Frauenrechte als Menschenrechte. Olympe de Gouges’ „Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin“[1]
Gisela Bock
Es war der 14. September 1791, als Olympe de Gouges ihr 25seitiges Büchlein mit dem Titel Die Rechte der Frau (Les droits de la femme) zum Druck gab; sein Herzstück war die „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ („Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne“). Es geschah also in eben jener aufregenden Zeit, als die Nationalversammlung die Verfassung einer konstitutionellen Monarchie verabschiedete (am 3. September); an den Anfang der Verfassung stellte man die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ („Déclaration des droits de l’homme et du citoyen“), welche die Nationalversammlung zwei Jahre zuvor schon verabschiedet hatte. Voll freudiger Erregung hielt de Gouges den schon laufenden Druck ihres Werks noch einmal an, um in einem Postscriptum ihre „reine Freude“ darüber auszudrücken, dass der König der Verfassung zustimmte (das geschah am 13./14. September) und gleichzeitig die Nationalversammlung eine Generalamnestie erließ; de Gouges hoffte (vergeblich), dass nun „alle unsere Flüchtlinge“ wieder zurückkehren könnten. Ihre Frauenrechtserklärung wollte sie der Nationalversammlung vorlegen, die sie verabschieden sollte (sie tagte bis Ende September noch mehrmals, und am 1. Oktober wurde sie von der neugewählten Assemblée législative abgelöst); doch so weit kam es nicht.
Historische Bedeutung, Erinnerung und Vergessen
De Gouges’ Werk über die Rechte der Frauen ist eine grundlegende Kritik an der Erklärung der Menschenrechte von 1789, außerdem eine Ergänzung und vor allem ein Gegenentwurf; auf provokative Weise wird das Dokument von 1789 formal imitiert – im Pathos der Präambel und in den berühmten 17 Artikeln –, um diese inhaltlich in einer damals unerhörten Alternative aufzusprengen: als Herausforderung an die Männerwelt, aber auch an Frauen, und als Forderung nach zivilen und politischen Rechten für Frauen. Zu Recht gilt der Text als ein Schlüsseldokument in der Geschichte der Frauen, der Frauenbewegung und des feministischen Denkens; darüber hinaus kann er auch als ein Schlüsseldokument des modernen politischen Denkens überhaupt gelten. Inzwischen wird er zu den Vorläufern der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen gezählt (1948, besonders Art. 2) und erst recht zu den Vorläufern der UN-Frauenrechtskonventionen, beginnend mit dem Frauenwahlrecht (1952) über das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen“ (1979) bis zu den heutigen Theorien und Aktivitäten unter der Parole „Women’s Rights are Human Rights“, die in den 1990er Jahren begründet worden sind.[2] Neuerdings wurde vorgeschlagen, dass de Gouges im Sinn der UN-Erklärung über Menschenrechtsverteidiger von 1998 anerkannt werde, und in Frankreich wird gefordert, dass sie einen Platz im Pantheon erhalten solle.[3] Für viele ist Olympe de Gouges aufgrund ihrer Déclaration zu einer Ikone des Feminismus geworden.
Und doch ist ihre historische Bedeutung alles andere als selbstverständlich. Denn erstens sind die Déclaration und ihre Verfasserin nur in wenigen Kreisen bekannt, vor allem in der Frauen- und Geschlechterforschung und den historisch interessierten Teilen der Frauen- und der Menschenrechtsbewegungen, aber weder in der europabezogenen Geschichtswissenschaft im allgemeinen noch in der etablierten Geschichtsschreibung zur Französischen Revolution.[4] Zweitens ist Olympes breites Werk, das weit über die Déclaration hinausgeht und auch viel zu deren Verständnis beiträgt, nach wie vor kaum bekannt; Teile davon wurden bis vor kurzem erst entdeckt, von anderen ist nur der Titel überliefert, und ihr Gesamtwerk umfasst rund 150 Titel und 3.500 Seiten.[5] Drittens ist Olympes Ruhm höchst rezent. Allerdings war sie im prärevolutionären Paris – 1748 geboren in der südwestfranzösischen Provinz, zog sie nach einer unglücklichen Ehe um 1770 in die Kapitale, als Witwe und mit ihrem Sohn – durchaus bekannt, vor allem als Dramatikerin und Publizistin. Und auch später, im revolutionären Paris, war sie aufgrund ihres vielfältigen, ungewöhnlichen und streitbaren Engagements – gegen die Sklaverei und für Redefreiheit, gegen Armut und für eine „patriotische“ Besteuerung von Luxus, zugunsten unehelicher Kinder und ihrer Mütter sowie für die Besserstellung von Frauen – ebenso berühmt wie berüchtigt. Sogar außerhalb Frankreichs wurde ihre Adresse an die Nationalversammlung gerühmt, etwa von Theodor Gottlieb von Hippel in seinem 1792 anonym erschienenen Werk Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber.[6] De Gouges gehörte keiner der politischen Faktionen der Französischen Revolution an, bewegte sich aber im Umkreis derer, die später Girondisten genannt wurden und ebenfalls für die Rechte von Frauen und von Schwarzen eintraten. In Olympes zahlreichen Flugschriften und Plakaten nahm sie zu den Entwicklungen der Revolution ebenso enthusiastisch wie kritisch Stellung und wandte sich scharf gegen die Terreur und gegen Robespierre. Schließlich wurde ihr kurzer Prozess gemacht, und am Tag darauf, am 3. November 1793, wurde sie unter dem Beil der Guillotine hingerichtet: zwei Wochen nach der Königin und drei Tage nach der Hinrichtung der girondistischen Männer. Dann erst wurde sie „vergessen“ (im Gegensatz zu der weitaus weniger radikalen Mary Wollstonecraft, die 1792 in England ihre Vindication of the Rights of Woman veröffentlicht hatte).
