Fiskalische Europäisierung. Von der Steuermarke über den Kassenzettel in den europäischen Steuerstaat[1]
Von Lars Döpking
Es ist keine Briefmarke, die die kapitolinische Wölfin hier im prägnanten Pink ziert (Quelle 1). Wie die Beschriftung verrät, dokumentiert sie statt freigemachten Portos gezahlte Steuern (imposta) auf Einnahmen (entrata) in Italien. Als allgemein (generale) galt die Steuer, da sie bei jedem Warenumschlag anfiel. Denn kaufte im Italien des Jahres 1959 ein Mokkakannenproduzent von einer Zulieferin Plastikgriffe,[2] hatte diese im Regelfall zuvor solche Steuermarken, die sie in verschiedenen Farben, Motiven und Wertigkeiten zum Teil im Abonnement bezog, auf die Waren geklebt, wodurch sich jene um drei bis fünf Prozent, bzw. im Falle dieser konkreten Marke um fünf Lire verteuerten. Verkaufte der Produzent später dann seine Mokkakannen an ein Warenhaus weiter, musste er ebenfalls Marken erstehen und diese aufkleben. Der Warenpreis stieg daher erneut steuerbedingt. Und weil ihm die bereits gezahlten Steuern nicht zurückerstattet wurden, wuchs die Steuerlast mit der Länge der Wertschöpfungskette immer weiter an. Beim finalen Verkauf an die Endkundin war die imposta generale sullʾentrata hingegen nicht zu zahlen. Ihre Last schulterten zunächst die Betriebe und Unternehmen,[3] die sie dann auf ihre Kunden mehr oder minder erfolgreich überwälzten.
Solche Umsatz- oder Verkehrssteuern zeigten in den 1950er- und 1960er-Jahren – die abgebildete italienische Steuermarke stammt aus dem Jahr 1959 – keineswegs Rückständigkeit an. In Europa kannten u.a. die Niederlande, die Bundesrepublik, Luxemburg und Belgien solche Mehr- oder Allphasenumsatzsteuern. Sie waren der europäische Regelfall. Ihre Funktionsweisen und Tarife variierten zwar ebenso wie Ausnahme-, Import- und Exportbestimmungen, gemein war ihnen jedoch, dass sie ein üppiges Aufkommen generierten.[4] Eine Denkschrift der Adenauerregierung „Über die Möglichkeiten einer Verbesserung der Umsatzbesteuerung“ aus dem Jahr 1958 vermerkte angesichts dessen, dass in Europa „die Umsatzsteuer mittlerweile eine der ertragreichsten Einnahmequellen geworden [ist], die nicht mehr entbehrt werden kann“.[5] Das erschien nachvollziehbar, schließlich hielt dieselbe Schrift fest, dass solche Steuern in Belgien, der Bundesrepublik und Österreich für mehr als ein Viertel und in Italien für mehr als ein Fünftel des Steueraufkommens verantwortlich seien. Selbst in den Niederlanden gingen knapp 17% des steuerlichen Gesamtaufkommens auf Umsatzsteuern zurück. Auch weil die Bedeutung dieser Steuern für den Haushalt in den Folgejahren noch zunahm, verließ sich die europäische Staatenwelt bis zum Ende der Trente Glorieuses unter anderem auf solch pinke, grüne oder blaue Marken, um ihre Ausgaben zu bestreiten.[6] Betriebe, Selbstständige und Unternehmen klebten Steuermarken, um „Westeuropas demokratisches Zeitalter“[7] zu finanzieren.
Heute erscheint uns diese Praxis antiquiert. Lediglich die Banderole auf Zigarettenschachteln erinnert noch optisch an gezahlte Steuern; die bunten Embleme der 1950er- und 1960er-Jahre sind verschwunden. Statt ihrer nehmen wir mittlerweile Kassenzettel entgegen, die detailliert gezahlte Abgaben aufführen: Mal 21 Prozent auf ein neues Paar Schuhe, mal zehn Prozent auf ein Panino in der Mittagspause, insgesamt mögen es dann, wie in diesem Beispiel einer römischen Bar, 0,68 Euro sein (Quelle 2). Diese Kassenzettel erfreuen sich keineswegs großer Beliebtheit – was für Deutschland etwa der sogenannte Bonstreit des Winters 2019/2020[8] offenlegte –, jedoch markieren sie wie kaum ein anderer Gegenstand die Alltagspräsenz Europas in breiten Bevölkerungsschichten. Denn „fiskalische Europäisierung“[9] optimierte ab Mitte der 1960er Jahre nicht nur die Warenzirkulation in „Kleinwesteuropa“[10], indem sie Steuermarken durch Kassenzettel ersetzte. Darüber hinaus transformierte sie die dort ansässigen Steuerstaaten: Die Mehrwertsteuer war überaus ertragreich, strukturierte so deren Steueraufkommen um, verschob die Steuerlast allein auf die Konsumenten, schuf neue Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung und zeichnete damit ungeahnte Konfliktlinien vor. Der europäisch motivierte Übergang von der Steuermarke zum Kassenbon prägte die fiskalischen Beziehungen auf dem Kontinent. Seither leben wir in einem europäischen Steuerstaat – mit all seinen Vor- und Nachteilen.[11]
