual reality problematisieren den Zusammenhang zwischen Raum und Repräsentation. Sie bilden keine tatsächlich vorhandenen geografischen Einheiten ab, sondern kreieren Repräsentationen symbolischer Räume mit neuen imaginativen Horizonten. Diesen aktuellen Repräsentationen wächst symbolische Macht zu und sie schaffen eher Wirklichkeitsbilder, als dass sie vorhandene reproduzieren. Die Deutung des Repräsentationsbegriffes hat sich damit radikal verändert. Entsprechend veranschaulichen auch Karten von Europa zeitgenössische Visionen von Europa. Eine Analyse von Karten verschiedener Epochen zeigt, wie die räumliche Dimension Europas dem zeitlichen Wandel unterworfen ist, denn Europavorstellungen sind nicht essentiell oder gar statisch. Vielmehr erscheint der Europabegriff sehr veränderlich, die Grenzen von Europa sind sensibel hinsichtlich Zeit und Raum, Geschichte und Kultur – und dies ist der Grund warum europäische Kartenprojektionen vom zeitlichen und räumlichen Wandel Europas erzählen.

Die Vorstellung von Europa als eine Art Gegenbild zum Nationalstaat verläuft quer zum Prozess der Nationenbildung seit dem frühen 19. Jahrhundert. In Bezug auf die kriegerischen Auseinandersetzungen der europäischen Nationalstaaten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellte die europäische Friedensordnung eine Art Gegenentwurf dar. Letztlich war Europa so auch im Faschismus und Nationalsozialismus präsent, in der Zwischenkriegszeit und im sich anschließenden Kalten Krieg. Natürlich handelt es sich bei der vorliegenden Auswahl von Europakarten nur um wenige Beispiele, um die imaginäre und fiktive Beschaffenheit des Europaprojektes zu demonstrieren. Sie zeigen, dass Europa ein Gebiet mit umstrittenen Grenzen und inhaltlichen Zuschreibungen ist. Die Abgrenzung Europas erfolgt in einzelnen Karten sehr klar und deutlich. In anderen Kartenprojektionen aber wird Europa fiktiv, entflieht der Definition und nimmt den Status eines Diskurses an. Als Fiktion gewinnt Europa an Kraft, zum Besseren und zum Schlechteren hin, als ein Friedensprojekt und als Zentrum von politischer und militärischer Macht.

Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde der unter osmanischer Herrschaft stehende Balkan als europäische, das übrige Reich als asiatische Türkei bezeichnet. Im 19. Jahrhundert war das osmanische Reich Teil des sogenannten „europäischen Konzerts“ (Metternich). Eine ähnliche Ambivalenz, ‚dazwischen’, also sowohl innerhalb und außerhalb Europa zu liegen, betraf auch Russland.[3]Während Westeuropa seit dem 16. Jahrhundert mit der Eroberung des amerikanischen Kontinents beschäftigt war, eroberte Moskau große Teile Sibiriens und erreichte im Süden das Schwarze und das Kaspische Meer. In Westeuropa kümmerte man sich wenig um diese Expansion. Erst der Vorstoß in Richtung Ostsee und die damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen, vor allem mit Schweden, zwangen den Rest Europas, Kenntnis von Russland zu nehmen. Durch die Konflikte im Baltikum beschwor Russland die gespenstische Vorstellung herauf, der Ostseeraum und Osteuropa würden von seinen endlosen ‚Horden’ überschwemmt werden, zumal Reiseberichte vom asiatischen Aussehen der Russen erzählten.[4]

Erst die Abgrenzung Europas von seinem nichteuropäischen kontinentalen Gegenstück schuf, wie Kirti Chaudhuri gezeigt hat, die Idee von Asien. Es wundert daher nicht, dass der Begriff Asien als Bezeichnung eines Kontinents aus dem Westen stammt. Darüber hinaus verhält sich die Idee von Europa als ein „Volk von vielen Völkern“ gegenüber der von Asien als einem Kontinent isomorph zueinander. Die eine Seite überträgt ihre strukturelle Einheit auf die andere im Verhältnis 1:1. Erst durch dieses komplizierte Ineinandergreifen von Gegensätzlichkeit und Gleichheit wurde Asien gegenüber Europa als eine entsprechende Einheit konstruiert.[5]