Erst seit 1840 wurde de Gouges in einigen wenigen Büchern zur französischen Geschichte wieder erwähnt (meist auf verständnislose, verächtliche oder gar pathologisierende Weise), und ihre Frauenrechtserklärung wurde zuweilen partiell zitiert. Seit 1848 taucht sie in Texten der französischen Frauenbewegung auf und um 1900 in den Werken einiger französischer Historiker des Sozialismus oder des „féminisme français“.[7] Die Begründerinnen der US-amerikanischen Frauenbewegung wussten nichts von Olympe, als sie 1848 deren Verfahren nachahmten und ihr erstes großes Dokument, die Declaration of Sentiments, in Anlehnung an die Declaration of Independence formulierten.[8] Die deutschsprachige Frauenbewegung kümmerte sich kaum um Olympe, allerdings mit Ausnahme zweier Schwägerinnen und Sozialdemokratinnen: Lily Braun widmete ihr 1901 einen längeren Abschnitt, wobei sie aus der tragischen eine Erfolgs-Story machte, und Emma Adler, geborene Braun (Ehefrau des Begründers der österreichischen Sozialdemokratie), schrieb 1906 zwar mit viel Sympathie über sie, wiederholte aber auch zahlreiche Topoi des 19. Jahrhunderts, die heutzutage widerlegt sind.[9] Wurde Olympe erwähnt, so stand meist die exzentrische „femme célèbre“ im Vordergrund und ihre Frauenrechtserklärung, ungeachtet mancher Zitate aus ihr, ganz im Hintergrund. Allerdings wurde ein Satz aus ihr gern und geradezu rituell zitiert: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen; sie muss gleichermaßen das Recht haben, die Rednertribüne zu besteigen.“ Olympe de Gouges wurde als Opfer der Guillotine und als Märtyrerin gesehen, doch weitaus weniger als Denkerin und Autorin.
Eine transnationale Wiederentdeckung
Nur ganz wenige Exemplare des Erstdrucks der Frauenrechtserklärung sind erhalten, und fast zwei Jahrhunderte lang gab es weder Nachfrage noch Neuauflage. Dann folgte eine erratische, aber transnationale Neuentdeckung sowie Editions- und Übersetzungsgeschichte des Werks, vorwiegend im Kontext der Frauenbewegung und Historischen Frauenforschung der 1970er- und 1980er-Jahre. Im Jahr 1971 nahm Paule-Marie Duhet lange Passagen von Les droits des femmes in ihre Studie über die Frauen in der Revolution auf (und verwies dabei auf die Signatur in der Bibliothèque nationale, was baldige Wirkung zeitigte). 1982 folgte eine Faksimile-Ausgabe des Originals, eingefügt in den Kontext weiterer Texte von Olympe und anderen engagierten Frauen jener Zeit (in der grandiosen Reihe der Éditions d’Histoire sociale). Erst 1986 erschien ein Band mit Œuvres, darunter auch die Déclaration, und die Herausgeberin, Benoîte Groult, nennt Olympe „la première féministe moderne“ (der Begriff „Feminismus“ kam allerdings erst in den 1870er Jahren auf und zwar in Frankreich, von wo aus er sich um 1900 international verbreitete). Doch die tatsächlich erste Neuauflage – auf Französisch – wurde 1979 in Deutschland produziert, von Margarete Wolters und Clara Sutor; obwohl diese Edition lange Zeit viel benutzt wurde, ging sie gleichsam unter zwischen deutschen Interessierten, die nicht Französisch lasen, und französischen Interessierten, die in Deutschland verlegte Titel nicht zur Kenntnis nahmen.[10] In dieser Zeit der Neuentdeckungen publizierte Olivier Blanc 1981 die erste Biografie, die er kürzlich – nach diversen Neuauflagen, Übersetzungen und Wiederentdeckungen von Olympes Schriften – durch eine weitere ergänzte; es waren insbesondere seine, nunmehr 30-jährigen, Forschungen, die zahlreiche biografische und bibliografische Fragen beantworteten, Kontroversen klärten und (teilweise 200-jährige) Vorurteile und Verleumdungen widerlegten. Er hat Olympe de Gouges gleichsam rehabilitiert, wobei er Wert darauf legt, dass sie nicht „nur“ eine Feministin gewesen sei, sondern eine Humanistin, die sich vielfach engagierte und auch in revolutionärer Zeit gegen Gewalt und Blutvergießen wandte.[11]
Zu derselben Zeit begannen auch Übersetzungen der Frauenrechtserklärung zu erscheinen: auf Englisch erstmals 1979, in einer berühmt gewordenen amerikanischen Quellenedition zu Frauen in der Revolution, und 1983 eine Neuübersetzung in einer weiteren, ebenfalls maßgeblichen und weithin rezipierten Quellenedition zur europäischen Frauengeschichte.[12] Die erste deutsche Übersetzung (um einiges gekürzt) stammt von Theresia Sauter und ist Teil eines grundlegenden Aufsatzes, den Hannelore Schröder 1977 zusammen mit ihr veröffentlicht hat; Schröder modifizierte die Übersetzung später mehrfach.[13] Die weitere deutschsprachige Editionsgeschichte, die zu einer ganzen Reihe von Übersetzungsvarianten (zuweilen auch Übersetzungsproblemen) geführt hat, ist auch eine Geschichte der Historiofaphie zu Olympe de Gouges und ihrer deutschsprachigen Rezeption. 