Die Antriebsmomente hinter diesem Prozess fiskalischer Europäisierung waren primär polit-ökonomischer Natur. Als Frankreich, Deutschland, die Beneluxländer und Italien am 25. März 1957 die Römischen Verträge unterzeichneten, planten sie bekanntlich, ihre ökonomische Zusammenarbeit zu stärken. Zusätzlich zu den Bemühungen anderer Organisationen[12] verpflichteten sich die Staaten daher, bestehende Zollgrenzen rasch abzubauen: „Grundlage“ der damals gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) war schließlich „eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt“.[13] Tatsächlich wurden die Zölle in der Folge rasch gesenkt, doch (und das ist weniger bekannt) griffen einzelne Länder zu einem Trick, um die ökonomischen Folgen dessen abzumildern. Als sie im Januar 1959 um zehn Prozentpunkte fielen, erhöhten Belgien und die Niederlande im Gegenzug die Grenztarife ihrer Umsatzsteuern. Sie substituierten also die wegbrechenden Zollbarrieren, indem sie Importe höher besteuerten. Wovon heimische Unternehmen und Betriebe profitierten, widersprach dem Geist der Römischen Verträge: Als die Staaten statt Zölle zu erheben einfach mehr Umsatzsteuermarken kleben ließen, rückte die anvisierte Wirtschaftsgemeinschaft in weite Ferne.[14] Es musste daher politisches Kapital mobilisiert werden, um den alsbald eskalierenden Handelskonflikt zu unterbinden – handfeste Auseinandersetzungen kündigten sich mithin im Frühjahr 1959 an.
Das Ergebnis der nun folgenden Konflikte, in denen Kommission, Unternehmerverbände, Politiker, Steuerverwalter und Finanzwissenschaftler um Form und Ausmaß fiskalischer Europäisierung stritten,[15] war die am 11. April 1967 beschlossene erste und zweite Umsatzsteuerrichtlinie.[16] Die Richtlinien verpflichteten die Mitgliedsstaaten der EWG auf die Einführung einer Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug. Diese mussten sie bis zum 1. Januar 1970 einführen, künftige Mitglieder bereits vor ihrem Beitritt entsprechende Reformen durchgeführt haben. Diese neue Steuer nach französischem Vorbild, bei der nur der Endabnehmer die indirekten Steuern zahlt, baute nun einerseits die Steuergrenzen innerhalb der EWG ab. Zwar belegten die Staaten weiterhin manche Warengruppen wie Liköre oder Kaffee mit gesonderten Verbrauchssteuern, auch bereitet die internationale Rückerstattung der Vorsteuern bis heute Probleme – denken wir an Umsatzsteuerkarusselle –, jedoch vereinfachte die Mehrwertsteuer den internationalen Warenumschlag enorm. Ihre Einführung legte damit eine zentrale Grundlage für den Gemeinsamen Markt.
Andererseits zeitigten die erste und zweite Umsatzsteuerrichtlinie aber auf nationaler Ebene nachhaltige Effekte. Da sie steuersystematische Anpassungen erforderten, führten sie in vielen Fällen, wie in Italien, in den Niederlanden und später auch in Spanien und Osteuropa, zu steuerstaatlichen Transformationen. In Italien etwa stand mit der Mehrwertsteuer die bisherige Finanzierung der Kommunen, die unter anderem auf Verbrauchssteuern auf Fleisch oder Getränken basierte, vor dem Aus. Hinzu kam, dass die mindestens acht bestehenden Einkommensteuern nicht mit ihr kompatibel waren. Zusammengenommen öffnete das ein politisches Opportunitätsfenster, das südlich der Alpen für eine Modernisierung des Steuersystems genutzt wurde.[17] Für die betroffenen Staaten hatte das keinesfalls negative Effekte: Ihnen stellte die Mehrwertsteuer ein potentes Finanzierungsinstrument zur Verfügung, auf dessen Erträge sie sich auch im bald anbrechenden Zeitalter des freien Kapitalverkehrs verlassen konnten.[18] Obwohl – oder gerade weil – die Mehrwertsteuer verteilungspolitisch eher regressiv wirkt,[19] stieg unter den Mitgliedsstaaten in den Folgejahren der Anteil der erhobenen Mehrwertsteuern im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) rasch an[20] – die Ausnahme bildet Frankreich – und konsolidierte sich dann auf hohem Niveau, was andere, zeitgleich versiegende Steuerquellen zu kompensieren half. Die Dynamik dessen ist imposant: 1975 wurden in Deutschland Mehrwertsteuern in Höhe von fünf Prozent des BIP erhoben (das entspricht heute 80 Mrd. Euro), im Jahr 2019 waren es sieben Prozent desselben (268 Mrd. Euro). Noch eindrücklicher entwickelte sich das Aufkommen in Italien: Im selben Zeitraum stieg ihr Realaufkommen in Italien von 32 auf 150 Mrd. Euro. Das entspricht beinahe einer Verdopplung des Aufkommens im Verhältnis zum BIP (vgl. Tabelle).[21] Die Steuerstaaten „Kleinwesteuropas“ erleichterten im Zuge fiskalischer Europäisierung also nicht nur grenzüberschreitenden Warenverkehr, sondern richteten ihre fiskalischen Beziehungen neu aus: Die Verflechtung ihrer Steuerordnungen erlaubte ihnen, ihr Steueraufkommen mit einer neuen, tragenden Säule zu stabilisieren.