Der Mythos von Europa und dem Stier und von Europa als Erdteilallegorie fand zahlreiche ikonografische Ausdrücke eines „irgendwie“ gedachten Europas. Die kartografische Repräsentation von Europa ab dem 16. Jahrhundert erzeugte demgegenüber ein präziseres Bild und verfeinerte die notwendig gewordene Definition des Begriffes. Es musste entschieden werden, was dazugehörte und was nicht, auch wenn häufig die binnenkontinentalen Grenzen nach Osten hin ins Unbekannte verwischt wurden. Dadurch, dass die Karten die innere Anatomie Europas visualisierten wie kein anderes ikonografisches Mittel, unterstützten sie ein genaueres Bewusstsein von Europa. Die kartografischen Repräsentationen von Europa zeigen, dass Europa eine Idee und eine Vorstellung ist, die unaufhörlich gedacht, formuliert und umformuliert wurde. Die Idee von Europa als Erdteil unterstützt historische, politische, wirtschaftliche und kulturelle Einigungsprojekte, wobei die Frage von Macht und militärischer Stärke immer zentral war.[6]

Einheit schloss Vielfalt nicht aus, sondern baute darauf auf. Dies ist deutlich im Nuovo Atlante Portatile von 1777 (Karte 1). Europa ist darin in 16 Länder oder stati principali eingeteilt.[7]

Der Le Sage Atlas von 1807 (Karte 2) beschreibt das Europa vor der napoleonischen Expansion. 1807 schließen Napoleon und Alexander I. den Frieden von Tilsit. Napoleon plante jedoch schon damals die Eroberung Russlands und träumte von einer Hegemonie unter ihm „des colonnes d’Hercule au Kamtchatka“. Es ist nahezu unmöglich, den auf das französische Publikum zielenden Sage Atlas von 1807 nicht als eine Warnung an Napoleon zu lesen. Alles andere als unter dem französischen Alleinherrscher geeinigt, teilt die Karte Europa in 23 Länder und sieben Religionen ein, die Türkei mit islamischer Religion inbegriffen. Das Kartenbild und die Geschichte, die es vermittelt, können nicht nur als Warnung, sondern auch als eine Art Gegenentwurf zum Traum Napoleons interpretiert werden.[8]

Nach den napoleonischen Kriegen wurde der Machtausgleich in Europa durch den Wiener Kongress 1815 etabliert. Metternich sprach mit Blick auf die Machtbalance vom europäischen Konzert. Die Revolutionsjahre und der Umsturz des Kontinents wurden von der Restauration abgelöst. Jedoch blieb das Versprechen der Revolution, von der Vereinbarkeit von Nation, Autonomie und Demokratie für viele ein Leitbild und erschütterte 1848 erneut die europäische Ordnung und Stabilität durch Machtausgleich. Die Formierung der Nationen Europas löste Konkurrenzkämpfe aus und brachte neue Nationsentwürfe (Italien, Deutschland, Skandinavien, Balkan, Südslavien) hervor. Nach kriegerischen Verwicklungen im Namen der Nation wurde der Kontinent 1871 neu gedacht. Der Prospetto Politico dell’Europa von 1874 (Karte 3) zeigt den neuen Machtausgleich.[9]

Aus demselben Jahr stammt auch die europäische Sprachenkarte (Karte 9), in der die Vielfalt nicht in Machtkategorien gedacht wird. Die Unterteilung in zwölf Sprachgruppen (I-XII) zeigt, wie offen die Grenzen zwischen Europa und Asien waren, und dass Nordafrika danach eher zum europäischen Kulturkreis gehörte. Die Kerngruppe ist die erste, die mit Indoeuropa bezeichnet wird und zu der die Untergruppen Celti, Germani, Romani und Slavi zählen.[10]