1980 erschien Die Rechte der Frau zusammen mit 18 weiteren Texten in einer bis heute nützlichen Ausgabe, und 1981 folgte – herausgegeben von der Autorinnengruppe Uni Wien in einem für die umfassendere Historische Frauenforschung wichtigen Band – eine bald vielbenutzte Fassung der Frauenrechtserklärung, die eine doppelte Synopse enthält: zum einen die deutsch-französische, zum anderen die von 1791 und 1789 (also beide in beiden Sprachen).[14] In der Tat ist es unerlässlich, Olympes Déclaration erst einmal parallel zur Déclaration von 1789 zu lesen; mehrere solche Synopsen erschienen dann rechtzeitig zum Bicentennaire[15], der die einschlägigen Forschungen mächtig inspirierte. In der nächsten historiographischen Runde wurden noch weitere zweisprachige Versionen vorgelegt (mit immer neuen Übersetzungsvarianten), gewöhnlich im Rahmen erneuter Analysen oder auch Popularisierungen von de Gouges’ Leben und politischem Werk. Aus dem Jahr 2008 stammt schließlich die Übersetzung der Wiener Philosophin Victoria Frysak.[16] Auch de Gouges’ literarisches Werk wurde neuentdeckt und neuaufgelegt; so hat die jüngst verstorbene Romanistin Gisela Thiele-Knobloch eine (zweisprachige) deutsche Übersetzung der Autobiografie von 1788 vorgelegt.[17]
„Erkennt eure Rechte!“
Der Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin geht eine Widmung „An die Königin“ voraus, außerdem eine Vorrede, die sich an Männer wendet und über Männer handelt. Sie beginnt, streng die Struktur der „Menschen“-Rechtserklärung von 1789 nachahmend, mit einer Präambel und umfasst 17 Artikel. Es folgen eine Postambel (Nachwort), die sich an Frauen wendet, dann ein „Gesellschaftsvertrag zwischen Mann und Frau“, ferner ein soeben erlebtes Abenteuer – es dient zur Kritik an der Justiz, aber auch „zum Lachen“ – und schließlich das oben schon erwähnte Postscriptum. In der Komplexität dieser Textsorten schlägt sich der Umstand nieder, dass es bei weitem nicht damit getan gewesen wäre – und erst recht nicht für Olympe de Gouges –, schlicht zu reklamieren, dass „auch Frauen“ Menschen seien. War die Erklärung von 1789 überhaupt eine von „Menschen“-Rechten und nicht etwa eine von Männerrechten? Wenngleich das 1789 noch als offene Frage gesehen werden konnte und wurde – allerdings sprachen manche kritischen Zeitgenossen schon damals von „Männerrechten“ –, war spätestens im September 1791 die Antwort klar, denn nun war sie von der Verfassung gegeben worden: Die neue Bürgerschaft (citoyenneté) war sprachlich und konzeptionell als männliche bestimmt worden (auch wenn sie noch nicht für sämtliche Männer galt), vor allem durch die berühmte Unterscheidung von „aktiven“ und „passiven“ Bürgern.[18] In dieser Situation (sie verschärfte sich in den Folgejahren bis hin zum förmlichen Ausschluss der Frauen aus der politischen Arena) musste eine Grundlegung von Frauenrechten komplexer ausfallen als die der Männerrechte und sowohl deren hochgradiges Abstraktionsniveau aufgreifen als auch konkrete Geschlechterbeziehungen thematisieren.
Olympe de Gouges’ Text unterstreicht gleichermaßen den realen Gegensatz zwischen Männern und Frauen und die postulierte Gemeinsamkeit und Gleichheit der Geschlechter. Die Vorrede zu ihrer Erklärung beginnt: „Mann, bist du fähig, gerecht zu sein? Eine Frau stellt dir die Frage. [... W]er hat dir die selbstherrliche Macht verliehen, mein Geschlecht zu unterdrücken?“ „Der Mann“ sei in seiner anachronistischen Herrschsucht „verblendet“ – gerade auch im Rahmen der Revolution – und stehe im Gegensatz zur Natur, die keinen Geschlechterantagonismus kenne. Das weibliche Geschlecht hingegen melde mit dieser Erklärung seinen Anspruch auf die Früchte der Revolution an, nämlich das Recht auf Gleichheit („um nicht noch mehr zu sagen“!).[19] Die Postambel beginnt: „Frauen, erwachet; [...] erkennt eure Rechte!“ Denn diese sind, wie schon aus der Erklärung von 1789 bekannt und in Olympes Präambel aufgegriffen, „natürlich, unveräusserlich und heilig“ und müssen also lediglich „erkannt“ bzw. „anerkannt“ (das ist in den beiden Originalen dasselbe Wort) und eben „deklariert“ werden. Die Autorin bezweifelt einerseits den Nutzen der Revolution für Frauen („Ihr werdet noch mehr verachtet, noch offener verhöhnt“ als zuvor) und kritisiert andererseits die intrigante weibliche Herrschaft über „die Schwächen der Männer“. Dann aber ermahnt sie die Frauen, sich nicht einschüchtern zu lassen, wenn die männlichen Gesetzgeber sagen (sie modifiziert hier die provokative Frage von Jesus an seine Mutter im Johannesevangelium 2,4): „Frauen, was gibt es Gemeinsames zwischen uns und euch?” Ihre Antwort ist dieselbe, mit welcher der große politische Theoretiker Abbé Sieyès Anfang 1789 die Frage „Was ist der Dritte Stand?” beantwortet hatte: „Alles”.[20] Olympes „Alles“ hat denselben Sinn wie das von Sieyès.