| 1975* | 1985* | 1995° | 2005° | 2015° | 2019° | Differenz 1975–2019 |
BRD | 5,0 % | 5,7 % | 6,3 % | 6,1% | 7,0 % | 7,0 % | + 2,0 Prozentpunkte (+ 40 %) |
Frankreich | 8,1 % | 8,2 % | 7,3 % | 7,2% | 6,9 % | 7,1 % | - 1,0 Prozentpunkte (- 12 %) |
Niederlande | 5,5 % | 6,4 % | 6,1 % | 6,8% | 6,5 % | 7,1 % | + 1,6 Prozentpunkte (+ 29 %) |
Luxemburg | 3,9 % | 4,8 % | 4,3 % | 6,1% | 5,4 % | 5,8 % | + 1,9 Prozentpunkte (+ 49 %) |
Belgien | 6,3 % | 6,8 % | 6,3 % | 6,9% | 6,6 % | 6,6 % | + 0,3 Prozentpunkte (+ 5 %) |
Italien | 3,4 % | 4,7 % | 5,3 % | 5,7% | 6,1 % | 6,2 % | + 2,8 Prozentpunkte (+ 82 %) |
Tabelle: Mehrwertsteueraufkommen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Gründungsstaaten der EWG.[22]
Der Aufstieg der Mehrwertsteuer zur „zweiten tragenden Säule“[23] des europäischen Steuerstaats – die andere ist die Einkommenssteuer – ging auf drei Faktoren zurück. Zum Ersten verfügte sie über eine höhere Elastizität als andere indirekte Steuern: Wächst der Wohlstand eines Landes an und konsumiert in der Folge die Bevölkerung mehr Güter und Dienstleistungen, werden von ihr – other things being equal – mehr Mehrwertsteuern gezahlt; verfolgt es, wie viele europäische Volkswirtschaften in den 1990er-Jahren, eine Politik des „privatisierten Keynesianismus“,[24] ersetzt also schwindende Nachfrage durch Konsumkredite, steigt das Steueraufkommen; kommt es zu starken Preissteigerungen, etwa in Folge eines Ölpreisschocks wie in den 1970er-Jahren, wächst ihr Aufkommen mit den Preisen mit. Weil die Mehrwertsteuer (fast) sämtliche Waren und Dienstleistungen auf Basis ihres Preises besteuert, schöpft sie ein Aufkommen ab, das mit der ökonomischen Entwicklung schritthält: Die Zensiten mögen in Krisenzeiten konventionelle Lebensmittel statt solche mit Biosiegel kaufen, der Mehrwertsteuer entkommen sie so nicht.
Dass ihr Aufkommen allerdings schneller als das BIP wuchs, verantworteten, zweitens, die zunehmende europarechtliche Regulierung und die steigenden Tarife der Mehrwertsteuer. Die Tendenz zu steigender Regulation scheint dabei verständlich: Neben den erwähnten Problemen bei der Steuerrückerstattung im grenzüberschreitenden Warenverkehr sollte Marktverzerrungen, die durch starke Tarifdifferenzen entstanden, europarechtlich entgegengewirkt werden. Des Weiteren mobilisierten Unternehmen oder Staaten gegen einzelne Normen politisch oder klagten gegen sie.[25] Die europäische Verflechtung der Mehrwertsteuer nahm aufgrund dessen stetig zu. 1992 wurde etwa die Sondertarifstufe für Luxusgüter europaweit abgeschafft – Italien besteuerte sie zu diesem Zeitpunkt noch mit 38, Belgien mit bis zu 33 Prozent. Gleichzeitig setzten die Staaten den Mindeststandardtarif auf 15 Prozent fest und spezifizierten die Produktgruppen, auf die ermäßigte Sätze entfallen durften.[26] Zusätzlich stiegen in der Folge die Tarife. Lag 1975 in der EWG der durchschnittliche Standardtarif unter 15 Prozent, notierte er 2020 bei über 20 Prozent. In der Bundesrepublik nahm er von elf auf 19 Prozent, in Italien von zwölf auf 22 Prozent und in den Niederlanden von zwölf auf 21 Prozent zu. Eine ähnliche Dynamik zeigten die ermäßigten Tarife auf viele Produkte des täglichen Bedarfs: In den Niederlanden stiegen sie von vier auf neun Prozent, in der Bundesrepublik von fünfeinhalb auf sieben Prozent.[27] Im Gegensatz zur proportional oder progressiven Unternehmens-, Erbschafts- oder Einkommensteuer[28] kannten die Mehrwertsteuertarife also nur eine Richtung: aufwärts.[29]
Verstärkend kam schließlich hinzu, dass die westeuropäischen Steuerstaaten im Laufe der Zeit gemeinsam lernten, die Hinterziehung der Mehrwertsteuer effektiver zu bekämpfen. Zu nennen ist beispielsweise eine 2012 eingesetzte Expertenkommission, die praktisches Wissen und Daten der nationalen Steuerbehörden bündelt. Die Resultate dessen treten offen zu Tage. Allein in Italien halbierte sich seit 1995 die Mehrwertsteuerlücke, also die Differenz zwischen dem finanzwissenschaftlich prognostizierten und dem tatsächlich gebuchten Mehrwertsteueraufkommen: Sie sank von 39 auf 19 Prozent.[30] Auch die Europäische Kommission, deren Datenreihen später einsetzen, dokumentiert für ihre sechs Gründungmitglieder einen Rückgang der Lücke von durchschnittlich 14 auf 9,4 Prozent zwischen 2001 und 2020.[31] Die Corona-Pandemie versetzte dieser Entwicklung nochmals einen Schub; als wie nachhaltig sich dieser erweist, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass die rückläufige Steuerhinterziehung das Aufkommen der Mehrwertsteuer als dritter Faktor stabilisierte.