Der Erste Weltkrieg demonstrierte die Instabilität der Kaiserreiche und Nationalstaaten. Eine Folge des Krieges war die russische Revolution, die einerseits für viele im Westen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft weckte, andererseits jedoch von vielen anderen als neue große Bedrohung wahrgenommen wurde. Die Karte 4 aus Knaurs Weltatlas von 1928 zeigt, wie dieser Bedrohung durch eine neue Variante des Machtausgleichs nach dem Weltkrieg begegnet wurde. Er basierte auf dem Prinzip „eine Nation – ein Staat“ und einer neuen Form der Volkssouveränität. Durch Woodrow Wilsons Vorgaben für die Friedensverhandlungen in Versailles, „make the world safe for demo­cracy“, entstanden neue Staaten in Mittel- und Osteuropa: Finnland (schon 1917 im Zusammenhang mit der Russischen Revolution), Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien, die gleichzeitig als ein cordon sanitaire,eine Barriere gegen das sowjetische Ansteckungsrisiko, gedacht waren. Dieser Entwurf einer neuen europäischen Sicherheit stützte sich auf alte Vorstellungen und Urteile, nach denen die Verbreitung von russischen/asiatischen ‚Horden’ nach Westen als eine Bedrohung Europas wahrgenommen wurde. Schon Sully hatte sich 1632 in der Mitte des Dreißigjährigen Krieges (Karte 5) in seinem als „großem Plan“ bekannt gewordenen europäischen Nachkriegsprojekt eine ähnliche Ordnungsvision entwickelt.[11]

Ein zweiter Punkt in Sullys politischem Entwurf betraf die Religion, bezog sich also auf Fürsten, die sich nicht zur „christlichen“ Religion bekannten, und bestand darin, dass man diejenigen aus Europa vertrieb, die sich nicht zur Annahme einer der christlichen Religionen bewegen ließen. Wenn aber auch der Zar von Russland sich weigern sollte, diesem „christlichen“ Europa beizutreten, nachdem man ihn dazu eingeladen hatte, dann müsse man ihn wie den türkischen Sultan behandeln, indem man ihn seiner europäischen Besitzungen berauben und ihn nach Asien zurücktreiben müsse. Europa wurde hier immer noch christlich im Sinne der Ausbreitung der römisch-katholischen Kirche definiert, was aber nach dem 30 Jahre tobenden Religionskrieg unmöglich wurde. Die Feinde Europas waren im großen Plan Sullys genauso deutlich gezeichnet wie Europa selbst.[12]

Der Ural als Grenze zwischen Europa und Asien wurde im 18. Jahrhundert nicht zuletzt von russischer Seite unter Peter dem Großen ins Spiel gebracht. Die Grenze sollte den asiatischen Teil des russischen Reiches gegenüber einem als europäisch erachteten Teil markieren; eine Idee, die sich dann durchsetzte, ohne die Diskussion über die Zugehörigkeit Russlands zur europäischen Zivilisation zu beenden. Trotz des immer stärkeren Engagements Russlands in der europäischen Politik und seines Aufstiegs im Konzert der europäischen Mächte, besonders seit Napoleons Niederlage, wuchs im Westen die Neigung keineswegs, Russland fraglos zu Europa zu rechnen. Alexis de Tocqueville stellte zum Beispiel in seinem Buch über die Demokratie in Amerika fest, dass es 1835 zwei große Völker auf der Erde gab, die auf das gleiche Ziel zuzuschreiten schienen, die Russen und die Anglo-Amerikaner. Alle anderen Völker schienen etwa die von der Natur abgesteckten Grenzen erreicht und nur noch die Aufgabe ihrer Konservierung zu haben. Dagegen waren die USA und Russland im Wachsen begriffen, während alle anderen Länder einen Stillstand erreicht hatten.[13]

Es läuft eine Kontinuitätslinie von Sullys rempart zur Idee eines cordon sanitaire nach dem Ersten Weltkrieg. Die Leitfrage war in beiden Fällen, wie man den Frieden sichern konnte. Die Friedensfrage war auch ein wichtiger Ausgangspunkt für Richard Coudenhove-Kalergis paneuropäische Bewegung, die Anfang der 1920er Jahre als ein Friedensprojekt gegründet wurde. In seinem Europaentwurf gab es Berührungspunkte mit Sully und mit der Idee vom cordon sanitaire, aber auch klare Unterschiede. Coudenhove-Kalergi sah Europa in einem globalen Zusammenhang. Seine Weltkarte (Karte 6) folgt der damals gängigen Auffassung von fünf Wirtschaftsgroßräumen im globalen Maßstab. Ähnlich operierte John Maynard Keynes zu jener Zeit mit seiner Europakonzeptualisierung.[14]