Ungeachtet des Titels der Frauenrechtserklärung geht es hier nicht nur um Frauen, sondern auch um Männer. Denn zum einen stellt die Verwendung von homme im Sinn von „Mann“ die Universalität der Erklärung von 1789 in Frage, und zum anderen wird ihr eine wahrhafte Universalität entgegengesetzt, indem das Subjekt der Rechte durch die Integration der Frauen pluralisiert wird: „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten“ (Art.1). Im 2. Artikel ist – präzise werden die Worte von 1789 aufgegriffen – „der Endzweck jeder politischen Vereinigung“ die „Erhaltung der natürlichen und unveräusserlichen Rechte der Frau und des Mannes“: nämlich Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand. Die „Alles“-bedeutende Gemeinsamkeit der Geschlechter schlägt sich nieder in „der Nation, die nichts anderes ist als die Vereinigung von Mann und Frau“ (Art. 3). Erstmals in der Geschichte wird hier ein wahrhaft allgemeines Wahlrecht gefordert, denn „alle Bürgerinnen und Bürger müssen persönlich oder durch ihre Repräsentanten“ an der Gesetzgebung mitwirken und zu allen Ämtern zugelassen werden (Art. 6). Die „Bürgerinnen und Bürger“ bestimmen selbst oder durch ihre Abgeordneten das Steueraufkommen und die Staatsausgaben (Art. 13, 14). Die Rechte schließen immer auch Pflichten ein. Und da im Strafrecht die Frauen den Männern ohnehin gleichgestellt sind (Art. 7 und 9), formuliert de Gouges im 10. Artikel – in der Erklärung von 1789 handelt er von der Meinungsfreiheit und war am heftigsten umstritten gewesen – die berühmte Parallelisierung von „Schafott“ und „Rednertribüne“, die schon oben angeführt wurde. Ist von Frauen und Männern geschlechterübergreifend die Rede, so steht zuweilen „Individuum”: Eine Verfassung ist nichtig, „wenn nicht die Mehrheit der Individuen, welche die Nation bilden“, an ihr mitgewirkt hat (Art. 16).[21]
Gleichheit und Differenz
Doch keineswegs durchgängig übernimmt Olympe die Postulate von 1789, und nur teilweise sind die Rechte von Frauen und Männern dieselben. Wahrhafte Gleichheit macht nur Sinn, wenn sie auch für unterschiedliche Menschen gilt. Unter dem Anschein der Parallele zu dem Dokument von 1789 argumentiert die Präambel auf eine Weise, die nicht abstrakte Individuen gleichsetzt, sondern die Differenz der Geschlechter und das menschliche Aufeinander-Bezogen-Sein ins Licht rückt: „Die Mütter, die Töchter, die Schwestern, Vertreterinnen der Nation, verlangen, als Nationalversammlung konstituiert zu werden.“[22] Sie fordert also ein exklusiv weibliches Parlament (zweifelte sie etwa am Nutzen einer geschlechterübergreifenden Versammlung? Oder war es eine Provokation gegenüber der tatsächlichen, die exklusiv aus 1.200 Männern bestand?). Olympe stellt also die damals gängigen Tiraden, denen zufolge Frauen wegen ihrer weiblichen Rollen der Politik fernbleiben müssten, auf den Kopf bzw. auf die Füße: Nicht obwohl sie Mütter, Töchter, Schwestern sind, sondern weil sie es sind, repräsentieren sie die Nation, und das erst recht angesichts ihrer „intellektuellen Fähigkeiten“, von denen die Vorrede handelte. Olympe weist die Geschlechterdifferenz nicht etwa zurück, sondern macht sie zur Basis der Menschenrechte auch für das weibliche Geschlecht. Geschlecht ist somit zugleich – und je nach Kontext – von hoher Bedeutung und bedeutungslos: eine Paradoxie, die sich aus der Einseitigkeit der Männer-Erklärung ergab, die aber auch Olympes Sinn für Paradoxien entgegenkam.[23]
Das Ende der Präambel ist ein Balanceakt zwischen Gleichheit und Differenz: Weil das weibliche Geschlecht dem männlichen überlegen ist (hier klingt noch die frühneuzeitliche Querelle des femmes mit), erklärt es seine Freiheit und Rechtsgleichheit mit dem männlichen Geschlecht. Im 11. Artikel schließlich – wie 1789 geht es um die Freiheit der öffentlichen Rede, hier als „eines der kostbarsten Rechte der Frau“ bestimmt – ersetzt Olympe die Vorlage durch eine gänzlich neue Reflexion, nämlich über das Verhältnis der Geschlechter auf dem Terrain von Mutterschaft, Vaterschaft und Sexualität. Die weibliche Freiheit garantiere die Legitimität von Vaterschaft insofern, als „jede Bürgerin“ öffentlich, wahrhaftig und ohne fremden Druck sagen kann, sie sei die Mutter eines Kindes, das ein bestimmter Mann gezeugt habe; sie habe allerdings auch die