Diese tiefgreifende Veränderung der fiskalischen Verhältnisse in den Mitgliedsstaaten – also der Aufstieg der Mehrwertsteuer zur zweiten tragenden Säule des europäischen Steuerstaates – kam aber nicht überraschend. Schließlich war man in der ersten Richtlinie von 1967 schon davon ausgegangen, dass die „Harmonisierung der Umsatzsteuern in den Mitgliedstaaten zu erheblichen Änderungen der Steuerstruktur führen und merkliche Folgen auf budgetärem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet haben wird“.[32] Jedoch vollzog sich die Expansion von Mehrwertsteuer und Kassenbon, die den „Aufstieg des Lohnsteuerstaats“[33] sowohl begleitete als auch unterstützte, nicht geräuschlos. Vielmehr zeichneten sich neue Konfliktlinien zwischen Politik, Staat und Bevölkerung ab. Trotz ihrer fiskalischen Erfolgsgeschichte trägt die Mehrwertsteuer deshalb auch Züge eines nationalen und europäischen Zankapfels.
So war der Übergang von der Steuermarke zum Kassenbon nicht überall unumstritten. Beispielsweise bestand in den Niederlanden der 1960er-Jahre eine relativ große Zufriedenheit mit dem bestehenden Umsatzsteuersystem.[34] Mit der Reform von 1955 hatte das Parlament der Regierung die Vollmacht erteilt, Ausnahmeregelungen für Produktgruppen einzuführen und sie so etwa von der Umsatzsteuer zu befreien – wovon die Regierung auch ausgiebig Gebrauch machte. Der Einzelhandel war ohnehin von der Steuer befreit, aber auch Unternehmen konnten sich unter diesem Regime relativ einfach zu einer steuerlichen Einheit zusammenschließen, so dass der Warenverkehr zwischen ihnen nicht mehr der Umsatzbesteuerung unterlag.[35] Obwohl das System damit schnell eine enorme Komplexität erreichte und das Umsatzsteueraufkommen geringer als in anderen Ländern ausfiel, fand sich kaum jemand, der für den Umstieg auf die insbesondere vom deutschen Mittelstand geforderte europäische Mehrwertsteuer Partei ergriff.[36] Das Resultat einer solchen Reform konnte schließlich nur lauten, den Anteil der indirekten Steuern am Gesamtaufkommen auf das französische oder italienische Niveau anzuheben und mithin die Progressivität des niederländischen Steuersystems zu reduzieren.[37] Den Haag bremste also die Einführung der Mehrwertsteuer, was ihm den Ruf eines „holländischen Widerstandsnest[s]“[38] einbrachte. Selbst als die neugewählte sozialistische Regierung 1967 einen Kurswechsel vollzog und entscheidende Widersacher in der eigenen Finanzverwaltung entmachtete, verlor sie die entscheidende Abstimmung im Parlament. Ihre Abgeordneten verweigerten ihr die Gefolgschaft bei der Einführung der Mehrwertsteuer. Erst der Druck fortschreitender fiskalischer Europäisierung, ergo die absehbare Einführung der Mehrwertsteuer in der Bundesrepublik und deren prognostizierte Auswirkungen auf die niederländische Industrie, verliehen ihr innenpolitisch ausreichend Durchsetzungskraft. Aus nationalen oder europäisch-idealistischen Motiven wäre die Mehrwertsteuer in den Niederlanden daher kaum eingeführt worden. Sie erhöhte dann auch erwartungsgemäß den Anteil der indirekten Steuern am Gesamtaufkommen, ein Ergebnis, vor dem Kritiker explizit gewarnt hatten.[39]
Daneben sorgten Mehrwertsteuer und Kassenbons aber selbst nach ihrer geglückten Einführung verlässlich für Konflikte. Denn entgegen theoretischer Annahmen[40] entpuppte sich die neue imposta sul valore aggiunto (IVA) in Italien als eine überaus einfach und gern hinterzogene Steuer. Zwar erfasste die wechselseitige Kontrolle durch die Vorsteuerrückerstattung[41] größere Unternehmen und ihre Zuliefernetzwerke, doch büßte dieser Mechanismus bei kleineren Betrieben, Dienstleistern und Einzelhändlern massiv an Effektivität ein. Und diese waren im Italien der späten 1970er-Jahre sehr zahlreich: 1977 waren beinahe 29 Prozent der Beschäftigten selbstständig, ein Anteil, der anschließend sogar noch wuchs.[42] Jene sehr große Bevölkerungsgruppe – 1984 überschritt sie die Sechs-Millionen-Marke – erwies sich als äußerst geschickt darin, Dienstleistungen und Waren unversteuert an die Kundschaft zu bringen. 1977 kursierten Schätzungen, wonach 40 Prozent der fälligen Mehrwertsteuern nicht gezahlt wurden; für die Mitte der 1980er-Jahre berechneten Finanzwissenschaftler Mehrwertsteuerlücken von über 35 Prozent, wobei das Ausmaß an Hinterziehung mit abnehmender Betriebsgröße zunahm.