Die Technik der politischen Kartografie mit dem Ziel einer europäischen Neuordnung wurde dann seit den 1930er Jahren von den Nationalsozialisten propagandistisch ausgebaut („Großraum Europa“, „Großwirtschaftsräume“). Dabei wurde die zentrale Rolle Mitteleuropas betont, die Coudenhove-Kalergi eher herunterspielte. Zwei typische Beispiele für die nationalsozialistische Verwendung von Europadarstellungen liefern die beiden Plakate: Das erste illustriert die angebliche Einkreisung Deutschlands durch feindliche Mächte Anfang der 1930er Jahre, wobei der Hinweis auf die Begrenzung der Armee Deutschlands auf 100.000 Mann im Versailler Friedensvertrag nicht fehlen darf (Karte 8). Das zweite Plakat zeigt Deutschlands Rolle nach den Kriegserfolgen von 1939/40 als Garant der europäischen Zivilisation gegen die Bolschewiken und Stalins Sowjetunion im Osten, wobei Großbritannien als Friedhof Churchills ausgeklammert wird (Karte 10).[15]

Im Kalten Krieg wurde der „Eiserne Vorhang“ zu einer Trennlinie quer durch Europa, was zahlreiche Karten zeigen, die hier nicht reproduziert werden können. Wegen der Belastung durch die Nationalsozialisten und wegen dieser Ost-West-Polarisierung verschwand der Begriff Mitteleuropa. Europa bestand nunmehr aus West- und Osteuropa. Mitteleuropa kam nach 1990 zurück, eher in der englischen Form Central Europe, um Kontinuitätslinien zum nationalsozialistischen Begriff zu vermeiden. Einige der Kernländer des cordon sanitaire nach dem Ersten Weltkrieg definierten sich in den 1990er Jahren als Central Europe, um eine deutliche Abgrenzung zu Russland zu betonen. Osteuropa war nun der Begriff, der für Russland, Weißrussland und die Ukraine übrig blieb. So gesehen lebte die alte Trennlinie im Osten wieder auf, auch wenn sie seit dem Kalten Krieg verschoben ist. Die auf den Eurobanknoten abgebildeten Karten der Europäischen Union der 25 weisen schematisch auf diesen Umstand hin.[16]Hier stehen eigentlich nur die Konturen West-, Nord- und Südeuropas als Symbol für ein nicht zuletzt durch die Einführung des Euro wirtschaftlich und politisch geeintes Europa. Die gesamte Ostgrenze verschwimmt, da der kartografische Ausschnitt abgeschnitten wird. Überwölbt werden die Kartendarstellungen durch Brücken, um symbolisch zu verdeutlichen, dass Europa keine Festung, sondern offen ist und Verbindungen schaffen will, statt abzugrenzen und auszuschließen. Aber die Schlüsselfrage für die Zukunft Europas bleibt, inwieweit die Ostgrenze eine Festung zementieren oder ob es der Europäischen Union gelingen wird, über Durchlässigkeit und Austausch eine stufenweise politische, wirtschaftliche und kulturelle Transformation an den östlichen Rändern zu fördern. Die Frage ist aber auch, ob eine um Rumänien, Bulgarien und die Türkei erweiterte EU eine binneneuropäische Grenzlinie zwischen den germanischen und romanischen Teilen auf der einen Seite und den slawischen auf der anderen entwickeln wird. Und zu fragen ist auch, wie Europa aus der Perspektive der Balkanhalbinsel künftig aussehen wird.

Die Zukunft Europas ist heute genauso offen wie sie es immer war, und die hier vorgestellten Karten belegen, dass es sich bei Europa um eine Idee handelt, die unaufhörlich von seinen Intellektuellen und Bürgern neu zu denken und zu formulieren ist. Die ausgewählten Karten machen deutlich, wie Traditionen der Repräsentationserstellung Europas mithilfe von Karten bestehen. Die venezianische Karte von 1777, der Ausschnitt aus dem Le Sage Atlas und die anderen Karten zeigen, sei es nun mit scharfen oder unscharfen Konturen, ein sich im ständigen Wandel befindliches Bild von Europa.