Pflicht, die Wahrheit zu sagen. Angesichts der Differenz der Geschlechter auf diesem Terrain konnte hier eine bloße Zulassung von Frauen zu den Männerrechten nicht genügen. Ohne das Recht auf wahrhafte Rede hätten Frauen weder die Möglichkeit noch die Macht, Väter auf ihre Pflichten gegenüber ihren Kindern festzulegen. Noch einmal wird hier Mutterschaft, in der Regel als Grund für den Ausschluss von Rechten herangezogen, geradezu als Legitimation weiblicher Bürgerschaft präsentiert. Vaterschaft sollte nicht bloß an der ehelichen Verbindung oder der Aussage des Mannes abgelesen werden, sondern an der Aussage der Mutter, die ein höheres Maß an Wahrheit verbürge. Mutterschaft wird somit nicht nur als leibliches Problem verstanden, sondern als soziales, und nicht als ein „frauenspezifisches“ und damit partikulares Problem, sondern als eine universale Kategorie (und das erst recht in der Form von Elternschaft). In einem Universalität beanspruchenden Grundrechtekatalog hatte sie für de Gouges einen legitimen Platz: Frauen sind Menschen, nicht obwohl, sondern weil sie Frauen sind.
Warum hat de Gouges eine derartige Herausforderung des Verhältnisses von Partikularem und Universalem gerade an der nichtehelichen Mutterschaft exemplifiziert? Ihre eigene nichteheliche Herkunft spielte sicher eine Rolle: Sie wurde in eine Handwerkerfamilie geboren, aber ihr leiblicher Vater war ein gebildeter Adliger. Doch ebenso wichtig ist der umfassendere Kontext: Die Frage der Unehelichkeit wurde in Frankreich – aber auch in ganz Europa – seit langem breit diskutiert und sollte auch künftig von Bedeutung sein. Schon seit Jahrhunderten war es vielerorts üblich gewesen, unverheirateten Schwangeren eine déclaration de grossesse abzunehmen und von ihnen den Kindsvater zu erfahren, um ihn zur Zahlung zwingen zu können – die recherche de la paternité. Die Frage von Wahrheit und Lüge aus dem Mund einer Frau war somit ebenso zentral wie umstritten. In der vorrevolutionären Rechtsprechung war die väterliche Alimentationspflicht allmählich zurückgewiesen worden und damit auch das Recht der Frau auf Vaterschaftsklage. Seit den 1780er Jahren hatte Olympe sich für eine Besserstellung lediger und armer Mütter eingesetzt, sich über die unzureichenden Entbindungsanstalten empört, staatliche Versorgung und die Erneuerung der recherche de la paternité gefordert. Von 1790 bis zum Herbst 1793, an eben dem Tag, als Olympe dem Revolutionstribunal vorgeführt wurde, gab es dann tatsächlich mehrere Reformen zugunsten von ledigen Schwangeren, unehelichen und Findelkindern.[24]
De Gouges’ Rechtekatalog kulminiert in einem „Gesellschaftsvertrag“, der die zivilen Rechte für den Bereich der Ehe formuliert (auch die Verfassung definierte die Ehe als bürgerlichen Vertrag). Da der Wohlstand von Frauen der höheren Schichten von ihrem Mann (oder ihren Männern) abhänge und ungesichert sei, wenn sie alt und hässlich werden, und da Frauen der Unterschichten ohnehin keine Chance auf einen eigenständigen Lebensunterhalt hätten, sei die traditionelle Ehe „das Grab des Vertrauens und der Liebe“. Deshalb müsse künftig das Eigentum beiden Ehepartnern gemeinsam gehören und auf die Kinder – ob inner- oder außerehelich – vererbt werden. Bei einer Scheidung – schon ein Jahr zuvor hatte Olympe in einem Theaterstück über La Nécessité du divorce für ihre Dringlichkeit plädiert – solle das Vermögen geteilt werden und auch den Kindern zukommen.[25]
Drei weitere Reflexionen, die über den Vertrag hinausgehen, betreffen außereheliche Sexualität. Breche ein Mann sein Eheversprechen, so habe er die Frau entsprechend seinem Vermögen zu entschädigen; im umgekehrten Fall solle auch die Frau bestraft werden. Zweitens sollen Prostituierte ihrem Gewerbe in speziellen Bezirken nachgehen; im Übrigen seien nicht sie es, welche die Sitten verderben, sondern die Damen der „guten“ Gesellschaft. Drittens kommt die Autorin auf das Thema zurück, mit dem sie 1784 ihr politisches Engagement begonnen hatte, und plädiert zugunsten der Schwarzen und Farbigen in den Kolonien: Hier herrschen weiße Pflanzer despotisch über Farbige, deren Väter und Brüder sie sind; sie frönen ihrer Begierde nach schwarzen Frauen, ohne jedoch die Pflichten der Vaterschaft zu übernehmen. „Widerstand“ sei hier nötig, doch überaus schwierig.