[43] Und weil die Verschleierung von Umsätzen die Verschleierung von Einnahmen und damit von besteuerbaren Einkommen impliziert, barg das politischen Zündstoff. Im Kontext galoppierender Inflation schulterten die Lohnabhängigen ab Ende der 1970er-Jahre einen rasch zunehmenden Anteil der Steuerlast, wohingegen die Selbstständigen und kleineren Betriebe ihre Umsätze verbargen und so den dramatischen Dynamiken rasanter Preissteigerungen entgingen. In Italien entstanden deshalb mit den Lohnabhängigen und den Selbstständigen zwei Fiskalklassen, die bis heute miteinander um die Verteilung der Steuerlast streiten.[44]
Eine Episode ihrer langanhaltenden Konflikte betraf die Ausgabe von Kassenzetteln bzw. scontrini. Bereits 1977 führte der Fiskus die Verpflichtung zur Mitführung von Transportpapieren ein, um so überhaupt vor Ort überprüfen zu können, ob Warentausch steuerordnungsgerecht stattfand. Auf Druck der Gewerkschaften folgte dem seit 1983 die schrittweise Einführung von Registrierkassen. Sie wurde verbunden mit der Vorschrift, den scontrino (vgl. Quelle 2) an die Kundschaft auszugeben. Da die Steuerhinterziehung ausgeweiteter Kontrollen zum Trotz dennoch kaum zurückging, nahm der italienische Steuerstaat ab 1990 zusätzlich die Käufer in die Pflicht, den Kassenzettel nach dem Einkauf einzufordern und bereitzuhalten – falls nicht, drohten Strafen für Verkäuferin wie Käufer.[45] Die daraufhin intensivierten Straßenkontrollen waren für den Fiskus ergiebig: Allein im Krisenjahr 1992 kontrollierte die Guardia di Finanza die scontrini von rund 350.000 Kunden und 660.000 Geschäftsinhaberinnen, wobei sie bei erstgenannten in gut einem Fünftel der Fälle Ordnungsverstöße feststellte und entsprechende Verfahren einleitete. Diese Kontrollpraxis wurde im Großen und Ganzen bis zur Jahrtausendwende beibehalten[46] und hinterließ in der italienischen Alltagskultur tiefe Spuren: Obgleich die Scontrinopflicht für die Kundinnen 2003 abgeschafft wurde, erinnern einen die Verkäufer auch heutzutage noch mit hoher Wahrscheinlichkeit daran, den Kassenbon entgegen- und mitzunehmen, wobei womöglich alle Beteiligten vergessen haben, dass jene Alltagspraxis europäisch kodiert ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kapitolinische Wölfin auf pinkem Grund im Gegensatz zu solchen Praktiken für eine Zeit steht, in der zumindest noch die Illusion aufrechterhalten werden konnte, Steuerstaaten seien ausschließlich nationale „Anstaltsbetriebe“.[47] Nach dieser Auffassung konnte jeder Fiskus auf seinem Territorium eine Steuerordnung nach eigenem Gutdünken durchsetzen und damit die Mittel für sein Verbandshandeln abschöpfen. Der Kassenbon oder scontrino markieren dagegen Verhältnisse, in denendie Art und Weise wie die Höhe von Besteuerung supranational überformt ist. Der Übergang von der Steuermarke zum Kassenbon verweist damit auf einen Prozess fiskalischer Europäisierung, in dessen Zug sich ein spezifisches Modell des europäischen Steuerstaats ausbreitete. In dessen Gliedstaaten wurden nach 1967 die Verbrauchsabgaben umstrukturiert und die Mehrwertsteuer als zweite tragende Säule des Fiskus installiert. Dies ließ den Warenverkehr auf dem Kontinent ebenso florieren, wie es das u.a. durch Steuerwettbewerb wegbrechende Aufkommen anderer Steuerarten zu kompensieren half. Dennoch nahm weder der Prozess noch das mit ihm sich ausbreitende Modell europäischer Steuerstaatlichkeit überall dieselbe Form an. An verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten löste es unterschiedliche Entwicklungen aus – Auseinandersetzungen über Kassenbons muteten aus deutscher Perspektive lange Zeit befremdlich an; auch sein Einfluss auf die Genese osteuropäischer Steuerstaaten war gänzlich anders. Zusätzlich reicht das Modell längst über die Umsatzsteuer hinaus. Es hat zuletzt eine intensivere Kooperation im Bereich der Besteuerung von Kapitaleinkünften eingefordert und, wenn auch mit mäßigem Erfolg, umgesetzt.[48] Wohin fiskalische Europäisierung führen wird, scheint angesichts dessen also keineswegs ausgemacht – klar ist aber, dass sie unsere alltägliche Praxis als Steuerzahlerinnen und Bürgerinnen in der ein oder anderen Weise weiter prägen wird.