 


[1] Essay zu den Quellen Nr. 3.10, Europakarten seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Ich danke
James Kaye für anregende Gespräche zum Thema dieses Beitrages und für seine Hilfe bei der Quellensuche. Ebenso danke ich Angela Schenk für die sprachliche Überarbeitung sowie Iris Schröder und Rüdiger Hohls für sehr gute Vorschläge im Rahmen ihrer Herausgebertätigkeit für diesen Band.

[2] Harley, John B., The new nature of maps. Essays in the history of cartography, hg. von Paul Laxton, Baltimore 2001; Black, Jeremy, Maps and politics, London 1997; Jacob, Christian, L'empire des cartes: approches théoriques de la cartographie à travers l'histoire, Paris 1992.

[3] Siehe hier vor allem Wolff, Larry, Inventing eastern europe. The map of civilisation on the mind of enlightenment, Stanford 1994.

[4] Schmale, Wolfgang, Geschichte Europas. Wien 2000, S. 53. Vgl. auch Wolff (wie Anm. 3).

[5] Chaudhuri, Kirti N., Asia before Europe. Economy and civilisation of the Indian Ocean from the rise to Islam to 1750, Cambridge 1990, S. 22.

[6] Schmale (wie Anm. 4), S. 53.

[7] Diese sind nummeriert von I bis XVI: Portugal, Spanien, Deutschland (mit Wien als Hauptstadt), die Schweiz („Gli Svizzeri“ im Plural), Italien (fast hundert Jahre vor der Einigung), die Niederlande, die Britischen Inseln, Dänemark, Norwegen (aufgeführt als selbständiges Land, was zwar formal richtig war, aber in Wirklichkeit war Norwegen damals eine Provinz unter dem alleinherrschenden dänischen König), Schweden, Russland, Preußen (Hauptstadt Königsberg), Polen (Hauptstadt Krakow), Ungarn (Hauptstadt Pressburg, das heißt Bratislava) und die europäische Türkei. Diese Staaten hatten dem Begleittext gemäß fünf verschiedene Regierungsformen: eine despotische, monarchische, aristokratische, demokratische und eine gemischte. Die einzige Despotie war die Türkei. Die Republik Venedig wurde als Beispiel für die Aristokratie und Genf für die Demokratie genannt; letztlich kamen also neue politische Einheiten hinzu, in Ergänzung zu den 16 Hauptstaaten. Welche Regierungsform nach Auffassung des Autors am besten war, lässt sich nicht ohne weiteres herauslesen, aber klar ist für den Autor, dass die Despotie am schlechtesten ist. Europa hatte drei Kaiser, den deutschen, den Zar von Moskau und il Gran Signore der Türkei, elf Könige (Spanien, Portugal, England, Polen, Dänemark, Schweden, Preußen, Ungarn, Böhmen, die Zwei Sizilien und Sardinen), einen Erzherzog (Österreich), einen Großherzog (Toskana), den Papst, vier große und vier kleine Republiken. Hier wurden also wiederum neue politische Einheiten aufgezählt, die zur Vielfalt der europäischen Einheit beitrugen. Zur politischen Geschichte Europas im 18. Jahrhundert siehe Blanning, Timothy C. W. (Hg.), The eighteenth century. Europe 1688-1815, Oxford 2000.

[8] Frankreich wurde 18 Jahre nach der Revolution noch immer als katholisch und protestantisch eingestuft. Erstaunen ruft jedoch die prominente Berücksichtigung des Feldzugs des schwedischen Königs Karls XII. zwischen 1700 und 1718 hervor, dabei fast an das Schicksal von Ahasverus erinnernd, weil ruhelos umherirrend in Russland, Osteuropa und der Türkei. Die Karte hat einen ausführlichen Begleittext, in dem Karls XII. letztlich hoffnungsloses Projekt geschildert wird. Sie zeigt auch die Teilungen Polens zwischen 1772 und 1795 durch Russland, Preußen und Österreich, jedoch ohne Beteiligung Frankreichs. Zur politischen Geschichte Europas um 1800 siehe Blanning, Timothy C. W. (Hg.), The nineteenth century. Europe 1789-1914, Oxford 2000.