De Gouges wurde zwar nicht unmittelbar wegen ihres Einsatzes für Frauenrechte hingerichtet, sondern wegen ihrer öffentlichen Kritik an der zentralistischen und terroristischen Politik von Robespierre. Gleichwohl nannte das Prozess- und Hinrichtungsprotokoll als Begründung, dass sie ein „Staatsmann” sein wollte und „die Tugenden vergessen hat, die ihrem Geschlecht anstehen”.[26] Am Ende waren es Frauen – Sansculottinnen, die tricoteuses –, die mitleidlos ihrer Hinrichtung applaudierten. Doch die historische Bedeutung von Olympe de Gouges liegt nicht darin, dass sie scheiterte, sondern dass sie agiert hat, sich selbst zur „aktiven Bürgerin“ machte: leidenschaftlich denkend und formulierend, was ihr als politisches Handeln galt. Ihr Jesus-Zitat in der Déclaration ließe sich (nach dem Johannesevangelium) fortführen: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen.” Dass Olympes Visionen gleichsam anachronistisch waren, war der Grund dafür, dass sie so schnell und so lange in Vergessenheit geriet. Ihr selbst war das durchaus klar; einführend zu ihrem Gesellschaftsvertrag schrieb sie: „Wenn mein Versuch, meinem Geschlecht eine achtbare und gerechte Existenzgrundlage zu verschaffen, gegenwärtig als ein selbstverschuldetes Paradoxon angesehen wird, als der Versuch, Unmögliches anzustreben, dann überlasse ich den Menschen der Zukunft den Ruhm, diese Frage zu behandeln.“ Weit ihrer Zeit voraus war Olympes Versuch, nicht nur Menschenrechte als Frauenrechte zu konzipieren, sondern auch Frauenrechte als Menschenrechte.
[1] Essay zur Quelle: Gouges, Olympe de: Die Rechte der Frau.
[2] Vgl. Fraser, Arvonne, Becoming Human. The Origins and Development of Women’s Human Rights, in: Agosin, Marjorie (Hg.), Women, Gender, and Human Rights: A Global Perspective, New Brunswick, N.J. 2001, S. 15-64; Bunch, Charlotte, Women’s Rights as Human rights: Towards a Re-vision, in: Human Rights Quarterly 12 (1990), S. 486-498. Zur Allgemeinen Menschenrechtserklärung vgl. Winter, Jay: The Universal Declaration of Human Rights. In: Themenportal Europäische Geschichte (2009), , und: The Universal Declaration of Human Rights (1948). In: Ebd., . Die Konvention von 1979: (20.11.2009).
[3] Colloquium zu de Gouges am 14. 11. 2008 in Montreuil, veranstaltet von der UNESCO u.a. zur Feier des 60. Jahrestags der Verabschiedung der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, in: Le Monde diplomatique, November 2008, (20.11.2009); Viénet, René, Olympe de Gouges – une Quercinoise en route vers le Panthéon, in: Le Quercy sur le Net, (20.11.2009); Fraisse, Geneviève, Olympe de Gouges, sa place est au Panthéon, in: ReSPublica, 6. Oktober 2009; Dies., Muse de la raison, la démocratie exclusive et la différence des sexes, Aix-en-Provence 1989.
[4] Vgl. z.B. Sledziewski, Elisabeth G., Die Französische Revolution als Wendepunkt, in: Duby, Georges; Perrot, Michelle (Hgg.), Geschichte der Frauen, 5 Bde., Frankfurt am Main 1993-1995, Bd. 4: Das 19. Jahrhundert, hg. von Fraisse, Geneviève; Perrot, Michelle, S. 45-62; Fauré, Christine, Des droits de l’homme aux droits des femmes: une conversion intellectuelle difficile, in: Dies. (Hg.), Encyclopédie politique et historique des femmes: Europe, Amérique du Nord, Paris 1997, S. 203-222; Brive, Marie-France (Hg.), Les femmes et la Révolution Française. Modes d’action et d’expression. Nouveaux droits – nouveaux devoirs. Actes du colloque international 12-13-14 avril 1989, Toulouse 1989. Zum historischen Kontext vgl. auch Bock, Gisela, Frauen in der europäischen Geschichte, München 2005, Kap. II. Zur etablierten Geschichtsschreibung vgl. Offen, Karen, The New Sexual Politics of French Revolutionary Historiography, in: French Historical Studies 16/4 (1990), S. 909-922.
[5] Blanc, Olivier, Marie-Olympe de Gouges. Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle, Paris 2003, S. 240-247; Thiele-Knobloch, Gisela, Olympe de Gouges fordert Menschenrechte für Frauen, in: Engler, Winfried (Hg.), Die Französische Revolution, Stuttgart 1992, S. 125-134.
[6] Hippel, Theodor Gottlieb von, Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber (1792), 2. Aufl., Berlin 1828, hg. von Dittrich-Jacobi, Juliane, Vaduz 1981, S. 122f.; Bock, Frauen, S. 100f.