[1] Essay zur Quelle: Umsatzsteuermarke aus Italien (1959) und Kassenzettel (Rom, 2023), [SCAN], in: Themenportal Europäische Geschichte, 2023, URL:<https://www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-78694>.
[2] Im Weiteren verwende ich das generische Maskulinum und Femininum abwechselnd, wobei ich versuche zu vermeiden, sprachlich die Vorstellung einer geschlechtergerechten Gesellschaft zu evozieren. Sie existierte weder im Italien der 1950er-Jahre noch andernorts.
[3] Eine Beschreibung der Umsatzsteuerpraxis in Italien findet sich bei Charles K. Cobb und Francesco Forte, Taxation in Italy (World Tax Series), Chicago 1964; Solche Kaskadeneffekte erfasst u.a. Michael Keen, Targeting, Cascading, and Indirect Tax Design, in: IMF WP/13/57, URL: <https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2013/wp1357.pdf>.
[4] Vgl. dazu Joseph Ganderson / Julian Limberg, The Rise of General Consumption Taxes, in: Philipp Genschel / Laura Seelkopf (Hrsg.), Global Taxation: How Modern Taxes Conquered the World, Oxford 2022, S. 199–222, hier S. 216.
[5] Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode, Drucksache 730, Bonn 20. Dezember 1958, S. 6.
[6] Peter Flora et al., The Growth of Mass Democracies and Welfare States, London 1983, S. 257ff.
[7] Martin Conway, Western Europe’s Democratic Age: 1945–1968, Princeton 2020, S. 24f., S. 206.
[8] Vgl. Gustav Theile / Julia Löhr, Neue Kassenbonpflicht: „Werft die Bons in den Briefkasten des Finanzamts!“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.1.2020, URL: <https://www.faz.net/-gqe-9uznu?premium=0x2a51a7d3c2c27343ac78a2> (31.5.2023).
[9] Lars Döpking, Fiskalische Herrschaft. Steuern, Staat und Politik in Italien seit 1945, Hamburg 2023, S. 168.
[10] Vgl. Kiran K. Patel, Projekt Europa. Eine kritische Geschichte, München 2018, S. 63.
[11] Vgl. Indra Römgens / Aanor Roland, The Politics of Taxation in the EU, in: Lukas Hakelberg / Laura Seelkopf (Hrsg.), Handbook on the Politics of Taxation, Cheltenham 2022, S. 276–291; Agustín J. Menéndez, Neumark Vindicated. The Three Patterns of Europeanisation of National Tax Systems and the Future of the Social and Democratic Rechtsstaat, in: Damian Chalmers / Markus Jachtenfuchs / Christian Joerges (Hrsg.), The End of the Eurocratsʾ Dream. Adjusting to European Diversity, Cambridge 2016, S. 78–126.
[12] Vgl. Kiran K. Patel, Projekt Europa, S. 115–120.
[13] Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Art. 9.
[14] Vgl. Walter Hahn, Steuerpolitische Willensbildungsprozesse in der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main 1988, S. 86–89, S. 96–98.
[15] Der Verlauf und die Mechanismen dieses Konflikts bieten seither und bis heute Debattenstoff, vgl. exemplarisch Donald J. Puchala, Fiscal Harmonization in the European Communities. National Politics and International Cooperation, London 1984; Philipp Genschel, Steuerharmonisierung und Steuerwettbewerb in der Europäischen Union, Frankfurt am Main 2002; Achim Kemmerling, Does Europeanization lead to Policy Convergence? The Role of the Single Market in Shaping National Tax Policies, in: Journal of European Public Policy, 17 (2010), S. 1058–1073; Lukas Haffert / Daniel F. Schulz, Consumption Taxation in the European Economic Community: Fostering the Common Market or Financing the Welfare State?, in: Journal of Common Market Studies, 58 (2020), S. 438–454.