[9] Schmale (wie Anm. 4), S. 53. Der Machtausgleich geschah durch vier Imperien im Osten (Russland, Deutschland, Österreich-Ungarn, Türkei) und größere Nationalstaaten wie Italien, Spanien und Frankreich neben kleineren eingesprengten Einheiten wie Griechenland, Belgien, den Niederlanden und Dänemark. Im Westen das Vereinigte Königreich Großbritannien mit seinem Imperium außerhalb Europas und im Norden die Vereinigten Königreiche Schweden und Norwegen.

[10] Dazu gehörten interessanterweise auch Armenen und Kurden. Die großräumige Varianz des Grenzverlaufs zwischen Europa und Asien wird auch betont bei: Schultz, Hans-Dietrich, Europa: (k)ein Kontinent? Das Europa deutscher Geographen, in: Schröder, Iris; Höhler, Sabine (Hg.), Welt-Räume. Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900, Frankfurt am Main 2005. Karte 9 ist nur im Webportal zum Buch einsehbar.

[11] „[...] von Moskau oder Polen rede ich hier nicht: Dieses ungeheuere Land, welches sich auf sechshundert Meilen in die Länge und auf vierhundert in die Breite erstreckt, wird zum Teil noch von Götzendienern bewohnt, zum Teil auch von schismatischen Griechen und Armeniern, deren Gottesdienst mit tausenderlei abergläubischen Gebräuchen vermischt ist und mit dem unsrigen eben deswegen sehr wenig Ähnlichkeit hat; es kann überdies mit ebenso vielem Grunde zu Asien als zu Europa gerechnet und für ein ganz unzivilisiertes Land gehalten werden, so dass es mit der Türkei in eine Klasse gehört, ob man ihm gleich fünfhundert Jahren eine Stelle unter den christlichen Mächten angewiesen hat.“ Zit. n. Schmale (wie Anm. 4), S. 54-55.

[12] Zur konfessionellen Spaltung Europas in der Frühen Neuzeit siehe Schilling, Heinz, Die neue Zeit. Vom Christenheitseuropa zum Europa der Staaten, 1250 bis 1750, Berlin 1999.

[13] Schmale (wie Anm. 4), S. 55.

[14] Coudenhove-Kalergi projizierte seine politisch-ökonomischen Europapläne in die Karte: Sein Paneuropa umfasste auch die französischen, spanischen und portugiesischen Kolonien, erstreckte sich also nicht allein auf den Kontinent Europa, klammerte allerdings Großbritannien mit seinem Empire und Russland bzw. die Sowjetunion aus. Die Zuordnung der Türkei, Äthiopiens und Siams (nach 1939 Thailand) wurde im Sinne offener Entwicklungen mit Fragezeichen versehen. Links unten im Kartenbild ist „Paneuropa“ als Detailskizze mit den Grenzen der Nationalstaaten ausgewiesen. Zu Richard Coudenhove-Kalergis Plänen vgl. Orluc, Katiana, A wilhelmine legacy, Coudenhove-Kalergi's Pan-Europe and the crisis of european modernity, 1922-1932, in: Eley, Geoff; Retallack, James (Hg.), Wilhelminism and its legacies. German modernities and the meanings of reform. 1890-1930, New York 2004, S. 219-234.

[15] Zur politischen Kartografie der Zwischenkriegszeit siehe Herb, Guntram H., Under the map of Germany. Nationalism and propaganda 1918-1945, London 1997. Karte 10 ist nur im Webportal zum Buch einsehbar.

[16] Ansichten der Banknoten liefert die deutsche Bundesbank, in:      
<http://www.bundesbank.de/bargeld/bargeld_banknoten.php> (05.12.04)

 


Literaturhinweise:
  • Harley, John B., The new nature of maps. Essays in the history of cartography, hg. v. Paul Laxton, Baltimore 2001
  • Herb, Guntram H., Under the map of Germany. Nationalism and propaganda 1918-1945, London 1997
  • Jacob, Christian, L'Empire des cartes: approches théoriques de la cartographie á travers l'histoire, Paris 1992
  • Schröder, Iris; Höhler, Sabine (Hg.), Welt-Räume. Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900, Frankfurt am Main 2005
  • Wolff, Larry, Inventing eastern europe. The map of civilisation on the mind of enlightenment, Stanford 1994