[7] Vgl. Offen, Karen, Women’s Memory, Women’s History, Women’s Political Action: The French Revolution in Retrospect, 1789-1889-1989, in: Journal of Women’s History 1/3 (1990), S. 211-230; Strummingher, Laura S., Looking Back: Women of 1848 and the Revolutionary Heritage of 1789, in: Applewhite, Harriet B.; Levy, Darline G. (Hgg.), Women and Politics in the Age of the Democratic Revolution, Ann Arbor 1990, S. 259-285. Zur sozialistischen Geschichtsschreibung um 1900: Fauré, Christine, La naissance d’un anachronisme: „le féminisme pendant la Révolution française“, in: Annales historiques de la Révolution française 344 (2006), (26.10.2009).
[8] Synopse beider Dokumente: (20.11.2009).
[9] Vgl. Braun, Lily, Die Frauenfrage. Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre wirtschaftliche Seite, Leipzig 1901, ND Berlin 1979, S. 80-85; Adler, Emma, Die berühmten Frauen der Französischen Revolution, Wien 1906, S. 182-197.
[10] Duhet, Paule-Marie, Les femmes et la Révolution 1789-1794, Paris 1971; Les femmes dans la Révolution Française, 2 Bde., EDHIS, Paris 1982, im 1. Bd.; Gouges, Olympe de, Œuvres, hg. von Groult, Benoîte, Paris 1986, S. 11; Gouges, Marie Olympe de, Politische Schriften in Auswahl (1784-1793), hg. von Wolters, Margarete; Sutor, Clara, Hamburg 1979. Zum Bicentennaire erschien: Opinions de femmes: de la veille au lendemain de la Révolution française, Vorwort von Fraisse, Geneviève, Paris 1989. Zur Begriffsgeschichte von „Feminismus“ vgl. Rochefort, Florence, Du droit des femmes au féminisme en Europe, 1860-1914, in: Fauré (Hg.), Encyclopédie, S. 551-570; Offen, Karen, European Feminisms, 1700-1950: A Political History, Stanford 2000, S. 183ff.
[11] Blanc, Olivier, Olympe de Gouges, Paris 1981 (und 1989, dt. Übers. 1989); Ders., Marie-Olympe de Gouges; Ders., Einleitung zu: Olympe de Gouges, Écrits Politiques 1788-1791, und zu: Écrits politiques 1792-1793, Paris 1993; Ders., Cercles politiques et „salons“ du début de la Révolution (1789-1793), in: Annales historiques de la Révolution française 344 (2006), (26.10.2009).
[12] Applewhite, Harriet B.; Levy, Darline G.; Johnson, Mary D. (Hgg.), Women in Revolutionary Paris, 1789-1795, Urbana 1979, S. 87-96 (auch unter (20.11.2009)); Bell, Susan Groag; Offen, Karen (Hgg.), Women, the Family, and Freedom: The Debate in Documents, 1750-1950, 2 Bde., Stanford, CA 1983, Bd. 1, S. 97, 104-109.
[13] Schröder, Hannelore; Sauter, Theresia, Zur politischen Theorie des Feminismus: Die Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zu Das Parlament B 48 (1977), S. 29-48; die Übersetzung: S. 49-54. Die vollständige Fassung dann in Schröder, Hannelore (Hg.), Die Frau ist frei geboren. Texte zur Frauenemanzipation, 2 Bde., München 1979, Bd. 1, S. 31-49 (übers. von Theresia Sauter und Gerda Guttenberg); außerdem Dies., Olympe de Gouges, Mensch und Bürgerin. „Die Rechte der Frau“ (1791), Aachen 1995, S. 101 („verbesserte Übersetzung von Hannelore Schröder“) bis S. 129.
[14] Gouges, Olympe de, Schriften, hg. von Dillier, Monika; Mostowlansky, Vera (die Übersetzerin); Wyss, Regula, Frankfurt am Main 1980 (und 1989); Bei, Neda; Schwarz, Ingeborg, Olympe de Gouges: Les droits de la Femme. A la Reine. – Die Frauenrechte. An die Königin, in: Autorinnengruppe Uni Wien, Das ewige Klischee. Zum Rollenbild und Selbstverständnis bei Männern und Frauen, Wien 1981, S. 45-75; der deutschen Übersetzung der Erklärung von 1789 liegt diejenige von Hartung (1964) zugrunde. Ihre heute maßgebliche Übersetzung stammt von Wolfgang Kaiser, in: Gauchet, Marcel, Die Erklärung der Menschenrechte: Die Debatte um die bürgerlichen Freiheiten 1789, Reinbek 1991 (frz.: 1989), S. 9-12.
[15] Gerhard, Ute, Menschenrechte – Frauenrechte 1789, in: Schmidt-Linsenhoff, Viktoria (Hg.), Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und neue Weiblichkeit 1760-1830, Frankfurt am Main 1989, S. 55-67; S. 69-72: Synopse der Erklärungen von 1791 und 1789 auf deutsch; die Übersetzung der ersteren entstammt dem Beitrag von Schröder und Sauter von 1977 (siehe Anm. 13), von Gerhard „durch eigene Übersetzung revidiert“; diejenige der letzteren von Walter Grab (1973). Die Synopse findet sich auch in Gerhard, Ute, Gleichheit ohne Angleichung. Frauen im Recht, München 1989, S. 263-267; hier wurde de Gouges’ Text der Schröderschen Edition von 1979 entnommen, teilweise von Gerhard „neu übersetzt“.