[16] Siehe Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer; Zweite Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems.
[17] Vgl. Döpking, Fiskalische Herrschaft, S. 283–308.
[18] Die angestoßene Erosion der Steuerbasis von Kapitalsteuern, die ihre relative Bedeutung für das Aufkommen nachhaltig senkt, setzt andere Steuern unter Druck; alsbald müssen zuvorderst Einkommen- und Konsumsteuern die notwendigen Einnahmen generieren, vgl. Paolo Beramendi / David Rueda, Social Democracy Constrained. Indirect Taxation in Industrialized Democracies, in: British Journal of Political Science 37 (2007), S. 619–641. Zugespitzt dazu auch Junko Kato, Regressive Taxation and the Welfare State. Path Dependence and Policy Diffusion, Cambridge 2003. Kritik an der starken Version dieser These übt dagegen Marc Buggeln, Taxation in the 1980s: A Five-Country Comparison of Neo-Liberalism and Path Dependency, in: ders. / Martin Daunton / Alexander Nützenadel (Hrsg.), The Political Economy of Public Finance. Taxation, State Spending and Debt since the 1970s, Cambridge 2017, S. 105–125, hier S. 121.
[19] Einen Überblick über die verteilungspolitischen Effekte indirekter Steuern bietet Manuel Schechtl, Taking from the Disadvantaged? Consumption Tax Induced Poverty across Household Types in Eleven OECD Countries, in: Social Policy and Society (2022), S. 1–15 [online first]; zu den weniger stark ausgeprägt regressiven Effekten der Mehrwertsteuer Alastair Thomas, Reassessing the Regressivity of the VAT, in: Fiscal Studies 27 (2021), S. 1–16.
[20] Das war nicht an allen 151 Orten, an denen die Mehrwertsteuer eingeführt wurde, der Fall, wie Joseph Ganderson / Julian Limberg, The Rise of General Consumption Taxes, in: Philipp Genschel / Laura Seelkopf (Hrsg.), Global Taxation: How Modern Taxes Conquered the World, Oxford 2022, S. 199–222, hier S. 203f., zeigen.
[21] Alle Werte in Euro [2022] nach der Übersicht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), Kassenmäßige Steuereinnahmen nach Steuerarten 1950 bis 2020, URL: <https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/Steuereinnahmen/entwicklung-der-steuereinnahmen.html> (31.5.2023); MEF/Dipartimento delle Finanze, Entrate tributarie, URL: <https://www1.finanze.gov.it/finanze/entrate_tributarie/public/#/#testata> (31.5.2023).
[22] Quelle: *OECD, Consumption Tax Trends 2016, S. 45; °OECD, Consumption Tax Trends 2022, S. 30, URL: <https://www.oecd-ilibrary.org/taxation/consumption-tax-trends-2022_6525a942-en> (31.5.2022).
[23] Stefan Bach, Unsere Steuern. Wer zahlt? Wie viel? Wofür?, Frankfurt am Main 2016, S. 55.
[24] Colin Crouch, Privatized Keynesianism. An Unacknowledged Policy Regime, in: The British Journal of Politics and International Relations 11 (2009), S. 382–399, hier S. 387–392.
[25] Philipp Genschel / Markus Jachtenfuchs, How the European Union Constrains the State. Multilevel Governance of Taxation, in: European Journal of Political Research 50 (2011), S. 293–314, hier S. 297–303.
[26] Richtlinie 92/77/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG (Annäherung der MWSt.- Sätze), Art. 1; Anhang H; Stefan Mette, Europäischer Binnenmarkt und Mehrwertsteuerharmonisierung. Entscheidungsprozesse in der Europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden 1994, S. 172–176.
[27] European Commission, VAT Rates Applied in the Member States of the European Union, Situation at 1st January 2021, URL: <https://taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/2021-06/vat_rates_en.pdf> (31.5.2023), S. 18–22.
[28] Eine Übersicht der Entwicklung der Erbschafts- und Einkommensteuerspitzentarife bieten Kenneth F. Scheve / David Stasavage, Taxing the Rich. A History of Fiscal Fairness in the United States and Europe, Princeton 2016. Eine Zusammenschau der Unternehmenssteuersätze bietet Philipp Heimberger, Corporate Tax Competition: A Meta-Analysis, in: European Journal of Political Economy 133 (2021), S. 2.
[29] Die beiden einzigen Länder der Europäischen Union, in der die Mehrwertsteuersätze heute niedriger als zur Zeit ihrer Einführung notieren, sind Tschechien und die Slowakei. Rumänien senkt seit 2016 seine Sätze. Insgesamt erfasste die fiskalische Europäisierung die Steuerstaaten Osteuropas massiv. Auch dank hoher Mehrwertsteuertarife tragen dort die Konsumenten im Vergleich zum restlichen Europa umfangreicher zum Steueraufkommen bei.