[16] Noack, Paul, Olympe de Gouges 1748-1793: Kurtisane und Kämpferin für die Rechte der Frau, München 1992 (1993 auch auf Französisch), Nachwort von Marieluise Christadler; die „Erklärung“, übers. von Paul Noack: S. 161-179; Burmeister, Karl Heinz, Olympe de Gouges. Die Rechte der Frau 1791, Bern 1999, S. 139-175: zweisprachig, übersetzt von Ulrike Längle. Viktoria Frysaks Übersetzung (2008): (26.10.2009). Hier finden sich auch übersetzte Auszüge aus anderen Werken von de Gouges.
[17] Gouges, Olympe de, Denkschrift der Madame de Valmont / Mémoire de Madame de Valmont, hg. und übertragen von Thiele-Knobloch, Gisela, Frankfurt am Main 1993: die erste Neuausgabe, seit das Werk 1788 erschienen war; eine – nur – französische Ausgabe erschien dann 1995; vgl. Dies. (Hg.), Olympe de Gouges, Théâtre politique, 2 Bde., Paris 1991, 1993.
[18] Sewell, William, Le citoyen/la citoyenne: Activity, Passivity, and the Revolutionary Concept of Citizenship, in: The French Revolution and the Creation of Modern Political Culture, Bd. 2, hg. von Lucas, Colin, Oxford 1988, S. 105-123; Godineau, Dominique, Autour du mot citoyenne, in: Mots 16 (1988), S. 91-100; Singham, Shanti Marie, Betwixt Cattle and Men: Jews, Blacks, and Women, and the Declaration of the Rights of Man, in: Kley, Dale van (Hg.), The French Idea of Freedom. The Old Regime and the Declaration of Rights of 1789, Stanford, CA 1994, S. 114-153; Furet, François; Halévi, Ran, La Monarchie républicaine: La constitution de 1791, Paris 1996, S. 184-196; Rosanvallon, Pierre, Le sacre du citoyen. Histoire du suffrage universel en France, Paris 1992, bes. Kap. I und II im Ersten Teil.
[19] Vgl. dazu meine Anm. 2 zu der Quelle.
[20] Sieyes, Emmanuel Joseph, Politische Schriften 1788-1790, übers. und hg. von Schmitt, Eberhard; Reichardt, Rolf, 2. Aufl., München 1981, S. 119, 125. Vgl. meine Anm. 4 zu der Quelle. Die (ironische) Nutzung der Bibel entspricht Olympes Distanz zur katholischen Religion. In ihrem Nachlass fand sich ein Neues Testament: Blanc, Marie-Olympe de Gouges, S. 52. Zu weiblicher Religiosität im spezifischen Kontext der Französischen Revolution vgl. Bock, Frauen, S. 83-92.
[21] Zum schillernden Begriff „Individuum“, ebenso wie „homme“, in der revolutionären Sprache vgl. Badinter, Elisabeth (Hg.), Paroles d’hommes (1790-1793): Condorcet, Prudhomme, Guyomar ..., Paris 1989, z.B. S. 142; Rosanvallon, Le sacre du citoyen, Kap. II („L’individu autonome“).
[22] Vgl. meine Anm. 3 zur Quelle. Nicht zufällig „fehlen“ in diesem Satz die Ehefrauen, denn sie sind in den anderen drei Kategorien enthalten, und die Ehe gilt nicht als konstitutiv für das Frau-Sein.
[23] Scott, Joan W., French Feminists and the Rights of „Man“: Olympe de Gouges’s Declarations, in: History Workshop 28 (1989), S. 2-21; Dies., Only Paradoxes to Offer. French Feminists and the Rights of Man, Cambridge, Mass. 1996, Kap. 2.
[24] Vgl. Taeger, Angela, Kindesaussetzung und Frauenpolitik: Fürsorge für Mutter und Kind im Frankreich des 19. Jahrhunderts, Hamburg 1991, S. 7-10.
[25] Vgl. Blanc, Marie-Olympe de Gouges, S. 154; Thiele-Knobloch, Einl. zu Théâtre politique, Bd. 2, S. 16; Verdier, Gabrielle, From Reform to Revolution: The Social Theater of Olympe de Gouges, in: Literate Women and the French Revolution of 1789, Birmingham, AL 1994, S. 189-221. Scheidung wurde 1792 legalisiert, eine Generation später abgeschafft und erst 1884 wieder eingeführt.
[26] Duhet, Les femmes, S. 205f.; Blanc, Marie-Olympe de Gouges, S. 227.
Literaturhinweise:
Blanc, Olivier, Marie-Olympe de Gouges. Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle, Paris 2003.
Bock, Gisela, Frauen in der europäischen Geschichte, München 2005.
Duby, Georges; Perrot, Michelle (Hgg.), Geschichte der Frauen, Bd. IV: 19. Jahrhundert, hg. von Fraisse, Geneviève; Perrot, Michelle, Frankfurt am Main 1994, bes. Teil I: „Der politische Bruch und die Neuordnung des Diskurses“, S. 25-132.
Fauré, Christine (Hg.), Encyclopédie politique et historique des Femmes: Europe, Amérique du Nord, Paris 1997, bes. Teil II: „L’Ère des Révolutions“, S. 97-315.
Offen, Karen, European Feminisms 1700-1950: A Political History, Stanford, CA 2000.