[30] Massimiliano Marigliani / Stefano Pisani, Le basi imponibili IVA. Aspetti generali e principali risultati per il periodo 1980–2004, Documenti di lavoro dell’Ufficio Studi 2007/7, URL: <https://www.agenziaentrate.gov.it/portale/documents/20143/234267/Analisi+2007+basi+imponibili+IVA_basi_imponibili_IVA_+1980_2004.pdf/446763b9-4bc3-dc54-2755-09fe0b81c714> (31.5.2023)
[31] Eigene Berechnungen nach European Commission, VAT Gap in the EU, Report 2022, S. 196, URL: <https://data.europa.eu/doi/10.2778/109823 > (31.5.2023).
[32] Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, Art. 1.
[33] Marc Buggeln, Das Versprechen der Gleichheit. Steuern und soziale Ungleichheit in Deutschland von 1871 bis heute, Berlin 2022, S. 901. Buggeln bezieht sich hier auf Rudolf Goldscheid, der am Ende des Ersten Weltkriegs einen „Marsch in den Lohnsteuerstaat“ befürchtete, vgl. dazu ders., Staat, öffentlicher Haushalt und Gesellschaft. Wesen und Aufgabe der Finanzwissenschaft vom Standpunkte der Soziologie, in: Rudolf Hickel (Hrsg.), Die Finanzkrise des Steuerstaats. Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzen, Frankfurt am Main 1976, S. 253–316, hier S. 255.
[34] Vgl. Hahn, Steuerpolitische Willensbildungsprozesse, S. 162–165.
[35] Auch aus Sicht amerikanischer Unternehmen schien das Steuersystem überaus attraktiv, vgl. James N. Johnson, A Eurosite for American Business – A la Dutch Treat, in: American Bar Association Journal, Bd. 47 (1961), S. 74–80.
[36] Haffert / Schulz, Consumption Taxation in the European Economic Community, S. 444–449; Martin Heilmann, Die Umsatzsteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, Bern 1975.
[37] Vgl. Cornelis Goedehart, The Netherlands. The Structure of the Netherlands Tax System since the Second World War, in: NBER/Brookings Institution (Hrsg.), Foreign Tax Policies and Economic Growth, Cambridge 1966, S. 207–273, hier S. 208.
[38] Hahn, Steuerpolitische Willensbildungsprozesse, S. 165.
[39] Vgl. ebd., S. 170f.
[40] Cesare Cosciani (Hrsg.), Studi sull’imposta sul valore aggiunto, Roma 1968; Armando Zopolo, L’imposta sul valore aggiunto, primo passo verso l’harmonizzazione fiscale nella C.E.E., in: Il Politico 34 (1969), S. 149–172, hier S. 170.
[41] Alan A. Tait, Value Added Tax. International Practice and Problems, London 2001, S. 304–323.
[42] Zum Vergleich lag die Selbstständigenquote in der BRD 1980 bei neuneinhalb Prozent, vgl. OECD Employment and Labour Market Statistics, URL: <https://stats.oecd.org/viewhtml.aspx?datasetcode=ALFS_SUMTAB&lang=en#> (31.5.2023).
[43] Silvia F. Merk, Das italienische Steuersystem seit der großen Reform von 1973/74. Frankfurt am Main 1988, S. 159; Marigliani/Stefano Pisani, Le basi imponibili IVA, S. 11.
[44] Döpking, Fiskalische Herrschaft, S. 283–307; zur aktuellen Situation vgl. auch Adele Bianco, Why It Is not a Shame to Evade Tax in Italy, in: Quaderni di Sociologia 89 (2022), S. 23–45.
[45] Stefano Manestra, Per una storia della tax compliance in Italia, in: Questioni di Economia e Finanza 81 (2010), URL: <https://www.bancaditalia.it/pubblicazioni/qef/2010-0081/index.html>, S. 42 (31.5.2023); John D’Attoma, Explaining Italian Tax Compliance. A Historical Analysis, in: Sven Steinmo (Hrsg.), The Leap of Faith. The Fiscal Foundations of Successful Government in Europe and America, Oxford 2018, S. 106–127, hier S. 119–122.
[46] Döpking, Fiskalische Herrschaft, S. 374.
[47] Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie, in MWG I/23, Tübingen 2013, S. 212 (I, § 17).
[48] Thomas Rixen / Peter Schwarz, How Effective is the European Unionʾs Savings Tax Directive? Evidence from Four EU Member States, in: Journal of Common Market Studies 50 (2012), S. 151–168.
Literaturhinweise:
Marc Buggeln, Das Versprechen der Gleichheit. Steuern und soziale Ungleichheit in Deutschland von 1871 bis heute, Berlin 2022.
Marc Buggeln / Martin Daunton / Alexander Nützenadel (Hrsg.), The Political Economy of Public Finance. Taxation, State Spending and Debt since the 1970s, Cambridge 2017.
Philipp Genschel, Steuerharmonisierung und Steuerwettbewerb in der Europäischen Union, Frankfurt am Main 2002.
Walter Hahn, Steuerpolitische Willensbildungsprozesse in der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main 1988.
Kathryn James, The Rise of the Value Added Tax, Cambridge 2015.